Chirurgie


Trokar (5), VERESS-Nadel

 

 

Die VERESS-Nadel (auch VERRES-Nadel) stellt einen Trokar der besonderen Art dar: mit dem Einstich der VErRES-Nadel beginnt jede Laparoskopie.

 

Die erste Bauchspiegelung beim Menschen wurde 1910 von dem Schweden Hans Christian JACOBAEUS in Stockholm durchgeführt. 1933 füllte VEWERS erstmals Kohlendioxyd anstelle von Raumluft in die Bauchhöhle ein. Dies hat den Vorteil, daß im Bauch verbleibende Gasreste schmerzlos vom Körper resorbiert werden und daß man problemlos mit Elektroinstrumenten arbeiten kann.

 

Der Assistent der Chirurgischen Universitätsklinik Halle Otto GÖTZ (Die Röntgendiagnostik bei gasgefüllter Bauchhöhle; eine neue Methode) entwickelte 1918 eine automatische Spezialnadel zum gefahrlosen Einleiten von Gas in den Bauchraum - Zweck seiner Methode war die Herstellung von Doppelkontraströntgenaufnahmen.


Eine wesentliche Weiterentwicklung der endoskopischen Technik wurde 1938 erreicht, als der ungarischen Chirurgen Janos VERESS die Nadel von GÖTZE "wiedererfand" und sie für eine sichere Punktion von Aszites und eine gefahrlose Anlage des Pneumothorax (Therapie der Lungentuberkulose) benutzte - er setzte diese Nadel an die 2.000 Mal ein, NIE aber benutzte er sie zur Anlage eines Pneumoperitonaeums, NIE schlug er ihre Verwendung zur Anlage eines Pneumoperitonaeums vor! Dennoch wird die Nadel heutzutage, von geringfügigen Modifkationen abgesehen, gerade für die Anlage solcher Pneumoperitonaeen benutzt!

 

Die VERESS-Nadel verfügt über einen an der Spitze abgerundeten, zentral liegenden Stift der durch eine Feder vorgeschoben wird sobald das Bauchfell durchstoßen ist, und der so die Verletzung innerer Organe vermeidet. Die Gaseinleitung erfolgt über eine seitliche Öffnung am vorgeschobenen Zentralstift. Sobald die Spitze der Nadel das Peritonäum durchstochen hat, schnellt der stumpfe Mandrin vor und verhindert eine Verletzung des Darmes. Durch den seitlich gelöcherten Mandrin wird anschliessend Gas in den Bauchraum gepumpt (Pneumoperitonaeum): die Bachdecken werden von den Darmschlingen abgehoben; in den so geschaffenen Raum kann der Chirurg das Laparoskop vorschieben.

Ein Drittel bis die Hälfte der Komplikationen bei Laparoskopie ereignet sich während des Einführens der Verresnadel oder des ersten Trokars (Leonard 2000, Chapron 1998). Eine Gefäßverletzung durch eine Verresnadel oder den ersten Trokar ist eine typische, insgesamt seltene, gleichwohl aber bekannte Komplikation einer Laparoskopie, die auch bei aller Sorgfalt nicht vermieden werden kann, weil diese Instrumente ohne Sichtkontrolle eingeführt werden müssen. Die Verletzung eines Gefäßes indiziert daher kein fehlerhaftes Vorgehen des Arztes.

Als Einstichstelle für die VERRES-Nadel wurden die unterschiedlichsten Stellen empfohlen

- links subcostal

- das hintere Scheidengewölbe

- der Fundus uteri, indem die Nadel von vaginal durch den Zervikalkanal hochgeführt wird (insbesondere eignet sich dieser Einstich bei adipösen Frauen)

- der untere Umfang des Nabels - die gängige Einstichstelle. Als Punktionsort wird normalerweise die Nabelgrube genommen, weil hier der Abstand zwischen Haut und Bauchhöhle am dünnsten ist. Hinzukommt, daß die in der Nabelgrube angelegte und wieder vernähte Wunde optisch später nicht auffällt...

 

Nota: die Verres-Nadel kann auch an der Oberkante der 3. Rippe in den Pleuraraum vorgeschoben werden zwecks Thorakoskopie.

 

Lit.:
J. Veress, Neues Instrument zur Ausführung von Brust- oder Bauchpunktionen und Pneumathoraxbehandlung. Aus der Inneren Abteilung des Komitatsspitals in Kapuvár (Ungarn). Deutsche medizinische Wochenschrift, October 7, 1938, 64: 1480–1481.