Gynäkologie


Dilatatoren (6)

Zervixdilatator n. SIMS, um 1900 

Für den eiligen gynäkologischen Operateur gab es Spreizer nach PALMER, ELLINGER, GOODELL, SCHULTZE, WATHEN, WYLIE - allesamt mit zwei Branchen..

Mit drei Branchen gab es Dilatatoren von BISCHOFF, SCANZONI, PEASLEY...

Vorgestellt wird hier der Dilatator nach SIMS mit drei Branchen

Nicht zu verwechseln mit dem schweren Dilatator (siehe Geburtshilfliche Instrumente) - ebenfalls von SIMS -, mit dem der eilige Geburtshelfer binnen 90 Minuten den Muttermund auf eine Weite von 10 cm bringen konnte...




Gynäkologie


Ecraseur (1)

Kettenécraseur, um 1900 

Schon 1833 hatte sich C.M.E. CHASSAIGNAC (1805-1879) mit der Behandlung von uterinen Polypen befasst, damals noch unter der Obhut seines Lehrers Alfred Armand VELPEAU (1795-1867) (Bulletin de la soc. d'anatomie, 1833, S. 113), indem er sie morcelierte und von innen aushöhlte. Diese Methode scheint nicht den gewünschten Erfolg gehabt zu haben. Denn 1856 - er war seit 1835 promoviert und nacheinander Chirurg in mehreren Pariser Hospitälern geworden - gab er den "écraseur linéaire" an, ein Instrument, mit dem man den Polypen unangetastet liess, dafür deren Stiel langsam zerdrücken konnte. Die deutsche Sprache übernahm das Wort in unveränderter Form und sprach vom "Ekraseur" bzw. vom "Ekrasieren eines Tumors" (Meyers Konversationslexikon 1909). Auch im angelsächischen Sprachgebrauch wurde das französische Wort unverändert übernommen.

Vorgestellt wird ein "écraseur" aus der "Metzer Wunderkiste"




Gynäkologie


Ecraseur (2)

Übersichts- und Detailaufnahme 

Sowohl bei dem CHASSAIGNAC'schen Gerät als auch bei den Nachfolgemodellen von LUER und SACRé geschieht das Abquetschen mit einer stählernen Gliederkette (daher die Bezeichnung „Kettenekraseur“), die als Schlinge um den Stiel der Geschwulst gelegt und alsdann mit der hinter dem Handgriff liegenden Kurbel, mit der die Kette durch den hohlen Schaft hindurch in Verbindung steht, sehr langsam (in der Viertelminute nur um ein Kettenglied, bei gefässreichen Geschwülsten noch langsamer) angezogen wird, bis der Stiel durchgequetscht ist. Dabei werden sowohl die Venen als auch die Arterien derart zermalmt, dass sie auch nach Entfernen des Ecraseur nicht nennenswert bluten. Bei oberflächlichen Tumoren ist zu beachten, dass die Haut beim Quetschen nicht mitdurchreisst, sie muss mit einer Schere nachträglich durchtrennt werden...

Bei dem CHASSAGNAC’schen Modell wird die Kette gezurrt, indem man mit dem Griff Schaukelbewegungen vornimmt. Um die Kette wieder zu lockern, drückt man auf die beiden Hebel.

Das vorgestellte Modell stammt aus dem Fundus der Kommission der Gradenexamina (Gesundheitsministerium Luxemburg, Fundus Hary), die ihren Sitz im staatlichen Laboratorium Luxemburg hatte.




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Ecraseur (3)

Kettenécraseur, USA, um 1900 

Amerikanisches Modell eines Ecraseurs, bei dem die Kette gezurrt wird, indem man den Griff dreht.

Die Methode bewährte sich in der chirurgischen Praxis und wurde 1866 von dem grossen Fleetwood CHURCHILL (1808-1878) aus Dublin wärmstens empfohlen:
"Toutes les fois qu'on pourra faire usage de l'écraseur, il y a un grand avantage de le faire, parce qu'on prévient ainsi les chances d'hémorrhagie. On pourra employer soit l'instrument de CHASSAIGNAC, soit celui de MAISONNEUVE, avec la chaine ou bien le fil de fer tortillé ou un simple fil métallique. J'ai fait usage de tous ces divers instruments avec succès. Le Dr. BRAXTON-HICKS a fait subir à l'écraseur quelques modifications: il remplace la chaîne par un fil métalliqe enroulé. Ce changement peut être bon, il a été très préconisé par le docteur OLDHAM"
(Churchill, Maladies des femmes, Paris 1866 S. 376). Noch 1881 befürwortete CHURCHILL das Gerät ohne Einschränkung.

In der Geburtshilfe kam das Gerät nur ausnahmsweise zum Einsatz. Der grosse österreichische Geburtshelfer Karl BRAUN v. Fernwald (1822-1891) empfahl es 1857 in seinem Lehrbuch (Lehrbuch der Geburtshülfe, Wien 1857 S. 886), um den Foeten zu dekapitieren.




Gynäkologie


Fistelmesser

Messer n. SIMON, um 1900 

Zu den ersten gynäkologischen Eingriffen gehörte die Behandlung von Fisteln im Genitalbereich. Da Eingriffe im Leibesinnern zu Beginn des 19. Jh. noch undenkbar waren, beschränkte sich die Aktivität der Operateure notgedrungen auf den äusseren Genitalbereich sowie auf die Scheide und ihre nach schweren Geburten damals häufigen Blasen-Scheidenfisteln. Zu dem typisch gynäkologischen Instrumentarium gehörte daher das sog. Fistelmesser (frz. "bistouri pour avivement"), mit dem die Wundränder angefrischt wurden. SIMON, ULRICH und BODDAERT gaben Modelle unterschiedlich Grösse und Form an.

Der Heidelberger Chirurg und Frauenarzt Gustav SIMON (1824-1876) gab eine Operation an, bei der man die Fistel erst umschneidet; man exzidiert dann alles Narbengewebe mitsamt dem Fistelkanal und übernäht mit Silberdraht oder Chromcatgut - ohne die Schleimhaut mitzufassen, weder der Blase noch der Scheide!


Vorgestellt wird ein 27 cm langes SIMON'sches Messer mit einem geraden Messerblatt von 35 mm Länge


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Uterussonden

Sonden n. SIMS, um 1950 

 

 

Um die Distanz vom äusseren Muttermund bis zur oberen Begrenzung der Gebärmutterhöhle zu messen, benutzt man (noch heute) Uterussonden. Der erste historische Bericht über eine Sonde stammt von Samuel LAIR (Bericht an die Académie des Sciences/Paris), wobei er ein feines Silberinstrument vorstellte, mit dem er Geschwüre im Uterus austasten wollte. 1828 stellte er eine Hakensonde vor, mit dem er die Portio in den Scheideneingang vorluxieren konnte - nur normal, dab es der gleiche LAIR war, der in England die erste Ausschabung durchführte.

 

Pierre Charles HUGHIER (1804-1873): De l'hysterometrie, Paris 1865

Verschiedene Sonden-Modelle wurden im Laufe der Zeit entwickelt:

- MARTIN (graduiert, mit Buckel an der Konkavseite)
- OLSHAUSEN (biegsam)
- SCHRÖDER (graduiert, mit Buckel an der Konvexseite)
- SIMS (biegsam, aus Silber, wurde im Handel mit und ohne Kursor angeboten).

 

Exponat
Vorgestellt werden mehrere Hysterometer nach SIMS, mit leicht unterschiedlichen Griffen und Materialien

Gynäkologie


Hysterometer (2)

Sonde n. SCHROEDER 

Die SCHROEDER'sche Sonde zeichnet sich aus durch einen "Buckel" auf der konvexev Seite.


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Hysterometer (3)

n. VALLEIX, um 1900 

Vorgestellt wird ein Hysterometer nach VALLEIX "rentrant dans le manche, avec curseur" , der einen Kursor aufweist, der nach Zurückziehen der Sonde die gemessene Uterustiefe (Sondenlänge) anzeigt. Zudem konnte bei diesem Modell die Sonde zum Teil in den Griff geschoben werden (Schraube am Griff), um bei Transport und Lagerung weniger Platz zu beanspruchen.


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Hysterometer (4)

Teleskop-Sonde, unbekanntes Fabrikat 

Modell ohne Kursor, mit versenkbarer Sonde, um den Transport zu erleichtern. Griff aus Hartholz

Das nicht korrekt zu steriliserende Gerät (Griff aus Holz!) stammt aus der „Metzer Wunderkiste“ und dürfte um 1900 in Gebrauch gewesen sein.




Gynäkologie


Hysterosalpingograph

HSG
 

 

engl. hysteroinjector.

 

1910 injizierte Walter Adolf Ernst RINDFLEISCH (1872–1928) erstmals eine wasserlösliche Wismuthpaste in das Cavum uteri einer Frau mit Verdacht auf Extrauteringravidität, um die entsprechende Tube sowie das Cavum uteri in einem Röntgenbild darzustellen.

 

1914 erste historisch belegte HSG'en - unabhängig voneinander - durch den US-Amerikaner William Hollenback CARY (1883-1975) und den in Wien geborenen und in London während einer Tagung gestorbenen Wahlamerikaner Isador Clinton RUBIN (1883–1958); als Kontrastmittel benutzten beide Collergol (ein kolloidales Silber).

 

1925 setzte Carlos HEUSER (1874–1934) aus Buenos Aires zum ersten Mal Lipiodol® als Kontrastmittel zur Schwangerschafts-diagnostik ein - eine gewagte Methode (Strahlen in der Frühschwangerschaft). Um die Untersuchung während einer Frühschwangerschaft zu vermeiden, sollte sie in der ersten Zyklusphase durchgeführt werden.

 

1928 gab der als Assistent an der BUMM'schen Universitätsfrauenklinik Berlin tätige Günther Karl Friedrich SCHULTZE (1896-1945) ein Besteck an, das bis heute im Gebrauch ist, auch wenn es immer mehr durch ein weniger traumatisierendes  Kathetersystem verdrängt wird (Varela). Besonders auffällig am Schultze'schen Gerät ist die mit einem Zahnradgestänge verbundene Konstruktion der Greifhaken für die Kugelzangengriffe (Pozzi-Klemmen), die in die Muttermundslippe eingesetzt werden.

 

Die Untersuchung hat einen "therapeutischen Nebeneffekt": Spinnweben im Eileiter werden weggeblasen bzw. das Organ durch den Eingriff zu vermehreter Pumpaktivität angeregt, wodurch die Rate der Schwangerschaften deutlich ansteigt, wenn auch nur in den ersten 2-3 auf den Eingriff folgenden Zyklen. Dabei ist der Effekt bei Injektion von Öl besonders deutlich: "When oil-based contrast is used rates of pregnancy increases by about 10% compared to water-based contrast". Nach einer Lipiodolbehandlung kam es in einer Studie bei 29,4% innerhalb von 3 Monaten zu einer Schwangerschaft. Injektion von Lipiodol (Sicard & Forestier, 1924) in Kombination mit einer RX-Untersuchung, von Methylenblau in Kombination mit einer Laparoskopie.

 

Zur Hersteller-Fa. HAKO

1912 Gründung des Unternehmens im elsässischen Straßburg durch Kasimir HAISS, zunächst unter einfachsten Bedingungen. Erste Geräte werden in der Entwicklung verfeinert und zur Serienreife gebracht. Gehäuse der Tischgeräte zunächst aus Holz.

1919 Heimkehr des Gründers in seinen Geburtsort Jungingen. Aufbau einer kleinen mechanischen Werkstatt.

1927 Umzug in neues Wohnhaus mit größerer Werkstatt. 9 Mitarbeiter. Durch Zusammenwirken des Mechanikermeisters mit Professoren des Uniklinikums Tübingen entstehen darauf weitere Operationsgeräte und Diagnosehilfen.

1945 Eintritt des Sohnes Erwin Haiss. 25 Mitarbeiter.

1946 Rasche Zunahme der Geräteproduktion und Vertrieb in alle Teile der Welt.

1956 Bau des heutigen Firmensitzes. 34 Mitarbeiter. 1965 Eintritt des Sohnes von Erwin, Rainer Haiss. 42 Mitarbeiter.

1968 Erweiterungsbau

1969 Fraktionssammelgeräte (Labor) werden entwickelt.

1975 Elektronik hält Einzug in Geräteentwicklung.

 

Exponat

Hystersalpingograph der Fa. HAKO (nicht, wie üblich, ein Gerät der Gebrüder Martin, Tuttlingen). Über die Theke ging der Kasten in Bamberg im Sanitätshaus Fritz Kakerbeck.

Herkunft: Ebay 7/2018, aus dem mittelfränkischen Roth südl.von Nürnberg. Eine kritische Übersicht zur Methodik findet sich in dem Buch von Klaus Diedrich: Weibliche Sterilität: Ursachen, Diagnostik und Therapie, Springer 1998 S.208-210. Weiterentwicklung: das Universal Pertubationsgerät (CO2-Insufflator) nach Robert Fikentscher (1903-1993) & Kurt Semm )1927-2003). Hersteller Fa. Wisap.

 

Lit.:

W.H. Cary, Note on determination of patency of fallopian tubes by the use of Collargol and x-ray, in: Amer. J. Obstet. Dis. Wom. 69, 462 (1914).

I.C. Rubin, Roentgendiagnostik der Uterus-Tumoren mit Hilfe von Intrauterinen Collargol-Injektionen. Vorläufige Mitteilung, in: Zentralbl. Gynaekol. 38:658, (1914).

G.K. Schultze, Die Darstellung der Eileiter im Röntgenbild, in: Zbl.Gynäk. 52, 736-74 (1928).

Dreyer, Kim; Rijswijk, Joukje van; Mijatovic, Velja; Goddijn, Mariëtte; Verhoeve, Harold R.; Rooij, Ilse A.J. van; Hoek, Annemieke; Bourdrez, Petra; Nap, Annemiek W., Oil-Based or Water-Based Contrast for Hysterosalpingography in Infertile Women, in: New England Journal of Medicine. 376 (21): 2043–2052 (2017).

Varela M., Casals E., Neues Gerät zur Durchführung der Hysterosalpingographie. In: Zweiunddreissigste Versammlung Abgehalten zu Frankfurt a.M. vom 16. bis 20. September 1958. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie, vol 32. J.F. Bergmann-Verlag, München (1959).

Gynäkologie


Intrauterine Sonde

Sonde n. TARNIER, um 1900 

 

 

Zum Ausspülen des Uterus diente auch die flache "sonde de TARNIER", mit der man bei Lochialentzündungen z.B. Kaliumpermanganat 0.025% oder "Liqueur de DAKIN" injizieren konnte.

 

Etienne Stéphane TARNIER (1828-1897), den wir schon als Erfinder der Achsenzugzange im Kapitel "Geburtshilfe" angetroffen haben, war auch bei der Entwicklung des Frühgeborenen-Brutkastens massgeblich beteiligt und gilt daher als "Vater der Neonatologie". Beim Concours d'Internat wurde er am 20 Dezember 1852 "nur" zweiter, und startete seine Facharztstudium in Dijon. Später studierte und arbeitete er in Paris. Während des Krieges von 1870/71 leitete er dort übrigens eine Militärambulanz im "Jardin des Plantes".

Unter der Leitung TARNIER's sank die mütterliche Sterblichkeit an der Maternité von Paris in der Periode 1870-90 ganz drastisch - einmal gelangen ihm gar nacheinander 1000 Geburten ohne einen einzigen mütterlichen Verlust!

 

Lit.:

- Pinard A.: Tarnier(1828 – 1897), Éloge prononcé à l'Académie de Médecine dans sa séance annuelle du 15 Décembre. Annales de gynécologie et d'obstetrique 1909;6:2–28.
- Tarnier St.: Recherches sur l'état puerpérale et sur les maladies des femmes en couches. Inaugural Thesis, Paris, 1857.
- Tarnier St.: De l'asepsie et de l'antisepsie en obstétrique. Recueilles et redigées par Dr. J. Potocki, Paris, 1894.
- Cazeaux P, Tarnier S. Hess RJ, ed. Obstetrics: the theory and practice. 7th ed. London: Lewis, 1885.
- Fraser MS. Stéphane Tarnier and the origin of incubators for premature babies [Abstract]. Scottish Society of the History of Medicine, Kirkcaldy, 29 October 1994.




Gynäkologie


Intrauterine Spritze

n. BRAUN um 1900 

Schon die französischen Chirurgen Jacques LISFRANC (1790-1847) und VIDAL de CASSIS (1803-1856) führten Instillationen durch, insbesondere kaustische Instillationen. Später gaben COLLIN und Karl BRAUN spezielle Kanülen an.

Indikationen für den Eingriff gab es mehrere:
- Endometritis, insbes. die E. post partum, wobei desinfizierende Lösungen benutzt wurden
- Dauerblutungen, wobei "kaustische" Flüssigkeiten injiziert wurden.

Nach Ausschabung begann man 3-5 Tage später mit den Instillationen, und wiederholte den Eingriff alle 2 Tage über 2 Wochen. Injiziert wurden

  • Gelatine "ut aliquid fiat",
  • Liquor ferri sesquichlorati (perchlorure de fer, FeCl6) zur Blutstillung,
  • Glycerin mit Kreosot (Gemisch aus Guajakol, Kreosol und Cresolen. Früher innerlich als Antiseptikum bei Lungentuberkulose angewendet)
  • Iodoformlösung (CHI3) mit Glyzerin (Geruch "nach Zahnarzt"),
  • Iodtinctur [Rezept 1: 10 g Iod in 100 g Ethanol (96%)/ Rezept 2: 7% Iod und 3% Kaliumiodid in 90%-igem Ethanol]
  • Resorcin (1,3-Dihydroxybenzol), als Abkömmling des Phenols ein wirksames Desinfektionsmittel
  • Michsäure, in hoher Konzentration stark ätzende Lösung
  • Alumnol [C10H5OH(SO3)2]3Al2,ein Antiseptikum
  • Chlorzink (ZnCl2), 5-50%ig angewandt hat es stark ätzende Wirkung.

    ZWEIFEL konnte 1909 nachweisen, dass mit der BRAUN'schen Spritze eingespritzte ätzende Flüssigkeiten in kleiner Menge (1 ccm Eisenchlorid) oft in die Tuben, nicht aber in die Bauchhöhle übertrat. Er verwarf daher Injektionen über 2 bis 5 Tropfen vollständig (Zbl.f.Gyn 1909 S.922).