Innere Medizin


Sonnenuhr, Schloss Ansemburg

 

Sämtliche Funktionen unseres Körpers werden zeitlich von einer angeborenen biologischen Tagesuhr gesteuert. Dazu gehören Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur, Konzentrationsfähigkeit, Muskelkraft Schlaf-Wach-Rhythmus und Sehschärfe. Licht ist der wichtigste Zeitgeber für die innere Uhr.
Asthmaanfälle häufen sich nachts. Hautirritationen nehmen abends zu, Herzinfarkte ereignen sich häufiger morgens. Woran liegt das? Warum setzen Wehen vorzugsweise zwischen 0 und 2 Uhr morgens ein? Chronobiologie heisst die Wissenschaft, die diese Einflüsse der Zeit auf biologische Prozesse erforscht, Chronomedizin, die Anwendung dieser Forschung in der Medizin.
Die innere Uhr richtet sich exakt nach der Sonnenzeit - Grund genug, Ihnen eine Sonnenuhr vorzustellen, die noch Anfang des 20. Jahrhunderts in den Gärten von Schloss Ansemburg stand.

Baugeschichte
Das "neue" Schloss Ansemburg liegt inmitten einer Domäne von 3,5 ha (Park 2,39 ha), die sich in vornehmer Abgeschiedenheit an der Eisch entlang erstreckt. Zwischen 1638 und 1647 wurde der Mitteltrakt mit den beiden an der Straße nach Marienthal gelegenen Rundtürmen gebaut. Im 18. Jahrhundert erweiterte Graf Lambert-Joseph de Marchant et d’Ansembourg das Schloss und legte grosse Lust- und Nutzgärten an. Eine Zeit lang hatte die "Miami University" das Gebäude angemietet. Im Januar 1987 verkaufte Graf Gaston d'Ansembourg sein Schloss an die japanische Sukyo Mahikari-Bewegung.

Ein insgesamt sehr gediegenes Anwesen:

  • von der Straße betritt man den Ehrenhof durch ein elegantes Barockportal mit dem Wappen der Familien Marchant d’Ansembourg und de Velbrück (die Gräfin Anne de Velbrück war die Ehefrau des Grafen).
  • von 1719 bis 1735 wurden die beiden Seitenflügel mit den quadratischen Türmen angebaut.
  • neben dem Schloss wurden elegante Terrassengärten im französischen Stil angelegt, ein Versailles im Kleinen.
    Der ab 1993 mit (umstrittenen) EU-Geldern instand gesetzte und seither öffentlich zugängige Park war ursprünglich zwischen 1719 und 1750 im französischen Stil angelegt worden und wird von der Rückseite des Schlosses beherrscht, die von 2 Türmen geprägt wird, die zu dieser Ausbauphase gehören ebenso wie eine Gewölbeloggia mit Arkaden, die beide Türme verbindet. In die Brüstung dieser oberen Terrasse sind 4 Fratzen eingearbeitet. Unter die Arkaden wurden vier überlebensgroße Statuen aufgestellt - sie symbolisieren die vier im 18. Jahrhundert bekannten Kontinente.
    Die Arkaden wiederholen sich ein Stockwerk tiefer: die mittlere Terrasse am Fusse des Schlosses ruht auf fünf weiteren Arkaden, in die eine grosse Grotte mit Wasserspielen integriert ist. Über zwei symetrische Monumentaltreppen steigt man von dieser Terrasse auf die unterste Ebene und gelangt zu einem Labyrinth und zu Wiesen, die bis zur Eisch reichen.
  • auf der Höhe der mittleren Terrasse, neben dem Schloss: eine mythologische Allee mit Sphinxen und 10 Statuen der Götter der Antike. Die beiden Sphingen bilden den Endpunkt einer von Südwesten nach Nordosten verlaufenden mythologischen Allee mit barocken Figuren aus der griechischen und römischen Mythologie. Dazwischen ließ Graf Lambert-Joseph de Marchant (1706-1768) einst im Sommer Kübel mit Orangenbäumen aufstellen. Dem Garten zugewandt tragen beide Sphingen eine Wappendarstellung auf dem Sockel:
    - die optisch linke, südöstliche Sphinx zeigt das Velbrück-Wappen,
    - die optisch rechte, nordwestliche Sphinx das Marchant d'Ansembourg-Wappen.
    Beide Wappen werden von je zwei Schildhaltern präsentiert und sind mit einer Krone mit fünf Blättern ausgestattet. Die Rückseite beider Sockel ist ledig.
    Die terrassenförmigen Gärten waren bereits im 18. Jahrhundert wegen ihrer Fülle an Heilpflanzen, Blumen und Obstsorten bekannt. Aus dem alten Pflanzenbestand sind heute eine 220 Jahre alte und 36 m hohe Plantane im östlichen Teil, (6,6 m im Umfang messender Hauptstamm, der sich in 4 Meter Höhe in zwei Stämme aufteilt), sowie ein 247 Meter langer überdeckter Hainbuchen-Gang an der südlichen Seite zu sehen.
  • am Fusse des Schlosses, auf der mittleren Terrasse: ein "Adlerspringbrunnen", zu den Arkaden hin gewandt. Wasser spielt eine wesentliche Rolle, da es die zahlreichen Brunnen und Becken des Gartens speist. Wasserspiele vor der Parkfassade des Kernbaues, Wassergrotte unter der mittleren Gartenterrasse.
  • weiter weg vom Hauptbau: eine Sonnenuhr ...

    Sonnenuhren im Allgemeinen
    Sonnenuhren werden seit Jahrtausenden benutzt. Der so genannte Gnomon oder Schattenmesser bestand aus einem Stab, den man senkrecht auf einer ebenen Fläche aufstellte – bei einfacheren Modellen war dies die Erdoberfläche. Wenn die Sonne auf den Stab (ersatzweise einen Menschen) schien, bestimmte die Länge und die Richtung des entstehenden Schattens die Zeit:
    “Wenn dein Schatten 16 Fuß mißt, Berenike,
    erwartet Amasis Dich am Olivenhain“
    (legendärer Liebesbrief, um 500 v.Chr.)
    Bei späteren Modellen war die ebene Fläche mit Markierungen versehen.
    Einem Bericht Herodots zufolge übernahmen die Griechen das Gnomon von den Babyloniern. Um 546 v.Chr. stellte Anaximandros eine erste Sonnenuhr in Griechenland auf. Etwa 400 v. Chr. erforschten zwei griechische Mathematiker

  • Eudoxos von Knidos (408-355 v.Chr.) und
  • Aristarchos von Samos (310-230 v.Ch.)
    die Sonnenuhren und versahen die Ebene, die den Schatten aufnahm (das Analemma), mit einer Skalierung (Arachne, d.h. Spinne).
    1425 kam die Sonnenuhr auf, deren Schattenwerfer parallel zur Erdachse steht. Dieser sogenannte Polstab bildet mit der Horizontebene des Aufstellungsortes einen Winkel, der der geographischen Breite des betreffenden Ortes entspricht. Das 17. Jahrhundert stand ganz im Zeichen der mathematischen Wissenschaften. Anstatt den Schattengeber auszurichten, richtete man nun die Ebene: die Äquatorialsonnenuhr war im Vergleich zu den bis dahin verbreiteten Horizontal- und Vertikaluhren überall aufstellbar. Ihr Zifferblatt lag parallel zur Äquatorebene, der Schattenwerfer stand dazu senkrecht und war weiterhin parallel zur Erdachse gerichtet.
    Ab dem 18. Jahrhundert wurden die Sonnenuhren allmählich durch mechanische Uhren ersetzt, die auch Nachts die Zeit angaben. Doch liefen sie lange Zeit so ungenau, dass ihr Lauf ... mit Sonnenuhren kontrolliert werden musste! Endgültig aus dem Gebrauch fielen die Sonnenuhren daher erst im 19. Jahrhundert. Dementsprechend schwierig ist die Datierung.


    Eine Sonnenuhr in der Festungsstadt Luxemburg
    Bei der Spärlichkeit einheimischer Sonnunuhren (ich erinnere an die beiden Uhren auf dem Würfel in der Echternacher Orangerie) sei auf eine Uhr hingewiesen, die mitten in der Hauptstadt ein Schattendasein fristete und nun verschwunden ist:
    1850 und 1861 gibt der Weinhändler Henri Delahaye als Adresse « zur Sonnenuhr » (L.W. vom 13.2.1850) resp. « au cadran solaire, place d’Armes » an (L.W. vom 21.7.1861).
    "Luxemburg, 13. Juni. Sonnenuhr. Das Haus Bichel auf dem Paradeplatz, Ecke Kohlenstraße, an dem sich die historische Sonnenuhr befindet, ist bereits im Abbruch begriffen. Der Besitzer hat die Sonnenuhr vom Hause entfernt. Sie wird den Neubau ebenfalls zieren" (Escher Tageblatt vom 13.6.1936).
    "Das Haus mit der Sonnenuhr am Paradeplatz, Ecke Kohlenstrasse, wurde zu Beginn des Jahres abgerissen, um einem modernen Neubau zu weichen, eine Sache, die nicht sonderlich aufregend und auch gar nicht wichtig ist, hätte dieses Haus nicht ein Wahrzeichen besessen, nach dem jeder vorbeigehende Luxemburger sich richtete, eine Sonnenuhr. Sie wurde damals behutsam weggenommen, und die Wohnung des Besitzers gewährte ihr für die Zeit des Umbaues Asyl. Jetzt ist der Neubau fertiggestellt und kaum hatte man das Gerüst heruntergeholt, da fiel auch den Vorübergehenden die Sonnenuhr wieder auf, die wiederum am Hause angebracht ist " (Obermoselzeitung vom 11.11.1936).


    Die Ansichtskarte von Charles Bernhoeft zeigt eine, auf einem Sockel im Park von Schloss Ansemburg aufgestellte, "Horizontale Sonnenuhr" mit einem "Jakobsstab" in Form eines Dreiecks.