Pädiatrie


Kinderarbeit in Luxemburg

Ansichtskarte, um 1910

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Die Industrialisierung Europas hatte menschenunwürdige Arbeitsbedingungen entstehen lassen, unter denen vor allem Frauen und Kinder zu leiden hatten. Lungenkrankheiten wurden hervorgerufen durch Staub und Flusen, Ekzeme traten gehäuft auf als Folge des ungeschützten Umganges mit ätzenden Lösungen und Dreck. Die zumeist monotone und geisttötende Tätigkeit verhinderte eine normale Entwicklung der Kinder. Die Überbeanspruchung von Muskulatur und Knochenbau rief schwere körperliche Schäden hervor, insbesondere Rückgradverkrümmungen durch zu schweres Heben und gebücktes Sitzen.

In Kopstal, wo seit dem 29.9.1895 Weiden angepflanzt wurden, arbeiteten Kinder und Jugendliche: die ganz Kleinen halfen der Mutter zu Hause, hier griff kein Gesetz, niemand konnte einer Mutter verbieten, ihre Kinder mit flechten zu lassen.

"La vannerie de l'établissement, installée à Kopstal, la vannerie des établissements pénitentiaires ainsi que quelques vanneries privées dans le rayon de la commune, auxquelles l'établissement fournit les outils et les matières nécessaires, ont réussi à fabriquer un chiffre rond de 35.000 paniers, dont près de 10.000 ont été expédiés à la maison-mère d'Epernay, qui, malgré les frais de transport de Luxembourg à Epernay et les droits d'entrée, arrive encore à réaliser un petit bénéfice" (Memorial 42/1907).

Dieser Text spricht von "privaten Flechtereien", eine elegante Umschreibung für die Heimarbeit - für die kein Arbeitsschutzgesetz anwendbar war. Anders in dem Flechthaus, der "vannerie", das als "Industriebetrieb" galt. Hier konnten Kinder erst ab dem vollendeten 12. Lebensjahr angestellt werden ...

Auf dem Bild - wohl um 1910 in der Korbflechterei von Kopstal entstanden - erkennt man deutlich mehrere kleinen Jungen, die, vornübergebeugt, ihrer mühseligen Arbeit nachgehen. Einziger Lichtblick: ein einsichtiger Vorarbeiter hatte ihnen einen Arbeitsplatz in der Nähe der Fenster zugewiesen ...

Auch im 1900 geschaffenen Blindenheim von Berburg wurden Kinder an die Kunst des Flechtens herangeführt. Der Staat stellte sogar die Schaffung einer eigenen Plantage in Aussicht, um die Flechterei mit besonders frischen Weidenruten beliefern zu können. Auch wenn später viele erwachsene Blinde hier betreut wurden, so darf man nicht vergessen, dass ursprünglich Kinder hier Aufnahme finden sollten und sich das Arbeitsprogramm speziell an sie richtete:

"In Ausführung des Gesetzes vom 14. Februar letzthin gedenkt die Regierung für künftigen Herbst eine Unterrichts- und Erziehungs-Anstalt für Blinde eröffnen zu können. Dieselbe soll zu Berburg errichtet und von Schwestern des Elisabetherinnen-Ordens geleitet werden. Diejenigen Personen und Anstalten, welche für diese Schule bestimmte Kinder in Pflege haben, sind gebeten den Unterzeichneten in Bälde hiervon in Kenntnis zu setzen.
Luxemburg, den 26. April 1900"
(Memorial 23/1900).

Was den Unterrichtsstoff im Blindenheim anbelangt, lesen wir im Reglement von 1906 (Memorial 52/1906):

"Art. 4. Der Fachunterricht erstreckt sich auf folgende Lehrgegenstände:

  • 1° Instrumentalmusik, besonders das Piano-, Harmonium- und Geigenspiel;
  • 2° Anfertigen von Bürsten und Matten;
  • Korbflechten;
  • 4° Stuhlflechten;
  • 5° für die Mädchen, Handarbeitsunterricht".

Während in Kopstal bezahlte A R B E I T im Vordergrund stand, stand in Berburg L E R N E N im Vordergrund ...

"L'institut a pour but de donner aux jeunes aveugles du pays l'éducation et l'instruction que les enfants normalement constitués acquièrent dans les écoles primaires, et de les initier aux métiers ou industries au moyen desquels ils pourront gagner leur vie" (Rapport général sur la situation de l'instruction primaire dans le Gr.-D. de Luxembourg pendant l'année scolaire 1911/12)

Zurück nach Kopstal, wo die 1912 eingeführte allgemeine Schulpflicht die Berufstätigkeit vieler Kinder einschränkte. Allerdings konnte Kindern unter 14 Jahren (nach Schulschluss) durchaus 6 Arbeitsstunden täglich zugemutet werden - Hauptsache sie hatten tagsüber die Schule besucht. Das heisst, dass Kinder erst zur Schule gingen, und anschliessend in die Arbeitsstuben mussten ... Ausnahmeregelungen im Gesetz öffneten viel krasseren Exzessen Tür und Tor: den Eltern blieb es auch nach 1912 möglich, ihre Kinder ab dem 11. Lebensjahr "zeitweise" vom Schulunterricht freistellen zu lassen - Gott weiss zu welchem Zweck ...

 

Ende der Kopstaler Korbflechterei
1895 hatte die am Hauptbahnhof Luxemburg ansässige Champagnerfabrik Mercier aus Epernay die auf Kehlener Bann gelegene "Altenmühle" gekauft und dort eine Korb- und Kistenfabrik eingerichtet. Umliegendes Land wurde in grösserem Stile hinzugekauft, (insgeamt 39 ha) und zum Teil als Weidenplantage angelegt - weswegen die Mühle von nun an "Weidenmühle" hiess. Mit dem 1. Weltkrieg zogen düstere Wolken über den Betrieb. Besorgt schrieb ein anonymer Dichter (Escher Tageblatt vom 9.6.1917):

"Nun scheint der Zauber vorüber.
Wie Kräuselt so stürmisch der Wein
Das Heute wird trüb und trüber:
wie mag das Morgen sein?"

Als sich die wirtschaftlichen Verhältnisse 1918 mit Aufkündigung der Zollunion mit Deutschland drastisch änderten, wurde der Betrieb Mercier unrentabel. 1928 wurde die "Weidenmühle" mitsamt 12 ha. Land an den Industriellen und spanischen Vizekonsul Nic. Zimmer-Maroldt (1873-1941) verkauft, der hier einen Herrensitz einrichtete, den er später zum Altenheim umbauen liess.




Paediatrie


Kinderklinik Eich / Luxemburg

1928 

Als erste Klinik des Landes richtete die Eicher Klinik ein paar Zimmer her, und nahm Kinderärzte unter Vertrag, um diese Kinderstation zu betreiben ...


Pädiatrie


Kindermehl, Echternach

 

 

1852 Gründung der Patisserie-Confiserie Antoine Wagener-Van Hecke in Echternach, 1 rue de la Montagne. Umzug nach Haus 6 rue de la Gare in Echternach. (1. Generation: Anton Wagener sen. 1828-1914).

 


1893 Gründete sein Sohn Anton Wagener jun. (1855-1928) (2. Generation) eine Fabrik für Kindermehl. Am 17.4.1893 liess dieser Anton Wagener-Weber, Zuckerbäcker in Echternach, ein Markenschild patentieren (Memorial 1893) darstellend
1° ein Wickelkind auf Kissen liegend, trinkend aus einer Saugflasche, welche es mit beiden Händen festhält, unter selbem die Inschrift "Schutzmarke";
2° eine runde Etiquette, in deren Mitte ein Storch mit ausge- spannten Flügeln eine Saugflasche im Schnabel haltend, zu seinen Füssen zwei Wickelkinder im Schilf liegend, umgeben von der Inschrift "Kindermehl A. Wagener-Weber, Echternach Grossh. Luxemburg".



"Wagener-Weber’s Kindermehl übertrifft alle andern Nahrungsmittel der Neuzeit und ist allgemein als das beste und vorzüglichste Nährmittel für Kinder bekannt. Dasselbe enthält die edelsten Nàhrstoffe um alle Kinder vom ersten Tage ihrer Geburt ohne mütterliche Nahrung mit grösstem Erfolg aufziehen zu können. Wagener-Weber’s Kindermehl bildet Knochen, erleichtert das Zahnen, verhütet Brechdurchfall, setzt gesundes Fleisch an und wirkt ernährend in höchstem Grade. Alleiniger Fabrikant und Erfinder A. Wagener-Weber, Echternach (Luxemburg) Bahnhofstrasse. 1 Mark per Büchse. Zu haben in den meisten Apotheken und bessern Geschäften" (Anzeige in: Luxemburger Volkszeitung vom 17.1.1894).

 

Am 20.4.1894 hiess es:
„Chemisch analysirt und approbirt. Aerztlich empfohlen“
Diese Marke wurde in verschiedenen Formaten auf Blechdosen und Tüten, enthaltend Kindermehl, sowie auf Prospekten und Plakaten angebracht.

 


Am 25.5.1894 liessen zwei Söhne  von Anton Wagener-Weber, die Gebrüder Franz und Joseph WAGENER (3. Generation) als Nachfolger von Anton Wagener, Vater" ein Kindermehl patentieren:


"Im Schilf ein stehender Storch mit Kind auf dem Rücken und Saugflasche im Schnabel. Daneben im Schilf sitzend ein Kind mit Saugflasche. Unten das Wort "Déposée". Storch und Kind der Gebrüder Fr. und J. Wagener trugen eine moderne Stand-Flasche. Im Handelsadressbuch von 1900 priesen die Gebrüder ihr Kindermehl an:
"von ersten Autoritäten und Müttern als vorzügliches Kindernährmittel anerkannt. Prämiert mit 15 Ehrendiplomen, Ehrenpreis und goldenen Medaillen zu Paris, Amsterdam, München, Brüssel, Genf, London, Gent u.s.w. Grand prix Luxemburg 1898 Empfohlen u.A. von Dr. BISCHOF in Berlin; Dr. HELD, Universität Nancy; Dr. ASCHMANN in Ettelbrück".

"Farine lactée F.&J. Wagener Frères à Echternach. Approuvée par de hautes autorités. Aliment complet pour les enfants en bas âge" (Anzeige L’Indépendance Luxembourgeoise vom 2.9.1895).


1910 bestand die Firma aus den Gesellschaftern Franz Wagener-Namur und Joseph Wagener-Campill, beide "Kaufmann und Konditor". 1914 endete ihre Produktion.

Die "Luxemburger Kleine Presse" schrieb am 24.6.1897:


"Die Vorzüge ungekochter Ziegenmilch als Nahrungsmitel für Säuglinge. Da unter den Kühen die Tuberculose ausserordentlich stark verbreitet ist, und durch die Milch tuberculöser Kühe diese Krankheit auf den Menschen leicht übertragen werden kann, so empfahl Prof. SOXHLET, die zur Ernährung von Säuglingen dienende Milch zu kochen. Es ist aber neuerdings nachgewiesen, dass durch das Kochen die Milch derart verändert wird, dass sie den Verdauungsorganen des Säuglings unzuträglich wird, und dass sich nach dem anhaltenden Genuss derartiger Milch bei den Kindern schwere krankhafte Zustände ausbilden (Rachitis, Blutarmuth, Barlow'sche Krankheit usw.). Um diesen beiden Übelständen zu entgehen ist vor allem der Gebrauch von ungekochter Ziegenmilch zu empfehlen, da diese Tiere nur sehr selten von Tuberculose befallen werden, viel sauberer sind als Kühe und auch in den Stallungen viel reinlicher gehalten werden können. Ausserdem ist die Ziegenmilch in der Zusammensetzung von der Frauen- und Kuhmilch nicht wesentlich verschieden. Daher stammt auch die Sitte in Italien, die Ziegenherden, die dort im Freien geweidet werden, Morgens und Abends in die Städte und Dörfer zu treiben und an geeigneten Stellen zu melken, wobei die frisch gemolkene Milch unmittelbar an die Konsumenten verkauft wird".
Der Schreiber empfahl den luxemburger Müttern die nicht stillen können, Milch von einheimischen Ziegen zu verfüttern, und gab den Behörden den Rat, insbesondere beim Bau von Arbeiterwohnungen Ställe für Ziegen vorzusehen...

 

Unter der Leitung von Anton Wagener-Tibesart (1891-1952) gen. "Zocker-Toni" (4. Generation) widerstand die "WAGENER-WEBER's Mehlfabrik" dem Druck der internationalen Konkurrenz und der lieben Ziegen.
- 1945-46: da Echternach ausgebombt und evakuiert war, erfolgte die Produktion von Kindermilchmehl und Lebkuchen nach dem 2. Weltkrieg vorübergehend in Luxemburg, 10 rue Beck.
- 1946/47: Rückkehr nach Echternach, nachdem das durch Bomben schwer beschädigte Werk wiederaufgebaut worden war. Produktion an der alten Adresse 6 rue de la Gare.
"Mitteilung. Unserer werten Kundschaft zur gefl. Mitteilung, dass wir unseren Betrieb wieder nach Echternach verlegt haben und danken wir derselben für das uns während der Evakuierungszeit bewiesene Entgegenkommen
A. WAGENER-WEBER 6, Bahnhofstr. Echternach, tel. 111" (Anzeige L.W. vom 29.10.1949).

 

In 5. Generation wurde der Betrieb nach dem 2. Weltkrieg von Antoine Wagener-Schuler (1933-2011) weitergeführt - 1963 kam sein Kindermehl in bedruckten Blechdosen in den Handel (Bild rechts)

- Ehrentitel in Paris 1900, Liège 1930, Luxembourg, Gand, Genève, Bruxelles, Amsterdam, London, Thionville und München. Im Winter 1929/30 wurde der Firma WAGENER-WEBER aus Echternach der Titel „Grossherzogl. luxemb. Hoflieferant“ verliehen (Echternacher Anzeiger vom 15.2.1930). Mehrere weitere Prämierungen:

- Luxembourg 1932: Prix d'excellence avec féliciations du jury

- Thionville 1932: Diplôme hors concours


Die Kindermehlproduktion wurde 1990 eingestellt, die Bäckerei schloss ihre Tore 1997.

 

 

Pädiatrie


Kindermehl, Hamburg

Kufeke

Blechdose, Durchmesser 7.5 cm, Höhe 5.3 cm

 

 

1886 führte Johann-Rudolf Kufeke sein hochdextriniertes Kindermehl in die Therapie ein, ein feines, bräunlichggelbes Pulver mit schwach süsslichem, an Malz erinnernden Geschmack und angenehmem Geruch, das sich durch grosse Haltbarkeit und stabile Zusamensetzung auszeichnete. Der Verdauung der Säuglinge wurde dadurch vorgearbeitet, dass die unlösliche Stärke des Weizenmehls durch Diastase vollständig in ihre löslichen Modifikationen, Dextrin und Traubenzucker überführt war. Der Zuckergehalt war gegenüber ähnlichen Präparaten sehr gering (nach: A. Skutetzky, E. Starkenstein, Die neueren Arzneimittel und die pharmakologischen Grundlagen ihrer Anwendung in der ärztlichen Praxis, 2. Aufll. Verlag Julius Springer Berlin 1914 S.206).

 

Der Erfolg liess nicht auf sich warten. Bald konnte ein grösseres Werk gebaut werden: "1899 erbaute R. Kufeke in Bergedorf/Hamburg seine Fabrik für diätsche Nährmittel, 1908 errichtete er westlich daneben einen Verwaltungsbau. In Bergedorf war die Fabrik stadtbekannt, vor allem den Kindern, die oft diese so gesunden Nahrungsmittel mit sehr langen Zähnen geniessen mussten" (Eckhard Freiwald, ‎Gabriele Freiwald-Korth, Hamburgs alte Fabriken - einst und jetzt, Sutton-Verlag Erfurt 2013 S.148).

 

Charakterisierung des Produktes

Milchfreies, zum Teil dextrinisiertes Mehl, ohne Zusatz von Eiweiß, Fett und Gemüse. Hergestellt, aus deutschem Qualitätsweizen. Zusammensetzung: Eiweiß 13,1 %, Fett 06 %, lösliche Kohlehydrate 47,6%, unlösliche Kohlehydrate 20,1%, Stärke und andere Kohlehydrate 11,9% (aus: Erich Rominger, Richtlinien für die Kinderkost: Zum Gebrauch in Säuglings-Milchküchen, Kinderheimen und im Hause, 3. Aufl. Springer-Verlag 1947).

 

Aggressive Produktwerbung

Das dextrinisierte Kindermehl von Kufeke erfreute sich aus Medizinerkreisen einer wohlwollenden Kritik:

"Herr Dr. Löwe, Angermünde, schreibt: R. Kufekes Kindermehl ist nach dem massgebenden Urteil von Autoritäten in der Kinderpraxis das Beste, was von derartigen Präparaten erzeugt wird und kann ich dieses auch aus meiner Praxis vollauf bestätigen. Dieses Kindermehl wird gut vertragen und leicht verdaut, ist ein vortreffliches, diätetisches Mittel bei acuten und chronischen Gastro-Intestinal-Katarrhen der Kinder und wirkt noch dadurch oft lebensrettend, dass es mit Wasserzusatz (ohne Milch) den Brechdurchfall beseitigt".messer, cm Höhe 

Max Klotz, Arzt am Kinderheim Lewenberg und Spezialarzt für Kinderkrankheiten in Schwerin (Die Bedeutung der Getreidemehle für die Ernährung, Springerverlag 1912) bemängelt die oft schreierische Werbung:

"Wer das Gruseln lernen will, der werfe einen Blick in die Literatur jener Zeit: "Escherich verwendete dasselbe (Kufekemehl) bei seinem eigenen Jungen und versuchte auch mehrere andere Proben von Kindermehlen, aber keines hatte eine so günstige Wirkung auf das Körpergewicht und die Beschaffenheit des Stuhlganges, wie das Kufeke-Kindermehl". Ja, schon in der Belle Epoque wurden Produkte mit bandagierten Fäusten beworben!

 

Kufeke's Kindermehl in Luxemburg

Ab 1888 war das Produkt in Luxemburg zu haben:

"Apotheke zum Schwan, 4, Fleischerstrasse, Luxemburg FISCHER-WURTH Natürliches Mineralwasser in frischer Füllung Specialitäten Echte Brandt’s Schweizerpillen; Condensirte Milch; Thé Chambard; Tamar Indien; Nestlé’s und Kufeke’s Kindermehl; Feinstes Eau de Cologne; Hühneraugen-Collodium; Eau de Mélisse des Carmes; Emser Pastillen; Pastilles Géraudel. Alcool de Menthe de Ricqulès; Liqueur et Capsules de Goudront de Guyot; Papier Fayard; Chinawein; Dr. Liebreich’s Pepsinessenz; Medizinische Seifen; Anilinfarben in Päckchen; Verbandstoffe: Binden, Watten, Gazen etc.etc." (Anzeige im Marienkalender von 1888).

Ab 1906 finden wir Werbeanzeigen in luxemburger Zeitungen:

"Kufeke's Kindermehl ohne Zusatz von Milch empfiehlt sich für Säuglinge mit Erkrankungen des Magen-Darmkanals, mit akuten und chronischen Magen-Darmkatarrhen, Darmentzündungen, Brechdurchfall, etc., wo es darauf ankommt, ein leicht verbauliches und doch kräftiges Nahrungsmittel zu geben, welches nicht wie die Kuhmilch die Krankheit noch verschlimmert. Es gibt aber auch gesunde Kinder, welche gar keine Kuhmilch, ja oft nicht einmal die Milch der eigenen Mutter vertragen, sondern stets erbrechen, und bei denen kann man durch Verabreichung von Kufeke's Kindermehl ohne Milch eine rationelle Ernährung erzielen. Da Kufeke's Kindermehl die in der Muttermilch vorhandenen Nährstoffe im richtigen Verhältnisse enthält und durch seine ausreichenden Mengen von Eiweiß- und Mineralstoffen eine kräftige Nahrung darstellt, kann es sehr gut zur ausschließlichen Ernährung der Säuglinge dienen" (Luxemburger Wort vom 2.7.1906). "Alles, was Gewürz heisst, soll von der Ernährung Leber-, Nieren- und Herzleidender ausgeschlossen sein. Um in die dadurch recht einförmig gewordene Kost wieder einige Abwechslung zu bringen, setze man „Kufeke" auf den Speisezettel. ,.Kufeke" erfüllt alle Bedingungen, die an ein vollkommenes Nährmittel gestellt werden müssen: es reizt die kranken Organe nicht, ist sehr nahrhaft, leicht verdaulich und von angenehmem Geschmack, es kann mit Wasser oder Milch als einfache Suppe oder auch zusammen mit anderen Speisen bereitet werden, stets wird es gern genommen und bestens vertragen. Man fordere in Apotheken und Drogerien die „104 „Kufeke"-Kochrezepte", die kostenlos jedem Interessenten verabfolgt werden" (Luxemburger Wort vom 27.6.1914).

 

Letzte Inhaber des Werkes waren Frau Maria Kufeke und ein F.A. Kufeke in Bergedorf, Neuerwall 52. 1952 machte Kufeke Pleite, ein gewisser Körber kaufte das Werk auf …

 

Lit.:

- Friedrich Kufeke, R. Kufeke, "Kufeke", Nahrung für Erwachsene und Kind. Ein Beitrag zur diätetischen Therapie unter Anwendung von "Kufeke" verbunden mit anderen der Krankenernährung angepaßten Nahrungsmitteln in 104 Original-Koch-Rezepten für Kranke und Gesunde) 2. Auflage. Bergedorf-Hamburg, um 1920. 64 S. kl. 8°. 1919 - 1933., Fabrik diät. Nährmittel, Bergedorf/Hamburg. Dose erstanden 8/2016 auf dem Flohmarkt von Völz/Innsbruck. Dass sie ausgerechnet in Österreich auftaucht hat einen simplen Grund: Die Firma Kufeke hatte eine Zweigniederlassung in Wien, die für den Vertrieb in der Alpenrepublik zuständig war.

- R. Kufeke: Ihr Säugling. Führer für jede Mutter. Hamburg 1940

 

Pädiatrie


Kindermehl, Kärnten

OMA
 

 

Exponat

OMA, Kinderkraftnährstoff.

Erste Anzeige im Juni 1927 (Die Frau und Mutter, Heft 6 S.30).

 

"Groß ist die Zahl der Neuanfänger. Der Oma Nährstoffgesellschaft mit den Teilhabern Pippan, Knaus und Verdino OHG wurde der Gewerbeschein für das freie Gewerbe der Erzeugung von kosmetischen Artikeln, Nährmitteln und diätetischen Getränken mit dem Standort in der Friesacher Straße ausgestellt" (Varia aus St. Veit, 1929).

 

"Gemisch von dextrinisiertem Weizen- und Zwieback-Mehl"

(https://digisrv-1.biblio.etc.tu-bs.de/dfg-files/00041388/DWL/00000165.pdf, Ergänzung, S.163).

 

"Vollkommen fett- und milchfreies Kohlenhydratpräparat. Anwendung: Bei Magen-Darmstörungen und als Dauernahrung bzw. Zusatz zur Milch.Hersteller: Oma-Nährstoff-Gesellschaft, St. Veit a.d. Glan (Kärnten)" (Compass, Kommerzielles Jahrbuch Österreich 1937 S.134; 1938, S.138; 1940 S.133).

Paediatrie


Kindersanatorium Düdelingen

 

1884 war an der Ostsee Deutschlands Erstes Kindersanatorium erbaut worden. Luxemburg folgte dem Beispiel, wenn auch spät.

Am 1. Januar 1922 eröffneten ARBED und Terres Rouges ein Sanatorium für die tuberkulosekranken Kinder ihrer Belegschaft. Während im Hauptbau des ehemaligen Mayrisch-Schlosses auf dem Kreuberg bei Düdelingen (Oberes Bild) die "gefährdeten Kinder" untergebracht waren, kamen die echt tuberkulösen Kinder, die "bacillaires" in die Annexe des Schlosses (unteres Bild der Ansichtskarte), die speziell hergerichtet war:
- im linken Vorbau befanden sich im Erdgeschoss eine Toilette, die Küche und das Refektorium, im Obergeschoss Schlafräume für 4 Jungs und 3 Mädchen.
- im Mitteltrakt befanden sich im Erdgeschoss eine Sterisationsanlage für Wäsche sowie zwei Sprechzimmer, eines für Tuberkulöse, eines für Kinder der "Maison des Enfants". Im Obergeschoss logierten bis zu 8 Mädchen, 4 Hausangestellte und die "surveillante".
- im rechten Vorbau wohnte der Gärtner.

Das Haus wurde durch eine Liegehalle aus Holz ergänzt die mit dem linken Vorbau in Verbindung stand.

Das Sanatorium war eine sehr bescheidene Einrichtung für 13 Kinder, die vom Werksarzt der Düdelinger Eisenhütte (Dr. Léon PUNDEL) betreut wurden - 2 Mal pro Woche passierte er im Haus und erkundigte sich nach Gewicht und Befinden der Kleinen... Die Kinder bekamen die gleiche Kost wie diejenigen aus der "Maison des Enfants" - zusätzlich erhielt jedes Kind täglich einen Liter Milch und ein Ei. Das Haus war sowohl räumlich als auch personalmässig komplett vom Hauptbau mit den nur "gefährdeten Kindern" getrennt.

Vermutlich stellte das Kindersanatorium seinen Betrieb 1931/32 ein, als des Grosse Zentralsanatorium in Vianden seinen Betrieb aufnahm...




Pädiatrie


Pipette n. BELCROY

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 Belcroy 

 

Schon der an der Uni Heidelberg arbeitende Privatdozent Franz Lust (1880-1939) schrieb: „Die Brustmilch der Mutter oder Amme wird in regelmäßigen Intervallen manuell oder mit der Milchpumpe abgezogen. Die so gewonnene Milch gibt man entweder in der Flasche mit weitgelochtem Saughütchen oder in einer Puppensaugflasche, oder man läßt sie mittels eines vorn rinnenförmig zugespitzten Nasenlöffelchens oder mittels Tropfpipette durch die Nase langsam einlaufen“ (Diagnostik und Therapie der Kinderkrankheiten. Mit speziellen Arzneiverordnungen für das Kindesalter, 1918 S.41).

 

Auch Heinrich Lehndorff (Kurzes Lehrbuch der Kinderkrankheiten, 1922) kannte die Tropfpipette und fütterte Säuglinge über die Nase.

 

Exponat


John Bell and Croyden „the Belcroy for premature infants” feeder
15.3 cm, Glas 12 cm Karton 19.2 cm
"The Belcroy" Tube Feeder for Premature Infants. Regd. Des. No. 866007.
John Bell & Croyden, Wigmore Street, London.
Hersteller: Fa. Cavendish & Brand
Herkunft: Holmfirth, West Yorkshire, UK
Ca. 1927

 

Pädiatrie


Impfbescheinigung 1804

P1050810
 

 

Früh aufstehen lohnt sich bislang. Heute konnte ich auf dem Innsbrucker Flohmarkt "Hafen" eine alte, gerahmte Impfbescheinigung erwerben, signiert von einem berühmten Arzt ...

 

"Ich untergefertigter bezeuge hiermit daß Joseph

Legat, fünf Jahre alt, Sohn des H(och)L(öblichen) Joseph Legat,

K.K. Cassa-officier bey der niederländischen

Staatsschulden-Cassa, und seiner Gemahlin

Josephina, geborene Genotte, von mir vaccinirt

wurde, und daß er regelmäßige Kuhpocken

gehabt habe. Wienn den 22ten December 1808

de Carra M.D."

 

"Zeugniß

Daß Joseph Legat, Sohn des H(och)L(öblichen) Joseph

Legat Cassa-Officier bey der K.K. Einlösungschein

Haupt-Cassa, von mir Anno 1804 vaccinirt, regel-

mäßige Kuhpocken gehabt habe. Wien, d. 9ten Septr. 1818

de Carro MD"

 

Johann Legat „Hofbuchhaltungsbeamter“ heiratete die in Brüssel geborene Petronilla N: (in unserm Dokument als Josephine bezeichnet) und starb im September 1854 „Herr Josef Legat, k.k. Rechnungs-Offizial, eines der thätigsten und beliebtesten Mitglieder des Wiener Männergesangsvereins, ist zum Leidwesen aller seiner Freunde gestern gestorben“ (Fremden-Blatt, 23. September 1854). Die Witwe starb 1855. Der Sohn Johann war in Brüssel zur Welt gekommem (geneanet).

 

Von besonderem Interesse ist die Unterschrift mit Siegel: de Carro MD

***

 

Jean de CARRO

Johann Carro (* 8. August 1770 in Genf; † 12. März 1857 in Karlsbad, Böhmen) stammte aus einer alten, einflussreichen Genfer Familie. Als Kind Pockenimpfung. Im Alter von 20 Jahren verließ er seine Heimat, um an der University of Edinburgh ein Medizinstudium aufzunehmen, das er 1793 abschloss (Dr.med. 24.6.1793 mit einer These "De hydrocephalo acuto"). Bei seiner Heimkehr fand er seine Heimatstadt in einem "Zustand der Gärung" vor, die ihm den Aufenthalt unmöglich machte. So zog er nach 2 Monaten Genfaufenthalt 1794 nach Wien, wo er weiter an der Uni studierte, in der Hoffnung, bald nach Genf zurückkehren zu können. (Dr. med. 1796). Doch sollte ihn die Liebe an Wien binden:

1795 heiratete er in Wien Marie-Anne von Kurzbeck, die schon am 9.1.1800 an Lungenentzündung starb. Aus dieser Ehe stammen 2 Söhne:

- Carl

- Peter, der eine Zeitlang in Odessa lebte, später in Wien. Sie gehörten zu den ersten auf dem europäischen Kontinent gegen Kuhpocken geimpften Menschen!

In 2. Ehe heiratete er Theresia Stöckl von Gerburg aus altem tyroler Geschlecht, die 1812 an Typhus starb. Aus dieser Ehe 2 weitere Kinder:

- Eduard, benannt nach Edward Jenner

- Nathalie, heiratete den Polen Ziolecki und lebte später in Galizien.

In 3. Ehe heiratete er die Belgierin Alexandrine Breck, Tochter eines österreichischen Dragoners.

In Wien wurde Carro Mitglied der medizinischen Fakultät. Besondere Verdienste erwarb er sich um die Verbreitung der aus England (Alexander Jenner) stammenden Kuhpockenimpfung, die er 1799 als einer der Ersten auf dem Kontinent durchführte, nachdem er sie vorher an seinen eigenen Kindern erprobt hatte. Durch Carro fand diese neue Form der Pockenschutzimpfung auch in der Türkei, in Griechenland, Ostindien und Persien Eingang. Verpflanzung der Kuhpocken durch de Carro von Wien nach Constantinopel, Athen, Bassora usw.

 

Impfungen in Österreich

- 29. April 1799: erste private Vakzination in Österreich durch Dr. Pascal Joseph Ferro (1753-1809) an Ferro's 3 Kindern mit einem Impffaden, den Jenner an von Carro geschickt hatte.

- 10. Mai 1799: Impfung des 18 Monate alten Knaben de Carro's durch Ferro

- 20. Mai 1799: de Carro impft seinen 2. Sohn von 3 Jahren

- 10. Dezember 1800 in Brunn am Gebirge: erste öffentliche Impfaktion in Österreich am, durch de Carro.

- 31.8.1801: Impfungen im großen Kinderhospital in Wien durch Joseph Dehrott.

 

 

Jean de Carro: Observations et experiences sur l'inoculation de la vaccine. Wien: Kurtzbeck|Kurzböck 1801.

Jean de Carro, Expériences sur l'origine de la vaccine. Traduit de l'anglois par jean de Carro. Wien 1802.

 

Aufgrund seiner Errungenschaften auf diesem Gebiet wurde er 1820 von Kaiser Franz I. in den Ritterstand erhoben.

 

Ende de Carro's

1825 verbrachte Carro ein Jahr in Prag. 1826 mußte er sich aus gesundheitlichen Gründen von der ärztlichen Praxis in Wien zurückziehen. Da er an ständigen Gichtanfällen litt, begab er sich im gleichen Jahr ein erstes Mal zu einem Kuraufenthalt nach Karlsbad (heute Karlovy Vary in Tschechien). Nach erfolgreicher Kur verlegte er seine Praxis von Wien nach Karlsbad und betätigte sich dort während der Kursaison als Arzt. De Carro nahm während seines Wirkens in Karlsbad maßgeblichen Einfluss auf die kulturelle und medizinische Geschichte des Ortes. 1843 wurde er zum Ehrenbürger Karlsbads. Er publizierte weiterhin Schriften über Karlsbad, bevor er dort am 12. März 1857 verstarb und auf dem Andreasfriedhof (heute Mozartpark) begraben wurde.

In Wien wurde die Carrogasse (21, Großjedlersdorf I) am 23. Juli 1914 nach ihm benannt.

 

Lit.: Joseph Freiherr von Hormayr, Johann de Carro, in: Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst, Band 7 (Wien 1816) S.422-426.

https://archive.org/stream/b28035173/b28035173_djvu.txt

Paediatrie


Pocken-Impfschein

 

 

Luxemburg erhielt 1906 – eine unmittelbare Folge der herrschenden Epidemie – ein modernes Impfgesetz:
“In der Luxemburger Kammer ist endlich der famose Impfparagraph des tüchtigen Seuchengesetzes in erster Lesung mit 25 gegen 14 Stimmen angenommen worden. Der Artikel lautet: Die Impfung ist obligatorisch im Laufe des ersten, die Nachimpfung im Laufe des elften Lebensjahres. Da die Pocken meistens durch Ausländer eingeschleppt werden, so stellte Herr X. Brasseur den Antrag, dass alle Ausländer, die im Lande Aufenthalt nehmen, von der Regierung zu einer Nachimpfung gezwungen werden. Die Redaktion dieses Zusatzes wird noch etwas Schwierigkeiten bieten, da schon jetzt manche befürchten, es möchten dadurch auch sogar die Touristen einem unliebsamen Zwange unterworfen werden“ (Echternacher Anzeiger vom 13.5.1906).

 

Ausländer und Touristen als Problemgruppen ! Auch in Bezug auf die Inländern war die Impferei alles andere als unumstritten. Ein Vater aus Rodange klagte den Staat 1906 an, weil sein 12jähriger Sohn im Vorjahr ohne sein Wissen und gegen seinen Willen geimpft worden sei und seither kränklich sei (L.W. vom 9.5.1906). Zweideutige Artikel im L.W. (17. und 24.2.1906) verglichen das Impfserum mit Alkohol, der sowohl nützen, als auch schaden könne. Offenbar hatte die Methode ihre Gegner - in höherer Position, sonst wären sie im L.W. nicht zu Wort gekommen. Die Impfwilligkeit liess zu wünschen übrig.

 

So beklagte sich die Redaktion des "Ardenner Bauer" in der Ausgabe vom 13.6.1906:
"Zur Impffrage. Trotzdem in der Stadt und Umgegend sich zahlreiche Pockenfälle ereignet haben, gibt es dennoch Leute, die sich der Impfung gänzlich widersetzen. So hat ein Schneidermeister aus der Louvignystrasse, der in einem Haus wohnt, wo die Pockenkrankheit amtlich festgestellt wurde, sich hartnäckich geweigert, eine Nachimpfung an sich vornehmen zu lassen. Allerdings tritt das neue Gesetz, das den Impfzwang vorschreibt, erst 6 Monate nach dem Votum in Kraft".

 

Das Impfgesetz wurde am 27.6.1906 votiert...

 

Exponat

Vorgestellt wird ein Pockenimpfschein, ausgestellt im Mai 1911 in der Gemeinde Roeser, unterschrieben vom Bettemburger Arzt Jean-Pierre ENGLING (1868-1933) und vom Bürgermeister der Gemeinde Roeser Hirt. Derartige Scheine sind häufig auf Flohmärkten anzutreffen - was ihren Reiz nicht schmälert.

 

Der letzte tödliche Fall von Pocken hierzulande ereignete sich 1932 (Statistiques Historiques, 1990). Am 22. Oktober 1977 erkrankte der somalische Koch Ali MAON MAALIN an den Pocken. Ende November wurde er für geheilt erklärt: er war der letzte an Pocken erkrankte Mensch auf der Erde ("Journal" Nr. 228 vom 29.11.2001). In Luxemburg wie in den meisten Ländern der Welt wurde die obligatorische Impfung abgeschafft (arrêté ministériel vom 14.2.1977).




Paediatrie


Schnuller Lutschbeutel

 

Die Probleme des Beruhigungssaugers finden immer wieder das Interesse der Pädiater, aber auch der Kieferorthopäden.

In der Antike lutschte das Kind an tönernen Tierchen, die manchmal mit Honig gefüllt waren. Im Mittelalter wurden Lutschbeutel verwendet, Stofflappen, die zu einem Säckchen gefaltet und mit einem Mus aus Mehl, Brot und Honig gefüllt wurden - gelegentlich mit einem Zusatz von Alkohol. Angeblich sollen die früher relativ häufigen sogenannten "Dorfidioten" eine Folge dieser Unsitte des "Schnapsbeutels" gewesen sein. Böse Zungen behaupten, manche Leute hätten ihren unruhigen Kindern auch mal Magsamen (Mohn) in den Lutschbeutel getan, dann seien sie eingeschlafen und manchmal nicht mehr aufgewacht...

Optisch kann der Lutschbeutel stärker noch als der Schnuller seine Verwandtschaft zum Knebel (!) in Form und Funktion nicht verbergen. In den Zeichnungen von Wilhelm Busch (1832-1908) findet man öfter die Darstellung von Babies, die einen solchen Knebel im Mund haben. Diesen "Schlotzer" behielten die Kleinen bis zur Zahnung oft Tag und Nacht in ihrem Mund - eine der häufigen Komplikationen war Soor im Mund der Kinder. Dieser wurde dann von der Mutter mit Milch, Zuckerwasser oder Honig behandelt...
Es gab sogar Erstickungsfälle, wenn Kinder den Lutschbeutel in die Luftröhre aspirierten und dann elends erstickten.

Ansichtskarte "Serie 393" gestempelt am 9.10.1908 in Lüttich/Belgien: ein Dackel zerrt den Lutschbeutel aus dem Mund des Säuglings...




Paediatrie


Schnuller mit Ring

 

Schnuller aus Metall (?), der um die Jahrhundertwende in einer luxemburger Familie im Einsatz war. Der Saugteil ist kugelig-rund, nicht gaumengerecht. Die modernen Schnuller haben fast immer eine deutlich abgeflachte Form und drücken den Gaumen nicht so in die Höhe...


Paediatrie


Schnuller ohne Ring

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Schnuller (auch Beruhigungssauger, umgangssprachlich Nuckel), schweizerisch Nuggi, österreichisch Fopper, luxemburgisch Suckel (Diminutivum Sickelchen) dient dazu, das Saugbedürfnis von Säuglingen und Kleinkindern zu befriedigen. Die ersten „Schnuller“ gab es im alten Ägypten: Mit Honig gefüllte kleine Tiere aus Ton. Der moderne Schnuller besteht im wesentlichen aus einem Mundteil, welches aus Latex oder Silikon hergestellt ist und einem Schild, welcher das Verschlucken des Mundteils verhindert.

 

Die hier vorgestellte Ansichtskarte zeigt ein Kleinkind mit einem Schnuller "der ersten Generation", der dadurch auffällt, dass er nicht "schlucksicher" ist - das Kind kann ihn aspirieren und dann elendiglich daran ersticken...