Antike |
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Star(?)-Nadel |
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Nadeln können nur dann als medizinische Instrumente gedeutet werden, wenn sie im Zusammenhang mit andern, eindeutig medizinischen Zwecken dienenden Instrumenten aufgefunden werden. Grundsätzlich sinf Nadeln mit Oehr, die zum Nähen von Wunden benutzt wurden, zu unterscheiden von Nadeln ohne Oehr. Die Verdickung der Nadel, die Milne (*) an der Spitze vermutet "round the tip", diese Verdickung befand sich natürlich am Griff, damit dieser fest in der Hand lag. In einem Grab in Reims, dessen Salbenstempel und Kollyren das Grab eindeutig als letzte Ruhestätte eines Augenartes charakterisieren, fand man ein Set bestehend aus 9 Nadeln aus Stahl, die auswechselbar waren - damit den Skalpellen im Prinzip ähnlich, deren Messer ebenfalls auswechselbar waren. Man muß Hohlnadeln unterscheiden von soliden Nadeln. Letzteren dürften Starnadeln darstellen, die benutzt wurden, um die getrübte Linse aus der optischen Achse des Auges zu drücken. Hohle Nadeln deuten darauf hin, daß man versuchte - wenn auch ohne sonderlichen Erfolg - die Linse aus dem Auge herauszusaugen (Saugen mit dem Munde ?), eine Technik, die auch die Araber später versuchten und bald wieder aufgaben, da ergebnislos...
(*) J.St. Milne, Surgical instruments in Greek and Roman Times, 1907 (Nachdruck 1970) S. 20ff. |
Antike |
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Votivfiguren, Terrakotta |
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Die Heilkunde der Römer war nicht besonders leistungsfähig. Umso wichtiger war daher die Hilfe, die Götter den Kranken geben konnten. Votivgaben (ex voto d.h. "suivant le voeu", gemäss Gelübde) sind Weihgeschenke, mit Hilfe derer man versuchte - und immer noch versucht, Gottheiten gnädig zu stimmen. Die verschiedensten Materialien wurden benutzt: Ton, Terra-Kotta, Bronze, Schmiedeeisen, Silber, Messingblech, Wachs. Schon in der Hallstattzeit kannte man Opferfiguren. Sehr zahlreich sind die Funde aus etruskischer Zeit. In Kultbrunnen, vor allem in der Nähe von Thermalquellen und Quellen grosser Flüse (z.B. Tiber), wurden sie zu tausenden gefunden. Aus dem Mittelmeerraum stammen die Nachbildungen der erkrankten Körperteile - sog. "Identifikations-gaben":
Die Objekte spiegeln eine nur geringe Kenntnis der anatomischen Verhältnisse wieder - man nimmt an, dass den etruskischen Fabrikanten zumeist tierische Organe von Schaf und Rind als Modelle vorgelegen haben. Neben Terrakotten, die einzelne Körperteile darstellen, finden sich Ganzkörper-darstellungen, alle Objekte zumeist von schlechter Qualität. Votivfiguren wurden extrem häufig zur Zeit der römischen Republik (4.-1. Jh.v.Chr.) um dann ersatzlos zu verschwinden - die Gründe für das plötzliche Nachlassen dieser Form des Kultes sind ungeklärt. Die beiden hier vorgestellten, 8 cm hohen römischen Votivfiguren stammen aus der Region von Neapel, wo sie in einer regelrechten Votivgaben-Fabrik zu Tausenden gefunden wurden. Anscheinend handelt es sich bei diesen römischen Fabrikaten (2. Jh.n.Chr.) zum einen um eine schwangere Frau (rechts im Bild), zum andern um eine einfache unspezifische Frauenfigur, die polyvalent bei den verschiedenartigsten Frauenleiden eingesetzt werden konnte ... |
Zahnheilkunde |
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Zahnstocher, römisch |
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Die Römer litten oft unter Zahnschmerzen. So kamen sie auf besonders seltsame Einfälle: Frösche wurden in Essig gekocht, mit der Brühe spülte man sich den Mund aus. Es gab sogar den Aberglauben, dass der Urin von kleinen Jungen gut für die Zähne wäre.
Das lateinische Wort "dentiscalpium" beweist, dass die alten Römer ein Gerät kannten, mit dem sie die Zähne putzen konnten. In seinem Werke "Das Gastmahl", Teil eines 16-bändigen Opus, beschreibt Petronius ARBITER, ein Zeitgenosse Neros, wie der Gastgeber seine Zähne schon vor [sic] dem Essen mit einer "Spica argentea", einem silbernen Stocher putzte. Dies scheint allerdings die einzige römische Textstelle zu sein, in der ein metallener Gegenstand als Zahnstocher benutzt wurde. Im Allgemeinen benutzten die Römer Naturprodukte zur Mundpflege Mastixholz, Federkiele): M. Valerius MARTIALIS, der von 40-103 n.Chr. lebte, hat in seinen Werken des Zahnstochers nicht weniger als 4 mal gedacht. So hat er uns im 14. Buche seiner "Epigrammaton libri" eine Art Vokabularium hinterlassen, in dem er unter der Rubrik "Dentiscalpium" zu melden weiss, dass man in Ermangelung eines Hölzchens aus Laubholz auch eine Feder zum Reinigen der Zähne benutzen dürfe:
Lentiscus melius: sed si tibi frondea cuspis
Vermutlich wurde der metallene Zahnstocher mit anderen Geräten der Körperreinigung (Zungenschaber, Ohrlöffelchen oder Kopfkratzer) zu einem Bund zusammengefasst. Das hier vorgestellte Instrumentarium aus einer Kupferlegierung wurde 1999 anlässlich einer Privatgrabung (Ursulinenstrasse) in Trier gefunden. Der Ring hat einen Durchmesser von 36 mm, der Zahn(?)schaber hat eine Länge von 67 mm, der abgebrochene Stocher (?) resp. der Rest eines Ohrlöffelchens (?) hat nur noch 40 mm Länge. Wenn das Besteck auch anfänglich kein Zahnstocher war, so wurde es dazu , als der Löffel resp. das andere Teil abbrachen: "recycling" anno dazumal.
Zu Beginn der Neuzeit wurde der Stocher ein unentbehrliches Accessoire: im Nachlass des 1768 verstorbenen Händlers Lucas Reiff aus Luxemburg finden wir „Un cure-dent, se trouve d’or, pèse 3 quintels à 7 patacons le lot“ (N. van Werveke, Kulturgeschichte des lux. Landes III, Luxemburg 1926 S. 72).
Literatur:
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Antike |
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Zäpfchen-Zange |
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Die Zäpfchen-Zange wurde entwickelt zur Amputation der Uvula. Dieser Eingriff ist von Aetius in der ersten Hälfte des 6. Jh. beschrieben worden: bevor das Zäpfchen abgeschnitten wurde, wurde dieses mit Hilfe besagter Zange langgezogen.
Mehrere dieser Zangen wurden gefunden. Das Londoner British Museum beitzt eine 197 mm lange Uvula-Zange aus dem 1.-2. Jh. n.Chr.: "Uvula crushing forceps". Die bekannteste ist wohl die "Pariser Zange". 1880 wurde hinter dem Theater in der av. des Gobelins, unweit der Place d'Italie, im Südosten des heutigen Paris ein bedeutender Fund getätigt. Auch wenn der Fund von Tabanelli (*) als Grabfund gewertet wird, so darf man an dieser Theorie Zweifel anmelden. Wegen der gleichzeitig gefundenen 75 Münzen (Tetricus I und Tetricus II, bis 274 n.Chr) darf man eher davon ausgehen, dass das Material von seinem Besitzer vergraben wurde, als die Franken 275 in Paris einfielen. Bei dieser Auseinandersetzung kam der Besitzer offenbar ums Leben. Nördlich der Fundstelle erstreckte sich im 4. Jh. der christliche Friedhof von Saint Marcel. Zum Pariser Schatz gehörten : - 1 Kupferkessel - 1 Salbenreibstein aus weissem Marmor - 1 Schröpfkopf - 1 Kästchen aus versilberter Bronze - 5 runde Büchsen aus vergoldeter bzw. versilberter Bronze, die Medikamentenreste aus Metallbasis (Kupferoxyd) enthielten. - 5 Pinzetten - 2 Klammern - 2 Zangen - 2 Spatelsonden - 2 Sonden - 3 Skalpellgriffe - 1 Löffel mit Ausguss - 1 Gabel - 1 Klammer (mit Lanzette ?) Der Fund ging zunächst in die Privatsammlung Toulouze-Piketty-Taté / Paris über - galt dann als verschollen (**). Jetzt Teil der Sammlung der "Mairie de Paris": "Trousse de chirurgien, dernier quart du IIIe siècle après J.-C.?, Tôle de bronze et bronze martelés, coulés ou torsadés, laiton (?), argent plaqué, marbre et pierre noire taillés, monnaies frappées. Provenance: Dépôt funéraire (35 objets et 74 monnaies), 180, avenue de Choisy, mise au jour par Eugène Toulouze en 1880. Ancienne collection Toulouze-Piketty-Taté, achat en vente publique en 1991; Inv.: AM 1071".
Lit.: (*) M. Tabanelli, Lo strumento chirurgico e la sua storia, 1958. (**) E. Künzl, Medizinische Instrumente aus Sepulkralfunden der römischen Kaiserzeit, 2. Aufl 1983 S.74 (***) Th. Meyer-Steineg und Sudhoff, Geschichte der Medizin im Überblick mit Abb. 1922, S. 37.
Exponat Vorgestellt wird eine Uvula-Zange, 1999 in Luxemburg erstanden aus dem Nachlass eines deutschen Sammlers, dessen Angehörige auf Anonymat bestanden. Länge 200 mm. In unserer römischen Sammlung ist dieses Instrument das einzige, das aus zwei zusammengefügten Teilen besteht. Erinnern wir in diesem Zusammenhang daran, dass schon die Römer die Technik des Lötens kannten (Messingteile wurden mit einem leichtflüssigen Metall, z.B. Galmei, verbunden. Selten wurden Schrauben verwandt. In dem gezeigten Exponat finden wir die damals geläufige Zusammenfügung mittels Niete. |