Gynäkologie


Pertubations-Besteck n. E. Douay

um 1934 

In Märchen wie Dornröschen oder Rapunzel, aber auch in der Bibel wie z.B. im ersten Buch Mose3 war Unfruchtbarkeit ein Thema. Früher war es gängig, der Frau die Schuld an der Unfruchtbarkeit des Paares zu geben. Woran es im Detail haperte, war belanglos. Die erste Erwähnung des Eileiters wird Herophilos von Chalkedon zugeschrieben, einem griechischen Arzt der um 300 v. Chr. in Alexandria lehrte. Erst der Däne Niels STENSEN alias Nikolaus Stenonius (1638-1686) aber erkannte die physiologische Funktion der Eileiter. Matthew BAILLIE (1761-1823) beschrieb pathologische Veränderungen des Fimbrientrichters. Seither (M. Baillie, The morbid anatomy, 1797) weiss man, dass der Verschluss der Eileiter eine der möglichen Sterilitätsursachen bei der Frau ist. Erst im 20. Jahrhundert aber gelang es, diesen Verschluss zu objektivieren,

Bei dem früher oft mit "Eileiter ausblasen" umschriebenen Test wird ein Gas in die Gebärmutter gepumpt. Ab einem gewissen Druck sollte das Gas über die Eileiter entweichen. Man weiß dann aber nicht, ob beide Eileiter durchgängig sind oder nur einer. Manche halten diesen Test daher für wenig aufschlussreich.

Zur Geschichte des Eingriffes
1910 injizierte Walter Adolf Ernst RINDFLEISCH (1872-1928) erstmals eine wasserlösliche Wismuth-Paste in das Cavum Uteri einer Frau mit Verdacht auf Extrauteringravidität. Im Röntgenbild konnten die entsprechende Tube und die Uterushöhle dargestellt und beurteilt werden.
- Rindfleisch W., Darstellung des cavum uteri, in: Klin Wochenschr 1910; 47:780.

Zusammen mit Joseph GRANCHER (1843-1907) hatte RINDFLEISCH zuvor mittels Injektion auch die Struktur der Lungenalveolen untersucht. 1906 war er Privatdozent, 1907 Professor an der Universität Königsberg, dort unter Geheimrat Ludwig LICHTHEIM (1845-1928) Oberarzt an der mediziinischen Klinik. Ab 1911 lebte er in Dortmund, wo er Oberarzt der Inneren Abteilung am Städtischen Krankenhaus Dortmund und ärztlicher Leiter dieser Klinik war. Er hatte 1906 in Königsberg Marie Frost,eine Tochter der Schriftstellerin Laura Frost geb. Lemmel (1851-1924) geheiratet (Kinder: Gerhard, Lotte, Walter, Lore).


1914 zeigten William Hollenback CARY (1883-) vom Brooklyn-Hospital und Isidor Clinton RUBIN (1883-1954) aus New York City unabhängig voneinander Fälle von Hysterosalpingographie mit kolloidalem Silber mit Kontrastmittelübertritt ins Peritoneum, womit die freie Durchgängigkeit der Tuben überprüft werden konnte. 1919 entwickelte RUBIN am Mt. Sinai-Hospital in New York den nach ihm benannten Test: man bläst Sauerstoff (später arbeitete man vorzugsweise mit Kohlendioxyd) in die Gebärmutter und überprüft die Entwicklung eines Pneumoperitonäums (Blubbern beim Austritt der Gasblasen aus der Tube, mittels Stethoskop gut über dem Unterbauch zu hören) als Zeicher der Tubendurchgängigkeit. RUBIN starb während einer Konferenz in London ...
- Cary, William Hollenback, Note on Determination of Patency of Fallopian Tubes by the Use of Collargol & X-Ray Shadow, First Edition 3pp., in: Amer. J. Obstet. Dis. Wom., 1914, vol. 69, pp.462-64. 8vo, mod. wrs. N.Y., (1914)
- Cary WH, Duration of sperm cell migration in uterine secretions: preliminary report: maximum eighty hours, in: J Am Med Assoc Jun (Vol. 106, Issue 26, Pages 2221-23) (1936).
- Cary WH, Method of obtaining endometrial smears for study of their cellular content. Am. J. Obstet. Gynecol. 46 , pp. 422–424 (1943).
- Cary WH, An unusual example of exstrophy of the bladder with marked separation. -1 case of pregnancy in double uterus terminated by hysterotomy, in: International Journal of Obstetrics & Gynaecology Volume 32 Issue 1, Pages 147 - 181

Ab 1925 arbeitete Carlos HEUSER (1878-1934) aus Buenos Aires mit dem 1902 entwickelten Lipiodol, um das Cavum uteri resp. eine junge Schwangerschaft darzustellen.
- Heuser C. ,Lipiodol in the diagnosis of pregnancy, in: Lancet 1925; 2:1111-1112.
- Case, J.T., Carlos Heuser, 1878-1934, in: The American journal of roentgenology and radium therapy 32 (1934): 242.
- Linton, O.W., Medical applications of x-rays, in: Beam line. Summer (1995): 25-34.
- Parker, W.B., Carlos Heuser, in: In Argentines of to-day. 459-460. Buenos Aires: Hispanic Society of America, 1920.

Mein Lehrer Heinrich WIMHÖFER (1908-1970), Leiter der Frauenklinik an der Universität Freiburg, beschrieb 1942 die "therapeutische" Wirkung der HSG ... In der Tat reicht oft die Durchblasung, um Verklebungen im Eileiter wegzublasen: von 900 sterilen Patientinnen, bei denen eine Pertubation durchgeführt wurde, waren nach 12 Monaten 30% schwanger!
- Wimhöfer, Heinrich: Die therapeutische Wirkung der Hysterosalpingographie, in: Archiv für Gynäkologie 173 (1942), S. 288ff.

Dabei gab es weltweit bis 1947 an die 7 Fälle von Oel-Embolie in die Lunge bei versehentlichem Übertritt des Kontrastmittels in die Blutbahn. Des weiteren entwickelte sich nach dem Eingriff gelegentlich störendes Granulationsgewebe in den Eileitern.
- Hannes Sauramo, Über die an der Oberfläche und in der Nähe der inneren weiblichen Geschlechtsorgane auftretenden Granulomata nach Hysterosalpingographie mittels Jodipin, in: Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica, Volume 25, Issue 4 1946 , pages 466 - 477.
Ab den 60er Jahren arbeiteten die Radiologen daher mit wasserlöslichen Produkten. Heutzutage ist Lipiodol obsolet.


Zur Apparatur
Die Zervix wurde mit der POZZI-Zange gefasst und eine Sonde von RIAZZI-PALMER gegen den äusseren Muttermund gepresst. Neuerdings werden Hütchen an die Zervix festgesogen (Tulpe nach BOMMELAER) um Blutungen aus der Pozzi-Bissstelle zu vermeiden. Der am Hôpital Broca in Paris arbeitende Raoul PALMER (1904-1985) - der gleiche, der 1943 die Laparoskopie einführte - passte die als "Portioadapter" fungierende " Kautschuk-Olive von RIAZZI" an ein Gestänge an. Zu RIAZZI haben wir keine biographische Daten finden können.
In Deutschland wird seit den 40er Jahren als "Pumpe" das Gerät von Günther Karl Friedrich SCHULTZE (1896-1945) benutzt. SCHULTZE war 1923 in Berlin in die Univ.-Frauenklinik von BUMM eingetreten, über die Röntgendiagnostik hatte sein Weg zur Sterilitätsdiagnostik und Therapie geführt. Für diese Zwecke entwickelte er das nach ihm benannte Hysterosalpingographiegerät. 1930 habilitierte er sich unter STOECKEL und wurde 1933 Oberarzt der Klinik. Ab 1938 war er Inhaber des Lehrstuhls und Direktor der Greifswalder Frauenklinik.
Vorgestellt wir ein französisches Pertubationsbesteck ( unter Hysterosalpingographie-Besteck würde man eine Vorrichtung mit radiologischer Abbildung verstehen) aus den 30er Jahren, benannt nach dem (wie sein Kollege PALMER!) an der Klinik Broca tätigen Pariser Arzt Charles-Eugène DOUAY (1881-1967). Es ist bezeichnend, dass PALMER den Nachruf auf DOUAY verfasste:
- Palmer, R., Douay E., in: Gynecol Obstet (Paris), 1967 Jun-Aug;66(3):245-8.

In einem französischen Firmenkatalog wird das Gerät 1934 wie folgt beschrieben:
" Insufflateur tubaire du docteur Douay pour la recherche et le traitement de la stérilité tubaire. Appareil complet, nouveau modèle, comprenant le réservoir à air, le manomètre métallique, la poire à insufflation, le filtre à air et la sonde intra-utérine avec capuchon en caoutchouc" (Fernand Guillot, Catalogue illustré d'instruments de chirurgie, d'appareils de médecine et d'orthopédie, Paris Ivry. Impr. des Etablissements Hyperparaf, 1934).


Zum Erfinder unseres Apparates
DOUAY entwickelte eine Biopsiezange, ein intrauterines Gummi-Drain zur Nachbehandlung der Zervixstenose sowie eine Nadel aus Stahl für die Douglaspunktion. Von DOUAY haben wir mehrere Schriften finden können, die allgemeine gynäkologische Themen betreffen:
- Le Thorax et l'emphysème, la chondrectomie, Paris : F. Alcan, 472 p. : ill. ; 27 cm. (1914)
- Gynécologie, avec 38 figures dans le texte (1928)
- Table pour examen gynécologique (1929)
- Communication, VIe congrès tenu à Bruxelles les 3, 4 et 5 octobre 1929. 3e question mise à l'ordre du jour Indications et techniques de la stérilisation chez la femme, Association des gynécologues et obstétriciens de langue française (1930)
- Communication, VIIe Congrès tenu à Bordeaux les 1er, 2 et 3 octobre 1931. 1ère question mise à l'ordre du jour Le diagnostic radiologique en gynécologie. Association des gynécologues et obstétriciens de langue française (1932)
- Traitement des kystes végétants de l'ovaire par la curiethérapie et par la roentgenthérapie. (1933)
- Gynécologie, 2e édition revue, corrigée et augmentée. Avec 57 figures dans le texte, (1933)
- Contribution à l'étude des fibromes du col utérin, spécialement dans la portion vaginale du col, (1939)
- Félix Jayle : Allocution de M. E. Douay. Extrait du discours. (1946)
- C R Soc Fr Gyncol. 1949 May-Sep;19(5):118-20. (1949)
- C R Soc Fr Gyncol. 1950 Nov;20(7):245-6. (1950)
- Sarcoma of the cervix uteri, in: C R Soc Fr Gyncol. 1950 Mar;20(3):69-72. (1950)
- Non-cancerous metrorrhagia after menopause, in: Bull Fed Soc Gynecol Obstet Lang Fr. 1950;2(2):144-6. (1950)
- Treatment of stage I cancer of the uterine cervix, in: Mem Acad Chir (Paris). 1951 (1951)
- 41st Italian Congress on Gynecology, in: C R Soc Fr Gyncol. 1951 Nov;21(8):319-23. (1951)
- Cancer of cervix uteri; early diagnosis; therapeutic indications, in: Paris Med. 1951 Jan 6;41(1):13-8. (1951)
- Remarks on the 29th Congress of the German Society of Gynecology, in: C R Soc Fr Gyncol. 1952 Nov;22(8):341-4. (1951)
- Journey of scientific information in England from 6th to 12th July, 1952, in: C R Soc Fr Gyncol. 1952 Nov;22(8):340-1. (1952)
- Necrosed fibroma following radiotherapy, in: C R Soc Fr Gyncol. 1952 Oct;22(7):305-7. (1952)
- Measurement of venous circulation rate in the lower extremities, in: C R Soc Fr Gyncol. 1952 Oct;22(7):285-8. (1952)
- Speech of Dr. Douay at the funeral of Dr. Suzanne Levy on Monday, 12 October 1953, in: C R Soc Fr Gyncol. 1953 Nov;23(7):195-6. (1953)
- Cervical metritis and cancer, in: Rev Fr Gynecol Obstet. 1954 Mar-Apr;49(3-4):53-6. (1954)
- C R Soc Fr Gyncol. 1956 Apr;26(4):168-84. (1956).

Beiliegend eine Original-Packung mit mehreren CO2-Patronen. Diese waren ursprünglich für die Anesthesie gedacht war - bei laengerer Beatmung mit reinem Sauerstoff kann es vorkommen, dass die spontane Atmung nicht wieder einsetzt. Da hilft eine kurzfristige Zufuhr von CO2 über einen "Resuscitator", um das Atemzentrum anzuregen!

Grösse des zweifach unterteilten Originalkoffers: 25 cm/ 23cm/16,5 cm.

Herkunft des Objektes: Paris, wo es (laut beiliegender Visitenkarte) von einem "docteur De Manet, 1 rue Villaret-de-Joyeuse" benutzt wurde. Dass De Manet das Gerät schon in den 30/40er Jahren benutzte, erkennt man an der Gebrauchsanweisung, in welcher von der Insufflation von Sauerstoff die Rede ist. Sauerstoff aber verursachte immer wieder schwere Gasembolien, und wurde daher in den 50er Jahren von CO2 abgelöst. De Manet hatte für alle Fäller vorgesorgt, und war (laut seinen Aufzeichnungen) bei jeder Pertubation für eine Gasembolie gerüstet: 4 Spritzen für den Aderlass (300 ml), ein Stauschlauch und eine kleine Spritze mit KampherOel, Koffein und Adrenalin gehörten routinemässig auf den Arbeitstisch !
Auch den Wechsel von Sauerstoff auf CO2 hatte De Manet mitbekommen, davon zeugen die beiliegenden CO2-Patronen und ein Zeitungsartikel aus der Wochenschrift "La Pratique médicale" N°37 vom 22. Mai 1954 mit einer Kurzfassung des Artikels von Dr.Albert Sharman aus Glasgow "Les enseignements de 4000 insufflations tubaires" (Original erschienen im British Medical Journal n°4856 vom 30. Januar 1954, S. 239-242), in dem u.a. die Vorteile der CO2-Pertubation herausgestellt wurden.