Gynäkologie


Pessare (03), schalenförmig

Schalenpessare, um 1990 

Neuartige Materialien ermöglichen ein problemloses Verweilen der Pessare in situ während Monaten und Jahren, vorausgesetzt, das Scheidenepithel ist mit Oetrogenen aufgebaut und der Durchmesser der Schale ist der Anatomie angemessen.

Das weisse Modell links im Bild wurde aus Meissener Porzellan hergestellt - wehe der Patientin, wenn sie fest hinfiel, und der Ring zu Bruch ging!

In der untersten Reihe sind drei FALK-Pessare abgebildet. Dazu aus "Ars Medici" n°5 XXIII Jahrgang vom 15. Mai 1933 folgender Artikel:
"Ein biegsames Schalenpessar gibt Oberarzt R. FALK (Städt. Frauenklinik Kassel) an. Oft genug muss die Operation eines Prolapses unterbleiben und ist man auf die Pessarbehandlung angewiesen. Jeder Arzt kennt die Schwierigkeiten, die das Einsetzen und Herausnehmen der Schalenpessare nicht selten mit sich bringen. Namentlich bei älteren Frauen kann der Introitus eng, die Scheidenhöhle aber weit und klaffend sein; dann sind blutende und schmerzende Verletzungen am Scheideneingang beim Einlegen unvermeidlich und das Herausnehmen oft unmöglich. Das neue Modell kann infolge eines eingesetzten, etwa 17 mm breiten Gummistreifens beim Einlegen und Entfernen verkleinert werden; dadurch wird seine Wirkung aber in keiner Weise beeinträchtigt, da der Druck der schlaffen Sch'idenwände zur Biegung des Pessars nicht ausreicht. - Erzeuge: Firma Weidemeyer&Co., Kassel, Königstgor 30-32 (Zbl.f.Gyn. Nr.11, 1933).




Gynäkologie


Pessare (04)

Wiegenpessare 

Pessare aus dem Fundus der in Esch/Alzette niedergelassenen Frauenärztin Dr. Henriette Wenner-MANGEN (1915-1993).

"Gutta Percha ist ein Vorläufer des Plastik. Die (oder auch das) Guttapercha (malaiisch: getah = Gummi, percha = Baum) ist der eingetrocknete Milchsaft der im malaiischen Raum heimischen Palaquium-Bäume, steht chemisch dem Kautschuk nahe, ist aber im Gegensatz zu diesem nicht cis-, sondern trans-1,4-verknüpftes Polyisopren mit weit geringerer molarer Masse. Bei Raumtemperatur ist es härter und nicht so elastisch, wird aber bei ca. 50 °C weich und knetbar" (Wikipedia).
Bei Zimmertemperatur ist er härter als Kautschuk und nicht so elastisch. Bei ungefähr 50 °C wird er weich und knetbar.
Wegen seiner guten Isolier Merkmale wurde er jahrzehntelang zur Umhüllung von elektrischen Kabeln benutzt. Der Golfball war in der Vergangenheit ein typisches Anwendungsbeispiel für dieses Material. In der Zahnmedizin wurde er als provisorisches Füllmaterial und zur Herstellung von Abdrücken, sowie zu dem Verfüllen der Wurzelkanäle bei Wurzelkanalbehandlungen benutzt.
In der Gynäkologie fand Guttapercha Verwendung bei der Herstellung von Pessaren...

Vorgestellt werden zwei Wiegenpessare nach Albert Holmes SMITH (1835-1885).
"SMITH was born in Philadelphia on 19 July 1835 to Dr. Moses B. and Rachel (Coate) Smith. Smith died in Philadelphia on 14 December 1885. He received an A.B. (1853) and M.D. (1856) from the University of Pennsylvania. He was a Resident Physician at the Pennsylvania Hospital (1857-1859) and set up private practice in Philadelphia. He held the positions of Assistant Physician (1859-1862) and Attending Physician (1862-1885) at the Philadelphia Nurses’ Home and Lying-In Charity. He also served as a Manager for Wills Hospital, Philadelphia (1863-1871). Smith was nearly thrown out of a number of prominent medical societies in 1867 for endorsing the right of women to be physicians by accepting the position of Consulting Physician at Woman’ Hospital of Philadelphia. Smith invented many obstetrical tools and appliances, most notably, a modification of the Hodge vaginal pessary. He founded the Obstetrical Society of Philadelphia and served as its President from 1874 to 1876. He also founded the American Gynecological Society and served as its President in 1884. He was President of the Philadelphia County Medical Society (1880-1881). Smith was elected a Fellow of the College of Physicians on 1 April 1863." (https://www.collphyphil.org/FIND_AID/H/howehm10a_382.htm)




Gynäkologie


Pessare (05)

Achterpessar 

Pessare aus dem Bestand der Frauenärztin Dr. Wenner-MANGEN.


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Pessare (06)

Würfelpessar, 1999 

Mit dem Würfelpessar können verschiedene Grade der Scheiden- und Gebärmuttersenkung behandelt werden. Der Saugnapfeffekt sowie die Kantenwirkung bewirken die Haftung und den Erfolg dieser Therapie auch bei schweren Senkungen und geringer Stabilität des Beckenbodens. Würfelpessare eignen sich auch zur Narbenauflockerung und Erweiterung von Scheidenverengungen. Eine Behandlungsindikation ergibt sich bei Miktions- oder Kohabitationsbeschwerden und vor geplanten Operationen. Die Flexibilität des gewebefreundlichen Materials erleichtert eine Selbstbehandlung.
Im allgemeinen werden WürfeIpessare nach anfänglicher Anleitung durch Arzt oder Schwester selbst von der Trägerin gewechselt. Der Würfel sollte täglich abends entfernt und morgens wieder eingesetzt werden. Dadurch können sich die Scheidenwände über Nacht erholen. In einigen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, das Pessar zur Vorbereitung des Gewebes vor einer Operation auch nachts einzusetzen. Bei großem Prolaps kann man bei pflegebedürftigen Patientinnen nachts ein kleineres Pessar einlegen oder das Pessar nur ca. einmal in der Woche durch eine Schwester entfernen und am Morgen mit reichlich Creme wieder einlegen lassen. Unabhängig vom Alter der Patientin ist es vorteilhaft, beim Einführen des Würfels eine östrogenhaltige Salbe über zwei bis drei Würfelkanten aufzutragen. Hierdurch wird nicht nur ein Gleiteffekt, sondern auch eine bessere Gewebedurchblutung sowie der Aufbau einer normalen Scheidenflora erzielt. Dabei sollten ausschließlich östriolhaltige Cremes verwandt werden. Da zum Erzielen der Gleitfähigkeit relativ viel Creme (große Oberfläche) nötig ist, empfehlen wir die Verwendung einer niedrig dosierten Creme mit 0,1 mg Östriol/1g, in seltenen Fällen mit 0,5 mg Östriol/1g Creme. Zum Einführen des Würfels stellt man ähnlich wie beim Einführen eines Tampons den Fuß auf einen Schemel oder die Bettkante, wenn das zu schwer fällt, kann es auch ausreichend sein, das Pessar mit leicht gespreizten Beinen ggf. an einer Wind lehnend oder liegend einzuführen. Dabei schiebt man den Würfel soweit wie möglich in die Scheide. Nur dann sitzt er richtig und drückt nicht. Zum Entfernen zieht man den Würfel am Faden - am besten in verschiedene Richtungen, ggf. auch mit leichtem Pressen - so weit herunter, bis ein Widerstand durch die Beckenbodenmuskulatur spürbar wird. Mit dem Zeige- und/ oder Mittelfinger kann man die Kanten des erreichbaren Pessars und auch das Vakuum weiter lösen und das Pessar bei gleichbleibendem leichtem Fadenzug nach unten ziehen.


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Pessare (07)

Teile von Hysterophoren 




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Pessare (08)

Hodgepessare, Hartgummi (oben und Mitte), Metall (unten) 




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Pessare (09)

Retroflexio-Pessare n. HODGE, um 1970 

Das Hodgepessar wird zur Behandlung von Harninkontinenz oder Gebärmutter-Senkung eingesetzt. Dies wird erforderlich, wenn nach einer erfolglosen Voroperation ein Ringpessar aufgrund der narbigen Veränderungen nicht eingesetzt werden kann.

Noch in den 70er Jahren haben die Frauenärzte fleissig diese Pessare eingelegt bei Retroflexio uteri gravidi - seither geht es eigentlich genausogut ohne diese Störenfriede...

Der amerikanische Praktiker Lenox Hugh HODGE (1796-1873)war in Philadelphia installiert.
Hugh Lenox Hodge, obstetrician, son of Hugh and Mary (Blanchard) Hodge, was born 27 June 1796 in Philadelphia, Pa. He married Margaret E. Aspinwall on 12 Nov. 1828; they had seven sons. Dr. Hodge died on 26 Feb. 1873 in Philadelphia, Pa. Educated at the College of New Jersey (Princeton; A.B 1814), Hodge studied medicine with Caspar Wistar and received his M.D. from the Medical Department of the University of Pennsylvania in 1818. He was in charge of the Lying-In Department of Pennsylvania Hospital from 1832 to 1854 and held the position of Professor of Obstetrics and the Diseases of Women and Children at the University of Pennsylvania from 1835 to 1863. Hodge became renowned for modifications to obstetrical forceps and the development of the lever pessary. His thirty years of clinical experience culminated in the publication of On Diseases Peculiar to Women (1860) and The Principles and Practice of Obstetrics (1864). Hodge was a member of the American Medical Association and the American Philosophical Society. He was elected a Fellow of the College of Physicians of Philadelphia on 3 Apr. 1827.

Auch heutzutage werden HODGE-Pessare für Patientinnen mit Senkung und Harninkontinenz hergestellt, zumeist aus

  • Hartgummi,
  • Porzellan oder aus einem
  • Aluminiumring, der mit Silikon überzogen ist. Der Aluminiumkern lässt eine Verformung und extreme Anpassung an individuelle Verhältnisse zu.
    Stets nur für den Einpatienten-Gebrauch ! (Fa. RUSSKA, Dr. ARABIN, WEIDEMEYER).




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Pessare (10) aus Porzellan

 

 

Die Reinigung der Gummipessare bereitete den Patienten manchen Kummer. Gummi verträgt sich nun mal nicht mit vielen Reinigungsmitteln. So entschloss man sich zur Herstellung von Pessaren aus Porzellan - einem zerbrechlichen Material, das sich dafür ausgezeichnet reinigen lässt.

 

Zur Geschichte der Fa. Rosenthal
Der Apothekergeselle Johann Friedrich Böttcher aus Berlin sollte im Auftrag des sächsischen Kurfürsten August des Starken Gold aus minderwertigen Materialien machen, was ihm nicht gelang. Am Ende seiner alchemistischen Versuche aber stand die Erfindung des europäischen Hartporzellans, das für die Fürsten zur Goldgrube wurde. Nachdem das „Arkanum“, das Geheimnis um die Herstellung des begehrten Stoffes langsam bekannt wurde, entwickelten sich an vielen Orten Deutschlands Manufakturen, deren klangvolle Namen noch heute bekannt und geschätzt sind.
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert verschlug es den thüringischen Handlungsreisenden und Porzellanmaler Carl Magnus Hutschenreuther aus Wallendorf mit seiner Kiepe voller Porzellanwaren in das Fichtelgebirge. Schon mit 18 Jahren handelte er seine Porzellane im Fränkischen und im Böhmischen. Dabei führte ihn sein Weg auch nach Hohenberg an der Eger, einen kleinen Grenzort zu Böhmen. Dort fand er seine große Liebe – und neben Feldspat und Quarz auch Kaolin, den Hauptbestandteil der Porzellanmasse. Hier siedelte er sich an. 1814 war es dann soweit, er eröffnete einen Buntwarenbetrieb. Die Weißware bezog er noch aus Thüringen. Seit einiger Zeit aber beschäftigte sich sein rühriger Geist mit der Frage, wie die langsamen Manufakturprozesse verkürzt und die Produktionsmengen gesteigert werden könnten, ohne dass die Qualität darunter leiden musste. 1822, nach acht Jahre währendem Kampf, unter anderem auch gegen die Interessen der königlichen Porzellanmanufaktur Nymphenburg in München, war es dann soweit: er erhielt die königlich bayerische Konzession für seine Porzellanfabrik. Fortan stellte er sein eigenes Weißporzellan her. Das Fichtelgebirge darf daher als Geburtsort der industriellen Fertigung dieses Produktes betrachtet werden und wurde so zur Keimzelle einer ungeahnten Entwicklung. Von der Porzellanmanufaktur Meißen wurde schon bald die Lizenz für das Zwiebelmuster erworben. Porzellane mit diesem Dekor gehören noch heute zum Inventar vieler Haushalte. Auf dieser Grundlage baute der Erfolg des jungen Unternehmens in den Folgejahren auf. Die Firma florierte und in Gestalt seines Sohnes Lorenz war auch die Nachfolge geregelt, so schien es zumindest. Doch der Sprößling ging eigene Wege. Nach dem Tod des Stammvaters Carl Magnus 1845 führte die Witwe Johanna die Geschäfte mit allen erwachsenen Kindern in gewohnter Manier weiter, solide und konservativ. Das passte dem designierten Juniorchef gar nicht, er wollte neue Ideen verwirklichen und stritt mit der Mutter darüber. Man konnte sich nicht einigen und Lorenz ließ sich sein Erbteil von 40.000 Gulden ausbezahlen, um eine neue Firma zu gründen. Seit 1855 stand er mit Selb, damals ein Bauern- und Weberdorf, in Verhandlungen wegen der Neuansiedlung eines Industriebetriebes. Da kam ihm der Zufall zu Hilfe. 1856 brannte Selb vollständig ab. Lediglich 3 Häuser überstanden die Feuersbrunst, die Einwohner waren obdachlos geworden und hatten alle Habe verloren. Schnelle Hilfe tat not, zumal es damals noch keine Versicherungen zur Schadensregulierung gab. Das Königreich Bayern half mit Zuschüssen, Lorenz Hutschenreuther mit der Einrichtung seiner Porzellanfabrik in der ehemaligen Ludwigsmühle ab 1857. Sie brachte vielen der Bedürftigen Lohn und Brot. Die Karriere der Porzellanstadt Selb hatte damit begonnen. Die Porzellanwerke C.M. und Lorenz Hutschenreuther entwickelten sich in der Folgezeit als zwei voneinander völlig unabhängige Firmen sehr gut und verhalfen ihren Produkten zu Weltruf. Erst 1970 wurden beide Firmen in der Hutschenreuther AG zusammengeführt. Der derzeit noch laufende Strukturwandel brachte das Ende dieser Aktiengesellschaft und die Verteilung von Firmenanteilen auf Neugründungen, z. B. b.h.s. tabletop (Bauscher, Hutschenreuther, Schönwald).
Philipp Rosenthal war ein begabter Porzellanmaler aus dem Fichtelgebirge. Fleißig versah er das von Hutschenreuther bezogene Weißporzellan mit unterschiedlichen Dekoren. Die kamen beim Publikum so gut an, dass er zum ernsthaften Konkurrenten für seinen Lieferanten wurde. Dieser wollte ihm darauf hin keine Weißware mehr geben. Das ließ den findigen Rosenthal nicht ruhen und kurzerhand entschloss er sich, seine eigene Porzellanfabrik zu bauen. 1869 kam sein erstes Produkt auf den Markt, ein Aschenbecher mit der sinnigen Aufschrift „Ruheplätzchen für brennende Cigarren“.

 

Vorgestellt werden drei "Ruheplätzchen der besonderen Art", Porzellan-Pessare der Fa. B. BRAUN aus Melsungen. Hersteller: ROSENTHAL. Um 1920

Gynäkologie


Pessare (11)

Waymark 

Weiches Pessar mit flüssigem Kern, Fa. WAYMARK / USA.


Cramer

Gynaekologie


Pessar (12)

Cramer 1
 

 

Nach dem an der Uni Bonn tätigen Frauenarzt Heinrich CRAMER (1872-1927) ist ein unter der Urethra offenes Pessar benannt (genau umgekehrt wie beim "Dr. Arabin URETHRA PESSAR mit Pelotte").

 

Pessare werden eingesetzt zur Behandlung der Stressinkontinenz (unfreiwilliger Abgang von Harn) und bei Beschwerden, die durch eine Senkung von Scheide, Gebärmutter und Blase entstehen. Diese Senkungen können z.B. durch eine angeborene Bindegewebsschwäche, durch Hormonmangel nach den Wechseljahren oder durch Schwangerschaften und Geburten hervorgerufen werden. Mit Hilfe der Pessarbehandlung - unterstützt durch Beckenbodentraining und ggf. östrogenhaltige Cremes - gelingt es häufig die Beschwerden dauerhaft zu bessern.

CRAMER schrieb dazu: Über abdominelle Blasenverlagerung bei Cystocele, in: Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie 1904;20:1124–1130.

 

Als Assistent an der Frauenklinik Bonn beschäftigte sich CRAMER mit der Blenorrhoe-prophylaxe.

Er schrieb dazu: Der Argentumkatarrh des Neugeborenen, in: Archiv für Gynäkologie Februar 1899, Volume 59, Ausg 1, S 165-187.

 

Bekannter ist CRAMER für seine Autotransplantations-versuche von Ovarien: auf der 13. Versammlung der deutschen Gynäkologen in Strassburg 1909 berichtete er über 5 Patientinnen, bei denen er Ovarien transplantiert hatte – vier Patientinnen behielten ihre Menstruation …

Er schrieb dazu: Transplantation der Ovarien, Sitzung der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn vom 21.6.1909.

 

Exponat

60mm breites Pessar aus Rosenthal-Porzellan, erworben 2015 in Hamburg. Aufschrift "Braun-Melsungen". Moderne Cramer-Pessare bestehen aus Silikon und enthalten, zur Stabilisierung des Halbringes, eine Spiralfeder. Es gibt sie in Silikon in den Grössen 55-90 in 5er Abstufungen. Bei PARAM gibt es sie sogar in Porzellan: nicht hinfallen, bitte!

2 Markierungen

RTW Germany = Rosenthal Technische Werke (Hersteller)

B(ernhard) Braun Melsungen 60 = (Verkäufer + Grösse)

 

Auf Nachfrage teilte mir die Fa. Braun-Melsungen mit, "dass Cramer-Pessare über den Zeitraum von Anfang der 1930er Jahre bis mindestens den 1980er Jahren nachweisbar sind. Der Aufschrift "Braun-Melsungen" nach zu schließen handelt es sich im Falle Ihres Ausstellungsstücks aber wohl um ein älteres Produkt, vor den 1980er Jahren".

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Polypenzange

n. MARTIN um 1920 

Die Zange diente zum Fassen kleiner intrauteriner (?) Polypen .

Hinter den Bezeichnungen "n. MARTIN" verbergen sich zwei verschiedene Männer, Vater und Sohn, beide Frauenarzt und Geburtshelfer, beide in der universitäre Laufbahn:

- Eduard-Arnold MARTIN (1809-1875), der zuletzt in Jena und Berlin lehrte. Nach ihm wurden Geräte benannt wie Kephalotryptor, Beckenmesser, geburtshilfl. Zange, Hakenzange etc.

- August MARTIN (1847-1933) genannt der "blutige August", der in Berlin Privatdozent war, bevor er in Greifswald lehrte. Nach ihm wurde ein Handgriff WIGAND-M.-WINKEL'scher Griff benannt zur Extraktion des nachfolgenden Kopfes bei BEL sowie ein Tropfenregler für Dauertropfinfusion.

Nota: der Schweizer E. MARTIN war Internist in Genf und gab seinen Namen dem M.-Albright'schen Krankheit, dem Pseudopara-thyreoidismus. Im französischen Sprachraum gab es weitere MARTIN's, die keine Instrumente erdachten...


Gynäkologie


Radium-Behandlung

 

Zu den Eigentümlichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts gehört der Glaube an die Allmacht der Radioaktivität und der sorglose Umgang mit den radioaktiven Substanzen.

Vorgestellt wird ein Einführungsstift für "bougies Réthragine" und "crayons et ovules Leucagine" der Firma "Laboratoires Toraude", allesamt "préparations radifères" für die "Médication radioactive et bactéricide des infections urétrales et utérines aiguës et chroniques".

"Leucagine crayon déterge et décrasse la matrice malade" (Anzeige in: Le Nouvelliste, Weihnachten 1937). Dazu gab es vom Hersteller folgende Veröffentlichung:
"Médication radioactive et bactéricide des infections urétrales et utérines aiguës et chroniques [Texte imprimé] : Rétragine et Leucagine: mode d'emploi et technique / Laboratoires L.-G. Toraude
Auteur(s): Laboratoires L.-G. Toraude.
Date(s): [1924?]

Léon-Gabriel Toraude (*1868, gest. am 24.9.1945 in Paris) war Eigentümer des "Laboratoire pharmaceutique du Radium", 23 rue Grande Rue in Asnières, wo er u.a. Tabletten seines "Radio-Quinine" herstellte.

"Ceux qui s'intéressent à la question du radium, trouveront aux Laboratoires TORAUDE, le TORADON, solénoïde producteur d'émanation du radium pour la radioactivation des liquides" in: Bulletin de la Société d'histoire de la pharmacie Année 1929, Volume 17Numéro 66 p. 440.

... ein Kuriosum aus dem Nachlass des Arztes Camille GLAESENER (1887-1952). Das gleiche Röhrchen befindet sich übrigens im Fundus des "Musée des Hospitalières de l'Hôtel-Dieu" von Montréal unter der Bezeichnung "applicateur de médicaments".