Gynäkologie


Dilatatoren (1)

Zervixdilatatoren, um 1890 

Irreführend bei der Besprechung der Vorgänge um den Zervikalkanal ist der Umstand, dab man die Scheide lange Zeit mit zur Gebärmutter rechnete, Dilatationen der Scheide also schon als Dilatation der Gebärmutter galten. Nur so lässt sich im übrigen die Dilatation des HIPPOKRATES verstehen: in den Hippokratischen Schriften wird eine Dilatation des CK erwähnt, später von CELSUS aufgegriffen und im Detail geschildert : zuerst wird der Zeigefinger, dann nacheinander die übrigen Finger in den Muttermund gezwängt.

Auch Instrumente konnten die technisch versierten Römer dem interessierten Frauenarzt anbieten, wenn er seine Finger schonen wollte: so spricht TERTULLIAN im 2. Jh. n. Chr. von einem Instrument mit Schraubenwirkung zur Erweiterung der Geburtswege. Wer die Konsistenz der nicht hochschwangeren Zervix kennt, der weib, dab es kaum gelingen dürfte, mehrere Finger in die CK einzuführen! Am Ende der Schwangerschaft allerdings ist der äussere Muttermund leicht zu dehnen, insbesondere dann, wenn er durch Wehen verkürzt und bereits vorgedehnt ist. Die Dehnung der Muttermundslippen mit der Hand gehörte seit SORANUS vielfach zur Leitung der normalen Geburt. Das Verfahren fand eine neue Ausrichtung unter PARE, der sein "accouchement forcé" mit einer Dilatation begann.

Im Laufe der Zeit wurde eine Unmenge Instrumente, sog. "specula matricis", angegeben zur Erweiterung der Geburtswege. Justine SIEGEMUNDIN erwähnt ein Instrument "zum Aufschrauben" der Genitalien. OSIANDER und CARUS entwickelten "apertorien", die bis ins 19. Jh. Verwendung fanden. Unter dem Einflub von LEVRET breiteten sich solche Instrumente auch im Frankreich des ausgehenden 18. Jh. aus.

Hatte man es bei den o.a. Methoden und Instrumenten in der Regel mit einem Uterus "à terme" zu tun, bei dem die Erweiterung eher simpel war, so gestaltete sich die Öffnung des nicht graviden Muttermundes bzw. dessen Öffnung in den ersten Wochen der Schwangerschaft wesentlich schwieriger. Zum Ausräumen einer Fehlgeburt oder zur diagnostischen Küretage der Gebärmutter muss der rigide Muttermund mühsam erweitert werden.

WAHLBAUM und SCHNACKENBERG hatten im 18. Jh. Dilatatoren aus Tierblasen entwickelt, die in den CK eingeführt und allmählich mit Wasser aufgefüllt wurden. Spätere Autoren zogen die sanftere Dilatation mittels aufblasbaren Ballonsonden vor.

1864 wurde Alfred HEGAR (1794–1882) als Nachfolger von Otto SPIEGELBERG (1830–1881) auf den Lehrstuhl für Gynäkologie und Geburtshilfe der Universität Freiburg berufen, eine Stellung, die er 40 Jahre innehatte. 1868 übernahm er die Leitung der neueröffneten Universitätsfrauenklinik. 1879 führte er die nach ihm benannten Stifte zur Dilatation des Zervikalkanales ein. Weniger rühmlich waren die Vorstellungen HEGAR's zu Fragen der Eugenik: ab 1894 plädierte er für eine "negative" Eugenik, um das Entstehen einer minderwerigen, elenden Menschen zu verhindern. 1905 war er Mitbegründer und Ehrenpräsident der "Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene"...

Vorgestellt wird ein Kasten aus Palisander- resp. Nussbaumholz, mit Stiften aus VULCANIT (alias Ebonit resp. Hartgummi), die sowohl auf dem Boden als auch auf der Innenseite des (mit einem eigenen Deckel abgedeckten) Deckels des Kastens aufgereiht liegen. Erworben 1990 auf dem Antikmarkt von Portobello /London.