Innere Medizin


Induktionsapparat Reiniger, Gebbert & Schall (5)

um 1892 

Taucht man in einen Elektrolyten zwei Elektroden mit verschiedenen Potentialdifferenzen U1 und U2, entsteht eine Spannungsdifferenz. Ordnet man die Metalle nach Spannungs-differenzen ΔU, erhält man die galvanische Spannungsreihe:
Na -2,71/ Zn -0,76, Fe -0,44/ Pb -0,126//C u +0,35/ Au +1,5
Ein Element aus Cu und Zn liefert also eine Spannung von 1,1 Volt: (in einer CuSO4-Lösung)

Kohle-Zinkelement; Elektrolyt NH4Cl in Glasgefäss.

1812 entwickelte Giuseppe Zamboni (1776 – 1846) auf Basis des Elements Silber/Salzlösung/ Magnesiumoxid/Silber eine Hochspannungsbatterie aus bis zu 4.000 galvanischen Zellen.
1836 folgte der englische Chemiker John Frederic Daniell (1790 – 1845) mit einem Element aus Zn/ZnSO4/CuSO4/Cu, das als erste zuverlässige Stromquelle betrachtet und vor allem in britische und amerikanische Telegrafenanlagen eingebaut wurde, da es die einzig verfügbare Batterie mit geringer Selbstentladung war.
1839 oder 1840 entwickelte Sir William Robert Grove (1811 – 1896) das Zn/H2SO4/HNO3/Pt – Element. Neben dem Daniell-Element (Kupfer/Zink) kann z. B. auch aus Kupfer- und Silberelektroden ein galvanisches Element erzeugt werden: die Kupferelektrode taucht in eine Kupfersulfat-Lösung, die Silberelektrode in Silbernitratlösung, und verbunden werden diese durch einen Draht (Elektronenleiter) mit Voltmeter und einem Ionenleiter.
Sowohl die Kupferatome der Kupferelektrode als auch die Silberatome der Silberelektrode „streben“ danach, sich in der umgebenden Flüssigkeit zu lösen und damit zu (positiv geladenen) Ionen zu werden. Durch diese Ionenbildung entsteht an der Elektrode eine negative Ladung (da die Atome, die in Lösung gehen, ihre Elektronen abgeben). Dies würde dazu führen, dass sich die Atome der Elektrode nicht weiter lösen könnten, da die negative Spannung verhindert, dass sich weitere Elektronen ansammeln. Wenn jedoch beide Elektroden über einen elektrischen Leiter miteinander verbunden werden, sorgt die unterschiedliche Lösungstension der Elektroden dafür, dass die Reaktion weiterlaufen kann. Da das Redoxpotential von Kupfer (Reduktionsmittel) niedriger ist als das von Silber (Oxidationsmittel), ist die negative Ladung in der Kupferelektrode höher als die in der Silberelektrode, es entsteht also eine Spannung, bei der die Elektronen zur Silberelektrode hin „gedrückt“ werden. Das führt dazu, dass die Lösung der Silberatome gestoppt wird, stattdessen reagieren die überschüssigen Elektronen mit den Ag+-Ionen der Silbernitratlösung und sorgen dafür, dass sich diese als normale Silberatome an der Silberelektrode festsetzen.

Der vorgestellte Apparat wurde hergestellt von der Firma Reinige, Gebbert & Schall / Erlangen. Berlin - München - Wien. Der Kasten stammt aus dem Nachlass des ab 1936 in Luxemburg niedergelassenen Zahnarztes Dr. Camille MONTBRUN (1912-1986). Ob er den Strom zur Schmerzstillung benutzte erscheint mir fraglich, da in den dreissiger Jahren seine Konkurrenten bereits mit Allgemeinnarkose und örtlicher Betäubung mit Kelene arbeiteten. Möglicherweise behandelte er damit Trigeminusneuralgien im Facialisgebiet ...

Einen ähnlichen Kasten stellt die Universität Paris aus (https://www.bium.univ-paris5.fr/aspad/img/gd/electro30.jpg): "COFFRET AVEC APPAREIL ELECTRO-MAGNETIQUE de SPAMER. Pour faradisation. Allemagne ca.1890. Coffret en acajou avec tiroir de rangement d'accessoires très complet. Régulateur d'intensité de la bobine gradué. Interrupteur de la bobine par double bobine électromagnétique. Pile au bisulfite de mercure en cristal avec dépose de l'électrode en zinc pour le transport. Coffret remarquablement fini et conçu. Ce coffret figure dans le catalogue dentaire 1892 de la maison Geo Poulson de Hambourg".

Mitte des 19. Jahrhunderts hatten amerikanische Zahnärzte begonnen, Gleichstrom zur Lokalanästhesie einzusetzen. 1858 ließ sich der Zahnarzt J.B. FRANCIS aus Philadelphia/USA die Elektroanästhesie gar patentieren (US-Patent 20390 vom 25.Mai 1858) ...




Innere Medizin


Injektionen (01)

Spritzen n. PRAVAZ, um 1900 

Zur Geschichte der Spritze
Johann Sigismund ELSHOLTZ, Leibarzt des Grossen Kurfürsten, stellte 1667 in seinem Buch "Clysmatica nova" eine Injektionsspritze vor, die grosse Ähnlichkeiten mit den damals gängigen Klistierspritzen hatte. Ab 1800 wurden winzige Spritzen für Einspritzungen unter die Haut hergestellt, die häufig der Einspritzung konservierender Flüssigkeiten unter die Leichenhaut zwecks Einbalsamieren oder als Vorbereitung für eine Sektion dienten. Solche Minispritzen waren meist aus Stahl, Messing oder einer Kombination beider Werkstoffe, ein Ring als Daumengriff konnte sogar aus Elfenbein sein; die Nadeln waren gerade oder gekrümmt. Ebenfalls um 1800 tauchen seitliche Ringansätze auf...

1824 erhielt ein gew. John WEISS ein Patent für eine Spritze, 1851 erhielt ein Frederic WEISS ein weiteres Patent - leider wissen wir über Bau und Funktion dieser Spritzen nicht sehr viel!
Mitte des 19. Jh. entstand eine kleine Spritzenart, die der Applikation von Hautwässern usw. oder andern Medikamenten auf oder in den Körper diente. Sie bestanden aus Silber oder plattiertem Silber mit Schraubvorrichtung zur Dosierung, wobei jede Schraubendrehung einen Tropfen freigab.

1827 gab der Darmstädter Arzt A. NEUNER eine Spritze an mit feiner Kanüle, die er 1827 im "Journal der Chirurgie und Augenheilkunde" publizierte. Diese von dem "Grossherzogl. Hessischen Oberarzt" in Darmstadt verfasste experimentelle Arbeit über die künstliche Erzeugung von "Cataracten in todten Augen" enthält wohl die erste bekannte Injektionsspritze, die sogar dem viel belesenen Verfasser der "Hypodermastischen Injection der Arzneitmittel" Albert Eulenburg entgangen ist. Dies mag daran liegen, dass hier kein Arzneimittel, sondern künstlich Krankheit, und insbesondere ins Auge appliziert werden sollte. NEUNER führt aus, "welches Unglück durch den weniger kundigen, weniger an Leichen gut eingeübten angehenden Operateur um so leichter veranlasst werden kann, als bei den in Rede stehenden Operationen die Spitze des Instrumentes oft seinen Blicken ganz entzogen ist, und alles von einer richtig angewöhnten Mechanik der Hand abhängt", und so stellte sich ihm die Frage "wie kann man zu dem genannten Zwecke in dem todten Auge eine Trübung, Undurchsichtigkeit und größere Consistenz des Krystallköpers, d.i. eine Cataracta künstlich erzeugen" und stellte dann weiter fest, dass "nehmlich Consolidirung und Undurchsichtigkeit der Linse durch Coagulation ihrer Albumine, d.i. eine künstlich erzeugte Cataracta auch in der natürlichen Contiguität innerhalb des todten Auges befindlichen Linse herbeigeführt werden könne ... wenn man eine subtile Weise blos in die weiche Substanz der Linse durch ein geeignetes Instrument einführen und absetzen könnte", und erfand somit die erste Injektionsspritze.

Charles-Gabriel PRAVAZ (*24.3.1791 in Pont de Beauvoisin/Isère, +24.6.1853 in Lyon), Orthopäde in Paris und Lyon, gab 1841 eine weitere Injektionsspritze an mit einem Gewinde. Anlass zur Erfindung war der Wunsch PRAVAZ's, liquor ferri sesquichlorati in ein Aneurysma zu injizieren: 1841 liess er sich eine erste Spritze (aus Silber) von dem Pariser Fabrikanten Charrière anfertigen, 3 cm lang und 5 mm im Durchmesser. Der Kolben wurde durch Drehen vorwärtsgetrieben, "vorgeschraubt".

Die Bezeichnung Seringue de PRAVAZ" stammt vom Chirurgen Louis Jules Félix BEHIER (1813-1876), der den Gebrauch der Spritze in Europa verbreitete.

1853 begann ein Pariser Geschäftsmann mit der Serienproduktion: Konstrukteur der 1,3 ml fassenden Spritzen war der in Paris lebende deutsche Instrumentenmacher Georg Wilhelm LUER. Der Chirurg NELATON war angeblich der Erste, der sie in der Humanmedizin einsetzte.

Die von PRAVAZ angegebene Spritze erlebte eine Sternstunde, als der deutschfranzösische Krieg den Einsatz von Morphium erforderte. Da kam die Spritze gerade rechtzeitig. Sie diente noch zu Beginn des 20. Jh. der intracutanen Injektion von Medikamenten. Der anfänglich benutzte Kolben aus Leder (Modell 1) musste mittels Alkohol oder Aether gereinigt werden, spätere Modelle (2, 3) besassen einen Kolben aus Hartgummi (Kaoutchuc), Metall oder Glas und konnten zwecks Sterilisation ausgekocht werden.

Die auch in Deutschland als "Pravazsche Injektionsspritzen" bezeichneten Spritzen wurden zumeist in handlichen Etuis angeboten, in denen Platz für 2 Nadeln (Kanülen) war. Im Deckel der älteren Modelle war ein Klappfach eingelassen, in dem feine Drähte untergebracht waren, mit denen man die Nadeln reinigen konnte.

"Le Musée Sissi de Vienne a acheté un lot de 240 objets ayant appartenu à la célèbre impératrice Elisabeth d'Autriche (1837-1898) dont sa seringue à cocaïne. Parmi ces objets figurent également une dent de lait de la future femme de l'empereur François-Joseph ainsi que sa robe de baptême et le manteau noir qu'elle portait, semble-t-il, au moment de son assassinat à Genève par un anarchiste italien. La seringue à cocaïne faisait partie d'une trousse à pharmacie de voyage, cette substance étant couramment utilisée au 19e siècle comme sédatif et comme anti-dépresseur, a indiqué la conservtrice du musée, Katrin Unterreiner. Le lot, rassemblé à l'origine par un collectionneur allemand, Manfred Klauda, a été acheté à sa veuve pour 850.000 euros, a indiqué la direction du musée, dont la collection compte désormais 350 objets se rapportant à la belle Sissi. Installé dans l'ancien palais impérial de la Hofburg, dans le centre de Vienne, le Musée a accueilli 571.000 visiteurs en 2004" (Internet) - ein Beispiel für eine Pravaz-Spritze in fürstlichem Gebrauch ..



Unerlaubter Gebrauch
- "In the 1800's a proper Victorian gentleman would carry around what was called a Gentleman's kit, a lovely leather pocket box beautifully detailed, so that when he felt the need to imbibe, he could inject his drug of choice, heroin, opium, cocaine, morphine, none of them illegal at the time and used as frequently as tobacco or alcohol".
- 1930 beklagte sich der Kantonalarzt von Echternach "zwei Hebammen haben in ihrem Instrumentarium eine Pravazspritze; bei einer stellte ich Pituglandol und Ergotin-Ampoullen fest. Dies ist ein Mißbrauch und sollte kein Arzt noch Apotheker diese Mittel überantworten; es kann nur Schaden für die Wöchnerinnen daraus entstehen" (Memorial Annexe N°5 vom 21.11.1930).

 

Zur Geschichte der Kanüle
10. Jahrhundert: der Iraker Ammar ibn Ali al-MAWSILI  d.h. "aus Mossul" (bei uns Canamusali genannt) erfindet in Aegypten die hohle Starnadel aus Metall und saugt damit die kranke Linse aus dem Augapfel aus - Geburtsstunde der Injektionsnadel - im Orient. In der westlichen Welt musste das Rad neu erfunden werden! Bis zur Wiedererfindung der Hohlnadel durch Francis RYND (1801-1861) in Dublin im Jahr 1845 wurden Akupunkturnadeln verwendet - der Wirkstoff floss entlang der Nadel zum Einsatzort.
1853 "erfand" der britisch-schottische Arzt Alexander WOOD (1817-1884) "A new method of treating painful neuralgias by the direct application of opiates to painful points" die Kolbenspritze neu und kombinierte den von C.-G. Pravaz (1791--1853) erfundenen Glaskörper mit der (aufschraubbaren) Hohlnadel von RYND. Er führte nun subkutane Injektion von Medikamenten in die Therapie ein, ein Verfahren, das in der Folgezeit ausgiebig angewandt wurde, da die Wirkung der Medikamente schneller und intensiver eintrat, als nach Einnahme über den Magen. Im allgemeinen reicht die halbe Dosis dessen, was man von der Wirksubstanz hätte oral einnehmen müssen, zudem kommt es nicht zu Reizungen der Magenschleimhaut, die Behandlung kann auch bei Erbrechen angewandt werden...




 

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Injektionen (02): Glasspritzen

Glasspritzen, um 1900 

1859 erfand Louis BEHIER die s.c. Injektion des (1817 kristallin dargestellten, p.o. unwirksamen) Morphiums zur Schmerzbekämpfung - erster Grosseinsatz der Morphiuminjektionstechnik sollte der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 werden: dank der neuen Methode wurden die Feldlazarette "aussi calmes que des cloîtres de carmélites" . Gleichzeitig aber sollte diese Massenanwendung zu einer massiven Opiumabhängigkeit breiter Teile der Bevölkerung führen.

Durch ministeriellen Beschluss vom 26.11.1877 wurde mit Wirkung vom 1.1.1878 ein Tarif für die luxemburger Ärzte eingeführt:
"7 bis. Für eine subcutane Einspritzung... Fr. 2,50 -5"

In kleinen Mengen konnten Medikamente subcutan verabfolgt werden. Oft aber mussten grössere Quantitäten an den erkrankten Ort herangeführt werden, sodass man andere Darreichungsformen benötigte. Die verschiedensten Spritzen wurden benutzt, um Arzneimittel an schwer zugängige Orte zu bringen:
A. Rectale Klistier-Spritzen
B. Vaginale Spritzen
C. Blasenspritzen
D. Zahnspritzen
E. Nasenspritzen
F. Kehlkopf- halsspritzen
G. Augenspritzen
H. Ohrspritzen
I. Intramuskuläre Spritzen

Die verwendeten Materialien reichten von Elfenbein, über Metall (Zinn), Kunststoff (DURIT) und Hartgummi zu reinem Glas und Kristallglas.

Die hier vorgestellten Spritzen der Fa Drapier/Paris bestehen ausschliesslich aus Glas:
sowohl die Kolben, als auch die Spritzenzylinder bestehen aus reinem Kristallglas, wobei die Kolben matt ausgeschliffen sind

1910 warb das "Medizinische Waarenhaus Berlin" für die "Aseptische-Spritze":
"Aseptische Spritze, ganz aus Jenaer Kristallglas. Ausser im Institut Pasteur eingeführt in den meisten Hospitälern der ganzen Welt. Man besitzt mit diesem Modell eine wirklich zuverlässige, stets gebrauchsfähige Injektionsspritze, die in allen Teilen der Aseptik entspricht und eine ideale Reinigung gestattet" - Pasteur in Paris galt den Deutschen 1910 noch als Referenz...


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Injektionen (03): Glasspritzen

Spritze mit Kette, um 1920 

Die Original-Pravaz hatte Schwierigkeiten, sich in die Aera der Anti- und Asepsis einzufügen: sie war nicht wirklich zu sterilisieren - der Kolben war sowieso die Hälfte der Zeit defekt. Die Weiterentwicklung betraf

  • das Material der Montur: versilbertes, vernickeltes Metall, Hartgummi
  • das Material der Kolbenstange: Hartgummi, Metall
  • das Material der Kolben: Leder, Asbest, Gummi, Metall,
  • das Material des Zylinders: Glas, Plexiglas
  • die Genauigkeit der Injektionsmenge: graduierte Kolbenstange, später sogar mit Stellschraube,
  • die bequeme Handhabung: seitliche Fingerstützen
  • repräsentative Formen: Eichenholz, innen Sammet, mit Aufschrift auf dem Etui, auch Leder- und Metalletuis. So finden wir eine Unzahl von Varianten auf dem Markt.

    Aus dem Jahr 1920 in etwa stammt die hier vorgestellte Spritze aus Kristallglas "seringue hypodermique BRUNEAU" mit dem eleganten Kettchen, das verhinderte, dass der Kolben verloren ging.
    Jacques BRUNEAU (1911-1989) studierte Medizin und Pharmazie; 1968 übernahm er das von seinem Vater gegründete Unternehmen "Laboratoires Bruneau".

    An der Spitze konnten wahlweise stumpfe Kanülen, metallene Hohlnadeln oder konische Oliven aufgesetzt werden




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Injektionen (04): Glasspritzen mit Metallkolben

Spritzen, um 1940 

Gegen 1900 gewann die Spritze an Bedeutung, als Medikamente auf den Markt kamen, die derart aggressiv waren, dass sie unmittelbar in die Blutbahn eingebracht werden mussten - etwa das Salvarsan. Neue Spritzen wurden entwickelt, allen voran die Rekordspritze (Berlin 1906). Die Zerbrechlichkeit des Kolbens bewog die Fabrikanten um 1900 zur Entwicklung von Metallkolben. Durch Schleifen des Kolbenkopfes wurde eine zuverlässige Abdichtung erreicht.

1910 warb das "Medizinische Waarenhaus Berlin" für die "Record-Spritze":
"Präzisionsspritze "RECORD", D.R.G.M.
Die Spritze ist zerlegbar, Gewinde und Schrauben sind nicht vorhanden. Der Glaszylinder trägt oben und unten einen festgelöteten Metallansatz. Der Nickelkolben ist präzis luftdicht in den Glaszylinder eingeschliffen".

Bei der geringsten Verunreinigung des Schaftes aber klemmte die Spritze und war oft abfalleimerreif. Eine gleichwertige Abdichtung bei geringerer Anfälligkeit der Spritze wurde dadurch erreicht, dass man einen annähernd kreisförmigen federnden Ring in einen Nut um den Kolbenkopf legte.

1956 erfand der neuseeländische Pharmazeut und Tierarzt Colin Albert MURDOCH (1929-2008) mit 27 Jahren "aus Sorge um Weitergabe von Krankheitserregern" die Einwegspritze. Er präsentierte seine Erfindung beim Gesundheitsamt, wo sie allerdings als „zu futuristisch“ eingestuft wurde. Mangels finanzieller Unterstützung war die Weiterentwicklung seiner Idee für einige Jahre nicht möglich. Als er später das Patent zugesprochen bekam, wurde die Einwegspritze ein weltweiter Erfolg, der heute täglich millionenfach in Verwendung ist. Trotz seiner zahlreichen Erfindungen wurde Murdoch kein reicher Mann; er vermied es, Patentklagen gegen Kopien seiner Ideen anzustrengen, da er nach eigener Aussage froh war, wenn dadurch Menschen geholfen würde.




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Injektionen (05): Port-a-Cath

"Portacath", PAC, 1995 

Unter Port-a-Cath (frz. "cathéter à chambre") versteht man einen speziellen venösen Zugang, bei dem ein Katheter in die v. subclavia (hinter dem Schlüsselbein) oder a. mammaria interna (hinter dem Brustbein) geschoben und eine kleine Reservekammer aus Titan mit einem Silikon"deckel" unter die Brusthaut implantiert wird.
Die Punktion dieser Kammer erfolgt mittels Spezialnadel (Huber-Nadel)

"Port-A-Cath is a device that is used to make administration of chemotherapy easier. It can also reduce the risk of certain chemotherapy related complications. This device is placed under the skin, in upper part of the chest. It has a small reservoir that is connected to a major vein inside the chest. This device facilitates administration of chemotherapy into the venous system".

Quelle:
www.tirgan.com/portacat.htm
www.deltec.com/products.cfm

"Some of chemotherapy drugs can cause major problems if they leak from the veins in to the surrounding tissues. Such damage could be very dangerous and difficult to treat. This may happen if certain drugs are administered into a vein in the arm. In addition, since patients will need frequent injections and intra venous treatments, very soon we may run out of usable veins".
"Um dem kleinen Marc das ständige Stechen für das Verabreichen der Chemotherapie, der Blutentnahme und weiteren benötigten Medikamenten zu ersparen, wurde ihm einen sogenannten Portacat unter die Haut im Oberkörper implantiert. Dieser Portacat, der am Faszie eines Muskels angenäht wird, bleibt während zwei bis drei Jahren im Körper des kleinen Patienten, das daran befestigte Schläuchlein wird über die Hohlvene bis kurz vor das Herz geleitet. «Bis zu 1000 Mal kann der Portacat mittels einer Nadel angestochen werden», erklärt Sr. Christa. Das Implantat muss alle zwei Monate gründlich mit Kochsalzlösung gespült werden, dabei wird auch gleichzeitig Blut für Kontrollzwecke entnommen. Für diese Prozedur muss Marc jedes Mal von seinen Eltern ins Kinderspital gebracht werden".

Quelle:
 https://www.buelacher.ch/site_usr/nbt/archiv/2002/Text-170402.htm

"In einer retrospektiven Studie (Zeitraum 1987–1997) wurden die Katheterkomplikationen eines vollständig implantierten zentral-venösen Systems (Port-A-Cath) bei 91 Kindern bzw. 99 Implantationen untersucht. Das Alter der meist onkologisch erkrankten Kinder betrug 0,1 bis 18,1 Jahre (Mittel 6 Jahre). Die Gesamtliegedauer war 171,2 Jahre (62 488 Tage), entsprechend einer durchschnittlichen Liegedauer pro System von 1,63 Jahren (595 Tage). Komplikationen beinhalteten 6 Infekte, 4 Okklusionen und eine Diskonnektion. Die Gesamtinfektrate betrug 0,06 (0,04 pro Katheterjahr), die Gesamtokklusionsrate 0,04 (0,02 pro Katheterjahr). Es fand sich eine Gesamtkomplikationsrate (Komplikationen pro implantiertem Port-A-Cath) von 0,11, entsprechend 0,06 Komplikationen pro Katheterjahr. Unsere Resultate sind mit denen anderer Studien vergleichbar oder besser. Das Port-A-Cath-System ist zuverlässig und geht bei vorsichtiger Handhabung mit wenig Komplikationen einher".
Quelle:
Mitteilung des Kinderspitals Luzern.




Innere Medizin


Injektionen (06)

Injector
 

  

   Nicht alt, aber interessant und weitgehend unbekannt: der nadelfreie Injektor. Mit ihm („Spritze ohne Nadel“, engl. jet injection) wird ein Medikament bzw. ein Stoff durch hohen Druck direkt, ohne Verwendung einer Kanüle in den Körper von Mensch oder Tier injiziert. Die Anwendung erfolgt subkutan und intradermal, jedoch nicht tief im Gewebe und nicht intravenös.

 

Funktionsweise

Durch einen Hebel wird ein Kolben gespannt, welcher nach Auslösen eine Flüssigkeitsmenge von 0,1 ml mit überdruck (100 bar) durch eine microfeine Öffnung ohne Nadel unter die Haut spritzt. Eine einfache Spannvorrichtung erlaubt bis zu 20 Quaddelsetzungen pro Minute. Durch eine Abstandskappe wird ein gleichbleibender Abstand zur Hautoberfläche gewährleistet und eine Hautberührung mit dem Düsenkopf (Kontamination) verhindert.

Der Dermo-Jet faßt 4 ml, damit werden 40 Quaddeln gesetzt. Nur in 15% der Fälle merkt der Patient einen feinen Schmerz. Wenn die Quaddel mit einem Lokalanästhetikum gesetzt wurde, wird eine optimale Anästhesie erreicht, die es erlaubt, viele Manipulationen schmerzfrei durchzuführen. Der Dermo-Jet wird im Autoklaven sterilisiert.

 

Erfinder ist der Straßburger Arzt Dr. Alfred KRANTZ

1959 wurde das Patentgesuch eingereicht

1960 Gründung der Gesellschaft AKRA, Erfinderpatent ausgestellt im November 1960 für den DERMOJET

1962 Patent für Großbritannien erteilt

1964 US Patent N° 3,129,708 im April erteilt

 

Die Systeme sind NICHT für die Abnahme von Flüssigkeiten, z.B. Blut, geeignet. Möglich ist sowohl die Verabreichung von flüssigen als auch pulverförmigen Substanzen, die feder- oder gasgetrieben appliziert werden. Neben verschiedenen Anwendungs-möglichkeiten (Diabetiker, Lokalanästhesie, Thromboseprophylaxe) wird vor allem Potenzial bei Massenimpfungen, etwa im Rahmen einer Pandemie, gesehen.

 

Nota: auch für Diabetiker gibt es einen nadelfreien Injektor: Das können Patienten seit Januar 2000 mit dem nadelfreien Injektionssytem Injex™ der Firma Rösch Medizintechnik. Seit September 1999 ist es in der EU für die subkutane Gabe der Arzneimittel CE-zertifiziert, die für eine Jet-Injektion geeignet sind. Die ersten Untersuchungen über Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit der Insulinapplikation mit Injex™ lieferten zufriedenstellende Ergebnisse. Eingeleitet beziehungsweise geplant sind aber auch Prüfungen mit Impfstoffen, Lokalanaesthetika und Heparin. Neu ist die Idee nicht, den Patienten eine Injektion zu ersparen. Die ersten nadelfreien Injektionshilfen haben Wissenschaftler schon vor 150 Jahren entwickelt. In die klinische Praxis wurden Jet-Injektoren vor etwa 50 Jahren eingeführt. Durchsetzen konnten sie sich nicht. Sie waren zu groß, zu schwer, zu teuer und kompliziert zu handhaben. Das gilt für Injex™ nicht. Das Prinzip der nadelfreien Injektion beruht darauf, dass ein flüssiges Arzneimittel unter hohem Druck ohne Nadel durch die Haut in das subkutane Fettgewebe geschossen wird. Statt der konventionellen Nadel wird eine spezielle Injektionsampulle mit einer Mikroöffnung von 0,15 mm verwendet. Durch diese wird das Arzneimittel mit hoher Geschwindigkeit durch die Haut injiziert. Den dazu notwendigen Druck erzeugt eine zuvor komprimierte Feder, die in den wiederverwendbaren Injektor integriert ist. Druck und Geschwindigkeit des Strahls sind so bemessen, dass das Arzneimittel auch im Unterhautfettgewebe ankommt. Die Eindringtiefe beträgt 6 bis 9 mm. So soll gewährleistet werden, dass der Arzneistoff nicht versehentlich in den Muskel gelangt. Mit der Aufbewahrungsbox des Injektors spannt der Anwender die Feder immer wieder neu. Per sterilem Adapter überführt der Patient das gewünschte Arzneimittel aus seinem Behältnis in die Einmal-Injektionsampulle. Mit der wiederverwendbaren Dosierhilfe kann er auch Arzneimittel aus Pen-Patronen aufziehen. Diabetiker müssen beachten, dass der Injektor und die 0,3-ml-Ampullen ausschließlich für die subkutane Gabe von U-100-Insulinen geeignet sind. U-40- und U-80-Insuline dürfen sie mit dieser Ampulle nicht benutzen. Vorteil: Insuline mit unterschiedlicher Wirkdauer können gemischt werden. Die Skala der Einmalampullen ist geeicht und umfasst 5 bis 30 IE. Die Verwendung von Insulin lente, ultralong und ultratard wird nicht empfohlen, da die Injektionsdüse verstopfen könnte.

 

Vorteile

Von den Herstellern werden eine weitgehende Schmerzfreiheit und eine genauere Dosierung als Vorteile proklamiert. Nadelstichverletzungen sind grundsätzlich ausgeschlossen.

 

Nachteile

Die Geräte sind weniger geeignet für größere Stoffmengen oberhalb 0,5 ml. Der technische Aufwand und der Preis der Systeme sind höher als bei Spritzen mit Nadel.

Innere Medizin


Injektionen (07): Spritzenkasten

Spritzenkasten, 1943 

Wollte der Arzt mehrere Spritzen in einem Alkoholbad aufbewahren, bot sich dieser Glaskasten an: hob man den Deckel an, so stiegen die Spritzen dank eines ausgeklügelten Hebelsystems aus ihrem Bad empor – eine wahrhaft elegante Lösung.
Autolift DRGM
Alle Spritzen sind „Original-Record-Spritzen“ – die kleinste trägt die Aufschrigt „Original Jena“, die zweitkleinste trägt auf dem Glaskolben die Aufschrift „SS-Hauptsanitätslager, Berlin“, was eine ungefähre Datierung erlaubt…

Zum SS-Hauptsanitätslager, Berlin
Die WaffenSS unterhielt in Berlin ein Lager mit medizinischen Gebrauchsartikeln, aus dem sie die unterschiedlichsten Institutionen belieferte (KZ, andere Vernichtungslager, Sonderhospitäler, Ambulanzen von sympatisierenden Gruppierungen). Hier ein Beispiel: „Ab dieser Woche aber soll über Schuld oder Unschuld des 84 Jahre alten Arztes Heinrich GROSS geurteilt werden. Er ist angeklagt, im Sommer 1944 in der Wiener Nervenklinik "Am Spiegelgrund" Beihilfe zum neunfachen Mord geleistet zu haben“ (Tagespresse-Mitteilung vom 20.l März 2004). "Am Spiegelgrund" war die zweitgrößte der von den Nazis sogenannten "Kinderfachabteilungen". Der Wiener Historiker Herwig Czech schreibt, Luminal sei hier verwendet worden: "Es hatte den Vorteil, dass die Kinder nicht durch irgendein ungewöhnliches und fremdes Gift getötet wurden, sondern mit einer Überdosis eines durchaus verbreiteten Medikaments." Wie die ganze Tötungs-Aktion wurde auch die Bereitstellung des Medikaments Luminal direkt von der "Kanzlei des Führers" organisiert. Anfangs war das kriminaltechnische Institut von Heinrich Himmlers riesigem Polizeiapparat mit der Lieferung beauftragt. Später kamen die großen Mengen, die benötigt wurden, direkt aus dem Hauptsanitätslager der Waffen-SS“.
GROSS, aber auch die niederländische Ambulanz "SS-Feldlazarett Freiwilligen Legion 'Niederlande'" wurde direkt aus diesem Lager beliefert.

Aus dem Fundus des besagten SS-Lagers stammt der hier vorgestellte Spritzenkasten (Erstanden Juni 2004 in Metz-Grigy).




Innere Medizin


Injektionen (08): Nadelkasten

Nadelkasten, um 1950 

Nadeln waren teuer und mussten zur Wiederverwendung gereinigt und desinfiziert werden. Hier ein Verfahren, welches 1926 von BRUNET empfohlen wurde:
"Nach Durchspritzung mit Alkohol oder Aether wird die Kanüle mit einem kleinen Gummiballon (etwa dem Pollitzer'schen Luftduscheballon) durchgeblasen, der einen entsprechenden Ansatz aus Hartgummi trägt und damit an die Nadel angesetzt wird" .


Nach 1945 führte die Massenproduktion von Penicillin zu einer explosionsartigen Zunahme der Injektionen.

Nadelkästen aus den 50er Jahren sind von einer beeindruckenden Esthetik: harmonisch stecken die (von der Oberschwester mit einem Schleifstein) nachgeschliffenen Nadeln in ihrem Fach, die Spitze hinter einer Glasscheibe besonders sauber abgedeckt - daneben sehen unsere heutigen Einmalnadeln ausgesprochen welk aus!

Das hier vorgestellte runde Behältnis der Fa. MARTIN "Canulette 48, 18-8stahl, rost- u. säurebeständig" konnte 48 Nadeln fassen. Es stammt aus dem Nachlass des Saarbrücker Arztes ZIMMER.


Innere Medizin


Injektionen (09): Vorführset mit Nadeln

Vorführkasten der Fa. FANDRE, Nancy 

Aus dem Gepäck eines Firmenvertreters des Unternehmens FANDRE/Nancy stammt dieser Vorführkasten, in dem, fein säuberlich mit Fäden fixiert, und mit handgeschriebenen Zettelchen versehen, die von diesem Unternehmen kommerzialisierten Nadeln aufgereiht sind.
Von rechts oben nach links unten:
Aiguilles pour transfusions

  • à olive
  • embase américaine
  • trocart, embase américaine
  • embase centrale
  • embase pour plastique.
    In der unteren Zeile fünf
  • aiguilles hypodermiques FANDRE, gefolgt von
  • aiguille de VERNES
  • aiguille de TUFFIER
  • aiguille de DUPOUY
  • aiguille de LABORDE. Alle Ansätze sind feierlich vergoldet. Der Kasten trägt aussen die Aufschrift "Laboratoires FANDRE NANCY - PARIS".

    Erworben auf einem Strassenmarkt in Arlon am 1. Mai 2005.




Innere Medizin


Injektionen (10): Zwischenstück

Record>Luer 

Hatte die Schwester das Medikament in eine LUER-Spritze aufgezogen, verfügte aber nur über eine RECORD-Nadel, so brauchte sie einen Adapter... und umgekehrt.

Noch heute werden diese Zwischenstücke hergestellt. Dazu folgende Links von Lieferanten:
www.hero-berlin.de/German/Human/Adapter/Verbindungsstueck.html
www.popperandsons.com/luers/page2.asp?maincategory=luers&subcategory=adapters
www.vomed.de/de/liste_show.php3?hauptkat=adapters




Innere Medizin


Injektionen (11)

Vergoldete Nadeln 

Schon die Römer wussten ihre Instrumente zu vergolden (Plinius).
"Comment était obtenue la dorure sur les instruments en acier ? A cette époque [1850-1860] pas moins de cinq procédés étaient employés :

  • Dorure au mercure par application d'un amalgame d'or avec évaporation du mercure par chauffe.
  • Dorure à froid et " au pouce " avec de la poudre d'or.
  • Dorure au feu avec de l'or en feuille et brunissage.
  • Dorure par immersion ou au trempé en plongeant le métal dans un bain de chlorure d'or et bicarbonate alcalin.
  • Dorure galvanique (dés 1840) par électrodéposition dans un bain de cyanure de potassium et cyanure d'or".
    Quelle:
    www.bium.univ-paris5.fr/aspad/expo12.htm
    www.bium.univ-paris5.fr/aspad/expo30.htm

    Derartig aufwendige (und entsprechend teure) Nadeln verführten zur Wiederverwendung. Viele von uns älteren Semestern erinnern sich mit einem gewissen Schauern der "schleifenden Nonne", die sich jede Nadel einzeln vornahm, auf einem Wattebausch kratze um einen etwaigen Haken an der Nadelspitze zu erkennen, und im positiven Fall die verbeulte Nadel auf einem Schleifstein zurechtfeilte...