Gynäkologie


Laminariastift (1)

Stift, um 1950

 

 

    "Spongiae, Schwämme; S. ceratae, Wachsschwämme, mit geschmolzenem gelben Wachs getränkte und scharf ausgedrückte Schwämme; S. compressae, Preßschwämme, durch Umschnüren mit Bindfaden stark komprimierte Schwämme, werden wie die vorigen ihres Quellungsvermögens halber zu unblutigen Erweiterungen, namentlich des Uteruskanals und des Muttermundes, benutzt, in neuerer Zeit aber meist durch Laminaria digitata ersetzt" (Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl., 1888-1890).

 

 

Ab etwa 1875 erfolgte die Erweiterung des Zervixkanals nur noch in Ausnahmefällen mittels Schwämmen, sondern durch LAMINARIA-Stifte.  Siehe dazu: Bernhard Siegmund SCHULTZE, Die Erweiterung des Uterus durch Laminaria digitata, Zentralbl. f. Gyn. 1878. Nr. 7.

 

 

Wie wurden die Stifte sterilisiert? Wilhelm MARESCH aus Graz legte durchlöcherte Laminariastifte für 24 Stunden in offizinelle Jodlösung und bewahrte sie bis zu ihrer Verwendung in Aether auf (Zbl.Gyn. 1910 nr. 36 S. 1208). „In vorantiseptischer Zeit waren diese Mittel recht gefährlich, häufig wurden mit ihnen eitererregende Mikroben eingeführt, sei es von außen, sei es aus der Vagina. Weiter schlössen ihre früher geübten Anwendungsmethoden das Entstehen kleinster Verletzungen, Epithel- abschürfungen des Cervixkanals, des Uteruscavums nicht mit Sicherheit aus. Diese Wunden wurden, solange der Quellmeißel lag, infiziert, schwere septische Metritis, Salpingitis, Peritonitis waren gelegentlich die Folge. Mit strenger Einhaltung verläßlicher antiseptischer Maßregeln kann man die Gefahr der Laminariadilatation auf ein Minimum herunterdrücken; und das ist von kardinaler Bedeutung, denn die Laminariadilatation ist diejenige Methode, vermittelst deren wir uns das Uterusinnere am besten und sichersten erschließen. Die besten Vorschriften für die Laminariadilatation lehnen sich eng an die SCHULTZEschen an. Man reinigt mit Seife und Bürste die Vulva gründlich und. spült die Vagina mit Sublimatlösung oder Lysol aus. Darauf nimmt man einen in steriler Watte oder in 10-proz. Jodoformäther oder in 1-proz. Sublimatalkohol aufbewahrten Laminariastift von derjenigen Stärke, welche der Cervix entspricht und welche man vorher durch graduierte Sonden (Seite 521) eruiert hat, wirft ihn auf 2 Minuten in kochende Karbol- oder Sublimatlösung, entnimmt ihn derselben mittels steriler Zange, faßt ihn mit sterilem Tuch und gibt ihm diejenige Biegung, welche, wie ebenfalls die Sonde festgestellt hat, der Uterus besitzt. Dann schabt man vorteilhaft mit sterilem Messer die Rauhigkeiten von der Oberfläche des Stiftes weg und wischt ihn nochmals mit einer starken Sublimatlösung ab. Die Laminariastifte sind aus den Blattstielen des Fingertangs (Laminaria digitata) gefertigt. Ihre Porosität bedingt auf der einen Seite ihr geschätztes Quellungsvermögen, erschwert aber andererseits ihre Keimfreigestaltung. Und dieser Umstand ist es, welcher sie ersatzbedürftig erscheinen ließ. Dilatatoren anderer Art sind konische oder cylindrische gekrümmte Stäbe aus Metall, Glas oder Hartkautschuk, welche man, mit dünnen beginnend, zu dickeren übergehend, nacheinander in einer Sitzung in den Uterus einschiebt, ferner metallene Dilatatoren nach dem Prinzip des Handschuhausweiters konstruiert.“ (Otto KÜSTNER, Diagnostische Methoden, 1910).

 

Von dem ähnlichen Palmtang unterscheidet der Fingertang sich in der Form des Stieles: Beim Palmtang ist er lang, rauh, fest und im Querschnitt rund, beim Fingertang ist er kurz (etwa 10 cm), glatt, biegsam und im Querschnitt oval. “Laminaria was brought forward as a substitute for sponge tents for the dilatation of such parts as the uterine os, urethra, etc. Being of smaller size, and of greater rigidity, they are more easily introduced into small apertures and tortuous canals than sponge tents, while, on the other hand, their very rigidity renders them more liable to produce hemorrhage when organic changes occur in the uterus, or when such growths as polypi occlude the os. They readily swell to four times their diameter by the ease with which they absorb fluids, and do not so retain the discharges as to induce putrefactive changes. If greater dilatation is desired than is produced by a single tent, several may be fastened together. Sea tangle tents are considered less eligible than the rubber bag, or the sponge tents, for inducing premature births” (Kings American Dispensatory, by Harvey Wickes Felter, M.D., and John Uri Lloyd, Phr. M., Ph. D., 1898).

 

Die Laminariastifte waren also die Nachfolger von Schwämmen. Sie waren um 1900 durchaus "in", und wurden dann aus den gynäkologischen Abteilungen verbannt (der Autor hat persönlich nie ein solches benutzt !) - Perforationen, Angst vor aufsteigenden Entzündungen, Langsamkeit der Methode : eine ganze Reihe von Motiven war für das Verlassen der Methode verantwortlich. In letzter Zeit aber häufen sich Berichte über den erfolgreichen Einsatz der Stifte sowohl bei der Vorbereitung kleiner Eingriffe (z.B. IUD-Wechsel) als auch bei der Geburtseinleitung - Totgeglaubte leben eben länger...

 

Exponat

Stift im Originalglas mit Originalverpackung. Hersteller: Fabbrica Nazionale di Medicazione Antisettica Dionigi Ghisio & Figli - Pavia, (1936-1972).

 

 

Neuere Literatur

Manabe, Y.: Laminaria tent for gradual and safe cervical dilation, in: Am J Obstet Gynecol 110:743-745, 1971.
Newton, B.W.: Laminaria tent: relic of the past or modern medical device?, in: Trans Pac Coast Obstet Gynecol Soc. 1971;39(0):10-6.
Newton, B.W.: Laminaria tent: relic of the past or modern medical device?, in: Am.J.Obst.Gynecol 1972;113:442-448
Hale, R.W., Pion, R.J.: Laminaria: an underutilized clinical adjunct, in: Clin Obstet Gynecol 15:829-850, 1972.
Eaton, E.J.: Laminaria tent as a cervical dilator prior to aspiration-type therapeutic abortion, in: Obstet Gynecol 38L553-557, 1972.
Niswander, K.R..: Laminaria tents as an aid to suction abortion, in: Calif Med 119:11-14, 1973.
Golditch, C.M., Glasser, M.H.: Use of laminaria tents for cervical dilatation prior to vacuum aspiration abortion, in: Am J Obstet Gynecol 119:481-485, 1974.

 

Lieferadresse von modernen Stiften: https://www.medgyn.com/laminaria.asp