Pädiatrie


Impfschein, Paris 1885

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Dieser am 19. Mai 1885 von dem Pariser Kinder- und Frauenarzt Jacques François HERVIEUX (1818-1905), seit 1873 Mitglied der Academie nationale de médecine, ausgestellte Impfschein belegt, daß in Frankreich an beiden Armen gleichzeitig geimpft wurde: das 19 Monate alte Kind hatte eine Woche nach der Impfung je 4 Impfpusteln an jedem Arm.

 

In der Sitzung der Académie de médecine de Paris vom 20. Februar 1894 sprach er über die Pockenepidemie, die 1893 in Frankreich geherrscht hatte und wies auf die Notwendigkeit der Annahme eines Gesetzes hin, welches die Impfung und Wiederimpfung obligatorisch machte, als das einzige Mittel, um über den schlechten Willen zu siegen, der sich überall dort, wo es sich um die Anwendung dieser so wirksamen Massregeln handelt, geltend machte. 

 

Exponat

Doppelseite (Originaldruck) aus der Zeitschrift „L’Illustration“ vom 26. November 1898, wo man ihn im Alter von 80 Jahren in den Räumlichkeiten der Académie de Médecine beim Impfen sieht, in Begleitung eines Kalbes, dem man die Augen abgedeckt hat, damit es ruhig stehen bleibt. 

Ob HERVIEUX sehnsüchtig an die kleineren und handlicheren Ziegen dachte? Am liebsten hätte er mit diesen Tieren gearbeitet – 1889 berichtete er über Impfung mit Lymphe, die von Ziegen stammte, denen man das Kuhpockenvirus inokuliert hatte.

 

„In der letzten Sitzung der Academie de médecine machte Hervieux Mittheilung über die Ergebnisse seiner Versuche mit Ziegenvaccine. Er fand, daß die Ziegen nach Einimpfung von humanisirter oder animalischer Lymphe einer regelrechten Eruption von Impfpusteln unterworfen sind. In gleicher Weise gelingt die Uebertragung der Pocke von der Ziege auf den Menschen. Hervieux rühmt der Benützung der Ziegen anstatt der von Kälbern den Vorzug größerer Reinlichkeit, der größeren Leichtigkeit der Operation, geringere Kosten der Anschaffung und Erhaltung des Thieres nach. Die Gefahrlosigkeit in puncto etwaiger Ansteckung theilt sie mit der Kuhimpfung; sie hat aber vor dieser noch den Vorzug, daß ihr Träger, die Ziege für Tuberculose nahezu unempfänglich ist, was bekanntlich bei der Kuh absolut nicht der Fall ist. Als ein 'Nachtheil der Verwendung von Ziegen zur Bereitung thierischer Lymphe hätte nur die geringere Ergiebigkeit dieser Thiere an Impfstoff zu gelten, da die zur Impfung geeigneten Hautflächen mehrmals kleiner sind als die der Kuh“ (Österreichische Badezeitung, 8. Juni 1890).

 

Wie impfte er? 

„versagte keine, so viele Impfstiche, so viele Erfolge; alle schlugen an und gaben Pusteln, und zwar nach der Methode der einfachen Punktirstriche; ich machte deren sechs, auf jedem Arm drei, ich impfte hundert in der Stunde“ 

 

1888 hatte er die Leitung des „Service de vaccine“ übernommen und umgehend den menschlichen durch animalischen Impfstoff ersetzt. Er stichelte, schnell, und mit viel Erfolg! 40 Sekunden pro Kind …

Sein Impfinstitut war 1896 so erfolgreich, daß er hier 200 (weibliche) Kälber hielt, um Paris und ganz Frankreich samt Kolonien mit Lymphe zu versorgen. (Bild am rechten unteren Rand signiert mit L(ouis Remy) Sabattier).