Geburtshilfe


Geburtshaken

n. BUSCH 1931 

Manche Geburten zogen sich endlos dahin, wobei die Ursache teils bei der Mutter lag, deren Becken verengt war, oder beim Kind, dessen Kopf zu gross oder dessen Einstellung im Becken fehlerhaft war. Wenn nach mehreren Tagen Wehen keine Hoffnung mehr bestand, dass die Frau das Kind lebend hervorbringen würde, wenn die Gebärmutter nach tagelanger Wehentätigkeit erschlaffte oder wenn Blutungen einsetzten, dann musste auch die geduldigste und vorsichtigste Hebamme zu mechanischen Mitteln greifen und das Kind mit brachialer Gewalt extrahieren.
Dazu wurden hakenförmige Instrumente benutzt, die häufig improvisiert wurde: der Aufhängehaken einer Feuerzange, die Aufhängung einer Öllampe oder einer Handwaage konnten benutzt werden, um einen Zug am Kind auszuüben: meist hakte man die Achselhöhle an, gelegentlich den Hals oder innere Strukturen.... Doch spielte die Frage des "Wo" eine untergeordnete Rolle, die Hauptsache war, dass die Geburt zu Ende ging, bevor die Frau an aszendierenden Infektionen, Gerinnungs-störungen oder atonischen Blutungen zugrundeging. Häufig genug aber brachte auch der Einsatz der/des Haken/s nur eine Scheinlösung herbei, indem die Frau dennoch, infolge schwerer innerer Verletzungen und Infektionen* starb. "Ce procédé a toujours des dangers pour la mère, en ce que l'application du crochet cause des piqûres, des contusions et quelquefois des déchirements funestes soit au col de la matrice, soit au vagin" (P.E. Morlanne). An eine Desinfektion des Instrumentes dachte nämlich niemand. Das Gerät wurde meist mit glättenden Substanzen eingerieben: Butter, Öl, Schmalz und über die nicht desinfizierte Scheide eingeführt, wobei auch der "Operateur" sich die Hände lediglich einölte...

Offenbar hatte nicht jeder Geburtshelfer immer einen ordentlichen Haken bei sich. MAURICEAU beschreibt folgenden obstrusen Fall (Observ.85): "das Kind aus Mutter Leibe heraus zohe, und zwar vermittelst eines Hackens an einem Koch=Löffel, dergleichen in Frankreich in denen Küchen gebräuchlich sind, und welchen er aus der Küchen des Hauses hohlete, weil er sich dessen in Ermangelung eines bequemen Instruments damals bedienen mubte"

In Frankreich wetterte besonders De la MOTTE gegen die Unsitte, den Haken bei jeder sich bietenden Gelegenheit einzusetzen. Den "crocheteurs" setzte er seine Methode der Wendung und Extraktion entgegen. Dennoch blieb der Haken noch mehrere Generationen in Gebrauch, bei allen Gefahren half er eben doch gelegentlich, ein totes Kind hervorzuzerren und die Morcelierung bzw. den Kaiserschnitt am toten Kind zu umgehen. So finden wir noch 1942 den BRAUN'schen und den DELORE'schen Haken im Angebot einer Instrumentefabrik (Manufacture de Gembloux, S. 191).

Schon die Zange nach DUBOIS konnte als Haken benutzt werden - eine Branche als stumpfer, die andere als scharfer Haken (a). Es gab selbstverständlich Instrumente, die nur Haken waren: aus dem Nachlass der ab 1932 in Luxemburg etablierten Ärztin Sisi LENTZ (1902-1995) stammt das hier vorgestellte Instrument (b) nach Dietrich Wilhelm Heinrich BUSCH (1788-1858).