Urologie


Phimosisklemme, um 1900

 

 

   Hatten sich die alten griechischen Autoren noch Gedanken gemacht über zu kurze Praeputien ("Lipodermus"), so fällt die medizinische Welt nun ins andere Extrem: das Erfinden von krankhaften Verengungen, bei Patienten mit völlig normal ausgebildeter Vorhaut!

 

Quelle:
www.cirp.org/library/history/hodges1/ www.biography.ms/Male_circumcision.html

 

Die Phimosenoperation

Unter einer echten Phimose versteht man eine Verengung des Präputiums, die das Zurückziehen der Vorhaut über die Glans penis unmöglich macht. Diese Art von Phimose ist abzugrenzen von Verklebungen des inneren Vorhautblattes mit der Glans, die bis zum dritten Lebensjahr physiologisch sind und sich bis zur Pubertät meist spontan lösen.

REVERDIN und Philippe RICORD gaben spezielle Phimosis-Zangen an, deren Branchen klassisch auseinanderwichen. Die erste Vorhauterweiterungsplastik wurde 1901 von dem Chirurgen Hermann SCHLOFFER (1868-1937) beschrieben: dorsale Spaltung beider Vorhautblätter (Schrägschnitte jeweils in entgegengesetzter Richtung) und Vorhautverlängerung durch lineare Naht der Ränder der so entstandenen rautenförmigen Wunde. Er schrieb: "Die gebräuchlichsten Methoden der Phimosenoperation, die Circumcision und die Dorsalincision (Roser), haben gegen sich, dass die erstere in gewissem Sinne verstümmelt (sic), die letztere vom kosmetischen Standpunkte aus in Folge des Herabhängens der bekannten zwei seitlichen Vorhautlappen oft nicht befriedigt".

 

Die rituelle Beschneidung

Beweggründe für die routinemäßige Zirkumzision, eine der ältesten Operationen überhaupt, waren bzw. sind religiöser oder hygienischer Art und eine Prophylaxe gegen Harnweginfektionen, Zervix- und Peniskarzinome. In der "Belle Epoque" kam die Angst vor der Masturbation hinzu - Verfechter dieser Indikation war John Harvey KELLOGS - bekannter durch seine Haferflocken. Aufgrund der guten hygienischen Bedingungen und der veränderten Einstullung zur Sexualität haben diese Motive allerdings heute nicht nur im westlichen Europa an Bedeutung verloren.

Der Wunsch nach einer prophylaktischen Zirkumzision wird in unseren Breiten nur selten geäußert. Erst bei Persistenz einer Phimose über das dritte Lebensjahr hinaus wird sie regelmäßig empfohlen. Häufig wünschen Eltern und Kind jedoch eine Korrektur, bei der die Vorhaut erhalten bleibt, um das "natürliche" Aussehen des Penis beizubehalten. Heute kann aus medizinischer Sicht meist das persönliche Ästhetikempfinden die Frage nach dem Erhalt der Vorhaut entscheiden. 63% aller US-amerikanischen Jungen werden heute beschnitten. Dabei werden im Allgemeinen die Klemmen von GOMCO und dem rituellen Beschneider aus Brooklyn BRONSTEIN (Modell Mogen, heute bei den Juden weit verbreitet; Modell Nutech, eine Abwandlung der Klemme nach Kantor), die Taraklemme oder das Plastibell benutzt.

 

Exponat

Das Besondere an der hier vorgestellten, schon von LÜER produzierten (Katalog Aeskulap um 1910), 20 cm langen Klemme, ist die parallele Führung der Branchen, die durch zwei weitere Gelenke an den Branchen und eine quere Schiene gegeben ist. Das Praeputium wird abgeschnitten, indem ein Messer quer durch die Branchen der Klemme geführt wird...

Klemme mit Arretierung

Möglicherweise steht das Exponat in Zusammenhang mit der Zirkumzisions-technik nach dem aus Graz stammenden Chirurgen Hermann SCHLOFFER (13.5.1868-21.1.1937), der 1901 Assistenzarzt in Prag war, wo er auch starb. Dazwischen war er Professor in Innsbruck und Graz ...

 

Lit.:

Hermann Schloffer, Zur Technik der Phimosenoperation, Zentralblatt f. Chirurgie 1901; 28:658-660.