Chirurgie


Amputationssäge (2) n. CHARRIERE

um 1850 

 

 

   In der Versorgung von Knochenbrüchen bemühte man abenteuerliche Praktiken, und komplizierte Splitter- oder Mehrfachbrüche und Bruch- verletzungen an oder in Gelenken wurden in der Regel einfach durch grosszügige Amputationen behandelt.

 

Dominique-Jean LARREY (1766-1842) wurde um 1809/12 von einem wahren Amputationsrausch gepackt - er operierte unzählige Franzosen auf den Schlachtfeldern seines Herrn und Meisters Napoleon und brachte es auf 100 Amputation am Tag, jede nicht länger als 2 bis 3 Minuten dauernd: 300 Amputationen in Wagram, 200 an der Ostfront in Borodino...

 

Die Amputation war im 18. Jahrhundert für alle Beteiligten mit grossen Risiken behaften:

- für den Patienten, der einen sehr schmerzhaften Eingriff überstehen musste
- für den Operateur, für den die Amputation ein fatales Nachspiel haben konnte: starb der Patient, wurde ihm die Schuld daran gegeben; genas er, drohte ihm der Vorwurf, den Patienten leichtfertig verstümmelt zu haben. Heister riet daher jedem Chirurgen, immer weitere Kollegen zu Rate zu ziehen und an der Operation teilnehmen zu lassen.

 

   An diesen grundsätzlichen Risiken änderte sich auch im 19. Jahrhundert nichts. Die Narkose wurde erst in der 2. Hälfte des Jahrhunderts bekannt, und Antikiotika standen bis zuletzt nicht zur Verfügung. Weder hatte sich die Prothetik wesentlich verbessert, noch war für den arbeitsunfähigen Patienten beruflich etwas wesentlich Neues hinzugekommen. Erst das 20. Jahrhundert wird die Invaliditätsrente erfinden !


  Wenn der Patient nicht während oder unmittelbar nach der Amputation am Blutverlust starb, so drohte ihm der Tod häufig durch schwere Infektion der Wunde. Nicht gerade wenige Beispiele zeugen von beispiellosen Qualen. So versuchte man etwa nach solchen schweren Amputations- infektionen, diese durch weitere Teilamputationen zu behandeln. Das mochte mit der Amputation eines Fusses begonnen haben und endete, nach weiteren sechs Teilamputationen, mit der letzten hoch an der Hüfte, wonach dann der solcherart malträtierte Patient endlich an der Infektion der letzten Operation jämmerlich zugrunde ging.

 

 

Exponat

Es gab technische Fortschritte, aber auch Zeichen von Starrsinn: so wurden die Griffe der Instrumente im 19. Jahrhundert, trotz aller Warnungen seitens der Hygieniker, immer noch aus Holz gefertigt. Vorgestellt wird eine 38 cm lange, 9.5 cm hohe Säge mit Holzgriff und auswechselbarem Blatt, aus der Werkstatt des bekannten Pariser Instrumenten- bauers CHARRIERE. Dieser Sägentyp, sowohl was das Blatt als die GriffForm betrifft, wurde auch nach 1900 unverändert weitergeliefert. Lediglich das Material änderte, indem der Griff, in einem Guss mit dem Blattrahmen, aus Stahl gearbeitet wurde.