Chirurgie


Nadelhalter (1)

Nadelhalter n. DESCHAMPS, um 1930 
Noch heute wird die Nadel des Urologen Joseph-François-Louis DESCHAMPS (1740-1824) aus Chartres benutzt, der in Paris arbeitete - es gibt sie für den Stich nach Rechts, und für den Stich nach Links, jeweils in einer spitzen und einer stumpfen Variante.

Chirurgie


Nadelhalter (2)

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1879 entwickelte der Schweizer Jacques-Louis Reverdin (1842-1929) eine Nadel mit verschließbarem Nadelöhr – in Zusammenarbeit mit dem Hersteller medizinischer Instrumente Félix Demaurex in Genf. Dabei handelt es sich um eine modifizierte Variante der von dem deutschen Chirurgen Victor von Bruns (1812–1883) entwickelten Nadel. „Die Nadel, die ich Ihnen vorstelle, besteht neben ihrem Griff, der dem des Operationsskalpells gleicht, aus folgenden zwei Teilen: Der erste Teil ist ein dünner Stahlschaft mit einer Lanzettenspitze mit spitzennahem Schlitz; der Schaft hat über seine gesamte Länge bis zum Schlitz eine Längsrinne; in diese Rinne gleitet der zweite Teil, eine Art männlicher Arm als Gegenstück, hinten mit einem kleinen Knopf und vorn mit einer kleinen Zunge versehen, die so eingepasst ist, dass sie mit der Lanzettenspitze eine passgenaue Einheit bildet, wenn die Nadel geschlossen ist“. In seinem Katalog von 1889 beschreibt Félix Demaurex die Nadeln wie folgt: „Diese Nadeln verfügen über ein bewegliches Öhr, das etwas abgespreizt wird, um den Faden aufzunehmen und sich über diesem dann wieder zu schliessen. Sie haben keinerlei vorspringende Teile und gehen dadurch leicht selbst durch sehr hartes Gewebe. Es gibt sie in gerader Form sowie in verschiedenen Krümmungen“.

 

Die Nadel wird anschliessend von seinem Cousin, dem Chirurgen Auguste Reverdin (1848-1908), sowie von seinem Neffen, dem Chirurgen Albert Reverdin (1881-1929), ab- gewandelt.

 

Mithilfe eines Schiebers (Bild re. oben)wurde das Öhr verschlossen, sodaß der Faden nicht daraus rutschen konnte

 

Exponat
Nadel n. REVERDIN, Fundus des Arztes STEINER aus Matrei a.Br.
Flohmarkt Tivoli 10/2020

 

Chirurgie


Nadelhalter (3)

Nadelhalter mit Pedal, um 1910

 

 

Um die Nahttechnik haben sich drei Männer besonders verdient gemacht:

- Jacques-Louis REVERDIN (1842-1929) aus Genf, der in Paris ausgebildet worden war - der 1879 eine Arbeit veröffentlichte über eine Modifizierung der Nadel des Tübingers BRUNNS: die gestielte Nadel "à chat mobile" war geboren.

 

- Auguste REVERDIN (1848-1908), Vetter des Erstgenannten, war in Strassburg ausgebildet worden, er gab 1887 einen Nadelhalter "à pédale" mit auswechselbarer Nadel an. Sein Sohn

 

- Albert REVERDIN /1881-1929) verbesserte das Instrument noch weiter. Da er eine Zeit lang im Krankenhaus in Lausanne arbeitete, tendieren wir dazu, Georges-Louis GAUDIN als Miterfinder des Nadelhalters anzusehen.

  

Exponat

Nadelhalter mit Pedal n. GAUDIN-REVERDIN (Fa. Joseph Bruneau & Cie. Fabrique d'instruments de chirurgie, orthopédie, prothèse. Notice publiée à l'occasion du Vè Congrès international de chirurgie, juillet 1920 [Montrouge : Impr. Preslier & Charton], 1920.

 

Über GAUDIN konnte ich nichts Zuverlässiges in Erfahrung bringen. Zwei Männer dieses Namens waren Ärzte:

- Dr. Georges Louis GAUDIN (1821-1875) war ab 1866 als Chirurg in Lausanne niedergelassen. Wie REVERDIN ein Schweizer ...

- Dr. Célestin Philippe GAUDIN (1818-1879). Maire de Saint-Georges-de-Didonne de 1871-1874. Il est né en 1818 à Marennes et il est mort le 9 avril 1879 à SGD. Il était alors Chirurgien Major de Marine en retraite et consultant à VICHY. Il était chevalier de la Légion d'Honneur le 16 septembre 1860 et chevalier de l'Ordre Suédois de Wasa en 1869. Il a écrit de nombreux ouvrages de médecine, e.a. "Traité d'hygiène navale". Célestin-Philippe-Baptiste Gaudin, soutint à Montpellier en 1861 une thèse intitulée «De l’heureuse influence du climat de l’île de la Réunion et des eaux thermales de Salazie sur la guérison de la cachexie paludéenne». Il écrivit avec Louis Alexandre Petit, médecin de la Marine en poste à La Réunion de 1855 à 1861 en tant que directeur du Service de santé, un guide intitulé «Guide hygiénique et médical aux eaux thermales alcalines de Salazie, île de la Réunion. Saint-Denis (Réunion), 1857, Vilal Delval, 1 vol. in-8, avec 6 lithographies». Eher ein Internist ...

 

 

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Nähnadeln (1)

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Nähnadeln, chirurgische. Nadelbrief "CHIRURGISCHE NÄHNADELN

1930-1950

Hersteller: Injecta in Berlin oder Steinach/ Thüringen (Mitteilung Hr. Florian Breitsamer; das Deutsche Hygiene Museum Dresden setzt ein ? hinter die Zuordnung Klingenthal).

https://sammlung.dhmd.digital/object/82cf3aea-3c72-489f-a41f-ec694ab4c220

 

 

1921 Gründung der INJECTA GmbH als Aktiengesellschaft in Berlin

1944 Teilverlagerung der Spritzen- und Kanülenfertigung der INJECTA AG von Berlin nach Klingenthal
        Grund: Kriegseinwirkungen

2001 Eröffnung der neuen Produktionsstätte im Klingenthaler Gewerbegebiet

 

 

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Nähnadeln (2)

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Nähnadeln, verkauft von R(heinhold) Wurach, Berlin, Neue Promenade 5, um 1950


Nadelbrief, typ. Aufmachung der Fa. ACUFIRM:
weiße Faltverpackung mit Klarsichtfenster auf der Vorderseite sowie schwarzer Beschriftung
auf Vorder- und Rückseite.
Inliegend, in gewachstem Papier, 12 gebogene Nadeln.

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Nahtmaterial: Chromcatfaden (1)

Chromcatgutampulle 

 

Das desinfizierte Catgut wurde 1881 ergänzt durch Chrom-Cat, bei dem der Faden mittels Chromsäure gegerbt wurde, um die Resorptionszeit auf 2-3 Wochen zu verdoppeln.


- eine Erfindung des grossen John LISTER (1827-1912) ...

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Nahtmaterial: Chromcatgut (2)

Chromcatgutfaden mit Serti-Nadel 

 

 

Speziell für den Bedarf im KreissSaal wurde dieser Chrom-Catgut-Faden "Ethicon Obstetrical Surgical Gut Type D Extra-Chromic Eyeless Needle N°3, 30 inches" der Fa. Johnson & Johnson entwickelt. Die Serti-Nadel sollte die Gewebetraumatisierung auf ein Minimum reduzieren.

 

Die "aiguille sertie" war bereits 1874 von einer Op-Schwester erfunden worden (die es vermutlich leid war, die Nadeln des Chefs einzufädeln) - die erste derartige Nadel wurde "EUREKA" genannt.
Quelle:
SP Nolan, The Eureka needle, in:
Surgery, 1971
May;69(5):788-91.

 

Die öhrlose Nadel mit Präzisionsschliff schont das Gewebe. Der Ruck, der durch das Nähen mit einer Öhrnadel entsteht, wird vermieden und die Wunde nicht zusätzlich vergrößert.

Handelt es sich bei dem vorgestellten Röhrchen um Nahtmaterial aus den frühen 30er Jahren, als die Episiotomiewut von Dr. DeLEE alle Frauendämme unsicher machte?

Erstanden über eBay, Herkunft: Fort Wayne im Staate Indiana/USA.

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Nahtmaterial: sog. Raupendarmfäden

Silkworm, um 1920 

 

Aus den FANDRE-Werken in Nancy kommt das kuriose, heute verlassene Material "silkworm gut" (Crins de Florence).


Während bei der klassischen Seide der fertige Kokkon abgewickelt wird, tötet man zur Herstellung von "silkworm gut" die Puppe direkt v o r dem Kokkonstadium (durch Eintauchen in ein Säurebad), öffnet den Körper des Tieres und extrahiert den Faden aus der Seidendrüse.


Klassische Fabrik wurde J&J: 1887 stellten die Brüder Robert Wood und James W. JOHNSON antiseptische und resorbierbare Nahtmaterialien her (Catgut und Seide), die in Öl konserviert wurden. Schon 1888 lieferte das Werk Meterware (der Chirurg konnte aus einer Glasflasche exakt die Menge Faden herausziehen, die er benötigte).


1890 kam "Silkworm gut" ins Sortiment, 1892 Silberdraht, gefolgt von Kanguruhsehne, Pferdehaar und Nabelschnurfäden, die man inzwischen verlassen hat.

Gustav KLEIN berichtete 1907 über seine sehr positiven Erfahrungen mit der Silknaht bei Laparotomien (Zbl.Gyn. nr.33 1907 S. 1004). Auch R. Benndorf lobte die Vorzüge des Materials (Zbl.Gyn. 1907 nr.51 S. 1602)
Das Material war bei Chirurgen beliebt. Da es sich nicht auflöste und lokal gut vertragen wurde, eignete sich insbesondere als intrauteriner Fremdkörper: so wundert es nicht, wenn der deutsche Arzt Richard RICHTER aus Waldenberg bei Breslau 1909 eine ringförmiges Geflecht (Durchmesser 27 mm) aus Draht (gedrillter Bronze-Aluminium-Draht) und "silkworm gut" in die Gebärmutter einführte, und auf einen kontrazeptiven Erfog hoffte - er publizierte nie irgendwelche Erfolge, da die Kontrazeption in Deutschland verboten war und sich RICHTER ernstlichen Schwierigkeiten ausgesetzt hätte. So kam es, dass der Berliner GRAEFENBERG die Methode um 1928 "neu entdecken" konnte und in der Zeit 1928/30 drei Arbeiten publizierte, in denen er über Kontrazeption mit verschiedenen Formen seines "Silk Star"-Intrauterinpessars berichten konnte.

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Nahtmaterial: Seide (3)

um 1920 

 

 

Dr. VÖMEL's Original-Nähmaterial
Sterilisiert unter Dr. VÖMEL's
persönlicher Controlle
Seide N°3 gedreht


Die 6,5 resp. 7,2 cm hohen Fläschchen enthielten Seide in unterschiedlicher Fadendicke (N°3 / N°4).

 


Gegen Ende des 19. Jh. verliess die "Deutsche Schule" den Gebrauch von Seide. So schreibt August MARTIN:
"Seide wird nur noch ganz ausnahmsweise in abdomine verwandt. In der Bauchwunde lege ich 5-6 Seidenfäden. Die geflochtene Seide von TURNER, welche ich, wenn überhaupt, zu gynäkologischen Operationen benutze, ist auf Glasplatten aufgerollt und liegt in einer 2%o-igen Carbollösung bis zum Einfädeln".

 

 

Zum Hersteller

1891 gründete Gottfried VÖMEL in Kronberg /Taunus eine Fabrik für chirurgisches Nahtmaterial – der Betrieb existiert noch heute und produziert insbesondere chirurg Nahtmaterialien und Zahnseide.

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Nahtmaterial: Seide (4)

Seide 4
 

 

Eine ganze Reihe heute vergessener Firmen belieferte den Markt mit angeblich steriler Seide, so

 

- die "Schwanenmarke" (rechts im Bild),

 

- Paul Ruffani "Permanente Ausstellung & Versandt von Artikeln zur Gesundheits- & Krankenpflege, Frankfurt a.M., Friedensstrasse 8, jetzt Bethmannstr.16", belieferte im März 1893 deutsche Kliniken mit gedrehter RUFFANI-Seide. 1934 war er in Frankfurt, Alte Rothhofstrasse 4, Hersteller von Nahtmaterialien (links im Bild).

 

"Erfindungsprivilegien:
Dem Paul Ruffani in Frankfurt a.M. mit der Priorität vom 7. Februar 1895 auf eine Neuerung an aseptischen Nähmaterialträgern. Offen" (Wiener Zeitung, 9. Mai 1895).

 

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Nahtmaterial, Vorführkasten

Vorführkasten, Fa. LAROCHETTE 

 

 

Der hier vorgestellte Kasten mit teleskopartig auszufahrenden Fächern enthielt beim Kauf (Metz-Grigy, 16.4.2005) in der oberen Lade eine Sammlung von Fäden im Originaletui. Alle andern Laden waren mit Wattepäckcehn aufgefüllt der Fa. Larochette.

Wegen der Fäden wollen wir ihn an dieser Stelle der Sammlung vorstellen. Von oben nach unten finden sich in der oberen Lade:

 

- Drain stérilisé n°16 (Pour ouvrir le tube, donner un léger coup de lime dans la dépression de l’une des boursouflures du verre. Si on ne réussit pas à cette première tentative, opérer de même pour la deuxième boursouflure). Laboratoires Larochette – Villefranche s/S Paris.

Crino Larochette n°2.

Crins de Florence stéril. Moyens

- Catgut stéril. n°2 Clas.dec.n°6. Diamètre compris entre 0mm60 et 0mm69

- Soie stérilisée n°2

- Crins moyens

 

- Catgut stéril.n°1 Clas.dec.n°5. Diamètre compris entre 0mm50 et 0mm59

Die Firma Larochette war in Villefranche-en-Beaujolais etabliert und stellte Verbandsmaterial her der Marke HYGIA. 1988 Partneriatsvertrag mit der Gruppe Hartmann/France. Von 1989 bis 1993 war Denis Chaumanet « Directeur Régional » bei den Laboratoires Larochette (Filiale von COLGATE PALMOLIVE). 1996 wurden die « Laboratoires HARTMANN-LAROCHETTE » umbenannt in « Laboratoire PAUL HARTMANN S.a.r.l., » mit den Abteilungen LAROCHETTE und WUHRLIN-SOPLAMED.

 

 

Ein erfolgreiches Produkt : Einmalwindeln für Babys

« La fabrication des changes-complets Calines, Nursa et Tendresse dans l'usine de Villefranche sur Saône est résumée en photos dans le numéro spécial édité en 1984 par les Laboratoires Larochette (Colgate-Palmolive Magazine)».

Jetziger Firmensitz (im Südlichen Viertel von Paris):

Laboratoires PAUL HARTMANN SARL (Division Larochette)

Adresse : Immeuble Le Baudran – Bât. C - 28, villa Baudran - 94117 ARCUEIL cedex

Téléphone : 01 49 08 56 00 - Fax : 01 49 08 56 21 (Stand 16.4.2005)

Zur Geschichte der Nahtmaterialien siehe:

deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=969152930&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=969152930.pdf

Zu den Materialien in den Laden: Thermosine, dazu ein Link:

estel.bib.ub.es/pharmakoteka/registre.php?id=1342

 

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Nahtmaterial: Catgut (1)

Catgutampulle, um 1950

 

Für Darmsaiten ist im Englischen bis heute der irreführende Begriff "Catgut" (= Katzendarm) gebräuchlich. Den Ursprung dieses Begriffes erklärt eine Anekdote: um 1300 herum entdeckten italienische Sattelmacher in dem kleinen Ort Salle/Pescara, daß der Darm der wilden Bergschafe der Region, den sie zum Vernähen der Sattel benutzten, sich besonders gut als Saite für Musikinstrumente eignete. Die Saitenherstellung wurde rasch zur wichtigsten Industrie des Ortes. Um sich gegen Konkurrenz zu schützen, wurde die wahre Herkunft des von ihnen verwendeten Darmmaterials verheimlicht, und behauptet, es handele sich um Katzendarm. Um Katzen rankten sich damals einige Aberglauben, und das Töten von Katzen galt als unheilbringend - so hoffte man, potentielle Nachahmer abzuschrecken.

 

Sollte aber jemand auf die Idee verfallen, dennoch Katzen umzubringen, um ihren Darm zu verwerten, so erwartet ihn eine böse Überraschung: der Darm von streunenden Katzen (nur solche könnte man sich in der Praxis besorgen) ist - bedingt durch die unkontrollierbare Nahrung und interkurrierende Darminfektionen - von so unterschiedlicher Qualität, dass sich jeder Produzent die Zähne an diesem Problem ausbrechen würde.