Urologie


Lithotripter

um 1920 

 

 

  Steine in der Blase zu haben war früher keine Seltenheit - eine Folge einseitiger Ernährung. Die Steine waren tas tägliche Brot der "Steinschneider". In der Tat wagte sich kein Chirurg an die Steine heran! Erst ab dem 16. Jahrhundert übernahmen Chirurgen die Operation von Steinleiden. Ab dem gleichen 16. Jh. kennen wir Instrumente, mit denen die Chirurgen die Steine extrahierten.

 

1813 beschrieb ein Franz von Paul GRUITHUISEN (1774-1852) in Salzburg einen Blasenzertrümmerer, 1819 gab auch der Engländer John ELDERTON ein einfaches Instrument an, mit dem man Steine zertrümmern konnte bevor man die Trümmer aus der Blase entfernte, eine wichtige Neuerung, gestattete sie doch in vielen Fällen eine Steinentfernung ohne den mutilierenden und gefährlichen Blasenschnitt. 1824 gelang es Jean CIVIALE (1792-1867), mittels eines (wegen seiner drei Greifarme "Trilabe" genannten) Steinzertrümmerers, eine Stein zu morcelieren und dessen Fragmente zu extrahieren.

"La lithotomie, effroyable opération, responsable de 30% de décès et de séquelles post-opératoires comme l’incontinence, est remplacée au XIXe siècle par la lithotritie (destruction de la pierre dans la vessie, sans perforation, en passant par les voies naturelles). Civiale pratique la première opération en 1824. Mais, en l’absence d’asepsie, cette opération s’est révélée tout aussi néfaste que la lithotomie" (www.musees-haute-normandie.fr/dossier2.php3?lang=fr&idrub=88).

 

Ab 1853 experimentierten Robert LISTON (1794-1847) und William FERGUSSON (1808-1877) mit ausgeklügelten Instrumenten. Der von John WEISS ab 1831 entwickelte und von Henry THOMPSON zum Schrauben-Lithotripter weiterentwickelte Apparat konnte sich schliesslich durchsetzen - der Instrumentenmacher MAW konstruierte um 1860 elegante handliche Modelle mit gerilltem und ziseliertem Griff. Zwei oder drei Greifarme fassten den Stein, der dann von einer Schraubzwinge zerquetscht wurde. Bis zu 200 "Fassungen" waren notwendig, bevor man gewisse Steine auf eine Grösse reduziert hat, die per Urethram abgezogen werden können.

Zur Nomenklatur: LITHO-KLASIE nennt man das Zertrümmern der Steine, unter LITHO-LAPAXIE versteht man das Absaugen der Steinfragmente.

 

Leroy d'ETIOLLES (1798-1860) entwickelte ein zangenförmigen Steinzertrümmerer, der von Baron HEURTELOUPE weiterentwickelt wurde. Das Gerärt war robuster als die "eiserne Faust" von CIVIALE und setzte sich schliesslich durch.

"Une lithotritie malheureuse cause la mort de Napoléon III en 1873" (www.musees-haute-normandie.fr/dossier2.php3?lang=fr&idrub=88).

Welch prominentes Opfer der Lithotripsie ! Gerade in Frankreich erfuhr die Chirurgie des uropoetischen Systems eine erhebliche Erweiterung und Vertiefung durch Louis Auguste MERCIER, Félix GUYON (1831-1920) und seinen Schüler Joaquin ALBARRAN (1860-1912). In Belgien war es Jacques François Joseph BOSCH (1794-1874), der die Lithotripsie einführte.

 

Exponat

Das hier vorgestellte Modell nach RELIQUET wurde bei COLLIN hergestellt und trägt die Markierung 1½ - ein Mass für den Durchmesser des Schaftes.

Emile RELIQUET (1837-1894) war "Interne des hôpitaux de Paris" und schrieb Traité des opérations des voies urinaires. Paris, Dalahaye, 1871. 819 S.

Anatole COLLIN (1831-1923) war Fabrikant von chirurgischen Instrumenten in Paris. Als Anatole Pierre Urbain Louis COLLIN kam er am 4.5.1831 in Fresnay-sur-Sarthe zur Welt. Von ihm eine Zungenzange, die in der Anaesthesie noch heute gern gebraucht wird ...