Gynäkologie


Scheidenspecula (08), zerlegbar -2

Scheidenspecula, zerlegbar, um 1930 

Eher für die Einsatz im Operationssaal ist das Speculum nach SIMON gedacht, bestehend aus 2 Griffen mit 4 rinnenförmigen und 4 plattenförmigen Ansatzteilen verschiedener Grösse. Die Teile lassen sich leicht auswechseln, sicher und schnell fixieren.
Der deutsche Frauenarzt und Chirurg Gustav SIMON (1824-1876) machte sich verdient um die Behandlung von Blasen-Scheidenfisteln, 1857 nahm er die erste Splenektomie vor, 1869 die erste Nephrektomie.

Aus einem einzigen Stück sind Specula nach MARTIN, LANDAU, KALLMORGEN, DOYEN, ABEL, OLSHAUSEN, BENKISER, PLUM, COXETER, MEADOW, WEISS - das Gerät war die ideale Gelegenheit, seinen Namen zu verewigen, indem man irgendeine Modifikation am Blatt oder am Griff des Mutterspiegels vornahm...

Mit den grossen Specula mit auswechselbaren Blättern verlassen wir allmählich das Sprechstundeninstrumentarium und kommen in die Domäne der operativen Gynäkologie.


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Scheidenspecula (09)

 

Während beim Original-SIMS die Blätter in die gleiche Richtung orientiert sind, zeigen sie bei unserm Gerät exakt in die entgegengesetzte Richtung. Das Prinzip des BREISKY-Speculums ist einfach: passt das grosse Blatt nicht, brauchte der Untersucher nur umzugreifen.


Der tschechische Frauenarzt August BREISKY (1832-1889) hatte in Prag studiert, arbeitete dann nacheinander in Salzburg, Bern, Prag und Wien.

 

Passend zu dem Instrument eine Publikation: Krankheiten der Vagina, in: Franz von Pitha, Theodor Billroth: Handbuch der Frauenkrankheiten. 1879.

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Scheidenspecula (10)

Spekulum n. SIMS 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

- als erster Amerikaner benutzte Isaac Ebenezer TAYLOR (*1812 in Philadelphia) ein Speculum. 1840/41 hatte er Europa bereist und hier vermutlich die Anregung zum Gebrauch dieses Gerätes bekommen. 1841 veröffentlichte er ein "paper" zum Gebrauch des Scheidenspeculums.

- 1845 gab der amerikanische Chirurg SIMS sein doppelendiges Entenschnabelspekulum (duck-bill der Amerikaner) an (eine angeblich aus einem verbogenen Bratenlöffel abgeleitete Form):

"Earlier in his career, Sims treated a female patient who had been thrown off a pony. He placed her on her hands and knees and fashioned a crude tool from a pewter spoon to expand the walls of the vagina. This spoon was the first prototype for the speculum, called the Sims speculum. The patient's relief was immediate, since the change in air pressure successfully relocated her uterus to its proper position" (Wendy Brinker, Copyright 2000, Columbia, South Carolina).

 

James Marion SIMS (1813-1883) praktizierte in Philadelphia und Alabama, ab 1853 in New York. Von 1862-71 lebte er in London und Paris, kehrte dann nach New York zurück. Er war ein vielseitiger Chirurg, der 1878 eine der ersten Gallenblasenentfernungen vornahm und 1852 eine Methode angab zur Operation von Blasen-Scheidenfisteln. Als Erster benutzte er bei solchen Fisteloperationen Silberdraht für die chirurgischen Naht. Vorausgegangen waren jahrelange (unrühmliche, nicht genehmigte) Experimente an drei schwarzen Sklavinnen (Anarcha, Betsy und Lucy) - deretwegen SIMS heutzutage ins Kitchen müsste !

 

Mit SIMS begann der erfolgreiche operative Verschluss der Blasen-Scheidenfisteln. Drei Umstände waren für diese positive Entwicklung ausschlaggebend:
- die Erfindung der Naht mit Silberfäden
- die Wiederentdeckung der Knieellenbogenlage,
- das verbesserte Speculum. Sims entwickelte das Rinnenspekulum zu einem handlichen Instrument weiter mit zwei Rinnen unterschiedlicher Grösse. Um 1900 waren drei Rinnen-Kombinationen in Gebrauch

- 26 + 30 mm

- 31 + 35 mm

- 36 + 40 mm

 

Lit.:
- Clinical notes on uterine surgery, with reference to the management of the sterile condition. London, R. Hardwicke, 1866.
- The Treatment of Epithelioma of the Cevix Uteri, in: Am. J. Obst. 1879. 
- Remarks on the Treatment of Gunshot Wounds of the Abdomen in Relation to Modern Peritonal Surgery, in: British Med. J. 1881.
- The Surgical Treatment of President Garfield, in: North Am. Rev. 1881.




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Scheidenspecula (11)

Speculum n. AUVARD 

Pierre-Victor-Adolphe AUVARD (1855-1941) studierte in Leipzig, Dresden und Berlin. 1883 war er "Interne" an der Maternité de Paris, später "Prof. agrégé" und Inhaber einer geburtshilflichen Privatklinik in Paris. "accoucheur des hôpitaux". Er entwickelte den Säuglingsinkubator (1883) ... und den Kephaloklasten (1888).

Er schrieb:

  • De La Couveuse pour Enfants, in: Archives de Tocologie des Maladies des Femmes et des Enfants Nouveau-nés, Vol. 14, pp. 577-609, October, 1883.
  • De la Pince à os et du Cranioclaste (thèse de doctorat), 1884.
  • De la conduite à tenir dans le cas de placenta praevia, 258 S., 1886 (thèse d'agréation).
  • Du traitement de l'éclampsie puerpérale, 1888.
  • Travaux d'obstétrique (3 volumes), 1889
  • Hygiène infantile ancienne et moderne, 1889
  • Le nouveau-né. Pysiologie-Hygiène-Allaitement. Maladies les plus fréquentes et leur traitement. Paris, Doin. In-8, pleine-toile éditeur, couverture tachée, 2 planches h-t, nombreuses illustrations in-t.(1890, 1894).
  • Traité pratique d'accouchements, chez Doin, Paris (1890, 1891, 1894).
  • De l'anaesthésie en gynécologie et en obstétrique, 1891.
  • Traité pratique de gynécologie, 1892.
  • Sémiologie génitale, 1892.
  • Menstruation et fécondation, état normal et pathologique, 1892.
  • Anaesthésie chirurgicale et obstétricale, 1892.
  • Formulaire gynécologique illustré (1892, 2. Ausg. 1898, Collection de l'auteur).
  • Formulaire obstétrical illustré (2. Ausg. 1898)
  • 1893 100 illustrirte Fälle aus der Frauen-Praxis, Leipzig. Vlg. von Ambr. (Arthur Meiner). Fürs Deutsche bearbeitet von Dr. A. Rosenau pract. Arzt und Frauenarzt in Bad Kissingen. Fellow of the London Obstetrical Society. Mit einem einführenden Vorwort von F. von Winckel. 1. Auflage. (XI) 218 S. 100 großtls. farbige Abb. Kl.-8°. Orig.-Leinwd. mit Titelgoldprägung auf Rücken u. Kopfgoldschnitt.
  • Maya (la monade dans l'homme), 1918
  • Spiritualité : L'Homme de Conscience - Ed. Théosophiques Paris - 1919
  • Bhagavad-Gita. Trad. et commentée par A. Auvard et M. Schultz. Paris 1919. 300 p.
  • Doctrine, évoluisme (Science des Védas), A. Maloine, 1920
  • Bonheur (Art d'être heureux), d'après l'enseignement théosophique. 1921
  • Médecine ésotérique, Edit.Henri Durville 1937.

    Welchem operativ tätigen Frauenarzt wäre nicht schon einmal das schwere Gewicht seines Speculums (Speculum n. STEINER-AUVARD resp. BERLIND-AUVARD) auf die Füsse gefallen? Das Spekulum ist daher in der medizinischen Anwendung ein wenig aus der Mode gekommen, aber immer noch ein echter Hingucker. Es gibt einige Variationen mit nicht abnehmbaren Gewichten.




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Scheidenspecula (12)

Rinnen-Specula, um 1890 

Aus der um das Jahr 1890 datierbaren "Metzer Wunderkiste" stammen diese Rinnen-Specula mit Ebenholzgriffen. Nicht demontierbar.

EIn Spekulum mit angedeutetem Flügel - breitem Ansatz - benannt nach dem Frankfurter Arzt Wilhelm KALLMORGEN (1865-1936).

Er schrieb:
W. Kallmorgen, 700 Jahre Heilkunde in Frankfurt a. M., 1936.




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Scheidenspecula (14), zweiblättrig -1

Zweiblättriges Speculum, um 1930 

Die Untersuchung der jungen Mädchen gestaltete sich zumeist zu einem schwierigen Unterfangen - daher die Entwicklung dieses Minispeculum, das einen Durchmesser von nur 2,3 cm und einen Umfang von nur 6 cm besitzt.


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Scheidenspecula (15), zweiblättrig -2

Specula, um 1930 

Im 18. Jh. kam das zweiblättrige Speculum auf, so von HEISTER in Deutschland und BRAMBILLA in Österreich propagiert. Das erste moderne "bivalve" wurde von Frau BOIVIN 1825 entwickelt. Auf der rechten Seite war (für die Rechtshänderin) ein Griff angebracht, die Weite der Spekulum-öffnung konnte mittels Schraube verändert werden.

Von CUSCO wurde das heute am weitesten verbreitete zweiblättrige Speculum entwickelt. Besonders zierliche Instrumente für Jungfrauen mit Flügelschraube...
Der Französische Chirurg Edouard Gabriel CUSCO (1819-1894) war in seiner Freizeit Musiker, Bildhauer .. und leidenschaftlicher Sammler.


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Scheidenspecula (16), zweiblättrig -3

Modell n. TRELAT, um 1930 

Speculum nach JAYLE resp. nach TRELAT mit Faltgriff (das Speculum nach BOUVERET hat einen festen Griff)

Félix JAYLE (1866-) war "chef de clinique" im Pariser "Hôpital Broca", 1894 schrieb er über den Brustkrebs, 1918 verfasste er ein Lehrbuch der Frauengheilkunde "Gynécologie".

Ulysse TRELAT (1828-1890) war der Sohn des gleichnamigen Armeechirurgen Ulysse TRELAT /1795-1879). Wissenschaftliche und praktische Ausbildung bei seinem Vater, bei Philippe-Frédéric BLANDIN (1798-1849), Philibert Joseph ROUX (1780-1854) und Auguste NéLATON (1807-1873)1853 wurde er Assistent im Anatomischen Institut, 1854 Doktor der Medizin, 1855 Prosektor des Anatomischen Institutes. 1857 "agrégé", 1860 "chirurgien des hôpitaux", 1864 "chirurgien-en-chef" an der Maternité von Paris. Schon im Jahr 1860 wurde er Professor für angewandte Chirurgie am "Hôpital Necker" in Paris, 1872 wurde er zum Mitglied der Akademie genannt.

Er schrieb:

  • Des fractures de l’extrémité inférieure. Dissertation pour le doctorat, 1854.
  • De la nécrose phosphorée. Thèse d’agrégation, Paris, 1857.
  • Des tubercules de la langue.
  • Étude statistique de la maternité de Paris.
  • Leçons de clinique chirurgicale professés à la Charité en 1875 et 1876. 1877.
  • Clinique chirurgicale. With Pierre Delbet (1861-1925). 1891.




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Scheidenspecula (17), zweiblättrig -4

Komplexe zweiblättrige Modelle, um 1930 

Genau umgekehrt ist das Anliegen dieser beiden Geräte: sie sollen die Scheide maximal entfalten:

Schön anzusehen und technisch ausgereift ist dieses Speculum nach GRAVES, das einen grossen Nachteil besitzt: man kann es schier nicht reinigen...

Der Ire Robert James GRAVES (1797-1853) wurde berühmt vor allem durch seine Untersuchungen über den Exophthalmus - den "morbus GRAVES".


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Scheidenspecula (18), zweiblättrig -5

um 1950 

a) Unpraktisch am CUSCO-Modell ist die starre, geschlossene äussere Öffnung. Einen Fortschritt bedeutete daher das Gerät von COLLIN, bei dem, wie beim eben besprochenen JAYLE/ TRELAT-Modell, die Schnäbel nur auf einer Seite miteinander artikulieren.
Anatole COLLIN (1831-1923) war Instrumen- tenbauer in Paris, 6 r. de l'Ecole de Médecine und arbeitete für das Haus CHARRIERE. Sein Speculum verfügt über ein sog. Stiftgelenk.


b) Ebenfalls mit einem einzigen Gelenk, aber zusätzlich mit einem Griff, versah RICORD sein Speculum.
Der Dermato-venerologe Philippe RICORD (1800-1889) lebte anfänglich in New York, kam dann nach Frankreich (sein Vater war einst in die USA ausgewandert) und arbeitete in Paris am Hôpital du Midi. "On dit qu'il possédait un spéculum en or et ivoire réservé à l'impératrice Joséphine" (Dupont 1999).


c) Vielbenutzt in Kollegenkreisen ist das Einhand-Spekulum von SEMM, das ohne Schraube auskommt und über eine "crémaillère" verfügt.
Kurt Karl Stephan SEMM (1927-2003) war Werkzeugmacher in seiner Heimatstadt München, bevor er Medizin studierte ... und zum Papst der deutschen Laparoskopie avancierte.


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Scheidenspecula (19), dreiblättriges -1

n. N 

Schon die Römer kannten 4-blättrige Specula, mit denen die Scheide gedehnt wurde, so als hätte man 4 Finger eingeführt. 1818 fand man in den Ruinen von Pompeji 2 Specula aus Bronze, das eine mit 3, das andere mit 4 Blättern, die mit einem Schraubmechanismus gespreizt werden konten. Imposante 33 cm mass eines dieser Exemplare aus der Zeit um 79 v.Chr.

Im Mittelalter wurde ein 3-blättriges Speculum benutzt mit Schraubenmechanismus zum Spreizen der "Finger". Das "speculum matricis" gehörte zum Arsenal von Hans v. GERSDORFF (1477-1551) und Jacob RUEFF (1500-1569). 1830 entwickelte David DAVIS ein Vierblattinstrument mit Pass-Stöpsel, einige Jahre später ein gew. COLUMBAT ein 5-6-blättriges Modell, das von BEAUMONT, einem in Kanada lebenden Engländer, verbessert wurde, indem er jedes einzelne Blatt mit einer Schraube versah, mittels welcher jede Branche exakt justiert werden konnte.

Daraus entwickelten N'OTT im 20. Jh. dreiblättrige Instrumente, deren hintere Blätter Rinnenform haben und deren beide schlanke Vorderarme mit einer Stellschraube gespreizt werden können.


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Scheidenspecula (20), dreiblättriges -2

Dreiblättriges Speculum n. N 

Das N'OTT'sche Instrument gab es auch in einer langstieligen Variante.