Gynäkologie


Scheidenspecula (04)

Röhrenspecula, um 1930 

 

Noch zu Beginn des 20. Jh. finden wir die Grundform des RECAMIER'schen Speculums in der ärztlichen Praxis:

- der gläserne "Mutterspiegel" nach MAYER mit abgeschrägter Einführungsöffnung und polierten Rändern, den man in mehreren Längen und Kalibern benutzte. Der v. SIEBOLD-Schüler Carl Wilhelm MAYER (1795-1868) und sein Sohn C.E. Louis MAYER (1829-1890) arbeiteten in Berlin, wo sie sich beide als Gynäkologe und Geburtshelfer profilierten.

 

- ein Modell, das sich einer groben Verbreitung erfreuen sollte, wurde 1855 von FERGUSSON entwickelt, ein gläsernes Rohr welches innen verspiegelt war um die Ausleuchtung zu verbessern und aussen mit "varnished India Rubber" überzogen war... Davon gibt es seitlich gefensterte Ausführungen.

William FERGUSSON (1808-1877), der in London Chirurg am King's College war und Hauschirurg von Königin Victoria, war offenbar ein echter Tüftler, hatte er doch auch die ersten Glasspritzen entwickelt! Für die Franzosen und Briten behielt das röhrenförmige Spekulum auch da noch den Namen FERGUSSON, als man sich im Zeitalter der elektrischen Beleuchtung auf die kostspielige Innenverspiegelung verzichten konnte. So bot die franz. Fa. Simal noch 1936 das "Spéculum de Fergusson" an, gleich in 4 Massen: 25, 30, 35 und 40 mm Durchmesser.

 

- TORGGLER gab ein seitlich geschlitztes Röhrenmodell aus Metall an, eine Weiterentwicklung der seitlichen Fensterung. Mit Glas war diese Schlitzung natürlich nicht möglich gewesen. Um 1910 war das Röhrenspekulum das meist benutzte Instrument in der gynäkologischen Praxis: "Die meist angewandten Spekula sind die MAYERschen schräg abgeschnittenen Milchglasspekula in 3 bis 4 verschiedenen Kalibern" (Otto Küstner, Lehrbuch der Gynäkologie 1910).

Nicht abgebildet: ein nicht verchromtes Exemplar aus Metall (30 mm Durchmesser, 130 mm Länge) der englischen Firma Bailey.

 

 

Exponat

Vorgestellt wird ein Satz aus drei Röhrenspecula nach MAYER (30, 35 und 40 mm Durchmesser, 15 cm Länge), die aus dem Besitz der Arztfamilie ZIMMER aus Saarbrücken stammen und um die Jahrhundertwende im Gebrauch waren - der Tiermediziner Dr. Stefan ZIMMER hat sie mir liebenswürdigerweise anvertraut. Zwei ähnliche verchromte Specula konnte ich 8/2018 in Innsbruck/Hafen erwerben.