Innere Medizin |
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Apotheken-Rezept (6), 1827 |
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Der Faltbrief war die ursprüngliche Form des Briefes vor dem Aufkommen von Briefumschlägen, wobei die Enden des Papiers gefaltet und ineinander gesteckt sowie versiegelt wurden. Bis spät in die 50er Jahre des 19. Jahrhunderts waren diese Briefe üblich. Vorgestellt wird ein versiegelter, nicht (!) abgestempelter Faltbrief, der offenbar durch einen privaten Boten zugestellt wurde (Fehlen von Stempeln). Er erläutert ein Apotheken-Rezept, das beilag: A Monsieur Weydert Luxembourg le 10 décembre 1827
Quand on veut faire usage de l'élixir / pendant une huitaine ou plus, on en prend ordinairement / une cuillière au matin et une au soir, ou plus tôt on en / prend autant qu'il faut pour aller deux fois par jour / à selle; pour ne pas nuir à la poitrine et diminuer / le mauvais goût, on mêle de l'eau à volonté à la / dose, et on mache un morceau de sucre avant d'avaler / et un morceau après, de la confiture fait le même effet. / Pour le reste on mange et on bois comme à m'ordinaire / on peut même déjeuner immédiatement après avoir pris / la dose. on recommande aux personnes qui attrapent / des maux de ventre par l'élixire, de ne pas faire usage / des laitages". Zum Adressaten des Briefes: mit dem Friedensrichter von Betzdorf und Grevenmacher Jean-Baptiste WEYDERT treten wir in die luxemburger Hochfinanz ein. Eine Tochter heiratete in der Tat Vincent Muller aus Langsur, deren Sohn Hubert (Muller-Tesch) Direktor der ARBED (jetzt Arcelor-Mittal) wurde - was erklärt, warum der hier vorgestellte Brief in einem Konvolut von Schriftstücken der Industriellenfamilie Collart aus Dommeldingen auftauchte ...
Wer aber war der Absender dieses Briefes mit dem beiliegenden und kommentierten Rezept? J(oseph) HEYNEN war kein Arzt; das zeigt schon die Bemerkung über die "scellés" und der wiederholte Bezug auf juristische Kreise. Wir finden die Spur des Joseph HEYNEN in den "Logements militaires" von Alphonse Rupprecht wieder, wo er S. 362 erwähnt wird [unter Berufung auf Neyen III S. 183]: Joseph HEYNEN wurde um 1780 in Luxemburg geboren als Sohn des "conseiller et procureur général au Conseil provincial" und zog sich später nach Ehnen zurück, wo er sich politisch betätigte "fut deux fois envoyé par les électeurs du canton de Grevenmacher à la chambre des députés, où il siégea du 3 octobre 1848 au juin 1851 et du 7 octobre 1851 au 2 mai 1852, jour de son décès".
Gaspard-Theodore-Ignace de la FONTAINE (1787-1871) war in Luxemburg geboren und seit 1810 Anwalt in der Hauptstadt - seit 1816 Mitglied der "États provinciaux"; später Gouverneur und erster Regierungspräsident Luxemburgs.
Kurpfuscherei auf höchstem sozialen Niveau!
Hier die Zusammensetzung des "Elixir de longvie" (hat nichts mit der Stadt Longwy zu tun!): die zerkleinerten Wurzeln) et D. ad c[h]art. ..................................... (et da ad chartas +und fülle alles in Papiertütchen ab)
Rp. Das Medikament wirkte abführend und harntreibend, weswegen vorsichtshalber herzstärkende Mittel beigemischt waren. Als Hauptbestandteile des Lebenselixirs erkennt man die Abführmittel Aloe, Agaricum und Rhabarberwurzel sowie das Allheilmittel Theriak. Als Entwässerungsmittel ist Wacholder beigemengt. „Zedoariae Rhizoma“ wurde aus den getrockneten Rhizom-Wurzeln der Zitwerwurzel hergestellt und wurde als Magen- Galle- und Lebermittel verwendet. Die Wurzel des gelben Enzian half bei Appetitmangel, Blähungen, Erschöpfung, Fieber. Sie war herzstärkend und wurde bei Leberbeschwerden und "verdorbenem" Magen angewandt. Galgantwurzel bewirkt eine Steigerung der Magensaftsekretion. Engelwurz schützte vor Infektionen. Während der Pestepidemien kauten Ärzte auf der Wurzel der Engelwurz, um sich vor Ansteckung zu schützen. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulzerosa bietet die Myrrhe, wie ernsthafte Studien zeigen, eine echte Alternative zur Standardtherapie mit Sulfasalazin ... Safran wirkt schmerzstillend und herzstärkend.
Ein ähnliches Rezept befindet sich in den "Archives départementales de Savoie":
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