Dermatologie


Moulage, Kontaktekzem

Kontaktekzem
 

 

Die Wachsbildnerei entwickelte sich Ende des 17. Jahrhunderts, um den Bau des menschlichen Körpers naturgetreu darzustellen. Keroplastik nennt sich diese Kunst, aus Wachs Figuren herzustellen. Zunächst waren die Wachsmodelle akademischen Kreisen und den fürstlichen Kunst- und Wunderkammern vorbehalten. Die "anatomia plastica" erlebte ihren Höhepunkt zwischen 1775 und 1800, geriet dann in Misskredit und schliesslich in Vergessenheit. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden anatomische Wachsmodelle in der Ausbildung der jungen Ärzte kaum noch eingesetzt, bestenfalls in der Volksaufklärung.

 

 

Moulagen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts eines der bevorzugten Lehrmittel in der medizinischen Ausbildung. Diese Abbilder aus Wachs führen die teils schockierenden Symptome von Hautkrankheiten höchst realitätsnah vor Augen. In den letzten Jahren wurden sie als wissenschaftlich, historisch, aber auch als künstlerisch bedeutsame Objekte wiederentdeckt. 

 

 

Kleine Begriffsklärung

Ein Wachsmodell ist ein überarbeitetes Lehrmodell, eine Vergrößerung oder Verkleinerung usw., während eine Moulage auf einer Patientenabformung beruht und die Krankheitserscheinung absolut wirklichkeitsgetreu wiedergibt. Im Unterschied zu Wachsmodellen sind Moulagen in Größe, Form und Farbe naturnahe, dreidimensionale Nachbildungen von krankhaft veränderten, verletzten oder fehlgebildeten Körperteilen. Sie sind unmittelbar am Patienten mit Hilfe von Gips abgeformt. Auf der Basis dieser Abgüsse (Moulagen) können dann anatomisch exakte ... Wachsmodelle gefertigt werden. In Kliniken, wo man ein einziges Bildnis der Krankheit erhalten wollte, arbeitete der Mouleur nach dem Prinzip der "verlorenen Form" und zerschlug die Gipsform nach dem Ausgiessen mit Wachs. Anders verfuhr man in Dresden, wo man das Gipsnegativ konservierte um mehrere Wachsausgüsse herstellen zu können (die man devisenbringend verkaufen konnte): "wenn ich ein Original gemacht habe, dann habe ich einen zweiten Ausguss gemacht, der dann das Modell für die nächsten Formen war" (Gabriele Goettle, Totenmaske der Krankheit, in: taz.de 27.2.2006 - Interview mit Elfriede Walther).

 

Bei der Herstellung der Wachsabbilder waren viele Moulageure nicht zimperlich, der Patientenschutz spielte kaum eine Rolle. Allerdings wird von dem französischen Moulageur Jules Pierre François BARETTA (1843-1923) berichtet, dass er für seine "Patienten" eine besondere Empathie empfand "Ohne Barschheit, mit der Zartheit einer Mutter und nie endender Geduld führte er die Arbeiten am Patienten aus. Während das Material fest wird spricht er mit dem Patienten, fragt nach dessen Befindlichkeiten und gewinnt scheinbar ohne Anstrengung Zutrauen und Sympathie. So hält der Patient gerne eine Zeit ruhig, bis der Härtungsprozess abgeschlossen ist" (Thomas Schnalke, Moulagen in der Dermatologie, Geschichte und Technik, Diss. med.Marburg 1986 S. 70).

 

Wachs ist eine empfindliche Substanz. Zur Zeit kämpfen alle Kuratoren von Wachsmoulage-Sammlungen gegen den Zerfall resp. die Alterung ihrer Sammlungen. Ein grossangelegter Kongress vereinte im September 2009 in Dresden Spezialisten aus der ganzen Welt zum Thema "Wachsmoulagen als Kulturgut. Erforschen, Erhalten, Restaurieren".

Wegen ihrer Seltenheit sind Wachsmodelle und Moulagen heute wohlgehütete Schätze. In der Bombennacht vom 13. Februar 1945 wurde ein grosser Teil der Moulagensammlungen Kiel und Dresden und die meisten ihrer Gipsnegative zerstört. Ella Lippmann und ihrer Schülerin Elfriede Walther haben in der Nachkriegszeit einen grossen Teil der Sammlung anhand alter Formen und neuer Abformungen am Patienten wieder aufgebaut. Heute besitzt das DHMD (Deutsches Hygiene Museum Dresden) mit 2000 Moulagen eine der weltweit größten Moulagensammlungen. Im März 2010 konnte "Prof. Vogels Raritätenkabinett" hinzu erworben werden, eine Sammlung von weiteren 200 historischen Wachsmodellen. Leiterin der Sammlung ist Frau Susanne Roeßiger.

 

Fast alle Universitäts-Hautkliniken besitzen eine mehr oder weniger grosse Sammlung dieser Präparate:

- Bonn (über 1000 Moulagen),

- Frankfurt a.M. (300 Moulagen), Prof. Dr. Roland Kaufmann,

- Freiburg (822 Moulagen), Kurator Dr. Martin Faber,

- Hamburg (650 Moulagen), Prof. Matthias Augustin,

- Jena (32 Moulagen), Dr. Tilde Bayer,

- Kiel (455 Moulagen), Prof. Michael Sticherling,

- Münster (121 Moulagen), Kuratorin Dr. Sonja Ständer.

Bedeutende deutsche Sammlungen befinden sich auch in Göttingen (80 Moulagen), Rostock (122 Moulagen) und Würzburg.

 

Grosse Sammlungen existieren ferner in London, Moskau, Paris, Tokyo und Wien. Am Hôpital St. Louis in Paris befindet sich die weltgrösste Sammlung mit 4807 Exponaten. Die schönste befindet sich in der Schweiz:

- Zürich (520 dermatologische, 260 chirurgische Moulagen), Kurator Dr. Michael L. Geiges.

 

 

Exponat

Vorgestellt wird eine Moulage mit der Darstellung eines akuten toxischen Ekzems im Gesicht, möglicherweise eine Reaktion auf ein Rasierwasser. Für ein Erysipel ist die Haut nicht genügend geschwollen.

Herkunft: Rastatt, privater Händler.

Dermatologie


Stereoskopische Bilder

Rainforth
 

 

       Fertigt man mittels eines passend konstruierten photographischen Gerätes von einem Gegenstande zwei stereoskopische Aufnahmen an (die Objektive der Stereokammer ersetzen die Augen) und betrachtet die so gewonnenen richtig montierten Bilder in einem geeigneten Betrachtungsgerät so sieht man ein plastisches Modell des aufgenommenen Objektes. Nach diesem Prinzip konstruierte 1850 der französische Optiker Louis Jules Duboscq (1817-1886) das erste serienmäßige Stereoskop.

Ab 1851 breiteten sich die so angefertigten stereoskopischen Bilder explosionsartig aus, nachdem Königin Victoria (1819-1901) sich zu einem ferventen Anhänger dieser Bilder entwickelt hatte - sie hatte Dubrocq's Bilder 1851 auf der Londoner Ausstellung, der "Great exhibition", gesehen und war Feuer und Flamme für die Neuerung.

Seldon Irwin RAINFORTH *1879 in Hamilton/Ohio als Sohn des Schauspielers Harry Rainforth, besuchte die Universität von Cincinnati und promovierte 1903 an der Johns Hopkins University in Baltimore/Maryland. Von 1908 bis 1929 praktizierte er als Hautarzt in New York, bevor er nach Florida umzog, wo er 1960 Selbstmord begang.

Das Verdienst Rainforth's besteht darin, das stereoskopische Verfahren - mit einiger Verspätung - in die medizinische Lehre eingeführt zu haben, um Studenten in der Dermatologie auszubilden.

 

Dermatologischer Lehrstuhl in Innsbruck

Im frühen 19. Jahrhundert erfolgte die Versorgung syphilitischer PatientInnen in Innsbruck an der Chirurgischen Klinik. Der dort schwerpunktmäßig mit Geschlechtskrankheiten befasste Professor Eduard LANG (1841-1916) etablierte im späten 19. Jahrhundert - aufgrund des hohen PatientInnen-aufkommens -  eine eigene Klinik für Syphilis und Dermatologie. Die dazugehörige Lehrkanzel wurde am 26. September 1873 von Kaiser Franz Joseph genehmigt. "Hautkranken wird an der Klinik des Prof. Lang täglich um 3 Uhr Nachmittag unentgeltlich ordiniert" (Innsbrucker Nachrichten, 21. Okt 1876).

 

Exponate

5 von 132 Stereo Bildern (12.5cm x 17.0cm) aus "The Stereoscopic Skin Clinic", die Dr. Seldon Irwin RAINFORTH's in 3 Ausgaben zw. 1910 und 1914 von der "Medical Art Publishing Company" mit Sitz in Brooklyn herausgegeben ließ, einer von Rainforth erfundenen Firma, mit der er versuchte, seinem Produkt einen weltmännischen Anstrich zu geben.

n°19 Eczema erythematosum

n°20 Eczema labii superioris

n°21 Eczema orbiculare oris

n°41 Impetigo contagiosum

n°44 Lepra tuberosa

Anzuschauen mit einem Stereoskop n. Holmes …

Die Identität der abgebildeten Personen ist in allen Fällen unbekannt, ebenso wie der Name des Photographen. Obwohl sie in Straßenanzügen posieren, will keiner der Patienten eine Beziehung zum Zuschauer aufbauen – er bleibt "das Bild einer Krankheit".

 

Herkunft: Colchester, United Kingdom, Ebay 1/2018. Der gesamte Kasten, inklusive des Stereoskopes, kostet um die 750 Euro, daher diese kleine Auswahl, da es mir nicht um die Sammlung, sondern um das Prinzip geht.