Chirurgie


Präparierbesteck (1)

WICKERT

Präparierkasten von WICKERT, in der Hand die beiden Tubuli

 

 

Die Universität Tübingen schrieb ab 1875 verbindlich einen Präparier-kurs vor.

"Se. Majestät der König haben unterm 27. März d.J. dem Instrumentenmacher Joseph Wickert in München den nachgesuchten Titel eines Universitäts-Instrumentenmachers allergnädigst zu verleihen geruht" (Regierungsblatt für das Königreich Bayern 1827 S.256).

 

 

 Zum Hersteller

"Der Unterzeichnete gibt sich hiemit die Ehre anzuzeigen, daß er seine bisherige Wohnung in der Sonnenstraße verlassen und sein neues Quartier in der Kanal-Glockenstraße, H.V. Haus-Nro 1284 Lit.B., bezogen habe. Bey dieser Gelegenheit empfielt sich derselbe zu gefälligen Aufträgen in allen Gattungen chirurgischer Instrumente sowohl, als in Bandagen und Maschinen, auch zu anderartigen mechanischen Arbeiten. Da bey ihm auch Rasiermesser von bester Qualität, so wie, auf Bestellung, alle Gattungen Tafel- und Dessertmesser verfertigt werden, so schmeichelt er sich eines gefälligen Zuspruchs, und versichert prompte Bedienung und die billigsten Preise. München, den 10. May 1829 Joseph Wickert, Fabrikant chirurgischer instrumente an der k. Ludwig-Max.-Universität zu München" (Der Bayerische Landbote vom 16.5.1829 S.497).

 

"München. Der königl. Universitäts-Instrumentenfabrikant Wickert dahier hat nach den Angaben des königl. Hof- und Stabsarztes Dr. Wenzel das Civiale'sche Instrument zur Zerbröckelung der Harnblasensteine auf eine Weise verfertigt und vereinfacht, die es zum allgemeinsten Gebrauche für diese wichtige Operation eignet. Herr Wickert ist deshalb in Uebereinstimmung mit dem königl. Hof- und Stabsarzte Dr. Wenzel um ein allergnädigstes Brevet bey der königl. Regierung eingekommen. Die Vorzüge dieses Instrumentes vor dem Civiale'schen sind: 1) sehr leichte Einführung, ohne Vorbereitung, und 2) ganz gefahrlose Handhabung in der Harnblase; 3 ) Möglichkeit des gleichzeitigen Beginnens der Operation, ohne Herausnahme des Instrumentes, bey der ersten Untersuchung nach entdecktem Blasensteine; 4) Möglichkeit von Injektionen in die Harnblase ohne Herausnahme des Instruments; 5) um die Hälfte vereinfachter Apparat bey 6) verhältnißmäßig geringen Kosten von 4 bis 5 Louis d'or, während das Civiale'sche Instrument in Paris 1000 bis 1200 Fr., in Deutschland 25 bis 30 Louis d'or kostet" (Beylage zur Allgemeinen deutschen Zeitung für Rußland vom 5.1.1829).

 

Offenbar hatte WICKERT auch ein Osteotom entwickelt, das später abgeändert wurde: "Carl Nood, Veränderungen am Osteotom von Herrn Wickert, Universitäts-Instrumentenmacher in München, München 1836".

 

1840 stellte er in Nürnberg aus und wurde mit Lob überschüttet "In der Güte des Materials sowie in der Sorgfältigkeit der Arbeit, besonders was Schliff und Politur betrifft, zeichnen sich WINKLER in München und HAMMON in Nürnberg aus". Noch 1845 war Wickert Mitglied des Polytechnischen Vereins Bayerns (Kunst- und Gewerbeblatt des Polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern, München 1845). Als die Geschäfte gut liefen, expandierte er: "Wickert Joseph, Universitäts-Instrumentenmacher, hat ebenfalls einen großen Verlag in der Kaufingerstr.3" (Universal-Handbuch von München 1845 S.308).

 

 

Ähnliche Bestecke

"In einem vollständigen anatomischen Besteck erwartet man 1 Knorpelmesser, 4-6 ein- und zweischneidige Secirmesser von verschiedener Größe, eine oder ein Paar Scheren, eine Pincette, eine Knochensäge, einen Tubulus, einen Haken, mehrere Sonden, Heftnadeln u.s.w." (Johann Friedrich Pierer, Anatomische-physiologisches Realwörterbuch, Leipzig 1816 S. 239).

 

Im Katalog des Medicinischen Waarenhauses A.-G. Berlin, der um 1910 gedruckt wurde, finden wir S. 314 ein "Anatomisches Besteck, Modell Kaiser-Wilhelm-Akademie, enthaltend: 1 Inzisionsschere, 1 Knorpelmessser mit Schaber, 1 Nervenmesseer, 2 große Skalpelle, 2 mittlere Skalpelle, 2 Pinzetten, 1 doppelten Tubulus, 3 Sonden, 1 Kletterhaken, 3 Nadeln, 2 Meißel". Uns interessiert vor allem der "doppelte Tubulus", der auch in unserm WICKERT-Besteck vorkommt. Wozu diente er? In dem Werk "Der Conservator" von August Vollrath Streubel (Berlin 1845) finden wir in dem Absatz über anatomische Bestecke die Angabe: "einen Tubulus mit einem Hahne zum Aufblasen von Höhlen und Kanälen".

 

In dem (aktuellen!) Katalog der Fa. Fred Mattes finden wir nicht nur "tubuli" im Angebot, sondern auch die passende englische Übersetzung: "blow pipes" ...

 

 

Exponat

Besteckkasten von Joseph Wickert, erworben als "Chirurgisches Besteck" auf dem Flohmarkt von Völs 4/2017.