Geburtshilfe


A book to start

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Fülle früher geburtshilflicher Werke wollen wir ein wenig bekanntes Büchlein vorstellen, das auf die praktischen Bedürfnisse der Landhebammen abgestellt war: den "Catéchisme pour les Sages-Femmes" von Anne-Amable-Augier DUFOT, 1775 in Soissons aufgelegt. Du FOT (1733-1775) war in Aubusson geboren westlich von Clermont-Ferrant, wurde Musiker, Tierarzt und Arzt in Soissons, wo er hochgeehrt starb «médecin pensionnaire du Roy», «médecin pensionné de la ville de Soissons» und Professor der Geburtshilfe. Bekannt war er wegen seiner öffentlichen Kurse, bei denen er "fantômes" von Madame RIEL und Mademoiselle l'ENFANT benutzte aus echten Knochen, die mit Federn artikulierten.

Aus seiner Feder kennen wir mehrere Bücher:

- Mémoire sur les moyens de préserver les bêtes à cornes de la maladie épizootique qui règne dans les villages le long de la rivière de Serre, Augier DuFot, Anne A., Soissons 1773. 2. Aufl. Bouillon. 1774. 45 S.

- Catéchisme sur l'art des accouchements pour sages-femmes de la campagne, Anne Aimable Augier du Fot, Soissons 1775
- Catéchisme sur l'art des accouchements, Augier DuFot, Anne A. Paris. 1784.

 

Das 90 Seiten starke Büchlein ist auf S. 82/83 aufgeschlagen, wo die Rede geht vom Kaiserschnitt an der toten Frau:

"Si la femme meurt à la suite d'une maladie aiguë, ou quand le travail n'est pas assez avancé pour avoir dilaté l'orifice de la matrice, la Sage-Femme prendra un rasoir, ouvrira les muscles abdominaux & la matrice même, en prenant garde de blesser l'enfant, & le retirera par les pieds. Elle doit toujours lui faire donner le baptême avant d'en faire l'extraction".

Inzision der Bauchdecken und der Gebärmutter mit dem Rasiermesser... Nottaufe des Kindes .... dann Extraktion des Kindes an den Füssen! Es ist das einzige Mal, wo eine Wendung im eröffneten Uterus empfohlen wird. Alle andern Autoren ziehen das Kind am Kopf heraus bzw. an dem Teil, der sich ihnen als erster präsentiert.

Geburtshilfe


Anatomisches Modell, 17. Jahrhundert

P1020309
 

 

Bildliche und figürliche Darstellungen sind immer mehr als nur "Darstellungen": sie haben immer eine Funktion. Die Funktion gerade der Elfenbeinpüppchen aber ist unbekannt.

 

Museale Beispiele

1) The pregnant woman statue (h: 170 mm) from the Académie nationale de Médecine in Paris, is a visceral manikin carved in ivory, probably in southern Germany, by Stefan Zick (1639-1715) from Nuremberg. It lies flat on its back and stuck in a box; its head and neck are slightly flexed and the two upper limbs are sagittally movable at the shoulder. The left elbow is flexed and the forearm blocks a removable thoraco-abdominal plastron under which a cavity showing the main viscera is carved: a pregnant uterus contains an orientable fetus and a removable intestinal shield covers it. The anatomical precision is limited by the size of the manikin but several visceral or vascular details are carved or drawn. Reported in 1912 by Wickersheimer, as an ‘anatomical Venus’, this object could be used for basic teaching to midwives and parturients.

2) Mannequin anatomique dit «la Maternité» XVIIème siècle, ivoire Stephan Zick; Olbricht Collection, Essen, Allemagne Exponat Schwangere aus Plastik, 1960er Jahre, importiert aus Miami / USA; Ebay 7/2017.

 

Exponat

15.8 cm lange "liegende Schwangere" aus Kunsstoff, Werbeartikel der Fa. Ortho* von 1972. Es handelt sich NICHT um die Kopie einer Figur von Stephan Z(w)ICK, für dessen Arbeiten der abgespreizte kleine Finger und die „eingeschnittene” Kniescheibe typisch sind. Stephan Zick (1639–1715) gilt neben seinem Vater Lorenz (1594–1666) als bedeutendster Vertreter der Kunstdrechslerei in Nürnberg. Er stellte nicht nur zerlegbare Frauen- und Männerfiguren aus Elfenbein her, sondern auch gedrechselte Augenmodelle. Unsere Kopie stammt, da weder der kleine Finger abgespreitzt noch die Kniescheide quer eingeschnitten ist, wohl von einem andern Nürnberger oder italienischen (?) Fabrikanten.

*Ortho Pharmaceutical Corporation wurde 1931 gegründet. Firmensitz in Raritan, New Jersey; die Firma ist die gynäkologische Sparte von Johnson&Johnson, und vertrieb ursprünglich spermizide Gels, später Scheidendiaphragmen, Spiralen und Pillen). 

 

Abschreckende Preise

"Das elfenbeinerne Lehrmodell Stephan Zicks besticht bei einer Größe von nur 15 cm durch eine außergewöhnliche Schnitzqualität. Die Arme sind beweglich und die inneren Organe entnehmbar. Geschätzt wird das Stück auf 20.000 bis 25.000 Euro. - der standard.at/1255048/Historische-Instrumente" (Versteigerung im Dorotheum/Wien, 2003).

"Auf einem schildpattbelegten Katafalk liegende Schwangere mit abnehmbarer Bauchdecke und herausnehmbaren Organen, zu öffnende Fruchtblase mit darin liegendem Zwillingspaar. Elfenbein. Umkreis Stephan Zick (1639-1715), Nürnberg. Figurenlänge 16,5 cm Limit 45.000 € Ergebnis 55.300 €. Auktionshaus Michael Zeller" (Versteigerung 112. Int. Bodensee-Kunstauktion 2017).

In dieser Preisklasse spielen nur einige wenige Museen mit.

 

Lit.:

Le Floch-Prigent P., Un mannequin anatomique, visceral, en ivoire, in: Acta Anatomica 1989;136:142–145 (Patrice Le Floch-Prigent, Laboratoire d’Anatomie, 45, rue des Saint-Pères, Paris; Unité de Recherches Ostéologiques (Equipe recommandée Paris-V), Paris, UFR de Médecine, Paris)

Geburtshilfe


Ansichtskarte  - Oh diese modernen Frauen!

Hebamme zeigt Neugeborenes 

"Ja das weiss ich nicht, das versteh ich nicht, Sowas habe ich noch nie gesehen!"



Geburtshilfe


Ansichtskarte, Gebärhaus

 

Schon MItte des 16. Jahrhunderts wurde in Paris eine Gebäranstalt geschaffen, wo ledige Frauen ihr Kind anonym zur Welt bringen konnten. Regelrechte Gebärhäuser gehen auf das 18. Jahrhundert zurück, als der Staat sich seiner sozialen Verantwortung bewusst wurde - Kindsmord sowie Kindsaussetzung wurden zu einer unerträglichen Belastung der Grosstädte, die mangelnde Ausbildung der Hebammen entwickelte sich zum öffentlichen Skandal.

In Paris wurde das Hôtel-Dieu als Gebär- und Lehranstalt für Geburtshilfe eingerichtet, allein nur Hebammen durften diese treffliche Gelegenheit benutzen, um sich weiterzubilden. Anders in Strassburg,wo in der 1728 errichteten Entbindungsanstalt auch Studenten zugelassen wurden. Diese den "Hospices civils" angeschlossene Anstalt wurde zum Vorbild der deutschen Gebärhäuser...
In Großbritannien wurden Entbindungshäuser in London (1739) und in Dublin (1745) errichtet.

  • In Deutschland wurde 1751von Friedrich II. die erste Hebammenschule in der Charité Berlin 1751 nach dem Muster der Straßburger errichtet.
  • In demselben Jahr ward auch in Göttingen eine Entbindungsanstalt errichtet.
  • 1763 Kassel
  • 1792 Marburg
    In Österreich wurde 1786 im neuangelegten Allgemeinen Krankenhaus von Wien ein Accouchirhaus für ledige Mütter installiert - in unmittelbarer Nähe zum Narrenturm...

    Zweck dieser Anstalten war die Ausbildung von Studenten, von Hebammen. Nur nebenbei - als Mittel zum Zweck - wurden hier Frauen entbunden. Da jungen Leute an diesen Frauen ihr Handwerk erlernen sollten, wurden die Frauen immer wieder untersucht - keine anständige Frau dachte auch nur im Entferntesten daran, in einer solchen Anstalt zu entbinden. Nur "gefallene Mädchen" bzw. ledige Frauen kamen hier nieder.

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Ansichtskarte, Gebt uns erfahrene Hebammen !

 

Wasserüberlieferungen kennen wir für Luxemburg nicht. Viele Eltern hierzulande hatten ihr Kind "am Guard gepléckt," wo sie lange Zeit zuvor ein Samenkorn in die feuchte Erde gelegt hatten. In Vianden grub die Hebamme die Kinder unter einem Buchsbaum (lux. Pällem) heraus, anderswo auch schon mal unter einem Lorbeerbaum (J. Hess, Luxemburger Volkskunde 1929, S. 166). Auch in der Eifel, wo es keine endemischen Störche gibt, grub die Hebamme die Kinder unter einem Buchsbaum aus und versteckte sie in der Kabbesbütte, in der man für gewöhnlich das Sauerkraut einmachte.

In Luxemburg kursierte auch die Geschichte von dem Auffinden des Neugeborenen in einem Kohlkopf:

  • "Du wars jo deemols nach am Kabes" - damals warst du noch nicht geboren.
  • "Kläng Kanner wuessen am Kabes".
    Dabei überliess der Volksmund vielfach nicht mehr den Eltern das Auffinden der Kinder - wozu hätte man sonst einer Hebamme bedurft!

    Um den Kindern die Rolle der Dorfhebamme erklären zu können, erfand man die "Kabbeszüchtende Hebamme". Mein Vater erzählte mir, dass in seinen Kindertagen, um 1920 also, die Hebamme von Hagen / Steinfort in ihrem Keller eine "Kaabesbidden" - eine Kohlbütte - besass, aus der sie die georderten Kinder hervorholte.

    Karl Mersch schreibt dazu:
    "Während in Deutschland und anderswo der Klapperstorch die Kleinen ins Haus bringt, wachsen dieselben, nach dem Kinderglauben, bei uns im Keller der Hebamme in einem Kohlkopf. Sobald eines schreit, holt es die Hebamme herauf und trägt es in ein Haus, wo man es bestellt hatte. Die Eltern kaufen dann das Büblein oder Mägdelein der Hebamme ab" (Die Luxemburger Kinderreime, V. Bück 1884, Reim no. 65).

    So kamen noch um die Jahrhundertwende in Echternach, wie auch in den meisten andern Orten des Landes, die Kinder aus dem Kohlkopf der Hebamme:
    "Nicht der Storch brachte die Kinderchen, sondern die Hebamme. Die Hebamme bezog sie aus einem dicken "Kaabeshäät" oder aus einem "Kasärestoak". Wenn besonders starke Nachfrage herrschte, hatte sie auch wohl einen Vorrat im Keller. Sie griff dann nur blindlings hin, steckte das Kindlein in ihre schwarze Tasche und brachte es den Eltern" (Simon).

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Ansichtskarte, Kinder wachsen in Blumentöpfen

 

Wo kommen die kleinen Kinder her?
In Westfalen ist die Buche der "Kleinkinderbaum", aus dem die kleinen Kinder geholt werden - eine Anschauung, die möglicherweise auf Fruchtbarkeitsriten unserer Vorfahren zurückgeht, für die Bucheckern zu den wichtigsten Nahrungsmitteln zählten.
Im waldigen Vorarlberg am Bodensee bringt ein Waldgeist die Kinder - vielerorts ist ihm der hl. Nikolaus gleichgestellt als Kinderbringer. Auch im südlichen Elsass haben sich lange Zeit naturnahe Erklärungen erhalten, gingen die Hebammen die Kinder in geheimnisvolle Felsspalten im dichten Wald suchen, z.B. am "Puppelstein" [vgl. das luxemburgische "ë Puppelchen", ein Baby] in der Region von Oberbrück; im Elsass bringt der Storch die kleinen Kinder erst seit 1870, und im Tal der Munster brachte sie lange Jahre die Hauskatze ...

Wir wissen, dass unsere Eltern nicht gerne über das Thema "Kinderkriegen" sprachen - was sich "unter der Gürtellinie" abspielte, galt als unschicklich. Die Zeit war zu prüde um zuzugeben, dass die Natur mit Zeugung und Schwangerschaft eine ziemlich gute Erfindung gemacht hat: Däumelinchen, zum Beispiel, wurde in einer Blume geboren, und ersparte ihrer Mutter damit ein paar Monate Sodbrennen und morgendliche Übelkeit. Hier der Anfang des bekannten H.Chr. Andersen-Märchens:
"Es war einmal eine Frau, die sich sehr nach einem kleinen Kinde sehnte, aber sie wußte nicht, woher sie es nehmen sollte. Da ging sie zu einer alten Hexe und sagte zu ihr: “Ich möchte herzlich gern ein kleines Kind haben, willst du mir nicht sagen, woher ich das bekommen kann?”
“Ja, damit wollen wir schon fertig werden!” sagte die Hexe. “Da hast du ein Gerstenkorn; das ist gar nicht von der Art, wie sie auf dem Felde des Landmanns wachsen oder wie sie die Hühner zu fressen bekommen; lege das in einen Blumentopf, so wirst du etwas zu sehen bekommen!”
“Ich danke dir!” sagte die Frau und gab der Hexe fünf Groschen, ging dann nach Hause, pflanzte das Gerstenkorn, und sogleich wuchs da eine herrliche, große Blume; sie sah aus wie eine Tulpe, aber die Blätter schlossen sich fest zusammen, gerade als ob sie noch in der Knospe wären.
“Das ist eine niedliche Blume!” sagte die Frau und küßte sie auf die roten und gelben Blätter, aber gerade wie sie darauf küßte, öffnete sich die Blume mit einem Knall. Es war eine wirkliche Tulpe, wie man nun sehen konnte, aber mitten in der Blume saß auf dem grünen Samengriffel ein ganz kleines Mädchen, fein und niedlich, es war nicht über einen Daumen breit und lang, deswegen wurde es Däumelinchen genannt."


Von der Firma "Kunstanstalt Voremberg, Berlin SW. 68, Lindenstr. 2" (K.V.i.B. 12 Serie 995) "Bébés multiples" stammt dieses Bild einer Babykultur im Gewächshaus ...

Geschenk von Frau Niesen / Luxemburg 18.5.2008.

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Ansichtskarte: Emser Bubenquelle

 

Seit DRYANDER 1535 eine erste Badeschrift über Ems verfasste, betreuen Badeärzte die Kurgäste. Immer genauer beschrieben sie in ihren Badeschriften die heilende Wirkung des Emser Wassers bei Erkrankungen der Atemwege und der Organe und gaben Anweisungen für eine medizinisch vernünftige Kur. Instrumente und Rezeptbücher aus dem Besitz von Badeärzten des 19. Jahrhunderts sind erhalten.

Eine Besonderheit unter den Kuranwendungen war die Bubenquelle, eine natürliche warm aufsteigende Douche von 36° C. Sie stand in dem Ruf, Kinderlosigkeit zu überwinden, für die man damals ausschließlich eine Unfruchtbarkeit der Frau verantwortlich machte. Deswegen musste sich manche Fürstin auf einem Damensitz über der Bubenquelle niederlassen, in der Hoffnung, dem Land den erwarteten Thronfolger zu bescheren
(cit.https://www.rhein-lahn-info.de /museum-bad-ems/mus-fue0.html).

Vorgestellt wird eine Ansichtskarte, die eine Mutter 1910 an ihre verheiratete Tochter in Rollingergrund/Luxemburg schickte, um sie an das Kindermachen zu erinnern, und nach dem Termin der Kirmes zu fragen...

Lit.:
- Billaudelle, Karl, Von der Wunderwirkung der Emser Quellen. - Ill.- (Allerlei Kurioses aus der Emser Badeliteratur ; 6), in: Rhein-Zeitung, Ausg. G. - 38 (1983) vom 14./15.05.1983.
- Billaudelle, Karl, Die Bubenquelle, der ein alter Glaube Wunder zuschrieb. - Ill.- (Allerlei Kurioses aus der Emser Badeliteratur ; 7), in: Rhein-Zeitung, Ausg. G. - 38 (1983) vom 21./23.05.1983.
- Katzenberger, Die Bubenquelle zu Ems, in: Neue wissenschaftliche Annalen der gesammten Heilkunde (1835-36).

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Aortenkompressorium (2)

Kompressorium n. HASELHORST, um 1930 

 

Immer wieder treten während oder nach Geburten lebensbedrohliche Blutungen auf, die zu beherrschen, früher wie heute, den Geburtshelfer vor schwerwiegende Probleme stellt.
Die Idee lag nahe, das klassische, bei EIngriffen an Arm und Bein bewährte TOURNIQUET der Situation anzupassen.

Die Erfindung des Tourniquets wird dem französischen Wundarzt Etienne J. MORELL zugeschrieben, der 1674 bei der Schlacht von Besançon ein Knebel-Tourniquet verwendet haben soll. Von dem französischen Chirurgen Jean Louis PETIT wurde 1718 die Abbildung eines Schrauben-Tourniquets publiziert, mit dessen Hilfe man stufenweise die zu amputierende Extremität komprimieren konnte.

Die Kompression der Bauchschlagader wurde um 1834 von BAUDELOCQUE dem "Neffen" und TRECHAN eingeführt. Billiger und leichter war die Kompression mittels Gummischlauch (in der Not tat es auch der Schlauch, der zum Gasherd führte) - die Methode trägt den Namen des Bielefelder Chirurgen Friedrich A. MOMBURG (1870–1939) oder Johann Friedrich August v. ESMARCH (1823-1908). Die MOMBURG'sche Taillenschnürung barg die Gefahr der Thrombenbildung und Embolie. Bei krankem Herzen war die plötzliche Lösung der Schlauchtour gefährlich (Zbl.Gyn. 1910 nr. 32 S. 1091).

Paul RISSMANN (1867–1932), Frauenarzt in Hamburg, gab einen lederbezogenen Holzblock an, dessen konkave Krümmung exakt der Wölbung eines Wirbels entsprach - wodurch die Aorta anatomiegerecht gegen den Wirbel gepresst werden konnte...

Gustav HASELHORST (1893-1953) gab ein kompliziertes Kompressorium an , mit dem man die Aorta so zuquetschen konnte, dass der Operateur die erforderliche Zeit gewann, um geeignete Massnahmen zu ergreifen, z.B. die Mannschaft zusammenzutrommeln zur Hysterectomie.

HASELHORST ging nach dem Studium in Kiel, Freiburg und Göttingen zur praktischen Ausbildung nach Hamburg-Eppendorf: zuerst in die innere Medizin zu Ludolf BRAUER, dann zur Chirurgie zu SUDECK, worauf er 1920 an die Frauenklinik übersiedelte. Durch seine fleissigen und wohlfundierten Arbeiten konnte er sich 1926 habilitieren, wurde Oberarzt und erhielt 1933 den Ruf nach Rostock als Nachfolger von SARWEY. Er blieb bis 1945 als ordentlicher Professor in Rostock, musste aber bei Kriegsende die Klinik verlassen und kam 1947 nach Wiesbaden. Hier versuchte er mit Erfolg die veraltete Klinik um- und auszubauen. Wissenschaftlich beschäftigte er sich besonders mit der Physiologie der Plazenta und der kindlichen Asphyxie, mit der Endometriose und der Pyelitis gravidarum. Er war ein aufrechter Mann, der keine grossen Worte liebte. Neben seiner klinisch-wissenschaftlichen Tätigkeit war die Freude an der Natur seine hervorstechende Eigenschaft.

HASELHORST erfand das nach ihm benannte Kompressorium 1923 während seiner Assistenzzeit an der UFK Hamburg-Eppendorf unter Direktor Theodor HEYNEMANN (*1878) und stellte es auf der 18. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie in Heidelberg vor. Das Gerät bestand aus zwei über eine Längsachse beweglich miteinander verbundenen und endständig pelottenarmierten Auslegern, deren Abstand zueinander durch eine Flügelschraube fixiert werden konnte (zit. n. Anton Schaller, Instrumentarium obst. Viennense, Wien 2002 S. 110). Die Methode der Kompression barg grobe Gefahren: Blutungen ins Retroperitonäum, Darmlähmungen, Verstärkungen der Blutungen, wenn die venöse Komponente aus der nicht komprimierten Vena cava und vv. ilacae nicht berücksichtigt wurde….

Lit.:
H. Naujoks, Professor Dr. Gustav Haselhorst +. DMW 81 (1956) 106-107.

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Aortenkompressorium (1)

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Zunächst für den Hebammenkoffer entwickelte Paul RISSMANN (1867-1932)  1915 ein einfaches Kompressorium aus Holz. Es besteht aus einem etwa handgroßen, kräftigen Brettchen mit einem in die geschlossene Faust zu nehmenden Handgriff, das nach unten eine Aussparung für die Wirbelsäule besitzt. Die Aussparung ist mit Leder belegt, um Verletzungen der Frau zu vermeiden. Die Sammlung umfasst zwei Kompressorien ähnlicher Konstruktion.

 


Dieses einfache, aber wirkungsvolle Instrument wurde oberhalb des Promontoriums in die Bauchdecken eingedrückt und komprimierte so die Aorta. Da die Hebamme bei der Geburt praktisch immer alleine war, konnte das Kompressorium nach entsprechender Anleitung auch anwesenden Angehörigen in die Hand gedrückt werden. Aufgrund der Einfachheit der Konstruktion konnte dieses Instrument von jedem Tischler oder Sattler angefertigt werden und passte mit seiner geringen Größe in jede Hebammentasche.

 



Nachdem 1920 und 1923 [siehe Kompressorium (2)] sogenannte maschinelle Kompressorien entwickelt worden waren, wies Rissmann darauf hin, dass diese nicht immer die Aorta träfen und schon wegen des hohen Preises den praktischen Ärzten und Hebammen nicht empfohlen werden könnten.

 

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Baby-Badewanne (1)

Zinkwanne, um 1900 

Zum Ritual der Geburt gehört des "Erste Bad" des neuen Erdenbürgers. Hier eine Legende: "St. Nikolaus soll als Säugling beim Baden in der Wanne gestanden und die Muttermilch nur Mittwochs und Freitags angenommen haben".

Die Hebamme säuberte den frischgeborenen Säugling vor dem Herdfeuer - mit zerlassener Butter und mit angewärmtem Wasser, dem sie einen Schuss Wein beigemengt hatte.

Das Baden der Neugeborenen war früher eine derart "charakteristische Hand- bewegung" der Hebamme, dass sie (im 16. Jh, im norddeutschen Raum) die Bezeichnung "Bademoeme" resp. "Bademutter" trug. In Wismar in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine "Bademutterstrasse"...

Vorgestellt wird eine kleine Wanne, die in Charence bei Gap in den französischen Alpen von der örtlichen Hebamme benutzt wurde anlässlich ihrer Hausgeburten.
Typisch für die alten französischen Wannen ist der elegante Kragen, auf den der kindliche Kopf aufgestützt werden kann. Doch wurden auch Wannen ohne Kragen in Frankreich benutzt...

Zink ist ein essentielles Spurenelement, in höheren Dosen aber toxisch - insbesondere sollte man keine alten Zinkwanne leertrinken, in der das Wasser lange gestanden war...

Zum Material ZINK:
Die Herstellung von Zink ist erst seit Anfang des 19. Jh. möglich, nachdem die hierfür erforderliche, anspruchsvolle Technologie der Zinkdestillation von William Champion in Bristol, von Christian Ruberg in Schlesien u. von Daniel Dony in Lüttich gleichzeitig und unabhängig voneinander entwickelt worden war. Zuvor ließen sich bestimmte Zinkerze nur zur Messing-Herstellung nutzen, wobei das metallische Zink in seiner Reinform weder in Erscheinung trat noch überhaupt bekannt war. Die Schwierigkeiten bei der Herstellung von Zink ergaben sich aus dem Umstand, dass bei der Verhüttung nicht flüssiges Zink, sondern Zinkdämpfe entstehen, die sich bei Kontakt mit Luftsauerstoff zu staubförmigem Zinkoxyd umwandeln. Dieses Problem wurde gelöst, indem man die bei der Reduktion entstehenden Zinkdämpfe unter Luftabschluß kondensierte. Mit der Verfügbarkeit von metallischem Zink ergab sich hauptsächlich auf Grund der hohen Korrosionsbeständigkeit dieses Werkstoffes eine Vielzahl von Anwendungsgebieten. In den Haushalten setzten sich Wannen, Bütten, Zuber, Eimer, Gießkannen usw. aus Zink als Massenprodukte durch. Ein weiteres Verwendungsgebiet für Zink waren die Ätzplatten für das graphische Gewerbe. Eine bedeutende Rolle spielte auch das Verzinken von Eisenteilen jeglicher Art zum Zwecke des Korrosionsschutzes. Im Baugewerbe fand Zink als Dachrinnen, Abfallrohre, Fassadenverkleidungen usw. weite Verbreitung.

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Baby-Badewanne (1a)

 

Zinkwanne in einem Privathaushalt. Man beachte den unbequemen Rand, der insbesondere im Kopfbereich das Auflegen der Hand für die Mutter zu einem eher schmerzhafen Erlebnis werden lässt.

"Das Badewasser soll 35° Celsius warm sein. Die Temperatur des Badewassers ist stets mit den Badethermometer zu prüfen. Es ist eine Fahrlässigkeit, nur die Hand dazu zu nehmen. In dem BAdeasser, welches den ganzen kindlichen Körper mit Ausnahme des Gesichtes bedecken soll, wird das Kind gereinigt vom anhaftenden Kindsschleim. Hierzu nimmt man Watte, aber niemals einen Schwamm. Ist der Körper des Kindes stark mit Kindsschleim bedeckt, so kann man ihn durch das Abreiben mit Öl besser entfernen. Die Augen des Kindes sollen aber niemals mit dem Badewasser in Berührung kommen, sondern mit Watte, die in besonders reines Wasser getaucht ist, gereinigt werden" (Hebammenlehrbuch, herausgegeben im Auftrag des Königlich-Preussischen Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, Berlin 1904, S. 165).

Ansichtskarte, Fotographe Sazerac/Paris, 1911 gestempelt.

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Baby-Badewanne (3)

 

Die Hebamme Marie RAUEN beim Baden eines Kindes im Jahr 1929: in der Not tut es die kleine Zinkwanne aus der Waschküche auch.

Fräulein RAUEN war eine der angesehendsten Hebammen der Hauptstadt, sie war nicht von ungefähr Hofhebamme...

Geboren war sie in Canach am 17.1.1892. Als junges Mädchen Gouvernante bei den Familien De Clermont-Tonnerre in Frankreich und Luchesi-Pali in der Steiermark. Nach dem 1. Weltkrieges erlernte sie den Hebammenberuf (unser Foto von 1929).
Wegen ihrer besonderen Begabung wurde sie 1936 als Lehrhebamme in der neu erbauten Entbindungsanstalt des Luxemburger Roten Kreuzes an der Arlonerstrasse in Luxemburg angestellt, wechselte aber schon bald in die private Praxis zurück:
"Wohnungswechsel
M. RAUEN, Hebamme
wohnt jetzt Longwyerstr. 74"

(Luxemburger Wort vom 4.12.1939)

Sie starb im Altersheim in Heisdorf am 10.2.1994 im ansehnlichen Alter von 102 Jahren.