Chirurgie


Werksspital (4) Rodange

 

1872 wurde von den Industriellen Brüdern Charles und Jules Collart und dem Grubenbesitzer Thomas Byrne die "Société Anonyme des Hauts-Fourneaux de Rodange" gegründet.

Der unternehmungs- lustige Pfarrer von Rodange Nikolaus GLODEN nahm sich der Kranken und Verletzten seines Sprengels an und gründete 1876 ein Spital, das dem Hl. Joseph geweiht war. Die "Société anonyme des Hauts fournaux", in der er Gründungsmitglied war, zahlte ein Kapital von 12.000 Franken ein und erwarb damit das Recht, während 50 Jahren ständig 2 Kranke oder verletzte Arbeiter im Spital pflegen zu lassen. Unter diesem Aspekt war das Spital ein Werksspital.
"Differdingen, 28. Febr. Der am 19. ds. in einer auf hiesigem Banne gelegenen, der Gesellschaft de Gerlach zugehörigen Grube verunglückte Lanners J.P. 31 Jahre alt, Bergmann aus Reimberg, ist am gestrigen Tage im Orphelinat zu Rodingen in Folge der erhaltenen Verletzungen gestorben" (Luxemburger Wort vom 1.3.1884).

1885 finden wir zum 1. Dezember 6 Kranke im Spital, gepflegt von den Schwestern der "Armen Dienstmädchen Christi". Letztere betreuten Spital und Waisenhaus von 1877-89 (Donkel, S. 177). GLODEN versuchte, die Barmherzigen Brüder am Rodinger Spital zu interessieren, da diese seit 1873 in Esch-Alzette mit viel Erfolg ein Spital betrieben. Die finanziellen Forderungen der Brüder wurden aber in einer Sitzung des Verwaltungsrates des Hüttenwerkes am 24.8.1890 abgelehnt.

Dann brach dier Katastrophe herein: am 16.9.1886 verbrannten die gesamten Gebäulichkeiten:
"Rodingen, 17. Sept. Von einem grossen Unglück wurde das hiesige Orphelinat heimgesucht. Gestern Nachmittag um fünf Uhr brach in der Scheune der Anstalt eine Feuersbrunst aus, welche das ganze Waisenhaus in Asche legt. Das Feuer griff mit rasender Schnellligkeit um sich; wegen Mangels an Wasser konnte nichts erhebliches geleistet werden. Fast der ganze Mobiliarbestand ward ein Raub der Flammen. Der zu dieser Seite gelegene Theil des Dorfes stand in der grössten Gefahr, dem verheerenden Element zum Opfer zu fallen. Gegen 5½ Uhr ergriffen die Flammen das Wohngebäude der Anstalt. Glücklicher Weise konnte das Feuer auf die Anstalt beschränkt werden; dieselbe ist gänzlich eingeäschert; der Schaden wird auf ungefähr 175.000 Fr. veranschlagt, derselbe ist aber durch Versicherung gedeckt. Die Feuerwehren von Longwy und Athus langten zur Hülfeleistung an der Brandstätte an und zeichneten sich ganz besonders Letztere aus. Zum Glück ist kein Menschenleben zu beklagen. Die Kinder wurden in einem der Anstalt gehörigen, 2 Kilometer entfernten Pachthofe, sowie bei hiesigen Einwohnern untergebracht. Eine Kuh und mehrere Schweine kamen um. Über die Entstehung des Feuers ist nichts bekannt" (Ardenner Zeitung vom 22.9.1886)

Am 29.5.1890 wurde das Gebäude von der Hochofengesellschaft aufgekauft, mit dem Hintergedanken, hier ein grösseres überregionales Spital einzurichten. Die verbliebenen Waisenkinder wurden am 1.12.1890 auf andere Heime des In- und Auslandes verteilt bzw. als Arbeiter von der Rodanger Hütte übernommen. 1892 wurde die erste Etage des Hauses in 4 Wohnungen für Angestellte umgebaut.
1893 richtete Dr. LEHNERTS, Arzt des Hüttenwerkes und langjähriger Sekretär des Waisenwerkes, in der INFIRMERIE des früheren Waisenhauses das Spital des Hüttenwerkes ein, mit 6 Betten! Doch wurde der Spitalbetrieb bald aufgegeben, das ganze Haus mit sozialen Wohnungen belegt. Nach dem ersten Weltkrieg wurden ein Turnverein und die Pfadfinder in das Haus aufgenommen. Ihnen gesellte sich 1934 eine Jugendherberge zu, die bis 1962 hier verblieb. 1964 wurde das inzwischen baufällige Gebäude (die Fussböden senkten sich, die Mauern wurden krumm, da das Fundament des Hauses nicht tief genug angelegt war) eingeebnet ...