Urologie


Beinhalter n. CLOVER

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"So ist der Mensch: für jedes Problem [findet er] eine Lösung - von wohltuend bis brutal" (Medizinalrat Dr. Christoph Neuner, Innsbruck).

***


Alternativ zum speziellen gynäkologischen OP-Tisch/Stuhl wurden Mitte des 19. Jahrhunderts Beinhalter entwickelt, die unabhängig von Tischen und Stühlen benutzt werden konnten, ob in einem Hospital oder in einer Privatwohnung:

1860 erfand der Londoner Urologe und spätere Anaesthesist Joseph Clover den hier gezeigten Beinspreizer.

 

"Clover's Perineal Crutch consists of an adjustable steel bar, which can be lengthened or shortened at will. Each end of the bar is provided with a steel leather-covered band, of sufficient size to encircle the leg just above the knee (..) the straps passed underneath the back" (Charles Truax, The mechanics of Surgery, 1899S.110, reprint 1988).

 

"Joseph Thomas Clover (1825-1882) was a surgeon and pioneering anaesthetist. He developed this obstetriccrutch [dtsch. Krücke] to keep the patient in the ‘lithotomy position’. This involved the patient lying on his or her back with the knees bent by attaching one padded leather strap to each thigh. It was most commonly used during childbirth or surgical procedures such as lithotomy. (..) Clover’s crutch was reputedly used between 1860 and 1869 at Liverpool Maternity Hospital".

https://collection.sciencemuseumgroup.org.uk/objects/co96681/clovers-obstetric-crutch-lithotomy-crutch

 

"Joseph Clover designed this device to maintain patients in lithotomy for urological procedures. It was also used for obstetrics and was still being used in the early 20th century".

https://www.pinterest.at/pin/351351208402815899/

https://europepmc.org/backend/ptpmcrender.fcgi?accid=PMC2413810&blobtype=pdf

 

Nachfolgemodelle

wurden angegeben von Von Ott (1855-1929) in St. Petersburg, Max Sänger (1853-1903) in Leipzig, Franciszek Ludwik Neugebauer (1856-1914) in Warschau, Friedrich v. Schauta (1849-1919) in Prag, Koßmann, Dührßen, Olshausen, Ihle, Fritsch, Novakovski.- offenbar eine Spielwiese für Tüftler. 

 

Billiger Ersatz

"Johann Kalabin (Moskau): Ein einfacher Beinhalter. Eine originelle erfreuliche Improvisation, dem Ei des Columbus vergleichbar, wird uns ohne jeglichen Schwulst in schlichter einfacher Weise geschildert. Wer weiss, was ein Schauta’scher Beinhalter kostet und wer denselben nur ein einzigesmal ins Haus der Kranken mitgeschleppt, wer sich ohne Beinhalter und Assistenz mit Hilfe zweier Sessel oder dergl. mit den Beinen seiner Pflegebefohlenen zurechtzukommen bemüht hat — kurzum gerade der Praktiker wird den Werth dieses Beinhalters höher schätzen als manche hochgelahrte Erfindung. Ja, hinterher werden sich alle wundern, dass noch keiner sozusagen aus dem Stegreif darauf gekommen ist, in dieser Weise die Beine festzubinden, und sollte es einmal einer doch gethan haben, so war es nicht schön und unklug von ihm, die Sache der Oeffentlichkeit vorzuenthalten. Auf einen gewöhnlichen schmalen Tisch wird die Kranke in der bekannten Weise derart gelagert, dass das Gesäss und der Damm vor dem schmalen Rande desselben ein wenig hervorragen. Dann werden die Beine der Patientin ihr au den Unterleib gezogen und soweit wie nöthig auseinandergedrückt. Unterdessen hat man 2 oder 3 Handtücher (je nach deren Länge) zu einer langen Binde verknüpft und das eine Ende derselben an den einen — kopfwärts befindlichen — Hinterfuss des Tisches gebunden. Nun wird die so entstandene Binde bis zu dem entsprechenden Oberschenkel gezogen, über denselben oberhalb des Knies geschlungen, zum anderen Beine geführt, an derselben Stelle über dieses geschlungen und hierauf an dem anderen hinteren Tischfuss festgebunden. Wie man sieht — das reine Ei des Columbus! Wir würden uns freuen, die Kenntniss der praktischen und unendlich werthvollen Erfindung recht vielen von jenen Aerzten vermitteln zu können, welche nicht ständige Leser des „Centralblattes“ sind. ln dieser Absicht haben wir den uns zugemessenen Raum in ungebührlicher Weise in Anspruch genommen" (Wiener klin. Rundschau Nr29 vom 21. Juli 1901 S.522).

 

Ab 1905 setzten sich allmählich die schalenförmigen Beinhalter n. Goepel durch, "(..) besser sind die üblichen Beinhalter an den modernen Operationstischen, z.B. diejenigen von Goepel (Hermann Tillmann, Lehrbuch der speziellen Chirurgie, Teil 2: Chirurgie des Unterleibs, Leipzig 1911 S.584), benannt nach dem Leipziger Chirurgen Emil Robert Goepel (1854-1935 in Leipzig), Leiter der Chirurgischen Privat-Klinik in der Leipziger Funkenburgstraße 3. 

Urologie


Blasenspritze (1)

Glasspritze mit Ring und Platte 

 

     Die Blase muss gelegentlich mit keimabtötenden oder blutstillenden Lösungen ausgespült werden. Blutgerinnsel und Steinchen können durch energisches Spülen entfernt werden.

 

 

PAULUS von Aegina (625?–690? n. Chr.) beschrieb die Blasenspülung. Dazu wurde eine mit Flüssigkeit gefüllte Rinderblase an einen Bronzekatheter befestigt. Durch Druck auf die Rinderblase konnte man die Blase des Patienten ausspülen. Der grosse arabische Arzt ABU AL-QASIM AL-ZAHRAVI (Albucasis) (936-1013 n. Chr.) verwendete um das Jahr 1000 eine Stempelspritze.

 

 

Noch heute bedient man sich grosser - seit der Erfindung der Asepsie sterilisierbarer - Stempelspritzen.

 

Blasenspritzen oder auch Katheterspritzen passen mit dem Ansatz direkt in den Ablauftrichter oder auch Spültrichter von Blasenkathetern. So läßt sich Urin abziehen oder Spülmedien in die Blase einbringen.

 

 

Exponat

Vorgestellt wird eine 22 cm lange Blasenspritze aus Glas - auch der Ansatz ist aus Glas - in ihrer Originalverpackung, Einring-Griff, Platte zum Abstützen von 2 Fingern, insofern eine "Dreifingerspritze".




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Blasenspritze n. JANET

JANET 1 1
 

 

     150ml-Spritze nach Jules JANET (1861-1940), einem Urologen in Paris, erstanden in Innsbruck am 21.5.2016 (Alter Hafen). "Däs isch a Spritz um den Kueche zu veziere" meinte ein älterer Herr – worauf ich die Skala am Kolben als Gegenargument anführte um zu belegen, dass es sich um eine medizinische Spritze handle.

 

Der Kolben ist NICHT eingeschliffen, besitzt noch die ursprüngliche Abdichtung mit Hanffasern, wie sie von den Einlaufspritzen geläufig war. Keine Herstellerstempelung.

 

Nota: 1908 benutze August BIER (1861-1949) für die regionale intravenöse Regionalanaestesie eine 100ml-Spritze n. JANET. Von dem gleichen JANET stammt eine Arbeit über Tripper, die ins Deutsche übersetzt wurde:

- J. Janet, Diagnostic et traitement de la blennorragie chez l'homme et la femme, éditions Masson, Paris, 1930, 2. Aufl. 536 S.

- J. Janet, Diagnose und Behandlung der Gonorrhöe beim Mann und bei der Frau, übersetzt und bearbeitet von Professor PAUL ASCH, Spezialarzt für Harn- und Geschlechts-krankheiten in Straßburg i.Els. Groß-Oktav.XV, 332 Seiten. 1931. A. Marcus und E. Weber's Verlag, Berlin und Köln. Mit 119 Abbildungen.

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Blasenspritzen

um 1950 

 

 

     Wegen des hohen Injektions-druckes und der Schwere der Apparatur besitzen Blasenspritzen fast immer 3 Fingerringe.

a) Spritze aus Metall nach Curt SCHIMMELBUSCH (1860-1895), auskochbar, ganz aus Metall, mit Griffdeckel,  

               eingeschliffenem Metallkolben und je einem konischen und olivenförmigen Ansatzrohr.


b) gläserne Spritze mit eingeschliffenem Metallkolben (Record) nach Jules JANET (1861-1940), einem Urologen in Paris.

 

      Auch in der Geburtshilfe fanden diese Spritzen Verwendung. Bei verzögerter Ausstossung der Plazenta wurde versucht, das Volumen der Plazenta zu vergrössern und den Uterus dadurch zu vermehrter Wehentätigkeit anzuregen - mit "Schaffung einer besseren Angriffsfläche der Wehen an der Plazenta" wurde die Aktion begründet: dabei ging es weniger um Fläche als vielmehr um Inhalt und Gewicht. Man spritzte ab 1914 die Plazenta nach MOJON*-GABASTOU** mit 250-500 ml steriler Kochsalzlösung in die Nabelvene auf. Ähnlich verlief die Kontrolle der geborenen Plazenta auf Vollständigkeit, indem man Milch in die Nabelvene injizierte. Bei der Milchprobe nach KÜSTNER*** und WAGNER wurde versucht, einen Gefässabriss am Austreten der injizierten Milch zu erkennen, die Luftprobe nach FRANKEN versuchte das gleiche, indem man Luft injizierte in eine unter Wasser getauchte Plazenta und nach aufsteigenden Luftperlen Ausschau hielt - insgesamt unsichere Methoden, die heute verlassen sind.

*Benedetto MOJON (1784-1849), Prof. in Genua, später Paris, gab 1826 das Verfahren zur Turgescierung der Plazenta an. Ein   ASTRUBADI (1754-1832) aus Rom beanspruchte das Primat der Methode. Sei's drum. Auf alle Fälle steht eines klar: die Methode kam bei den Ärzten nicht an...

**Juan A. GABASTOU (*1883) war Arzt in Buenos Aires und griff 1914 die Idee von MOJON wieder auf.

Lit.
J. Wieloch, Beitrag zur Turgescierung der Placenta nach Mojon-Gabastou, in: Journal Archives of Gynecology and Obstetrics, Springer Berlin / Heidelberg, Volume 129, Number 2 / September 1926, S. 261-270.

***Otto Ernst KÜSTNER (1849-1931) war Frauenarzt in Breslau, er gab einen Haken an zur Extraktion des Kindes am Steiss sowie eine Uterusfasszange.




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Desinfektionsapparat

Apparat n. SCHLAGINTWEIT, geschlossen, geöffnet, 1905

 

 

Der Kathersterilisator stellt einen frühen Beleg dar für die Asepsis im häuslichen Milieu: Sterilisation durch Wasserdampf von Geräten, die in der häuslichen Praxis zur Anwendung kamen, sei es in der Hand des Arztes, der Hebamme oder des geübten Laien...


Laut Katalog der „Medicinischen Waarenhaus Actien-Gesellschaft Berlin“ von 1910 (S. 244) war der Sterilisator besonders geeignet für den Eigengebrauch der Patienten – Gestehungspreis 18 Reichsmark. Die Firma hatte ein ähnliches Gerät im Angebot, halb so teuer (9 Reichsmark), von EHRMANN angegeben. Das gleiche Gerät „Cathétérale et Stérilisateur combinés, Système RUPRECHT“ findet sich (S. 585) in einem Katalog, den die Fa. “Esculape“ kurz nach der Jahrhundertwende herausgab, mit einer guten Gebrauchsanweisung: der Spiritusbrenner wurde bis zur Markierung gefüllt und auf den Dreifuss stellt. Die Katheter wurden in die Adapter gesteckt, die Schale mit 2 Eimerchen Wasser gefüllt, der Deckel heruntergeklappt ohnt ihn zu verriegeln (Explosionsgefahr), dann der Brenner entzündet. Nach 3 Minuten kochte das Wasser und der heisse Dampf strömte in die Katheter, von da ins Freie. Nach drei weiteren Minuten waren das Wasser und der Spiritus aufgebraucht, die Flamme erlosch von alleine, man konnte den Deckel nun öffnen, und die Katheter (oder andere kleine Instrumente, entnehmen. Das Gleitöl für die Katheterspritze wurde übrigens in einem kleinen Glaskolben mitsterilisiert.

a) Gerät auf seinem Dreifuss mit Brenner, daneben das Eimerchen für die Wasserfüllung.
b) aufgeklappter Kasten; man erkennt die beiden Blasensonden.

 

Exponat

"Liliput-Kocher" zur Sterilisierung von Weichgummikathetern, nach SCHLAGINTWEIT*, mit 2 Ledertaschen, Katalog Waldek & Wagner. 1905.

Das 19 (Langsachse) x 4 (Höhe) x 13 (Breite) cm grosse Gerät ist komplett, mit Spiritusbrenner und 2 Sonden. Es wurde auf einem Strassenmarkt in Arlon erworben im Juli 2003, wohin es von einem französischen Händler gebracht worden war. Verkauf mit der Anmerkung „le prix est correcte, quand il laisse deux hommes heureux“.

 

*Der in Bamberg geborene Felix SCHLAGINTWEIT (1868-1950) verhalf der Urologie als neuer wissenschaftlicher Disziplin in Bayern und Deutschland zum Durchbruch. Dazu trugen seine Tätigkeiten in Bad Brückenau und München bei, seine wissenschaftlichen Publikationen wie das Lehrbuch Die Urologie des praktischen Arztes, die Mitarbeit bei der Zeitschrift für Urologie und die Erfindung eines retrograden Zystoskops sowie weiterer Kleininstrumente (Wikipedia).

 

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Katheter n. GUYON

 

Gerade Urethra-Katheter nach GUYON für die Dilatation der ersten Zentimeter einer glans-nahen Striktur der Harnröhre. Die vorgestellten Sonden n°21-25 stammen aus dem Fundus des stadtluxemburger Arztes Camille GLAESENER (1887-1952).


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Katheterbehälter, Verschluss

Verschluss n. DESNOS, um 1920 

Nach dem gleichen Desinfektionsprinzip wie das in der Rubrik "Chirurgie" vorgestellte Hand- schuhkästchen funktionierte ein Glasrohr, in dem man um 1900 /1920 Blasenkatheter steril aufbewahrte.
Kautschuk und Gummi hätten das Auskochen oder Sterilisieren im Autoklav nicht überstanden. Daher die chemische Desinfektion.
Ein kleiner perforierter Behälter im Deckel enthielt sog. Paraform-Pulver (auch in Tablettenform im Handel), das durch allmähliches Zersetzen Formol-Dämpfe freisetzte:
«Tube de DESNOS pour aseptiser les sondes en caoutchouc ou en gomme. Bouchon en caoutchouc où se fixe une sorte de petite boîte poudreuse à couvercle perforé, dans laquelle on met 4 gr. de Tri-oxy-méthylène et 1 gr. de chlorure de calcium. Cette poudre dégage des vapeurs de formol (antiseptique)».

Der französische Chirurg Ernest Louis DESNOS (*1853 in Paris, gest. in Pondichéry im November 1925). 1877 "Interne des hôpitaux de Paris", wo er Schüler war von DAMASCHINO, BESNIER, LASEGUE, vor allem aber Félix GUYON (Saint-Denis, La Réunion, 1831 - Paris 1920). Er spezialisierte sich in Erkrankungen des urogenitalen Apparates. Besondere Beachtung fanden seine Arbeiten über die Verengung der Urethra als Folge von Nierentuberkulose und Prostatahypertrophie. Er verfasste eine sehr ansprechende "Histoire de l'urologie" (avec planches), Octave Doin&Fils, Paris 1914. Er starb 72jährig an der Cholera.

Vorgestellt wird der von DESNOS angegebene Verschluss – das zugehörige Glasrohr hat die Zeit leider nicht überstanden (aus dem Nachlass des Arztes Paul HETTO).




Urologie


Kühlsonde n. WINTERNITZ

Kuhlsonde n. WINTERLITZ
 

Die Kühlsonde (Psychrophor) n. Winternitz ist ein doppelläufiger, vorn geschlossener Katheter, durch den man einen Strom kalten Wassers zirkulieren lassen kann. Sie dient zum Kühlen der Harnröhre bei Blasenschwäche, Pollutionen, Impotenz, chronischem Tripper etc.

Der Psychrophor wurde von Winternitz im Jahre 1877 angegeben. "Die Sonde wird in horizontaler Lage des Patienten bis in die Pars prostatica eingeführt und nun wird der Hahn des zuführenden Schlauches geöffnet, und es circulirt ein Wasserstrom durch die Sonde" (B. Buxbaum. Lehrbuch der Hydrotherapie, Verlag Salzwasser, Paderborn 1903 S.162).

 

 

"Wilhelm WINTERNITZ (* 1. März 1834 in Josephstadt, Böhmen (heute: Tschechische Republik); † 22. Februar 1917 in Wien) war ein österreichischer Internist, Hydrotherapeut und Balneologe. Winternitz studierte Medizin in Prag und Wien, wo er Schüler von Johann von Oppolzer, Josef von Škoda und anderen Wiener medizinischen Größen war. Im Jahre 1857 wurde er zum Dr. med. promoviert und habilitierte sich 1865 als Dozent für Hydrotherapie. Seine zweite Habilitation für Innere Medizin erfolgte im Jahr 1874. 1881 wurde er zum a.o. Professor ernannt und 1899 zum ordentlichen Professor.

 

Aufbauend auf Vincenz Prießnitz hat er dessen hydropathisches Kaltwasser-kurverfahren zur modernen Hydrotherapie erweitert und gründete 1865 in Kaltenleutgeben die zweite dortige Kaltwasser-Heilanstalt und spätere „Wasserheilanstalt Professor Winternitz“, ein sogen. Heilbad. 1899 wurde Winternitz zum ersten Leiter der hydrotherapeutischen Klinik in der Allgemeinen Poliklinik in Wien berufen und erhielt den ersten Lehrstuhl für Hydriatik/Hydrotherapie an einer deutschsprachigen Universität. Winternitz veröffent-lichte eine große Zahl von wissenschaftlichen Aufsätzen und Monographien vorwiegend im Zusammenhang mit der Hydrotherapie. Er war Herausgeber u. a. der von 1891 bis 1908 unter diesem Titel monatlich erscheinenden „Blätter für klinische Hydrotherapie und verwandte Heilmethoden“, dann umbenannt in „Blätter für klinische Hydrotherapie und physikalische Heilmethoden“ (bis 1910)".

 

 

Exponat

29 cm langer Psychrophor.

Herkunft: Praxisauflösung in Hall; Flohmarkt Hafen / Innsbruck 9/2018.

Urologie


Lithotome caché, um 1880

Lithotome n. Frère Côme 

Ursache der Blasensteine
Blasensteine waren infolge der besonderen Ernährungsweise früher ein häufiges Leiden: Fleisch, Hülsenfrüchte, Bier und Wein (auch für Kinder!) führten zu einer erhöhten Ausscheidung von Harnsäure mit dem Urin. In Hungerszeiten hob der Abbau von körpereigenem Gewebe den Harnsäurespiegel an.

Therapie der Blasensteine
An die glorreichen Anfänge der Urologie erinnert das hier vorgestellte "versteckte Lithotom» nach Bruder Côme.
Das Messer liegt versteckt im Schaft des Instrumentes und erscheint auf Druck; schneidet den Blasenboden und die obere Urethra der Länge nach auf.

Eine schöne Abbildung des Instrumentes findet man in der Enzyklopädie von Diderot und D’Alembert (pl. XXXVI fig. 4). Die Autoren verweisen auf Bd. III der „Mémoires de l’Académie royale de Chirurgie“ und auf das Dictionnaire...
Im Dictionnaire des sciences médicales von 1818 wird die Methode ausführlich beschrieben (S. 354-472).

Bei dem vorgestellten Instrument (Fundus der Examensjury „Collation des Grades“, Luxemburg) handelt es sich streng genommen um ein Urethrotom, wie es von Jean BASEILHAC gen. Frère CÔME um 1700 entwickelt wurde – ein der Anatomie angepasstes Gastrotom nach THIBAULT. Hier kurz skizziert der Ablauf des Eingriffes: eine metallene Sonde mit einer Rinne wurde in die Blase eingeführt und so gehalten, dass der Damm sich an einer Stelle vorwölbte. Hier schnitt der Chirurg ein und führte, auf blutigen Wege also, sein verdecktes Messer mit der rechten Hand über die Katheterrinne ein, führte die Lithotomspitze in die Blase ein, zog den Katheter zurück und zog dann auch das Messer - in ausgefahrenem Zustand - zurück und schnitt auf diese Art eine Rinne von der Blase bis zum Damm [wobei beim Mann die Prostata mehr oder weniger tief durchschnitten wurde] – ein oftmals recht blutiger Eingriff, der nur in der Hand des Geübten einen gewissen Erfolg versprach..

Lit.:
Deschamps, Joseph Fr.L., Traité historique et dogmatique de l'opération de la taille (procédés opératoires), Paris, chez l'auteur, 1796.

Fabrikant des vorgestellten Instrumentes war „Denis à Bruxelles“ (fig. c).




Urologie


Lithotripter

um 1920 

 

 

  Steine in der Blase zu haben war früher keine Seltenheit - eine Folge einseitiger Ernährung. Die Steine waren tas tägliche Brot der "Steinschneider". In der Tat wagte sich kein Chirurg an die Steine heran! Erst ab dem 16. Jahrhundert übernahmen Chirurgen die Operation von Steinleiden. Ab dem gleichen 16. Jh. kennen wir Instrumente, mit denen die Chirurgen die Steine extrahierten.

 

1813 beschrieb ein Franz von Paul GRUITHUISEN (1774-1852) in Salzburg einen Blasenzertrümmerer, 1819 gab auch der Engländer John ELDERTON ein einfaches Instrument an, mit dem man Steine zertrümmern konnte bevor man die Trümmer aus der Blase entfernte, eine wichtige Neuerung, gestattete sie doch in vielen Fällen eine Steinentfernung ohne den mutilierenden und gefährlichen Blasenschnitt. 1824 gelang es Jean CIVIALE (1792-1867), mittels eines (wegen seiner drei Greifarme "Trilabe" genannten) Steinzertrümmerers, eine Stein zu morcelieren und dessen Fragmente zu extrahieren.

"La lithotomie, effroyable opération, responsable de 30% de décès et de séquelles post-opératoires comme l’incontinence, est remplacée au XIXe siècle par la lithotritie (destruction de la pierre dans la vessie, sans perforation, en passant par les voies naturelles). Civiale pratique la première opération en 1824. Mais, en l’absence d’asepsie, cette opération s’est révélée tout aussi néfaste que la lithotomie" (www.musees-haute-normandie.fr/dossier2.php3?lang=fr&idrub=88).

 

Ab 1853 experimentierten Robert LISTON (1794-1847) und William FERGUSSON (1808-1877) mit ausgeklügelten Instrumenten. Der von John WEISS ab 1831 entwickelte und von Henry THOMPSON zum Schrauben-Lithotripter weiterentwickelte Apparat konnte sich schliesslich durchsetzen - der Instrumentenmacher MAW konstruierte um 1860 elegante handliche Modelle mit gerilltem und ziseliertem Griff. Zwei oder drei Greifarme fassten den Stein, der dann von einer Schraubzwinge zerquetscht wurde. Bis zu 200 "Fassungen" waren notwendig, bevor man gewisse Steine auf eine Grösse reduziert hat, die per Urethram abgezogen werden können.

Zur Nomenklatur: LITHO-KLASIE nennt man das Zertrümmern der Steine, unter LITHO-LAPAXIE versteht man das Absaugen der Steinfragmente.

 

Leroy d'ETIOLLES (1798-1860) entwickelte ein zangenförmigen Steinzertrümmerer, der von Baron HEURTELOUPE weiterentwickelt wurde. Das Gerärt war robuster als die "eiserne Faust" von CIVIALE und setzte sich schliesslich durch.

"Une lithotritie malheureuse cause la mort de Napoléon III en 1873" (www.musees-haute-normandie.fr/dossier2.php3?lang=fr&idrub=88).

Welch prominentes Opfer der Lithotripsie ! Gerade in Frankreich erfuhr die Chirurgie des uropoetischen Systems eine erhebliche Erweiterung und Vertiefung durch Louis Auguste MERCIER, Félix GUYON (1831-1920) und seinen Schüler Joaquin ALBARRAN (1860-1912). In Belgien war es Jacques François Joseph BOSCH (1794-1874), der die Lithotripsie einführte.

 

Exponat

Das hier vorgestellte Modell nach RELIQUET wurde bei COLLIN hergestellt und trägt die Markierung 1½ - ein Mass für den Durchmesser des Schaftes.

Emile RELIQUET (1837-1894) war "Interne des hôpitaux de Paris" und schrieb Traité des opérations des voies urinaires. Paris, Dalahaye, 1871. 819 S.

Anatole COLLIN (1831-1923) war Fabrikant von chirurgischen Instrumenten in Paris. Als Anatole Pierre Urbain Louis COLLIN kam er am 4.5.1831 in Fresnay-sur-Sarthe zur Welt. Von ihm eine Zungenzange, die in der Anaesthesie noch heute gern gebraucht wird ...




Urologie


Penisklemme

Klemme aus dem Fundus der Klinik Differdingen, um 1950, Fundus Hary 

Die Penislemme (frz. clamp pénien; engl. meatus clamp) ist eine mit Schaumgummi gepolsterte Klammer zum Harnröhrenverschluss. Die Penisklemme gehört
- zur Vorbereitung der Zystoskopie beim Mann. Zur Vorbereitung der Blasenspiegelung wird der Patient auf einem speziellen Untersuchungstisch in eine sogenannte Steinschnittlagerung gebracht: die Position ist ähnlich der bei einer gynäkologischen Untersuchung, die Beine sind gespreizt und werden hochgelagert, die Hüften sind gebeugt und die untere Körperhälfte ist mit sterilen Tüchern abgedeckt. Der genitale Bereich wird zur Verhinderung von Verunreinigungen und bakteriellen Infektionen gereinigt und desinfiziert (steriles Abwaschen von Penis bzw. Schamlippen, Schamhaaren, Oberschenkeln). Nach dieser Vorbereitung wird die Penisklemme angebracht, um das Herausfließen des betäubenden Gleitmittels, das zur Entfaltung seiner Wirkung einige Minuten benötigt, zu verhindern. Über die gestreckte Harnröhre wird das Instrument eingeführt.
- zur symptomatischen Therapie der Inkontinenz durch Kompression des Gliedes bei unfreiwilligem Harnabgang (Harnträufeln).

Heute sind Klemmen nach CUNNINGHAM, KNUTSSON, STOCKMANN und STRAUSS üblich, die meist in drei verschiedenen Grössen lieferbar sind:
klein 35 mm
mittel 51 mm
groß 64 mm.

www.baholzer.de/english/catalogue/pdf/uro_www.pdf

Vorgestellt wird eine Penisklemme nach CUNNINGHAM, die zur "Behandlung" der männlichen Inkontinenz bednutzt wird.




Urologie


Phimosisklemme, um 1900

 

 

   Hatten sich die alten griechischen Autoren noch Gedanken gemacht über zu kurze Praeputien ("Lipodermus"), so fällt die medizinische Welt nun ins andere Extrem: das Erfinden von krankhaften Verengungen, bei Patienten mit völlig normal ausgebildeter Vorhaut!

 

Quelle:
www.cirp.org/library/history/hodges1/ www.biography.ms/Male_circumcision.html

 

Die Phimosenoperation

Unter einer echten Phimose versteht man eine Verengung des Präputiums, die das Zurückziehen der Vorhaut über die Glans penis unmöglich macht. Diese Art von Phimose ist abzugrenzen von Verklebungen des inneren Vorhautblattes mit der Glans, die bis zum dritten Lebensjahr physiologisch sind und sich bis zur Pubertät meist spontan lösen.

REVERDIN und Philippe RICORD gaben spezielle Phimosis-Zangen an, deren Branchen klassisch auseinanderwichen. Die erste Vorhauterweiterungsplastik wurde 1901 von dem Chirurgen Hermann SCHLOFFER (1868-1937) beschrieben: dorsale Spaltung beider Vorhautblätter (Schrägschnitte jeweils in entgegengesetzter Richtung) und Vorhautverlängerung durch lineare Naht der Ränder der so entstandenen rautenförmigen Wunde. Er schrieb: "Die gebräuchlichsten Methoden der Phimosenoperation, die Circumcision und die Dorsalincision (Roser), haben gegen sich, dass die erstere in gewissem Sinne verstümmelt (sic), die letztere vom kosmetischen Standpunkte aus in Folge des Herabhängens der bekannten zwei seitlichen Vorhautlappen oft nicht befriedigt".

 

Die rituelle Beschneidung

Beweggründe für die routinemäßige Zirkumzision, eine der ältesten Operationen überhaupt, waren bzw. sind religiöser oder hygienischer Art und eine Prophylaxe gegen Harnweginfektionen, Zervix- und Peniskarzinome. In der "Belle Epoque" kam die Angst vor der Masturbation hinzu - Verfechter dieser Indikation war John Harvey KELLOGS - bekannter durch seine Haferflocken. Aufgrund der guten hygienischen Bedingungen und der veränderten Einstullung zur Sexualität haben diese Motive allerdings heute nicht nur im westlichen Europa an Bedeutung verloren.

Der Wunsch nach einer prophylaktischen Zirkumzision wird in unseren Breiten nur selten geäußert. Erst bei Persistenz einer Phimose über das dritte Lebensjahr hinaus wird sie regelmäßig empfohlen. Häufig wünschen Eltern und Kind jedoch eine Korrektur, bei der die Vorhaut erhalten bleibt, um das "natürliche" Aussehen des Penis beizubehalten. Heute kann aus medizinischer Sicht meist das persönliche Ästhetikempfinden die Frage nach dem Erhalt der Vorhaut entscheiden. 63% aller US-amerikanischen Jungen werden heute beschnitten. Dabei werden im Allgemeinen die Klemmen von GOMCO und dem rituellen Beschneider aus Brooklyn BRONSTEIN (Modell Mogen, heute bei den Juden weit verbreitet; Modell Nutech, eine Abwandlung der Klemme nach Kantor), die Taraklemme oder das Plastibell benutzt.

 

Exponat

Das Besondere an der hier vorgestellten, schon von LÜER produzierten (Katalog Aeskulap um 1910), 20 cm langen Klemme, ist die parallele Führung der Branchen, die durch zwei weitere Gelenke an den Branchen und eine quere Schiene gegeben ist. Das Praeputium wird abgeschnitten, indem ein Messer quer durch die Branchen der Klemme geführt wird...

Klemme mit Arretierung

Möglicherweise steht das Exponat in Zusammenhang mit der Zirkumzisions-technik nach dem aus Graz stammenden Chirurgen Hermann SCHLOFFER (13.5.1868-21.1.1937), der 1901 Assistenzarzt in Prag war, wo er auch starb. Dazwischen war er Professor in Innsbruck und Graz ...

 

Lit.:

Hermann Schloffer, Zur Technik der Phimosenoperation, Zentralblatt f. Chirurgie 1901; 28:658-660.