Gynäkologie


Damenbinden (1)

Binden, um 1940 

Dem Menstruationsblut - der Franzose nennt das Blut ganz blumig "les fleurs" - diesem Blut wurden seit jeher magische Kräfte nachgesagt:
- der Blick einer menstruierenden Frau konnte einen Spiegel zum "erblinden" bringen, Kupfer beschlug, Rasierklingen wurden stumpf,
- der direkte Kontakt einer Schwangeren mit (fremdem) Regelblut konnte eine Fehlgeburt auslösen,
- Pökelfleisch und rohes Schweinefleisch verdarben, wenn nur der Geruch von Regelblut sie berührte,
- eine menstruierende Frau konnte aus dem gleichen Grund keine Rahm zu Schlagsahne schlagen, da giftige Dämpfe von ihr ausströmten (etwa fibrinauflösende Enzyme, die im Zervikalkanal ausgeschüttet werden, um das in der Uterushöhle geronnene Blut wieder flüssig zu machen und ihm so die Passage durch den engen Zervikalkanal zu ermöglichen ? ),
- Hunde, die Regelblut leckten, wurden angeblich tollwütig,
- Pflanzen und Blumen auf den Feldern starben ab, wenn eine Frau "mit Regel" über die Flur schritt,
- näherte siche eine menstruierende Frau einem Bienenstock, so konnte das Bienenvoll ganz plötzlich sterben - diese abtötende Eigenschaft machten sich die Bauern früher zunutze und schickten menstruierende Frauen auf die Felder, wenn diese von Raupen oder Heuschrecken heimgesucht wurden.
1920 wurde von dem Wiener Kinderarzt Bela SCHICK (1877-1967) für diese Giftstoffe im Regelblut der Begriff "Menotoxine" geprägt ... (B. Schick, Das Menstruationsgift, in: Wiener klinische Wochenschrift, Mai 1920).

Lit.:
https://clio.revues.org/document114.html
https://www.mum.org/menotox.htm

Verständlich, wenn man sich vor diesem giftigen Blut in Acht nahm und mit aller Macht verhinderte, dass es mit Lebensmitteln in Kontakt kam - amerikanische Frauen pflegten ihre Lumpen im Küchenherd zu verbrennen ...

Seit der Antike werden "Monatsbinden" benutzt - wedelte nicht Abigail (1. Sam. 25; zit. Meir Shaley, Der Sündenfall, ein Glücksfall?) vor Davids Heer mit "ihrer Monatsbinde", weil sie dem biblischen König beweisen wollte, dass sie unpässlich sei ?
1886 wurde in Amerika die erste Einmalbinde hergestellt. Eine dicke Watteeinlage, die recht "mobil" war: Auf die Idee mit den Klebestreifen kam man nämlich erst in den 70ern. Die Binde war damit zwar erfunden, kam aber nicht in Umlauf: Werbung für die "Dinger" wagte nämlich damals keine anständige Frauenzeitschrift abzudrucken.

Die amerikanischen Krankenschwestern haben sich angeblich 1914/18 zum eigenen Gebrauch Binden hergestellt aus Watte- und Verbandsresten, die an der Front umherlagen - sie erkannten den Wert der Baumwolle als absorbierendes Medium und regten die Industrie an, derartige Wattebinden in industriellem Massstabe herzustellen.

1921 brachte die amerikanische Fa. Kimberley-Clark die Binde "KOTEX" auf den Markt.
In Europa waren Einmalbinden bis Ende der 20er Jahre völlig unbekannt. So wurde die Einführung und die Bewerbung einer Binde in Europa als eine Sensation empfunden, als 1929 die deutsche Fa. Paul Hartmann ihre "CAMELIA" einführte. Die CAMELIA (benannt nach dem Vorbild der Oper von Dumas "La dame aux camélias") wurde bald zum Inbegriff der Einmalbinde, auch als sie in Wirklichkeit "MIMOSETTE" oder Gott weiss wie hiess.

Bis dahin hatten die Europäerinnen brav ihre Binden selbst geschneidert (nach Schnittmustern, die in Damenzeitschriften von Zeit zu Zeit diskret veröffentlicht wurden) oder Stoffbinden in Fachgeschäften gekauft, Binden die teuer zu stehen kamen und dementsprechend nach jeder Regel fleissig gewaschen und auf der Leine getrocknet wurden - bis zum nächsten Male!

"Avoir ses chiffons" hiess es in Frankreich, wenn die Frau "ihre Tage" hatte, die Engländerin war "on the rags" - auf den Lumpen...

Selbstklebende Damenbinden existieren erst seit den 1970er Jahren.

Vorgestellt werden zwei Packungen CAMELIA-Einmalbinden, in der klassischen blauen Farbe. Auf der unteren Abbildung eine Binde aus dem unteren Paket, mit den typischen Zipfeln, um sie im Bindenhalter zu befestigen (Sicherheitsnadel etc).