Geburtshilfe


Stethoskope (1)

um 1930 

 

Die Anfänge der geburtshilflichen Auskultation können auf das Jahr 1650 zurückgeführt werden. In der Tat erwähnt in diesem Jahre ein Philippe LEGOUST als Erster die kindlichen Herztöne, ein Wissen, das aber wieder in Vergessenheit geriet.

1766 berichtete Heinrich August WRISBERG (1739-1808) aus Göttingen über die Auskultation des mütterlichen Bauches durch Ohrauflegen - die Auskultation hörbarer kindlicher Bewegungen diente ihm zum Feststellen der Schwangerschaft.


1818 beschrieb der Genfer Chirurg François MAYOR (1779-1854) erstmals die Auskultation der fetalen Herztöne - ohne Stethoskop: MAYOR hatte sein Ohr auf den Bauch der Patientin gepresst. Ohne Kenntnis zu haben von seinem Schweitzer Kollegen, beschrieb Alexander LEJUMEAU de KERGARADEC (1788-1877) 1821 die Herztöne, 1822 die Geräusche in der Plazenta. Im Gegensatz zu MAYOR benutzte LEJUMEAU ein Holzstethoskop und - erkannte sofort die Tragweite seiner Entdeckung! Die von ihm in die Geburtshilfe übernommene Auskultation von LAENNEC sollte sich einer segensreichen Methode entwickeln, Leben und Wohlergehen des ungeborenen Kindes zu beobachten.

 

Erwähnen wir als Kuriosum, daß KERGARADEC mit seinem Stethoskope ursprünglich nicht kindliche Herztöne oder Plazentageräusche hatte hören wollen, sondern Geräusche, die das Kind durch seine Bewegungen im Fruchtwasser hervorbringen möchte. In dieser Beziehung waren seine Versuche fruchtlos, da diese Geräusche nur dann vorkommen, wenn sich in dem Amnion ein Gas entwickelt, was nur seltenst der Fall sein dürfte, oder Luft in das Innere der Gebärmutter eingedrungen ist, was einen Blasensprung voraussetzt.

 

Früh wurden Zusammenhänge zwischen Herzschlag und Wohlergehen des Foeten vermutet:
“The foetal pulsation is...about 130 to 140 in a minute; however, it is not necessarily observed to beat always at this rate...This variation may depend upon a variety of inherent vital causes in the foetus...An obvious explanation, however, is muscular action on the part of the foetus; and we shall very generally observe the pulsation of the foetal heart increased in frequency after such. The external cause, which we shall find most frequently to operate on the foetal circulation, is uterine action, particularly when long continued as in labour” Evory KENNEDY (1806-1886) [irischer Geburtshelfer aus Donegal, praktizierte in Belgard, Dublin County] in: Observations on Obstetric Auscultation, Dublin, 1843.

 

Basierend auf den Erkenntnissen von Mayor und Le Jumeau de Kergaradec stellte von Winckel 1893 Regeln zur Beurteilung fetaler Herztöne auf und leitete davon Indikationen zur operativen Geburtsbeendigung ab, die bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts ihre Bedeutung behielten. Der Geburtshelfer und Kinderarzt Adolphe PINARD (1844-1934) machte das Stethoskop populär - nach ihm werden seitdem die besonders weitbauchigen Holzrohre benannt. Es gibt sie in Buchenholz, in Ebenholz, in Aluminium...

 

Eigentümlicherweise wurde das Mitführen eines Stethoskopes 1893 nicht obligat vorgeschrieben, als man das "Must-equipment" der luxemburger Hebammen festlegte! Auch in späteren Soll-Listen kommt es nicht vor - ein Lapsus der Gesetzgebung!

 

Die intermittierende Auskultation der fetalen Herztöne mit einem modifizierten Pinard-Hörrohr blieb bis Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts die anerkannte Methode zur Herztonkontrolle, bis sie durch die kontinuierliche Aufzeichnung mittels Kardiotokographen abgelöst wurde...

 

Lit.:
- Kennedy, Evory, Observations on obstetric auscultation : with an analysis of the evidences of pregnancy, and an inquiry into the proofs of the life and death of the fetus in utero; with an appendix containing legal notes, by John Smith; with notes and additional illustrations, by Isaac E. Taylor. New York : J. & H.G. Langley, 1843.