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Impflanzette (2)

Impffedern 2

Blanzy in der Mitte, Hinks li., Vaucher re.

 

 

    Bei den vielen Fabrikanten von Schreibfedern konnte nicht ausbleiben, daß mehrere Fabrikanten Impffedern herstellten, die einen mehr, die andern weniger. Ausser BLANZY finden wir eine Firma in England, eine weitere in Frankreich:

 

Hinks, Wells & Co N°2260, Print cutter; Birmingham. Jusqu'à la Première Guerre mondiale, les seuls aciers utilisés pour fabriquer les plumes métalliques provenaient de Sheffield – Angleterre et étaient produits à partir de minerai de fer importé de Suède. Les aciéries livraient l'acier en feuilles d'épaisseur calibrée, laminées à chaud. Le centre principal de production de plumes métalliques était Birmingham. Les fondateurs de cette industrie étaient Joseph Gillot, Josiah Mason, les frères John et William Mitchells et James Perry.Hinks, Wells & Co N°2260, Print cutter; Birmingham. Jusqu'à la Première Guerre mondiale, les seuls aciers utilisés pour fabriquer les plumes métalliques provenaient de Sheffield – Angleterre et étaient produits à partir de minerai de fer importé de Suède. Les aciéries livraient l'acier en feuilles d'épaisseur calibrée, laminées à chaud. Le centre principal de production de plumes métalliques était Birmingham. Les fondateurs de cette industrie étaient Joseph Gillot, Josiah Mason, les frères John et William Mitchells et James Perry.

 

Vaccinostyle inox individuel "La Comtoise" Grand modèle, 6 cm; Etablissements C. Vaucher & Cie, Besançon. En France, entre 1880 et 1960, une centaine de fabriques réalisèrent quelque 5 000 formes de plumes. Modeste, la fabrique Vaucher et Cie, sise 22 rue de la Famille à Besançon, se contenta de mettre au point une dizaine de modèles. La 1, dure, la 2 souple, la 3 «l’écolière», la 4 «la bureau», la 5 «la secrétaire», la 6 «Spéciale». Quatre autres étaient réalisées en acier; «l’as des plumes», «la reine», «la studieuse», «la populaire» et deux longues et fines plumes, les vaccinostyles, permettaient aux infirmières de graver sur le bras les traits ineffaçables du BCG. La fabrique exécutait aussi des boîtes de plumes, les porte-plumes PAT (pratiques à tenir), des briquets, des distributeurs de pierres à briquet et des pointes de compas. Les ateliers de fabrication des plumes étaient au 1er étage. Le dernier patron de cette fabrique (dans les années 60-70), Jean Roux, céda machines et outillage à un marseillais qui les laissa rouiller dans un coin et ne les paya pas. M. Roux aimait à raconter que, durant la guerre, pour éviter le chômage technique à ses ouvriers, il allait chercher de l’acier inoxydable, à vélo, jusque dans le Nord de la Franche-Comté. Cet homme courageux est aujourd’hui décédé, de même que la plupart des ouvriers de la fabrique. Restent quelques quinquagénaires qui exercèrent là leur tout premier emploi. Ainsi Denis Arbey qui travailla deux ans chez Vaucher avant de partir à l’armée. Bien que voisin, il n’est jamais revenu dans cette fabrique aujourd’hui redistribuée entre quatre entreprises et des appartements. Avec émotion, il parcourt le hall. « C’est derrière cette porte qu’il y avait la presse. Elle faisait tellement de bruit qu’on ne pouvait pas la mettre en route avant 8h du matin ». En guise de job d’été, durant les vacances 1967, il fera engager  sa sœur, Patricia, qui n’avait que 14 ans. « C’était mon premier travail. J’enfilais les plumes au bout des porte-plumes, sans arrêter, durant toute la journée, j’avais le bout des doigts tout coupé. A la fin du mois, on m’a remis une fiche de salaire de 399F!».

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Impfliste

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Chirurgen trugen die Namen der von ihnen geimpften Kinder in eine Liste ein, die sie bei der Verwaltung einreichten um ihren Lohn zu empfangen.

 

Exponat

Liste des Chirurgen SCHNEIDER mit den Namen von 42 Kindern, die er in der Zeit von 1802-1804 in Reinstedt bei Ermsleben / Aschersleben geimpft hatte. Im Text berichtet er, daß im Nachbarort Hoym die Leute auf eine schnellere Impfung bestanden haben und Barbiere in die Bresche sprangen, um mit ihren Rasiermessern Impfwunden zu schlagen, in die sie Impfstoff einrieben.

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Impfmesser (1), angebliches

um 1900 

Die Impfung stellt ein Übergangsgebiet dar zwischen Chirurgie und Innerer Mediizin, bei der die "opération" mit spezialisierten Lanzetten bzw. Messern durchgeführt wird.

Vorgestellt wird ein Messer mit Elfenbeingriff - am Schaft der Stempel "Delmenhorster Linoleum, Anker Marke, Karl Wüsthof, Solingen" . Aber zugegeben: eine gewisse Ähnlichkeit besteht mit einem Messer, das Elisabeth Bennion als "CHESELDEN's kurzes, konvexes Steinschnittmesser" bezeichnet und in die Zeit um 1750 datiert.

Als Linoleummesser bei der Anfertigung von Linolschnitten benutzte man diese Messer. Immer wieder wurden Messer ähnlicher Konstruktion zu den unterschiedlichsten Zwecken gebraucht - Fehldeutungen beim Kauf von "Skalpellen" sind daher unvermeidbar...




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Impfmesser (2), vermeintliches

um 1900 

Dieses elegante Messer besitzt eine herzförmige Klinge. Das Exponat - KEIN Impfmesser - macht auf ein gravierendes Problem bei der Identifizierung alter Skalpelle aufmerksam: ihre Ähnlichkeit mit ... Radiermessern (frz. grattoir; engl. erasing knife, steel eraser) - den (im 16. Jahrhundert aufgekommenen) "Ratzefummeln" unserer Ur-Grossväter !
"Keine Radirmesser mehr! sondern der bei M. Behrens Sohn in Luxemburg, auf dem Paradeplatz zu habende RADIR-Gummi wischt das mit Dinte sowohl wie mit Bleistift Geschriebene spurlos aus und man kann sogleich wieder auf die weisse Stelle schreiben. Preis 10 Sous per Stück, im Dutzend billiger" (Anzeige im "Le Patriote" vom 23.4.1853).


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Impfschein, Paris 1885

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Dieser am 19. Mai 1885 von dem Pariser Kinder- und Frauenarzt Jacques François HERVIEUX (1818-1905), seit 1873 Mitglied der Academie nationale de médecine, ausgestellte Impfschein belegt, daß in Frankreich an beiden Armen gleichzeitig geimpft wurde: das 19 Monate alte Kind hatte eine Woche nach der Impfung je 4 Impfpusteln an jedem Arm.

 

In der Sitzung der Académie de médecine de Paris vom 20. Februar 1894 sprach er über die Pockenepidemie, die 1893 in Frankreich geherrscht hatte und wies auf die Notwendigkeit der Annahme eines Gesetzes hin, welches die Impfung und Wiederimpfung obligatorisch machte, als das einzige Mittel, um über den schlechten Willen zu siegen, der sich überall dort, wo es sich um die Anwendung dieser so wirksamen Massregeln handelt, geltend machte. 

 

Exponat

Doppelseite (Originaldruck) aus der Zeitschrift „L’Illustration“ vom 26. November 1898, wo man ihn im Alter von 80 Jahren in den Räumlichkeiten der Académie de Médecine beim Impfen sieht, in Begleitung eines Kalbes, dem man die Augen abgedeckt hat, damit es ruhig stehen bleibt. 

Ob HERVIEUX sehnsüchtig an die kleineren und handlicheren Ziegen dachte? Am liebsten hätte er mit diesen Tieren gearbeitet – 1889 berichtete er über Impfung mit Lymphe, die von Ziegen stammte, denen man das Kuhpockenvirus inokuliert hatte.

 

„In der letzten Sitzung der Academie de médecine machte Hervieux Mittheilung über die Ergebnisse seiner Versuche mit Ziegenvaccine. Er fand, daß die Ziegen nach Einimpfung von humanisirter oder animalischer Lymphe einer regelrechten Eruption von Impfpusteln unterworfen sind. In gleicher Weise gelingt die Uebertragung der Pocke von der Ziege auf den Menschen. Hervieux rühmt der Benützung der Ziegen anstatt der von Kälbern den Vorzug größerer Reinlichkeit, der größeren Leichtigkeit der Operation, geringere Kosten der Anschaffung und Erhaltung des Thieres nach. Die Gefahrlosigkeit in puncto etwaiger Ansteckung theilt sie mit der Kuhimpfung; sie hat aber vor dieser noch den Vorzug, daß ihr Träger, die Ziege für Tuberculose nahezu unempfänglich ist, was bekanntlich bei der Kuh absolut nicht der Fall ist. Als ein 'Nachtheil der Verwendung von Ziegen zur Bereitung thierischer Lymphe hätte nur die geringere Ergiebigkeit dieser Thiere an Impfstoff zu gelten, da die zur Impfung geeigneten Hautflächen mehrmals kleiner sind als die der Kuh“ (Österreichische Badezeitung, 8. Juni 1890).

 

Wie impfte er? 

„versagte keine, so viele Impfstiche, so viele Erfolge; alle schlugen an und gaben Pusteln, und zwar nach der Methode der einfachen Punktirstriche; ich machte deren sechs, auf jedem Arm drei, ich impfte hundert in der Stunde“ 

 

1888 hatte er die Leitung des „Service de vaccine“ übernommen und umgehend den menschlichen durch animalischen Impfstoff ersetzt. Er stichelte, schnell, und mit viel Erfolg! 40 Sekunden pro Kind …

Sein Impfinstitut war 1896 so erfolgreich, daß er hier 200 (weibliche) Kälber hielt, um Paris und ganz Frankreich samt Kolonien mit Lymphe zu versorgen. (Bild am rechten unteren Rand signiert mit L(ouis Remy) Sabattier).

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Impferfolg, der messbare: die Pustel an der Impfstelle

AK, Pockenimpfung 1908

 

 

 

Luxemburg hatte seit 1906 ein modernes Impfgesetz:
“In der Luxemburger Kammer ist endlich der famose Impfparagraph des tüchtigen Seuchengesetzes in erster Lesung mit 25 gegen 14 Stimmen angenommen worden. Der Artikel lautet: Die Impfung ist obligatorisch im Laufe des ersten, die Nachimpfung im Laufe des elften Lebensjahres" (Echternacher Anzeiger vom 13.5.1906).

 


Das Gesetz wurde am 27.6.1906 votiert, trat aber erst Monate später in Kraft.

 

Am 20 Juni 1908 informierte der Landwirt (cf. Memorial n°45/1918) Pierre Lippert-Straus aus Roodt/Simmern den Impfarzt Dr. Félix AREND (1870-1952), dass die Impfung bei seinem Sohn angegangen war:
"Herr Dr. Arendts. Ich teile Ihnen mit, dass die Pocken anfangen zu wachsen, welche Sie unserm Knaben gesetzt haben".

"t'Pouke sinn ugaang" - die Lymphe hat gegriffen, sagte der Laie!

 

"Durch Beschluß des Unterzeichneten vom heutigen Tage ist Hr. Dr. Felix Arend, Arzt in Cap, zum Impfarzt provisorisch für die Jahre 1905-1906; und 1906-1907 für den ganzen Kanton Capellen ernannt worden. Luxemburg, den 29. Dezember 1905.
Der General-Director der öffentlichen Arbeiten.
K. de Waha".

 

Auch 1908 war Dr. AREND als Impfarzt bestallt, wie folgender Notiz im Gesundheitsbericht des Kantonalarztes für das Jahr 1908 zu entnehmen ist:
"Impfwesen. — Die Impfungen und Nachschau wurden von den bestellten Aerzten Dr Arend und Dr Tourneur, soweit ich erfahren und beobachtet habe, regelrecht vorgenommen" (Memorial n°51 vom 26.8.1909).




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Impfung, Suche nach Impfstoff

Brief, 1829 

1829 schrieb der Chirurg Laurent Frédéric BERNUTZ aus Bouillon an den Sekretär der Gesundheitskommission CLASEN in Luxemburg und bat um "suc vaccin" - um Pockenschutzlymphe: 
      "Monsieur
       Malgré le desire que j'ai de me
       prêter au desir du gouvernement
       je n'ai pu jusqu'alors me procurer
       du suc vaccin dans ce pays.
       Je vous aurai obligation de m'En
       Envoyer c'Est dans cette Esperance que j'ai L'honneur d'Etre
       Monsieur
       Votre tres humble Serviteur
       Bernard père
       Bouillon le 1. Juin 1829"

BERNUTZ fühlte sich von seinem Land im Stich gelassen und suchte Hilfe im Grossherzogtum ...

Die politischen Verhältnisse waren kraus! Bouillon war 1814 französisch geblieben und lag nun im "département des Ardennes". Artikel 69 des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815 resp. der sog. "2. Vertrag von Paris" vom 20. November 1815 integrierten das Herzogtum Bouillon in das Königreich der Niederlande, zusammen mit den Regionen Philippeville und Mariembourg. Am 25. August 1830 brach die Belgische Revolution aus, am 30. Oktober 1830 erhob sich die Stadt Bouillon, doch musste sich die Besatzung der Festung ergeben: am 15. November 1831 wurde Bouillon durch den Londoner Vertrag in das neu geschaffene Königreich Belgien integriert.

BERNUTZ hätte seinen Impfstoff folglich bei den niederländischen Behörden bestellen müssen. Als er scheiterte, wandte er sich nach Luxemburg - hier herrschte ... der König der Niederlande, wenn auch nur als Grossherzog !

Der königlich-grossherzogliche Erlass vom 18. April 1818 verfügte die obligatorische Pockenimpfung der Armen Kinder und der Insassen von Wohltätigkeitsinstitutionen. Wo also besorgte man sich um 1828 die Impflymphe? In endemischen Gebieten gewann man die Lymphe aus den Pusteln von Kindern, die an Pocken erkrankt waren, in Impfgebieten aus Impfpusteln! Sollte eine Impfkampagne in einer pockenfreien Region gestartet werden, musste das Impfserum importiert werden:
     - frisch in den Impfpusteln von Menschen (Matrosen etc), von Tieren (Ziegen, Kühen, Eselinnen, Hunden, Schafen etc.),
     - frisch in kleinen Glas-Fläschchen, die hermetisch verschlossen waren und mit Stickstoffgas gefüllt waren, um den Kontakt mit Luft zu vermeiden.
     - frisch zwischen zwei Glasscheiben, deren Ränder mit flüssigem Kerzenwachs abgedichtet wurden.
     - frisch in Kapillarröhrchen, die an den Enden verschweisst wurden.
     - getrocknet in Krusten, die am 20. Tag nach Ausbruch der Pocken von einer Pustel abgenommen wurden und in einem Fläschchen oder in Papier eingewickelt verschickt werden konnten.
Den besten Impfstoff erhielt man, wenn die Lymphe dickflüssig war und im Dunkeln, geschützt vor Luft, verschickt wurde.

Lit.:
Eva-Maria Henig, 200 Jahre Pockenimpfstoff in Deutschland. Mit einem Geleitwort von Fritz Krafft. 1997.



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Impfverband n. COWAN

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Mit den anstehenden Massenimpfungen wird das Thema wieder aktuell werden: womit verbindet man die Impfstelle? Hier ein Beitrag aus dem 19. Jahrhundert: ein Gestell, das mit Bändern über der Impfstelle am Oberarm befestigt wurde.

 

Exponat

Vaccination shield „Sold by all chemists & druggists“. Materialien: Ziegen-Leder, Draht, Baumwolle, Karton und Papier.

Maße: Schild: 75 mm (Länge); 58 mm (Breite), Verpackung: 83 mm (Länge); 57 mm. (Breite); 45 mm (Höhe).
Datierung: 1901-14 (?).

 

Erfinder

1878 erfand der Glasgow'er Fabrikant William COWAN einen Verband in Form eines Schutzschildes: „My shields have been before the Public for over six years, and during that time I have made great improvements on it for fit and appearance, so be sure and ask Cowan’s, for any other will hurt your sale for that article and oblige, truly yours, Wm. Cowan, inventor and patentee of the vaccination shield” (The Chemist and druggist, Vol. XXVI N°1, 16 january 1884).

 

1886 verkaufte er “trusses, crutches, arm slings, belts and bandages, elastic stockings, knee caps, anklets” – vor allem aber warb er für sein „vaccination shield“.  Trusses sind Bruchbänder bzw. Leibbinden.

 

Mit dem einer Anaesthesie-Maske nachempfundenen Gestell konnte die Impfwunde so abgeschirmt werden, daß das Kind die Lymphe nicht durch Kratzen und Reiben der Pustel verbreiten konnte.

 

Hätte jedes Kind ein solches Schild tragen sollen? Vermutlich nicht! Denn besonders schützen wollte man nur Impfpusteln, die in der Arm-zu-Arm-Methode zum Weiterimpfen gedacht waren: „To protect the pustules that develop after smallpox vaccination, which should serve as a source of new vaccine lymph“ (Medical collection Uni Zurich) - Schutzschilde waren also eher etwas für "Impfkönige".

 

 

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Inkubator (1)

 

Die Geschichte der Brutkästen für Säuglinge beginnt in einer Ausstellung neuester Modelle von Brutkästen (Couveuse pour oeufs) im Palais Rameau in Lille! Hier besuchte der Geburtshelfer Etienne Stéphane TARNIER (1828-1897) 1879 eine Ausstellung mit Brutkästen, in denen Eier und Küken exotischer Vögel ausgebrütet wurden - eine Einrichtung, die es im Übrigen schon im alten Aegypten gegeben hatte. Auf die Idee, in solchen Kästen unreife Menschen grosszuziehen aber war bis dato niemand gekommen, abgesehen von einem Arzt aus Rapallo, der 1577 sein Neugeborenes in einem Ofen grossgezogen hatte, den er nach dem Vorbild der altaegyptischen Hühnerbrutkästen gezimmert hatte ...

TARNIER liess sich von dem Techniker des Pariser Tiergartens Odile MARTIN einen dieser Kästen umbauen und setzte ihn erstmals 1880 in seiner Entbindungsklinik in Paris ein für die Aufzucht von Frühchen ! Da dieser erste Inkubator schwerfällig war und die Lufttemperatur schwer zu stabilisieren war, tüftelten TARNIER und sein Assistent Dr. Alfred AUVARD binnen 10 Jahren einen neuen Typus von Inkubator aus, der nicht mehr mit heissem Wasser beheizt wurde, sondern mit Warmwasserbehältern, die alle 2 Stunden ersetzt wurden.

Der in Nice praktizierende Geburtshelfer Alexandre LION liess 1889 einen Inkubator patentieren, dessen Luft über einen externen Gas- oder Ölbrenner erwärmt wurde, dessen Temperatur über Thermostat geregelt war. Für das Pflegepersonal bedeutete dies eine wesentliche Erleichterung - kein Wasser mehr zu wärmen, keine Wärmflaschen mehr auszutauschen... Fabrikant der Inkubatoren war ein gew. Paul Altmann in Berlin. Für die öffentlichen Ausstellungen entwarf LION senkrechte Glasscheiben , durch welche das Publikum einen Blick in die wundersame Welt der Kleinen werfen konnte.
Auf den Bildern sind der Erfinder LION, die Inkubatoren, aber auch ein Zimmer zu sehen, in dem Ammen die Frühchen an der Brust stillten... Diese Ansichtskarten wurden auf den Messen verkauft, auf denen LION seine Brutkästen vorführte (Nice, Marseille, Lyon, Paris). Gerne liessen die Zuschauer einen Louis springen, um die Kindchen zu sehen, die LION in diesen Kästen grosszog - die Kästen wurden stets MIT KIND ausgestellt !!

Lit.
Félix F. Marx, Die Entwicklung der Säuglingsinkubatoren, Siering KG, Bonn 1968.

Link
www.wissen-schafft-gesundheit.de/dateien/tuebingen_buchenau.pdf




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Inkubator (2)

 

Von den 8000 Kindern, die man dem guten COUNEY anvertraute, überlebten 7.500: 80% der in diesen Kästen gepflegten (und ausgestellten) Frühchen überlebten - keine Krankenkasse, kein Elternpaar musste für Pflege und Aufzucht auch nur einen Penny zuzahlen - dank der Eintrittgelder zu den Shows.

Vorgestellt wird eine Ansichtskarte, auf der eine Ausstellung in Lüttich im Jahr 1905 abgebildet ist.
"Christine Renardy n’hésite pas un moment à employer face à cette somptueuse exposition, la notion de « miroir aux alouettes ».
Oui , car en 1905 ,c’est un nouveau monde qui se dessine. Les Etats-Unis sont les grands absents de cette exposition. Eux-mêmes clôturaient leur exposition de Saint Louis. Herstal fournit pour quelques années encore des armes et des véhicules à la Russie tsariste. Le Japon fait rêver nos industriels. La France éclabousse l’exposition avec ses 8000 exposants et ses 30.000m2. Le Sénat français en personne alloua 350.000 francs de l’époque aux organisateurs liégeois. La France prépare son exposition coloniale de 1906 à Marseille, les pavillons des colonies françaises sont installés à la Boverie. Paradoxalement il est aussi question d’un nouveau clivage social… « Dans le livre d’or de 1905, le journaliste libéral Olympe Gilbart évoque « les œuvres sociales » et non la législation sociale. Il écrit : « la charité réapparaît sous une forme nouvelle ou les forts viennent au secours des faibles». C’est dans la zone d’attraction de Fragnée que l’on expose les gens de couleur. Dans un village sénégalais sont parqués cent cinquante nègres qui s’adonnent à diverses activités devant la foule.
Christine Renardy :
«il y a ce dédain de la personne humaine qui côtoie des grandes idées de progrès. La femme au travail est montrée en bonne ouvrière, des prématurés sont exposés dans les premières couveuses expérimentales». Un ouvrage pessimiste ? «Absolument pas. Le tout n’est pas de se glorifier d’un temps révolu mais de permettre de comprendre l’élan créateur qui a toujours animé Liège. De cerner les potentialités économiques qui s’offrent aujourd’hui dans un Liège en mutation"

www.proxiliege.net/index.php?page=article&id=325&idrub=26.

Lit.:
CIAUDO - La Maternité Lion de Nice pour enfants nés avant terme ou débiles. IMPRIMERIE V.-Eug. GAUTHIER & Cie.. 1895. In-12In-12. 52 pages.

Link
www.neonatology.org/pdf/7200377a.pdf



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Inkubator (3)

 

Auf der rechten Seite (Bild) war an die Aussenwand des Inkubators die Heizungsanlage festgeschraubt: der sauber glänzende (versilberte!) Öl- resp. Gasbrenner. Der Inkubator selber war aus Eisen konstruiert.

Jeder Inkubator verfügte über eine eigene Frischluftzufuhr, ein Rohr mit einem elektrischen Gebläse, das Aussenluft in die Brutkammer blies. Oben kann man das Abluftrohr erkennen, das verbrauchte Luft ableitet, eine regelrechte "hotte".

Auf einer "Fiebertafel" über dem Fenster wurden die Fortschritte eines jeden Kindes festgehalten (Gewicht, Körpertemperatur).

Da der Inkubator scheusslich teuer war, scheuten die Krankenhäuser die Anschaffung. LION tingelte daher von Ausstellung zu Ausstellung und liess das Publikum gegen Eintrittsgelder einen Blick in seine ambulante Frühgeborenenklinik werfen...


LION fand einen Nachahmer in der Person von Martin COUNEY, einem deutschstämmigen Mediziner (*in Breslau oder dem Elsass, ausgebildet in Breslau, in Paris bei BUDIN; gest. in den USA am 2.3.1950), der in Berlin (Kinderbrutanstalt, Weltausstellung 1896), 1897 in London (Earls Court) und ab 1898 in den USA und weltweit ein breites Publikum zu begeistern vermochte [1898: Trans-Mississippi Exposition in Omaha. 1900: Paris World Expo. 1901: Pan American Expo in Buffalo. 1903: Coney Island. 1905: Minneapolis. 1906: Portland. 1908: Mexico City. 1910: Rio de Janeiro. 1910: Weltausstellung Brüssel. 1912: Chicago's White City. 1913: Denver. 1915: Panama Pacific International Expo in San Francisco. 1939 Weltausstellung in New York].



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Keuchhusten

Ansichtskarte 1930 

Am 2. August 1930 schrieb ein Bekannter an Pierre Krein in Ulflingen :
«Cher monsieur Krein. Nous ne pourrons pas donner suite à nos projets d’aller vous voir mardi prochain, nous sommes bloqués à Luxembourg par notre fille qui a la coqueluche qu’elle a sans doute ramenée de Blankenberghe. Nous sommes bien embêtés et nous regrettons beaucoup. Peut-être vous verrons nous à un de vos passages à Luxembourg».

… ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für diese Kinderkrankheit :
«Meist herrscht der Keuchhusten in Epidemien, die am häufigsten am Ende des Winters und im ersten Frühjahr, etwas seltener im Herbst und Winter, am seltesten im Sommer auftreten» (Meyers Konversationslexikon 1909 Bd.X S. 871).
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Keuchhusten (lat. pertussis, frz. coqueluche, lux. «bloën Houscht») ist eine schwere bakterielle Infektionskrankheit der Atemwege. Charakteristisch ist das laute, keuchende Geräusch, das nach den Hustenanfällen auftritt und durch besonders tiefes Atemholen entsteht. Bei Kindern unter sechs Monaten kann es zu plötzlichen, lebensbedrohlichen Atemstillständen kommen - daher der Rat, sehr kleine Kinder stationär aufzunehmen ...

"Redingen, 15. Okt. Seit zwei bis drei Monaten herrscht hier unter den Kindern eine bösartige, mehr oder weniger ansteckende Halskrankheit, der sog. Stickhusten, auch blauer Husten genannt. Man hat hier 2-3 Sterbefälle solcher Art verzeichnet. Die Krankheit scheint jedoch jetzt abzunehmen" (Obermoselzeitung vom 16.10.1891).
"Kanton Redingen: Keuchhusten wurde in 4 Ortschaften festgestellt. 1 Kind im Alter von 22 Monaten erlag der Krankheit infolge von Komplikation mit kapillarer Bronchitis" (Rapport sur la situation sanitaire 1917, in: Memorial n°73 vom 17.11.1918).

Vorbeugend gibt es eine (sehr umstrittene) Impfung seit 1945 .. Therapeutisch werden heutzutage Antibiotika eingesetzt, vor allem das Erythromycin. Sie verkürzen die Erkrankung, wenn sie früh eingesetzt werden. Was aber taten die Leute, als es noch keine Antibiotika gab ?

«Gegen die Hustenattacken gibt es auch heute praktisch kein Mittel. Bei Hustenanfällen richte man das Kind auf, unterstütze den Kopf und entferne den zähen Schleim aus dem Munde. Günstig und oft überraschend schnell wirkt ein Ortswechsel, namentlich ist der Aufenthalt auf dem Lande in sonniger, trockener Lage zu empfehlen» (Meyers Konversationslexikon 1909 Bd.X S. 871). Neben allen erdenklichen Tränken und Mixturen (Schneckensirup, Eichelkaffee, mit Milch gekochtem Seehundfett ) wurde die Ortsveränderung angeraten: das kranke Kind wurde aus seiner bisherigen Krankenstube in ein anderes Zimmer, am liebsten der oberen Etage, gebracht. Dabei war nicht die Verbesserung der Luft ausschlaggebend, sondern die Änderung. Manchmal wurde der Aufenthalt in einer Windmühle empfohlen. Französische Kinder wurden im Winter an die Riviera geschickt, im Frühjahr und Frühsommer nach Arcachon in die waldigen Höhenlagen.

Behandlung in Klimakammern
Oft leisteten Klimakammern gute Erfolge, indem sie "Ferien in den Bergen" vortäuschten: um 1960 wurden die Kinder in Unterdruckkammern gesteckt, so in Münster i. Westphalen, wo eine Privatpraxis sich auf diese Behandlung spezialisiert hatte und der Warteraum nur so von hustenden Kindern wimmelte. Unterdruckkammern, vergleichbar einem Höhenflug im Flugzeug oder einer Gondelfahrt in die hohen Berge der Alpen, leisteten oft erstaunlich gute Dienste. Auch das Staatsbad Mondorf / Luxemburg besass eine Unterdruckkammer, wo Kinder mit Keuchhusten hingebracht wurden. Mit dem Neubau des Bades in den 80iger Jahren verschwand die Kammer ...

Behandlung in der Brauerei
Im Sudhaus der Brauereien setzt die Gärung grosse Mengen von CO2 frei. In den Räumen, in denen die offenen Gärbottiche stehen – heute nur noch selten anzutreffen – entsteht eine hohe Kohlendioxidkonzentration: diese ist normalerweise der Gesundheit nicht sehr zuträglich. Kinder aber, die an Keuchhusten litten, wurden (und werden auch heute noch, wenn auch selten) 1 bis 2 Stunden lang über die Bottiche "gehängt", um das Gas einzuatmen. Die sauerstoffarme Luft half.
"Im Jahre 1953 entstand ein Gärkeller mit rostfreien Stahlbottichen. Hier sollten wir als Kinder jeweils vom Keuchhusten befreit werden" (zit.: https://www.appenzellerbier.ch/fileadmin/webmaster_ img/downloads/100jahre.pdf).
Auch in der Brauerei Bofferding (jetzt Brasserie Nationale) in Niederkerschen / Luxemburg verbrachten die kleinen Patienten Stunden im Keller. Nicht aus hygienischen Gründen (Bier ist nicht anfällig für pathogene Keime) sondern infolge einer veränderten Produktionsweise endete diese Form der Kur in der Brauerei: im Dezember 1990 wurden die Installationen rundumerneuert, wurde der Betrieb umgestellt auf ein modernes, "geschlossenes System" bei dem kein CO2 mehr freigesetzt wird (persönl. Mitteilung Herr Peter Wagner, Leiter der Produktionsabteilung).
Nur in Kleinbrauereien wird heute noch hie und da (im Ausland) mit dem "offenen System" gearbeitet, wäre man demzufolge noch gerüstet für "hustende Kinder" ...

Behandlung im Gaswerk
Nicht überall standen Unterdruckkammern oder Gondeln in luftige Höhe zur Verfügung. Not macht bekanntlich erfinderisch. So gab es bald skurrile Ausartungen der "Veränderung", zum Beispiel den Aufenthalt in der sauerstoffarmen Luft der Gaswerke. Schon 1864 wurden in Frankreich Kinder im Gaswerk von Saint-Mandé den Gasen des Werkes ausgesetzt, und wurden Therapieerfolge gemeldet. Man erhoffte sich eine Besserung durch die Einatmung von Ammoniakdämpfen, die bei der Verkokung von Kohle entstehen. Die luxemburger Tagespresse berichtete 1865 von diesem "Ereignis":
"A Paris, un ouvrier gazier garda auprès de lui son enfant, atteint de coqueluche, à coté dun épurateur à gaz qu'il était chargé de renouveler. Ce petit enfant, après avoir passé quelques instants dans cette atmosphère chargée de vapeurs ammoniacales sulfhydratées, d'acide carbonique et de matières volatiles très complexes, résultant de la distillation de la houille, se trouva radicalement et presque instantanément guéri. Ce fait inspira au directeur la pensée d'essayer l'action que l'aspiration des gaz répandus dans l'atmosphère des épurateurs exercerait sur d'autres petits patients. Le succès répondit à ces vues charitables; il répéta, comme nous l'avons dit, l'expérience sur des centaines d'enfants, et toujours avec le même bonheur, sans qu'il y ait presque jamais été nécessaire de renouveler l'opération. Nous croyons qu'on ne peut, dans l'intérêt de l'humanité, donner trop de publicité à une pareille découverte" (Luxemburger Wort vom 10.11.1865).

Im Gaswerk Schlieren bei Zürich durften zu Beginn des 20. Jahrhunderts an Keuchhusten erkrankte Kinder mit Sand aus der Gasreinigungsanlage spielen und in Chur hielten sich Kinder ein bis zwei Stunden in der Nähe von Kokshaufen auf.
"Kein Wunder, dass die geplagten Mütter auf alle möglichen Therapieangebote eingingen, wie eben: Stundenlanges Spielen in der Nähe der ausglühenden Kokshaufen oder dem Sand mit dem letzten Ausstoss von Gasen. Offensichtlich erfuhren die meisten dieser «Gaswerkkinder» eine Linderung, wenn auch nur von kurzer Dauer. Wie eine solche zustande kam, konnte niemand erklären. War es die Einwirkung der Ammoniak- gase auf die Bronchialschleimhäute, war es die Wirkung des CO auf die Erneuerung der Ec, oder war es irgendein Impuls zur Immunisierung? Hauptsache, die Kinder und die Mütter konnten wieder einige Nächte durchschlafen" .

Auch im schweizer Gaswerk Flawil wurde diese Behandlung vollzogen:
"Aus verschiedenen mündlichen Überlieferungen, jedoch nicht aus den Geschäftsberichten, ist die Gaswerk-Dienstleitung als Heilinstitution bekannt. Die Gasmeister stellten bei Bedarf frischen Koks für Therapiezwecke zur Verfügung. Vor allem Kinder mit Keuchhusten mussten entweder am Rande der Kokshaufen sitzend schwefel- und ammoniakhaltige Luft einatmen oder durften auf den Kokshaufen spielen. Welche Wirkstoffe oder Wirkungsketten mit im Spiel waren ist zur Zeit leider noch nicht klar. Dieses Angebot wurde erst in den späten 1960er-Jahren eingestellt" .

Auch in Augsburg war diese Behandlung bekannt:
"Da das vom Ofen erzeugte Gas auch sehr schwefelhaltig war, hat man ein Reinigergebäude gebaut, in dem das Gas durch eine Reinigermasse (Rasenerz) strömen mußte, welches das Schwefel aufgenommen hat. Früher hatten manche Leute vermutet, das die Reinigermasse gut für Kinder ist, die schweren Keuchhusten hatten. In manchen anderen Gaswerken war es angeblich für die Kinder möglich in der "verbrauchten" Reinigermasse zu spielen. Dies soll bei ihnen zur Linderung ihrer Beschwerden geführt haben"

Warendorf im Münsterland war keine Ausnahme:
"Es war vielen Müttern bekannt, dass die Luft in der Gasanstalt zur Gesundung ihrer an Keuchhusten erkrankten Kinder beitragen konnte. Mehrere Male hielten sie sich mit dem erkrankten Kind vor den großen Öfen auf. Ob die Wärme oder die Zusammensetzung der Luft die Besserung brachte, weiß man nicht. Das Vertrauen in diese Heilmethode war groß.".

Selbst in Algerien war die Methode bekannt. Hier inhalierten die Kinder das Gas direkt aus den Tanks:
"Je me souviens d'une époque où maman m'amenait tous les matins à l'usine à gaz de la ville. Elle se trouvait au Faubourg Perrin plus loin que l'école Marceau où j'allais à l'école primaire. Je me revois monter sur une échelle pour atteindre une grande surface circulaire. Je me trouvais au-dessus d'une énorme cuve cylindrique. Un ouvrier ôtait un bouchon et pendant quelques minutes, accroupie à genoux je mettais mon nez dans l'orifice pour respirer ce gaz. J'avais la coqueluche et tous les enfants qui avaient cette maladie presque en même temps faisaient de même".

In Luxemburg brachte man hustende Kinder noch nach dem 2. Weltkrieg ins Hollerich'er Gaswerk (von 1899-1968 in Dienst) ... (persönl. Mitteilung Hr. Nico Mousel/11 r. Ch. Arendt / Luxemburg).

Die Methode war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts umstritten. So meinte das "Larousse médical" 1925: "Quant au séjour dans les usines à gaz, autrefois en honneur, il ne repose sur aucune base scientifique sérieuse".

Keuchhustenflüge
Seit langer Zeit war gewusst, dass ein Aufenthalt in den Bergen besonders hilfreich war - oft war die Höhenluft von Davos, oder ein Aufenthalt auf dem Säntis oder dem Jungfraujoch ein wahrer Segen! Es stellte sich bald heraus, dass nicht die Klimaänderung für die Besserung verantwortlich war, sondern der Unterschied im atmosphärischen Druck; je schneller dieser änderte, umso besser! Kinder wurden daraufhin in Seilbahnkabinen gesteckt und möglichst schnell in grosse Höhe gebracht und vice versa.
1939 berichteten zwei deutsche Forscher von Erfolgen mit einer perfektionierten Technik: sie beschrieben die Ergebnisse der Wirkung von Höhenflügen auf die Höhe von 3000–3500 m auf den Verlauf des Keuchhustens bei 136 Kranken in verschiedenen Lebensaltern. In 82,4% der Fälle trat innerhalb der ersten 5 Tage nach dem Flug eine erhebliche Besserung ein, bei 46,3% waren 8 Tage nach dem Flug die Anfälle vollständig verschwunden. Nur bei 11 Kranken besserte sich nichts. Die Flüge waren ein Teil der von dem Sanitätsamt des NS.-Fliegerkorps unternommenen Versuche. Die Durchführung der Flüge wurde entscheidend unterstützt durch die Gruppe IV des NSFK. sowie durch die Hansa-Flugdienst G.m.b.H.

In Österreich kam die Methode nach Kriegsende an. Der Amerikaner Captain James Hayes flog mit an Keuchhusten erkrankten Linzer Kindern Höhenflüge und verunglückte 1954 mit seinem Co-Piloten bei einem Wetterflug tödlich. Im Sommer 1955 begann die Salzburger Rettungsflugwacht mit Keuchhustenflügen über Salzburg … Keuchhustenflüge sind eine besonders schonende Therapieform bei der Behandlung von Pertussis (Keuchhusten). Mit erfahrenen Berufspiloten steigen Sie innerhalb kurzer Zeit auf große Höhe (über 3.000 m).
 Durch den geringeren Luftdruck in dieser Höhe erweitern sich die Bronchial- und Lungengefäße und führen zu einem leichteren Abhusten des Schleimes. Besonders aber durch rasche Luftdruckunterschiede beim Flug ohne Druckkabine kann der Husten nachhaltig behandelt werden.
«Der Pilot eines Kleinflugzeuges stürzte aus ca. 4000 Meter im Sturzflug auf knapp 2000 Meter hinunter. Dort wurde heftig der Steuerknüppel gegengezogen. Die daraus resultierende Kraft beförderte, neben Mageninhalt, sämtlicher Schleim aus den Bronchien».

Noch 1967 verordnete man Keuchhusten-Flüge ab Flughafen Stuttgart. Kleine Flughäfen wie Jesenwall bei München, Marburg oder Leer in Ostfriesland werben noch heute mit Keuchhustenflügen; auf Sylt bietet der Arzt und Pilot Dr. Jochen Geyer, auf dem Flughafen Wahn Odilo Hahnhäuser mit seiner „Piper Stinson" Keuchhustenflüge an. Von dem Flughafen Findel in Luxemburg starteten noch in den 80er Jahren "Vols coqueluche" ... Für die Fluglotsen bedeuten diese Sonderflüge insofern eine besondere Herausforderung, als der Luftraum besonders weiträumig abgesichert werden muss, da die Flüge deutlich höher in den Luftraum hinein reichen als übliche Flüge mit kleinen Privatmaschinen - Flugbahnen müssen bis in Höhen von 3.500 MüM freigehalten werden …

Eine bessernde Wirkung ist oftmals sofort, spätestens aber nach 4 - 6 Tagen zu verspüren. Viele schwören auf die positive Wirkung dieser Höhenflügen und manche Krankenkassen übernehmen sogar die Kosten. Höhenflüge können die Krankheit zwar nicht heilen, aber den schweren krampfartigen Husten oft sehr stark lindern.

Alternative : wohl werden auch die Keuchhusten-Patienten des französischen Arztes Dr. Max Richou "unter Druck" resp. Unterdruck gesetzt. Richou greift also auf die bewährte Idee zurück, Keuchhusten durch "Höhenflüge" zu behandeln, allerdings tut er dies mit einem beträchtlichen Unterschied: er veranstaltet Keuchhustenkuren in 4000 Meter Höhe zu ebener Erde. Er schickt seine Patienten jedoch nicht in die Luft, sondern in die Höhendruckkammer - 70 Prozent Erfolg verzeichnet Richou mit seinem Verfahren. Er will es durch weitere Forschungen noch verbessern und dann die Höhendruckkammer auch gegen Asthma einsetzen. Glaubt man den Franzosen, so sind sie die Erfinder der Methode:
"Le « vol de coqueluche » ou « méthode strasbourgeoise » a été inventé dans la première moitié du XXe siècle par le Docteur W. Matter (Aéro-Club d’Alsace) pour soigner la coqueluche". In der Tat arbeitete MATTER mit einer 90x90x200 cm grossen Unterdruckkammer, die heute ehrfurchtsvoll im Depot der AMUSS aufbewahrt wird .

Lit. :
- Friedrich Pflug, Hildegard Jungheim, Über die Beeinflussung des Keuchhustens durch Höhenflüge, in : Journal of Molecular Medicine, Volume 18, Number 37, September 1939.
- Flammer R. Gaswerktherapie und Schneckensirup gegen Keuchhusten, in: Schweiz Ärztezeitung. 2006; 87(42):1808.