Chirurgie


Haemorrhoidal-Knoten-Zange n. SMITH

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Blutende Haemorrhoiden zu behandeln war lange Zeit keine Selbstver-ständlichkeit, entleerte sich der Körper doch verdorbenen Blutes.  Noch im 18. Jahrhundert galt dies für eine Reihe krankhafter Zustände: "Die fliessende goldne Ader hält manchmal ihre ordentliche Zeit, und erscheinet alle Monate. In diesem Falle ist sie allemal für eine heilsame Entleerung anzusehen, die man keineswegs verstopfen darf. Vorzüglich ist sie bei dem Podagra und andern gichtigen Krankheiten, bei der Kurzathmigkeit, und bei hypochondrischen Zufällen heilsam" (Onomatologia Medico-Practica : Encyklopädisches Handbuch für ausübende Ärzte, Nürnberg 1784 S.1034).

 

Im 19. Jahrhundert änderte sich die Einstellung der Ärzte, entsprechend wurde eine Reihe von Klemmen entwickelt, mit denen man innere Haemorrhoidalknoten fassen konnte im Hinblick auf ihre Ligatur oder Kauterisierung: insbesondere diejenige, die Bernard v. LANGENBECK (1810-1887) an der Berliner Charité entwickelte und diejenige, die Henry SMITH (1823-1894) am Londoner Kings College entwickelte. Erstere war eine Flügelzange zum Fassen einzelner hervorgezogener Hämorrhoiden. Letztere Klemme wird hier vorgestellt.

 

1876, in der 4. Auflage seines Buches "The Surgery of the Rectum" gab Henry SMITH (1823-1894) seine Klemme an. In der Zeitschrift Lancet vom 20. April 1878 (zit. Charles B. Ball, The rectum and anus, Philadelphia 1887 S.270) publizierte er die damit erzeugten Ergebnisse.

 

Noch im Katalog des Waarenhauses Berlin von 1910 finden wir die "Hämorrhoidalknotenzange nach Smith" mit ihrem Elfenbeinschuh.

 

Exponat

Warum der Fuß der Klemme einen Überzug aus (dunkelbraunem) Horn hat, war mir lange Zeit unbekannt, bis ich die Erklärung S.161 im Katalog von John Weiss & Sons (London/ England) fand: "with ivory guards for protection during cauterization". Elfenbein isoliert das umliegende Gewebe gegen die Hitze des Metallgestänges – nicht gegen elektrische Ströme, weil zur Zeit von SMITH vornehmlich mit der Apparatur n. PAQUELIN, nicht aber mit Strom kauterisiert wurde.

Europäische Fabrikate hatten einen Schuh aus Elfenbein - die Kolonien lassen grüssen. In den USA, wo man nicht ganz so leicht auf Elfenbein zurückgreifen konnte, bestand der Fuß aus Horn - Rindviecher gab es in den endlosen Prairien zur Genüge. Unsere aus Ocala / Florida importierte Zange (ebay) hat, abgesehen von einer Punzierung "43" (vermutlich eine Katalognummer), keine Herstellergravur und trägt Schuhe aus Horn (das stellenweise von Ungeziefer angeknabbelt wurde). Horn aber isoliert fast ebenso gut wie Elfenbein ...

Das Problem der Hitzeentwicklung beim Kauterisieren fand andere Lösungen. So bestrich der Chirurg am Hôtel-Dieu in Paris Léon-Clément VOILLEMIER (1809-1878), der die Analschleimhaut 1873 mit zwei messerförmigen Glüheisen linear kauterisierte, die Umgebung des Operationsfeldes mit Collodium "um die strahlende Wärme abzuhalten" (Wiener med. Wochenschrift 1873 S. 973)