Amulette


Ex-Voto (09)

Baermutterkroete.png

um 1900

 

 

In der Volksmedizin gab es auch eine spezielle Therapie für "krötenbedingte" Frauenleiden: um das im Frauenleib herumwandelnde, wild um sich beißende Krötenwesen zu besänftigen, war es ratsam, dieses zu füttern. In Niederbayern legte man der Frau in bestimmten Fällen eine mit Schmalz gefüllte Nussschale auf den Nabel und ließ sie so lange dort liegen, bis das Fett aufgenommen wurde.

 

Auf solche Praktiken geht auch die alte Redensart "Die Bärmutter hat mich gebissen und will gfuttert werden" zurück.

 

Exponat

8.5 cm hohe Wachskröte mit ihrer Gießform. Aus der ehemaligen Wachszieherei Ebenböck in Pasing / München, um 1900.

„Blutrote Kröten wurden bei starken Blutungen geopfert“ (Ludwig Hopf, Die Anfänge der Anatomie bei den alten Kulturvölkern, Breslau 1904 S.64), sonst wurden eher weiße und eierschalenfarbene dargebracht.

 

 

„Die zahlreichen Votive an den Wänden rund um den Altar [von Maria Pötsch im Obermühlviertel] und besonders an dessen Rückseite führten einem so recht deutlich vor Augen, warum und aus welcher Lage der gläubige Mensch der Umgebung zum Wallfahrer nach Maria Pötsch wurde; seine ganze, bis dahinungestört durch äußere Einwirkung und in seinen ganzen Lebenskreis eingebettete Frömmigkeit hatte in den unzähligen Votiv- und Opfergegenständen ihre sachliche Prägung gefunden. Da gab es zum frommen Bestaunen während des Opferganges um den Altar die wächsernen Beine, Hände mit Unterarm, Köpfe, Herzen, Brüste, Kiefer und viele Augen; auch wächserne Kühe und Rösser und Schweine waren darunter, auch die Votivkröte, aber unter der Bezeichnung Krebs. Davon wurden bis zum Weltkrieg ziemlich viele aufgeopfert. Nur hohe Greisinnen haben noch davon Kenntnis und sie versichern, daß das Votiv gegen „gewisse Frauenleiden“ und den Krebs geopfert worden war. Es ist dem Schreiber bis jetzt nicht gelungen, eine zu finden, die erklärte, sie hätte selbst eine geopfert oder hätte von einer anderen Frau davon gehört“ (Heinrich Jungwirth, Der Obermühlviertler, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 1949 S.20).

 

P.S. Auch Männer besassen ein "Gebärmutter", ein Teil der Votivkröten könnte also von Männern geopfert worden sein, wenn sie unter "Bauchgrimmen" litten (Britta-Juliane Kruse, Die Arznei ist Goldes wer, 1999 S.45)

Amulette


Ex-Voto (10) 

Täfelchen aus Luxemburg, 2000

 

 

 

Konnte kein Arzt helfen, wandten sich fromme Christen früher an Heilige, deren Fürbitte Heilung oder Linderung erreichen sollte. Viele Heilige waren "Spezialisten", sei es gegen Schmerzen unter der Geburt, unspezifische Leibschmerzen etc.

 

Das hier vorgestellte Votivtäfelchen aus Silberblech war ein Dankesgeschenk an einen Heiligen, der von Bauchgrimmen befreit hatte. Um welchen Heiligen es sich handelte, bleibt unklar. Mehrere Heilige konkurrierten:

- Sankt AGAPITUS, der im 3. Jahrhundert lebte


- Sankt GERMANUS von Auxerre, der im 4. Jahrhundert lebte,


- Sankt BRICTIUS von Tours, der im 4. Jahrhundert lebte,


- Sankt WOLFGANG der im 10. Jahrhundert an der Domschule von Trier lehrte...


- Sankt ERASMUS der im 4. Jahrhundert lebte. Er hält auf Heiligenbildnissen eine Ankerwinde in Händen - er war ursprünglich Patron der Matrosen. Da in unsern Gegenden die Ankerwinde unbekannt war, wurde sie als Marterinstrument missverstanden, indem man sich ausmalte, wie der Heilige während der Diokletianischen Christen-verfolgung (!) durch Herausspulen der Gedärme den Tod fand. Folglich wurde er hierzulande zum Nothelfer bei Bauchschmerzen.
Man vermutet, dass Sankt ERASMUS zwischen 303 und 310 gestorben ist. Die Umstände seines Todes sind ungeklärt. Die kirchliche Tradition geht jedoch davon aus, dass Erasmus als Märtyrer, also als Glaubenszeuge, während einer Christenverfolgung im Römischen Reich getötet wurde. Die Überlieferung nennt ihn als Bischof von Antiochien in Kleinasien, der heutigen Türkei. Er habe dort sehr viele Menschen zum Christentum bekehrt und so die Aufmerksamkeit des heidnischen Kaisers von Rom auf sich gezogen. Angeblich hat er eine Marterung mit brennendem Pech und Schwefel unversehrt überstanden, weil ihn ein Engel gerettet hat.

 

- Andernorts wird zu St. PANKRAZ gebetet, so in Stolzemburg an der Our in Luxemburg, wo er gegen "Abzehrung" und dicke Bäuche der Kinder angerufen wird. PANkraZ war, wie schon sein Name verriet, für Krankheiten der PANZ, des Leibes zuständig... In Wilfingen bei St. Blasien wallfahrte man am Festtag des Heiligen, dem 12. Mai, zu seiner Statue um Fürbitte zu erlangen gegen Kinderkrankheiten. Skurriler ist die Verehrung in Eschbach bei Waldshut, wo man kranke Kinder in Windeln packte, die man an der Statue des Heiligen gerieben hatte.
PANKRATIUS war um 290 in Phrygien zur Welt gekommen. Der Legende nach reiste der verwaiste Sohn eines reichen Römers im Jahr 303 mit seinem Onkel Dionys nach Rom. Mit seinem ererbten Vermögen half er dort den verfolgten Christen, besonders den um ihres Glaubens willen Gefangenen. Nach dem Tod des Onkels wurde 14jährige Pankratius im Jahr 304 in Rom vor den Kaiser geschleppt, wo er sich nicht vom Glauben abbringen liess, woraufhin er öffentlich enthauptet, sein Leichnam Hunden zum Fraß vorgeworfen wurde.
Kaiser Arnulf von Kärnten schrieb seine Eroberung von Rom am 12. Mai 896 der Fürbitte zu Pankratius zu, worauf die Verehrung des Heiligen v.a. in Mitteleuropa aufblühte.

 

 

Exponat

Vorgestellt wird ein im Jahr 2000 auf einem Luxemburger Flohmarkt erworbenes Silberblech-Votivtäfelchen.

Amulette


Fraisenkette

P1040017
 

 

Die Freis oder Frais, vom althochdeutschen freisa „Not, Gefahr", rep. vom mittelhochdeutschen vreise ,Angst, Wut oder Schrecken" ist - wie Fluss, Gicht und anderes - ein volksmedizinischer Sammelbegriff für Krankheiten, die sich in heftigen, furchterregenden Krampf-Anfällen äußern wie Epilepsie oder Kinderkrampf, wobei nach der vermeintlichen Ursache oder nach den äußeren Symptomen - ähnlich wie beim Fieber -eine primitive Systematik versucht wird: „Reißende, rote, abtötende, zitternde, kalte, fallende, abtrennende, spreizende, stille, schreiende, wütende, geschwollene und gestoßene Fraiß" unterscheidet ein Fraisbrief aus Oberösterreich.

 

"Froaselnde" Säuglinge verdrehten die Augen und bekamen krampfhafte Zuckungen. heftige Krampfanfälle und schwindelige Bewegungen, die denen einer Schlange ähneln. Im Volksmund heißt es "in Froas fallen". Heute sagt man dazu "Convulsionen".

 

Häufigkeit

Relativ viele Kinder starben füher unter dem Bild von Krämpfen. Hier die Zahlen der Stadt Luxemburg für das Jahr 1875:

- im 1. Quartal 11 von 72 Kindern (Luxemburger Wort, 6. Aprl 1875).

- im 2. Quartal 4 von 58 Kindern (Luxemburger Wort, 8. Juli 1875),

- im 3. Quartal 14 von 65 Kindern (Luxemburger Wort, 30. Oktober 1875),

- im 4. Quartal 9 von 41 Kindern (Luxemburger Wort, 8. Januar 1876).

1875 waren insgesamt 38 von 236 = 6,21% der Kinder an Krämpfen gestorben.

 

Exponat

Unsere Kette besteht aus 23 Amuletten, die auf einem rot eingefärbten (allerdings stark ausblassten) Hanffaden aufgezogen sind. Die ungerade Zahl 23 ist typisch für diese Art von Ketten. Ursprünglich war die Schnur in kräftigerem Rot gehalten, der Symbolfarbe für die Abwehr der Fallsucht.

- 2 Kreuze: ein längliches aus Perlmutt, ein rechteckiges aus Messing,

- 3 Röhren-Knochen,

- 2 Totenköpfe (Bein), Im Schweinhirn (Ohrknöchelchen) ist nach Mitteilung einer Bäuerin ein kleiner Knochen das „Schreckboanl“, es sieht fast aus wie ein Totenschädel, dieses unter den Kopfpolster gelegt, soll kleine Kinder vor dem nächtlichen Aufschrecken und vor Fraisen bewahren. Diesem Stein sind die kleinen Totenköpfe nachempfunden,

- 1 Totenkopf (Metall) als Memento-Mori. 

- 1 grüner Achat in einem "Silberdrahtkäfig" gefaßt,

- 1 Louis XVI-Sol-KupferMünze von 1785. Eigentlich erwartet man ein Heiligenild. Französische (und englische) Könige heilten Skropheln durch die "Königliche Berührung", den "toucher du Roy". Allein Louis XVI soll zwischen 1775 und 1795 an die 200.000 Kranke berührt haben, mit den Worten "Le Roi te touche, Dieu te guérisse" und ihnen ein Allmosen überreicht haben,

- 5 Natternwirbel. Im Lechrain bringt die „Atter“ alles mögliche Glück. Man kann sich mit ihrer Haut unsichtbar machen, namentlich die Zunge ist zauberkräftig (Leoprechting). Auch in Österreich spielen die „Hausadern“, die sich in Winkeln oder Kellern aufhalten, eine glückbringende Rolle. Sie erscheinen in zahlreichen Sagen, namentlich als gekrönte Natter und ihre abgelegte Haut besitzt heilende und zauberkräftige Wirkung (Vernaleken). Wahrscheinlich hat das zauberische Wesen, das man von alters her den Schlangen zuschrieb, sowie die Verehrung, die man ihnen zollte (Nehring), dazu beigetragen, dass man sie nicht nur volksmedizinisch, sondern auch ihre Wirbel als Amulett benutzte, gilt doch die Schlange als Hausbewohnerin schon als ein Unglück abwehrendes Mittel Grohmann, Jühling). Auch Rosenkränze werden von diesen Wirbeln gefertigt. Unter den verschiedenen Fraisbeten wird als besonders wirksam die aus den Wirbelknochen der Ringelnatter gebildete bezeichnet. Schmeller sagt (Bayerisches Wörterbuch 1, S.826): „Die Natter wird am Frauendreißigst* lebendig gefangen, in einem verschlossenen neuen Topf durch Hunger und Hitze getötet, und dann in einen Ameisenhaufen gelegt, damit durch diese Tierchen das Fleisch weggenagt wird. Eine solche „Beten“ unter den Kopf einer mit der Frais behafteten Person gelegt, hat heilsame rettende Kraft".

*Die Zeit zwischen dem "großen Frauentag" (Mariae Himmelfahrt am 15. August) und dem "kleinen Frauentag, (Mariae Geburt am 8. September).

- 1 Rosenquartz-Kristall (spitzer männlicher). Obwohl heutige Kristalle meist aus Übersee importiert Ware sind, kommt der Stein auch bei uns vor, insbesondere in der Oberlausitz. In der Volksmedizin drückte man einer Gebärenden einen Rosenquarz in die Hand. Bereits im Mittelalter wurde der Rosenquarz als Heilstein eingesetzt, da sich der rosafarbene Quarz positiv auf die Schlafqualität auswirken soll – wohl daher finden wir ihn hier in der am Bett des Säuglings angebrachten Fraisen-Kette …

- 2 ringförmig gebogene sog. Kreuz-Nägel. Eisen galt wegen seiner Stärke als Mittel gegen Zauber und seine magnetischen Eigenschaften umgaben das Metall mit einer geheimnisvollen Aura – der Nagel bringt Glück, aber nur, wenn man ihn zufällig findet,

- 1 Joseph mit Jesuskind, Zinnfigur. Joseph war Schutzpatron von Tirol, der Steiermark, Kärnten und Vorarlberg - was dem Verbreitungsgebiet der Amulette entspricht,

- 2 Obst (Zwetschgen?)-kerne,

- 1 grüne Glasperle (sog. Waldglas),

- 1 Wassernuß (Trapa natans), Spitzname Jesuitenmütze oder Teufelskopf. Auf Draht montierte Nuß, vermutlich Perle eines alten Rosenkranzes (cf. Klostermuseum Scheyern). Die Wassernuß wurde seit der Jungsteinzeit als Speise gesammelt. Die heute in Oberösterreich als ausgestorben geltende Art kam noch bis vor wenigen Jahrzehnten vor in Schlossteichen oder ähnlichen Gewässern, wie etwa in Hartkirchen unterhalb der Ruine Schaunburg (OÖ) oder im Teiche bei Schloss Neuhaus nächst Geinberg (OÖ) – die Nuss war einst Lieblingsspeise der Schwäne! Die nach Edelkastanien schmeckenden Samen wurden noch im 19. Jahrhundert wie Kartoffeln in Salzwasser gekocht, gebacken oder auch wie Kastanien geröstet. Geschätzt als Amulett, Sympathiemittel, als Heilmittel, Kaffee-Ersatz, zur Schweinemast (!) und als Mehl zum Brotbacken. (cf. Pharmaziemuseum Brixen. Es besitzt eine Fraisenkette, die ganz aus diesen Wassernüssen hergestellt wurde

 https://www.facebook.com/museofar/posts/1302216026527310:

 

https://volkskundemuseum.at/jart/prj3/volkskundemuseum/data/uploads/downloads/OeZV_Volltexte/ZOEV_1907.pdf

 

Erworben von einem privaten Sammler in Weilheim / Oberbayern (11/2017). Keine Angaben bzgl. Alter und exakte Provenienz.

Amulette


Gedungene Wallfahrer

 

Es gab eine ganze Reihe von Heiligen, die von frommen Christenmenschen bei Epilepsie angerufen wurden. So ist aus der Hocheifel und aus Flandern eine Dreiergruppe bezeugt, bestehend aus den Heiligen Cornelius, Aegidius und Lambert. Bei der viel besuchten Echternacher Springprozession am Pfingstdienstag, die seit dem 15. Jahrh. existiert, wird der hl. Willibrord, der 739 in Echternach im heutigen Luxemburg starb, vor allem als Helfer bei der Epilepsie verehrt. Die Willibrordusquellen und -brunnen, welche die Missionswege Willibrords säumten und eine rege Tauftätigkeit bezeugen, wurden vom Volk aufgesucht, um die Heilung von verschiedenen Nervenkrankheiten (Chorea, Ergotismus), besonders bei Kindern, zu erflehen.

Einer der vielen möglichen Ursprünge der Springprozession
Im 13. Jahrhundert wütete in der Gegend um Trier eine Veitstanz-Epidemie. In ihrer Not riefen die Menschen (angeblich) den heiligen Willibrord an, dessen Leib schon damals in Echternach begraben lag. Offenbar wurden die Bitten der Gläubigen erhört. Die Epidemie klang ab. Aus Dankbarkeit soll die Springprozession zur Grabstätte des Heiligen ins Leben gerufen worden sein. Willbrord gilt seither als Patron gegen Epilepsie, Zuckungen, Pest und gegen den Veitstanz. Beim Springen wird (angeblich) das krankhafte Fallen, Hauptsymptom der Epilepsie, nachgeahmt und die Fürsprache des Heiligen bei Gott angerufen, um sich vor der Krankheit (manchmal "Echternacher Krankheit" genannt) zu schützen, oder um andere, die von der Krankheit befallen sind, durch Gottes Gnade zu befreien. Also eine Anwendung des Prinzips "Similia similibus curare", eine Art Heiltanz.

Wer - infolge Lähmung, Epileptischer Anfälle, zu hohen Alters usw. - nicht selber zum Grabe des Heiligen wallfahren konnte, der konnte einst einen Berufspilger anheuern. Seit 1801 dürfen auch Frauen an der Echternacher SpringProzession teilnehmen - so sehen wir auf der Ansichtskarte von Bellwald (N°131, gestempelt am 22.2.1906; gleiches Bild schon auf der um 1897 entstandenen Karte N°367) eine gemischte Gruppe von Tänzern und Tänzerinnen "Danseurs loués", die gegen Bezahlung an der Springprozession teilnahmen.


"Viele Wallfahrer hat ein wegen Schüttellähmung oder Fallsucht gemachtes Gelübde hierher geführt. Sie springen eben nicht nur für sich, sondern auch für andere, für Angehörige oder Freunde. Wer zu alt oder zu krank war, bezahlte Echternacher Burschen, die "für 12 bis 20 Sous sprangen", häufig für mehrere Pilger und Pilgerinnen zugleich." [zit. Prof. Dr.med. Stefan Winkle, Über das epidemieartige Auftreten von Nachahmungssyndromen, Die Tanzwut - Echte und scheinbare Enzephalitiden, in: Hamburger Ärzteblatt (Hefte 6-9/2000)].

Im medizinischen Sektor erinnert heute nur noch das 1858 eröffnete Willibrord-Spital in Emmerich / Niederrhein an die Taten des Heiligen ...

Amulette


Geweihtes Oel

Oel aus der Ewigen Ampel von N.-D. du Laus (Hautes-Alpes) 

1664 erschien Maria einem jungen Mädchen in Laus in den französischen Alpen. Wunderheilungen folgten 1665 - Heilungen von Gelähmten, die zur Muttergottesstatue pilgerten. Dann aber brachte die Marienerscheinung ein völlig neues Element ins Spiel: das Lampenöl! Am 23.6.1666 heilte das Öl, das in der Ewigen Lampe brannte, ein zweijähriges Mädchen, das im Auge einen grossen Fleck hatte, seit es sechs Wochen zuvor von Pocken befallen worden war. Der Fleck behinderte das Sehen. Der Vater brachte Öl aus der Lampe nach Hause und salbte damit das Auge des Kindes – tags drauf kann die Kleine sehen. Die nächste Heilung erfolgte, nachdem eine Ursulinenschwester ein 7jähriges Mädchen gesalbt hatte, das einen Tumor oberhalb des Ohres mit sich trug und allmählich erblindete. Es folgten Heilungen von Ulcerationen am Gaumen (1677), Sehschwäche und Augenschmerzen (1684)

Der « magische » Einsatz von Öl blickt auf eine längere Tradition zurück :

  • Im Merovingerreich wurde Öl aus den Lampen, die an Heiligengräbern brannten, als Heilmittel benutzt (Martina Hartmann, Die Merowinger, Verlag Beck, 2012 S.109).
  • bekannt war im frühen Mittelalter das Öl aus Saint-Ménas, einem Ort in Nordägypten in der lybischen Wüste, 40 km von Alexandria entfernt, das ganz vom Kult der Reliquien des legendären hl. MENAS (3. Jh.) lebte (mehrere Basiliken, Hotels, Klöster, Bäder, Hospitäler) – ein „Lourdes der spätantiken Welt“. Das Lampenöl wurde in kleinen Gefässen aus Terra cotta abgefüllt und an zahlungskräftige Pilgerer verkauft. Ein Exemplar „ampoule à élogie en terre cuite, Inventar n° E 24445 » aus dem 6. Jh. befindet sich in den Sammlungen des Louvre
  • ähnliche Ampullen wurden in Palästina verkauft (mehrere Exemplare erhalten in Monza und Bobbin). Die christlichen Pilger brachten aus Palästina Lampenöl mit, das sie sich an „heiligen“ Orten (Gräber von Märtyrern etc.) besorgt hatten – sie trugen das Öl in Fläschchen, die sie am Halse trugen.
  • in Korsika wird mit dem Öl aus dem Heiligtum N.-Dame de Lavasina geheilt,
  • in den Alpes-Maritimes wird das Öl der Lampe von Laghet benutzt,
  • in den Hautes-Alpes, in dem Städtchen Embrun, in unmittelbarer Nähe zu Laus, brannte eine Öllampe am Grabe des hl. Marcellin – das Öl wurde von zahllosen Kranken benutzt für Heilungen.
  • im Kanada wird hl. Lampenöl in den Heiligtümern von Sainte-Anne de Beaupré und in Saint-Jean in Montreal benutzt

    Das Öl wird noch heute in Notre Dame du Laus [sprich: Lo] an die zahlreichen Besucher verkauft – « es kann helfen, wenn man den Glauben hat“. Der Lokale Klerus verwehrt sich energisch gegen den Verdacht des Aberglaubens: „Ce geste n’est pas un geste magique, c’est un geste proposé par Marie. L’huile est le signe de la présence agissante du corps eucharistique du Christ“ (Père René Combal).

    Vorgestellt werden zwei 8 cm hohe Plastikröhrchen, die ich im Sommer 2003 in Laus erstanden habe „allein mir fehlt der Glaube“.

    Andere Öle wurden von der Kirche geweiht, so die "Huile de Sainte Cathérine" in der Kirche von Forêt-Trooz in Belgien (siehe Guérisseurs d'hier et d'aujourd'hui, Musée en Piconrue 2003 S. 193), mit dem Hautkrankheiten und Schlangenbisse kuriert wurden (oder auch nicht...).

Amulette


Geweihtes Wasser

Wasser aus der "Wunderquelle" von Lourdes 

Wasser aus Lourdes. Das Fläschchen gehörte der Grossmutter eines Kollegen… Sie brachte es kurz nach dem 2. Weltkrieg mit nach Hause.

Amulette


Hämatit

Roteisenstein / Hämatit aus Weilburg 

Heilende Steine wollen wir zu den Amuletten rechnen, weil sie auch dann noch wirken (sollen), wenn sie nur am Körper getragen werden.

Die rote Farbe des Hämatites heilte alles, was Rot ist - das Volk gab ihm den Namen "Blutstein" - es half gegen Nasenbluten, Blutspucken:

"disser steyn ist kalt und trockener Natur. Disser steyn in die handt genommen, so die nase blut, stillet das bluden in der Nasn. Dissen steyn gepulvert und gemischet mit Taschenkrautsaft und diss in die Nasslöcher gestrichen, benimpt das bluden darauss. Welcher blut speyet, der nehme disses steyns pulver gemischt mit rosenwasser und dazu gummi arabicum und darauss pillen gemacht..."

 "Für den fluss genannt menstruum nutzt diss pulver mit wegerichtsafft, ess stopffet den weissen und roten fluss der Frauen".

Vorgestellt wird ein Hämatitblock aus Weilburg im Nassauischen, der aus der 1962 aufgelösten Sammlung des Athénée in Luxemburg stammt.

Amulette


Madonnenkult

Seife Savon ND de Luxembourg

Marque Déposée N°43.216

 

 

Sauberkeit auf der ganzen Linie:

- äusserlich, indem man sich wäscht,

 

  • - innerlich, indem man betet bzw. die sündige Seele durch Beichten reinigt.

 

 

Exponat

Die vorliegende 18.5 x 8.5 x 4.5 cm grosse Papp-Schachtel stellt eine Verquickung dieser beiden Hygiene-Momente dar, indem sie die Mutter des Herrn mit der körperlichen Hygiene in Verbindung bringt!

 

Palmen- und Olivenöl sind klassische Bestandteile feiner Körperseifen – im Kontext mit Maria erhalten diese Ingredientien als typische Produkte des Orientes eine neue, biblische Dimension.

Amulette


Pestamulett

P1030659
 

 

Der Benediktuspfennig ist ein Amulett welches dem Gläubigen gegen Alltagsgefahren wie Hagelschlag, Vergiftung, Fieber, Pest, Gallensteine, böse Geister, Hexen, den Teufel, aber auch bei Geburten und auf dem Sterbelager helfen sollte ...

Er wurde um den Hals, am Rosenkranz, an der Fraisenkette oder in der Geldbörse getragen. Man empfahl, ihn in Haus- oder Stallfundamente einzumauern und legte ihn unter Hausschwellen, in Kinderwiegen und in Futterkrippen, warf ihn in Brunnen oder nähte ihn dem Vieh an die Glockenriemen.

 

Avers (rechts): Benediktus-Kreuz, über dem das Wort IHS steht ("Iesus Hristus Salvator") (Jesus Christus Erlöser). 

Die vier Buchstaben rund um das Kreuz CSPB sind die Abkürzung für "Crux Sancti Patris Benedicti" (Kreuz des heiligen Vaters Benediktus).  

Auf den Balken des Kreuzes sind die Anfangsbuchstaben der Beschwö-rungsformeln, in denen sich der Glaube des heiligen Ordensvaters ausdrückt, eingeprägt.

Im Längsbalken:

CSSML ("Crux Sancta Sit Mihi Lux") (Das heilige Kreuz sei mir Licht).   

Im Querbalken:

NDSMD ("Non Draco Sit Mihi Dux") (Der Drache sei mein Führer nicht).  

  

Am Rande der Medaille befinden sich folgende Buchstaben:  

V.R.S.N.S.M.V. S.M.Q.L.I.V.B. bedeuten: "Vade retro satana, nunquam suade mihi vana. - Sunt mala quae libas, ipse venena bibas." (Weiche Satan und führe mich nicht zur Eitelkeit! Schlecht ist, was du mir einträufelst. Trinke selber dein Gift!).

 

 

Revers (links): Während die Vorderseite eher allgemein gehalten ist, trägt die Rückseite den eigentlichen Pestsegen. Am Rande der Schriftzug "St. BENEDICTE ORA PRO NOBIS" - Benediktus war der Schutzpatron der Pestkranken. Unter dem Bild des Heiligen (in der rechten Hand der Giftbecher mit darüber liegender Schlange, in der linken der Bischofsstab) befindet sich eine Kartusche mit dem Segen: ab dem 17. Jahrhundert wurden Benediktuspfennige mit diesem sog. Zachariassegen geschlagen, dessen Schriftzeichen die Satzanfänge von lateinischen Gebetsversen gegen die Pest sind:

"+Z+DIA+BIZ+SAB+Z+HGF+BFRS" - 7 Kreuze und 18 Buchstaben. Die sieben Kreuzchen stehen allesamt für Verse, die mit dem Wort Crux (Kreuz) beginnen:

        +1 Crux Christi salva nos (Das Kreuz Christi rette uns).

Z (1) Zelus domus tuae liberet me (Die Liebe zu deinem Haus befreie mich (Ps. 69, 10).

       +2 Crux vincit, crux regnat, crux imperat, per signum crucis libera me, Domine, ab hac peste*(1) (Das Kreuz siegt, das Kreuz regiert, das Kreuz herrscht. Durch das Zeichen des Kreuzes befreie mich, Herr, von der gegenwärtigen Pest.

D (2) Deus, Deus meus, expelle pestem*(2) a me et a loco isto et libera me (Gott, mein Gott, vertreibe die Pest von mir und von diesem Ort und befreie mich (Ps. 22, 2).

I (3) In manus tuas, Domine, commendo spiritum, cor et corpus meum (In deine Hände, Herr, empfehle ich meine Seele, mein Herz und meinen Leib (Ps. 31,6).

A (4) Ante coelum (et terram) Deus erat, et Deus potens est liberare me ab ista peste*(3) (Vor Himmel und Erde war Gott, und Gott ist mächtig genug, mich von der gegenwärtigen Pest zu befreien,

      +3 Crux Christi potens est ad expellendam pestem*(4) ab hoc loco et a corpore meo (Das Kreuz Christi ist mächtig, die Pest von diesem Ort und aus meinem Leib zu vertreiben).

B (5) Bonum est praestolari auxilium Dei cum silentio, ut expellat pestem*(5) a me (Es ist gut, in Stille auf die Hilfe des Herrn zu hoffen, daß er die Pest von mir treibe (Klagel. 3, 26).

I (6) Inclinabo cor meum ad faciendas iustificationes tuas, ut non confundar, quoniam invocavi te (Ich neige mein Herz, deinen Gesetzen zu dienen, damit ich nicht untergehe; denn ich habe ja dich angerufen (Ps. 119, 112).

Z (7) Zelavi super iniquos, pacem peccatorum videns, speravi in te (Ich habe mich über die Bösen ereifert, weil ich die Gemütsruhe der Sünder gesehen habe; ich habe jedoch auf dich gehofft (Ps. 73, 2).

      +4 Crux Christi fuget daemones, aeram corruptum et pestem*(6) expellat (Das Kreuz Christi wird die Dämonen in die Flucht schlagen; es möge schlechte Luft und die Pest wegtreiben.

S (8) Salus tua ego sum, dicit Dominus; clama ad me et ego exaudiam te et liberabo te ab ista peste*(7) (Ich bin dein Heil, spricht der Herr, rufe zu mir, und ich werde dich erhören und von der gegenwärtigen Pest befreien (Ps. 35, 3).

A (9) Abyssus abyssum invocat et voce tua expulisti daemones, libera me ab hac peste*(8) (Eine Hölle ruft die andere, doch mit deinem Wort hast du die Teufel vertrieben; befreie mich von dieser Pest (Ps. 42, 8).

B (10) Beatus vir, qui sperat in domino et non respexit in vanitates et insanias falsas (Glücklich ist der Mann, der auf den Herrn hofft und die stolzen und treulosen Lügner nicht beachtet (Ps. 40, 5).

        +5 Crux Cristi, quae antea fuit in opprobrium et contumeliam et nunc in gloriam et nobilitatem, sit mini in salutem et expellat a loco isto diabolum et aerem corruptum et pestem*(9) a corpore meo (Das Kreuz Christi, das früher in Schimpf und Schande gewesen, jetzt aber in Ehre und Ansehen ist, sei mir zum Heil und möge von diesem Ort den Teufel und verdorbene Luft und von meinem Körper die Pest vertreiben.

Z (11) Zelus honoris Dei convertat me antequam moriar, et in nomine tuo salva me ab ista peste*(10) (Der Eifer für die Ehre Gottes möge mich umwandeln, bevor ich sterbe; und in deinem Namen errette mich von der gegenwärtigen Pest)

      +6 Crucis signum liberet populum Dei et a peste*(11) eos, qui confidunt in eo (Das Zeichen des Kreuzes möge das Volk Gottes und die, die auf es vertrauen, von der Pest befreien.

H (12) Haeccine reddis Domino, popule stulte? Redde vota tua offerens sacrificium laudis et fide illi, quia potens est istum locum et me ab hac peste*(12) liberare, quoniam, qui confidunt in eo, non confundentur (Darfst du dem Herrn das antun, törichtes Volk? Erfülle deine Gelübde, bringe das Lobopfer dar und vertraue dem, der mächtig ist, diesen Ort und mich von der Pest zu befreien; denn die auf ihn vertrauen, werden nicht zuschanden werden (5 Mos. 32, 6).

G (13) Gutturi meo et faucibus meis adhaereat lingua mea, si non benedixero tibi, libera sperantes in te, in te confido, libera me, Deus, ab hac peste*(13) et locum istum, in quo nomen tuum invocatur (Meine Zunge soll mir an Kehle und Schlund kleben, wenn ich dich nicht loben würde. Erlöse, die auf dich hoffen. Ich vertraue auf dich, Gott, befreie mich und diesen Ort, in dem dein Name angerufen wird, von dieser Pest (Ps. 136, 6).

F (14) Factae sunt tenebrae super universam terram in morte tua; Domine, Deus meus, fiat lubrica et tenebrosa diaboli potestas, qui ad hoc venisti, filiI Dei vivi, ut dissolvas opera diaboli, expelle tua potentia a loco isto et a me, servo tuo, pestem*(14) istam, discedat aer corruptus a me in tenebras exteriores (Es entstand Finsternis über der ganzen Erde bei deinem Tod, Herr, mein Gott, vertreibe und vernichte die Gewalt des Teufels, denn dazu bis du ja gekommen, du Sohn des lebendigen Gottes, um die Werke des Teufels zunichte zu machen; vertreibe durch deine Macht die Pest von diesem Ort und von mir, deinem Diener, die verdorbene Luft möge von mir weichen in die äußerste Finsternis (Matt. 27, 45).

       +7 Crux Christi, defende nos et expelle a loco isto pestem*(15) et servum tuum libera a peste*16) ista, qui benignus es et misericors et multae misericordiae et verax (Kreuz Christi, beschütze uns und vertreibe die Pest von diesem Ort und befreie deine Diener von ihr, denn du bist gütig und mitleidig und von großer Barmherzigkeit und wahrhaftig (Ps. 103, 8).

B (15) Beatus, qui non respexit in vanitates et insanias (falsas), in die mala liberabit eum Dominus. Domine in te speravi, libera me ab hac peste*(17) (Glücklich, wer nicht auf Nichtigkeiten und Tollheiten schaut, in Unglückstagen wird ihn der Herr erlösen. Herr, auf dich habe ich gehofft, befreie mich von dieser Pest (Ps. 40, 5).

F (16) Factus est Deus refugium mihi, quia in te speravi, libera me ab hac peste*(18) (Gott ist mir zur Zuflucht geworden; weil ich auf dich gehofft habe, befreie mich von dieser Pest (Ps. 94,22).

R (17) Respice in me, Domine, Deus meus Adonai, de sede sancta maiestatis tuae et miserere mei et propter misericordiam tuam ab hac (var: ista) peste*(19) libera me (Schaue auf mich vom heiligen Thron deiner Majestät, Herr, mein Gott Adonai, und erbarme dich meiner, und durch deine Barmherzigkeit erlöse mich von dieser Pest (Ps. 25, 16).

S (18) Salus mea tu es, sana me et sanabor, salvum me fac et salvus ero (Meine Rettung bist du, heile mich, und ich werde gesund sein, mache mich gesund, und ich werde heil sein (Jer. 17, 14).

 

19mal wird um die Errettung von der Pest gebetet! Die Angst vor dieser Seuche muß immens gewesen sein.

 

Die Kreuzchen zwischen den Buchstaben sind Hinweise, an den betreffenden Stellen das Kreuzzeichen zu machen. Ihre Siebenzahl, eine Häufung zur Wirkungsverstärkung, beruht wohl auf der heiligen Zahl Sieben der jüdisch-christlichen Tradition der Bibel; sie hat aber in vielen Völkern fast auf der ganzen Erde eine große Bedeutung in der (religiösen) Symbolik und Magie, wechselweise als gute oder böse Sieben, als Glücks- oder Unglückszahl. Wie bei vielen Schutzsegen verbinden sich auch hier Glaube und Magie, Gebet und Beschwörung, Ritus und Zauberei, Abwehrkraft von Buchstaben und segensvolle Kreuzzeichen in einem gedrängten und gefüllten Pestsegen, zu dem der Volksglaube als wirksames Mittel gegen die Pest und (als diese erloschen war) andere ansteckende Krankheiten mit Gottvertrauen und Zauberglauben seine Zuflucht nahm.

Amulette


Rochus-Medaille

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Medaillen hatten den Vorteil, unzerbrechlich zu sein – „Saint Roch préservez-nous de la peste“ - bewahre uns vor der Pest.

 

Selbst die Reformatoren mußten erkennen, wie groß die Verehrung des Volkes für ihren Heiligen war - viele Rochusbilder und Altäre blieben daher während der Reformationszeit verschont.

Innere Medizin


Rochusreliquie

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Die „Confrérie Saint Roch" war Vorgängerin des Bäckermeisterverbandes – es war NICHT die Liebe zu kleinen Brötchen, die mich dazu brachte, eine Rochusreliquie anzuschaffen. Vielmehr erhellen an der Reliquie eine ganze Reihe von mittelalterlichen kulturellen Details …

                        "Esst Durmedil und Bibernell, dann sterbt ihr nit so schnell" (Volksspruch, 1348).

                        Pestgarten (Stephan Lochner-Altar in Köln, eine Pestwiese)

-     Die Rote oder Gewöhnliche Pestwurz (Petasites hybridus) verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie im Mittelalter gegen die Pest, die man mit dem unangenehmen Geruch der ätherischen Öle der Pflanze zu vertreiben hoffte, zum Einsatz kam.

-       Blutwurz, Armetill

-       Bibernell

Nach Überlieferungen stammte Rochus aus Montpellier (Frankreich), wo er um 1295 zur Welt gekommen sein. Er hatte die wunderbare Gabe, Pestkranke durch ein Kreuzzeichen zu heilen.

Amulette


Schluckbilder

Essbildchen
 

 

    Schluckbilder sind keine Erscheinung des Mittelalters, erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts sind sie nachweisbar! Barocke Hausmedizin, zur gleichen Zeit entstanden wie die Drecksapotheken …

Das Essen, Verschlucken resp. Sich-Einverleiben von Bildchen lässt sich als eine urtümliche, unmittelbare Form des Inbesitznehmens deuten, bei der das Bild einer Heilsperson dauerhaft in sich aufbewahrt wird. Wie die Bezeichnungen „Schluckbildchen“ und „Esszettel“ nahelegen, war die Hauptfunktion die einer "geistlichen Medizin", in der Barockzeit sprach man auch von „gratia medicinalis“. Als „papierne Pille“ wurden die Zettelchen in Wasser eingeweicht, aufgelöst oder Speisen beigegeben, um anschließend vom Kranken (Mensch/ Tier) verschluckt zu werden.

Gegen Fieber und andere innere Krankheiten verschluckte man kleine Bildchen von Heiligen, die früher an vielen Wallfahrtsorten gekauft werden konnten. Das Pharmaziehistorische Museum in Basel besitzt ein Schluckbild aus Salzburg (18.Jahrhundert). Auch in Einsiedeln wurden solche Schluckbilder gedruckt. Besonders eifrig wurden die Bildchen im Kärntischen Maria Zell gedruckt

 

Exponat

Streifen von 3 Schluckbildern aus dem späten 18. Jhdt. Betitelt "M. Schatzkam(mer)" und "Maria Zell", mit den jeweiligen Gnadenbildern:

- die Gnadenstatue, eine schlichte, spätromanische (13. Jhdt), 48 cm hohe Statuette aus Lindenholz, zeigt Maria, hier verehrt als "Magna Mater Austriæ", wie sie auf ihr Kind zeigt.

- das Schatzkammerbild aus dem 14. Jhdt ist das neben der Gnadenstatue meistverehrte Gnadenbild von Mariazell. Das Bild wird dem Sieneser Künstler Andrea Vanni um 1360 zugeschrieben.

 

Lit.:

Ch. Schneegass, Schluckbildchen, in: Volkskunst, Zeitschrift für volkstümliche Sachkultur 6, 1983, S. 27-32.