Urologie


Spritze n. GUYON

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Spritze n. GUYON mit (äusserst unpraktischem) Schraubmechanismus.

 

Im Deckel befinden sich an der Innenfläche 2 Ösen, durch die je eine Schlauchverbindung gesteckt ist. Keine Nadel! (Schlauch fehlt). Um 1890.

 

Der Lederkolben zeigt, daß die Spritze aus der Zeit vor der Dampf- und Heißwassersterilisation stammt. Leder konnte bestenfalls mit 90%igem Alkohol- oder in einem Chloroformbad sterilisiert werden, in das die Spritze über Stunden getaucht wurde. Anschließend wurde der Kolben mit Vaseline/Öl und einem Desinfektionsmittel (Eukalyptol oder Guajakol) eingerieben.

 

Der Stiel ist in Millimetern graduiert – jeder mm steht für einen Tropfen. Insgesamt fasste eine solchen Spritze 45 Tropfen – zwei Tropfen pro ganzer Drehung.

 

Die beiden Koni dienten möglicherweise zum Durchspülen der Tränenkanäle. Für subcutane Injektionen waren sie jedenfalls völlig ungeeignet, es sei denn, man hatte die Haut vorab auf einer Länge von etwa 4 mm inzidiert.

 

Dass die ersten subcutanen Injektionen effektiv mit umfunktionierten ANEL-Augenspritzen vorgenommen wurden erfährt man in der Literatur: "It has been claimed that Anel's syringe was used for subcutaneous injection. Kane (1880) quoted that Taylor and Washington* claimed to have given morphia by injection in 1839 by using a small Anel syringe, inserting the nozzle into a lancet incision. This was a variation of the Lafargue (1836) technique and is a reasonable claim" (John Price Medical history 1969 S.352). 

*New York, Isaac E. Taylor und James Augustus Washington

 

https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/6C339B42D105DC35BBF9C3B8AA9E6FBA/S0025727300014770a.pdf/dominique-anel-and-the-small-lachrymal-syringe.pdf 

 

Kane,H.H.,Hypodermic Injection of Morphia, Its Dangers and Advantages, NewYork, 1880.
(cité par Oscar Schwidetzky, History of needles and syringes, Curr. Res. Anesth. Analg., 1944, 23, 34).  

 

Auf dem Hintergrund des Kane'schen Berichtes macht auch die Abbildung (5-10) einer ANEL-Spritze in dem Buch von Ludwig Brandt "Illustrierte Geschichte der Anaesthesie, Stuttgart 1997" neben einer PRAVAZ-Spritze Sinn. ABER: für den Tränenkanal ist der Konus zu dick. 

 

 

Exponat

Es gibt nur eine Offnung, wo die Koni perfekt hineinpassen: die Harnröhre. So kommen wir zur Erkenntnis, daß es sich bei unserer Spritze um eine solche n. Jean Casimir Félix GUYON (1831–1920) handelt: "Guyons vulcanite mounted glass syringe in its original case. The syringe was typically used for applying nitrate of silver to the neck of the bladder (i.e. the prostate) in cases of venereal disease around the late 19th century".

cf. http://phisick.com/item/guyons-syringe-for-urethral-injections/ 

Urologie


Spritze n. KUTNER

 

 

  Robert KUTNER (1867-1913) wurde am 11. April 1867 in Ückermünde (Pommern) als Sohn eines Arztes geboren. Er studierte in Berlin, Kiel, Freiburg i. Br. und erhielt seine spezialistische Ausbildung zunächst als Schüler und Assistent von Max Nitze (Berlin), ferner bei Dittel (Wien) und Guyon (Paris). Promotion 1890, Approbation 1891, machte 1892 Reisen ins Ausland und war ab 1892 in Berlin Spezialarzt für Harnleiden. Er begründete die urologische Asepsis. 1902 erhielt er den Professorentitel.

 

Er schrieb

- Die Handhabung und praktische Bedeutung der Asepsis bei der Behandlung der Harnleiden, Berlin, Verlag August von Hirschwald, 1897, 8°, (4), 42 pp., 8 Abbildungen,

- Die instrumentelle Behandlung der Harnleiden« (Ib. 1898), ein schnell bekannt gewordenes Lehrbuch.

- Aerztliche Kriegswissenschaft, 1900.

- Gerichtliche Medizin, 1903.

- Die Staatliche Sammlung ärztlicher Lehrmittel, in: Max Lenz (Hrsg.), Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, Halle (Verl. der Buchhandl. des Waisenhauses) 1910, S. 195-200.

- Eine neue Methode zur Behandlung von Wunden und sezernierenden Hautflächen mit trockener Luft. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung 1910, Nr. 7.

- Die Photographie Innerer Körperhöhlen, Insbesondere der Harnblase und des Magens," Berlin, 1891 - K. erlangte die ersten photographischen Aufnahmen des Innern einer Körperhöhle,

- Eine neue Methode der Behandlung von Wunden, Schleimhäuten und sezernierenden Hautflächen mit getrockneter Luft. 1911, Nr. 23.

 

Verdient machte er sich um das ärztliche Fortbildungswesen, das Kaiserin-Friedrich-Haus in Berlin verdankt seiner Initiative die Entstehung. Er war auch Gründer und Redakteur der "Zeitschrift für ärztliche Fortbildung".

 

KUTNER war ein umtriebiger Mensch, dem die Medizin eine Reihe von Erfindungen verdankt :

- Kapillartrokar zum Blasenstich
- Saugkystoskop « zur getrennten Entnahme (ohne Katheter) von Harn aus jeder einzelnen Niere und Zufuhr von Heilmitteln an die Blasenwand unter Abdichtung der Hernleitermündung bzw. der Zuführungsstelle » (zit. Waarenhauskatalog um 1910 S. 228) ; - Bougies, graduiert
- Katheter, graduiert
- Weichgummikatheter zur Durchspülung der Urethra,
- Druckspritze, 100 ml Hartgummimontur, mit Ansatz für Orificium und Ansatz für Urethrakatheter,
Tropfspritze, 5 g Inhalt mit Glaskonus und Asbestkolben,
- Lithotriptor
- Katheter-Sterilisator aus Weissblech, für einen Katheter und gleichzeitig mehrere Bougies.

KUTNER starb am 5.Oktober 1913 in Berlin.

 

Sekundärliteratur
Leonard Holzinger: Robert Kutner, Biobibliographie eines Berliner Urologen, Berlin. Freie Univ.. 1967.
Holger G. Dietrich: Robert Kutner (1867-1913) - Wegbereiter der deutschen Urologie. Jahrbuch der Urologie 1997.

 

Herkunft des vorgestellten Spritzenetuis "Seringue automatique du Dr. R. KUTNER": Marssac sur Tarn / Frankreich.

 

Urologie


Urethra-Dilatator (1)

um 1900 

WARREN, OTIS und WILDUNGEN gaben metallenen Oliven an, mit denen man Verengungen der Harnröhre z.B. nach Tripper kurieren konnte. Genauso wie bei den Hegarstiften in der Gynäkologie, gibt es auch für diese Oliven eine Standardisierung der Durchmesser
- die "filière française" 1 bis 40.
- die "filière anglaise" 1 - 16 und
- die "filière américaine" 1 - 20
Die Filière Charrière rechnet die Steigerung von ? zu ? mm. Die Filière Beniqué rechnet von 1/6 zu 1/6 mm.

Das hier vorgestellte ringförmige Set von COLLIN trägt 10 Oliven mit den (ausgefallenen) französischen Massen 19, 22, 25, 28, 31, 34, 37, 40, 43 und 46: eine Dreierreihe, wie sie von WILDUNGER angegeben wurde...

Im Gegensatz zu den Speiseröhrenoliven haben diese eine seitliche Öffnung neben der Basis, die mit der Öffnung an der Spitze in Verbindung steht.


Der Name "Bougie", den man den Dilatatoren häufig gibt, stammt aus dem Mittelalter, als ein findiger Mönch auf die Idee kam, den Folgen seiner Jugendsünden durch Einführung von ganz dünnen Wachslichten abzuhelfen.

Urologie


Urethra-Dilatator (2)

Bougie n. GUYON, Detailaufnahme 

War die Harnröhre infolge chronischer Entzündungen (Tripper, Tb etc) verengt, wurde sie mechanisch erweitert (bougiert). Dazu diente der Dilatator nach GUYON.

War auch die Dilatation nicht mehr möglich, wurde die Harnröhre mit der Urethrotomie-Sonde gespalten.

Vorgestellt wird ein 25 cm langer Metall-GUYON mit der Dicke 8,17 mm "49" (BENIQUE).

Felix GUYON, französischer Chirurg / Urologe (1831 – 1920).
"Né à Saint-Denis le 21 juillet 1831. Son père Jean Baptiste Casimir Guyon, breton de Lorient qui se destine à une carrière de chirurgien de marine, sa mère créole Rose Delpit. Sa famille s'installe à Cherbourg il a 3 ans, puis à Nantes où son père meurt en 1844. Félix Guyon fait ses études de médecine à Nantes, il présente sa thèse, une étude anatomique sur les cavités de l'utérus. Il présente ensuite pour l'agrégation une thèse sur les tumeurs fibreuses de l'utérus, il est nommé chirurgien des hôpitaux à 31 ans. En 1867, Félix Guyon est chirurgien à l'hôpital Necker de Paris. Il étudie sur la pathologie urinaire, il apporte des solutions chirurgicales aux infections vésicales et rénales. Il devient le créateur de l'urologie moderne. En 1878, il entre à l'Académie de Médecine dont il fut plus tard le président. En 1982, il entre à l'Académie des sciences. En 1906, il prend sa retraite, et meurt le 20 juillet 1920". Quelle:
www.mi-aime-a-ou.com/felix_guyon.htm

1867 eröffnete er die erste Urologische Klinik im Neckar-Hospital in Paris.
Nota: nach dem gleichen GUYON ist auch das "Loge de Guyon-Syndrom" benannt, eine Einengung des Ellennervs (N. ulnaris) in der sogenannten Guyonschen Loge (frz. loge = dtsch. Fach), einem Engpass im unterarmnahen Teil des Kleinfingerballens.

Zur Fa. EYNARD
In den USA vertrieb Charles Russel BARD ab 1907 die Sonden der französischen Firma - bis der 2. Weltkrieg die Lieferungen unterbrach...

Lit.:
J. Eynard & Cie. Urologie. Sondes, drains, instruments divers [Dijon : P. Buriot], 19XX. BIUM Cote : 156766/314-16.




Urologie


Urethradilatator n. Oberländer, um 1900

 

Der hier vorgestellet Dilatator mit zwei Branchen für die Harnröhre ist nur schwach gebogen und war zur Dehnung der vorderen Uretha gedacht.

Felix Martin OBERLÄNDER (1851-1915) arbeitete von 1878 bis zu seinem Tod in Dresden in einer eigenen Praxis und Privatklinik. Von 1880-1893 war er als Polizeiarzt tätig. Sein wissenschaftliches Werk hatte 2 Schwerpunkte:

  • er verbesserte die Technik der Urethroskopie
  • er verbesserte die Diagnostik und Therapie der chronischen Gonorrhoe.

    Das Modell wurde schon um 1910 durch das „verbesserte Modell nach KOLLMANN mit 4 Branchen“ abgelöst, bei dem auch der Schraubenmechanismus im Griff verdeckt war.




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Urethrotom n. MAISONNEUVE

 

Postgonorrhoische Urethralstrikturen waren seit jeher die Krux der Urologie. Nachdem man sich jahrhundertelang mit Bougierungen beholfen hatte, ging man im 19. Jahrhundert zur scharfen Spaltung der Verengung über.

* Der Schotte James SYME (1799-1870) und der Franzose Charles-Emmanuel SEDILLOT (1804-1883) ersannen Operationen zur "externen" Urethrotomie (percutaner Harnröhrenschnitt von außen nach innen).
* Bei der entgegengesetzten "internen" Methode entwickelten sich zwei Varianten:
- die "retrograde" Schlitzung nach dem Engländer Richard-Antony STAFFORD (1801-1854) oder dem Wiener Victor v. IVANCHICH (1812-1892),
- die "anterograde" Methode nach dem Franzosen MAISONNEUVE.

BERNARD, ein Pariser Goldschmied und Tüftler, erfand 1845 eine flexible Sonde aus Gummi, mit der man Engpässe in der Harnröhre überwinden konnte (Kautschuk war 1845 aus den USA nach Europa gelangt).

 

Der in Nantes geborene Jacques-Gilles MAISONNEUVE (1809-1894), ein Schüler von Guillaume DUPUYTREN (1777-1835) und selber später Arzt an mehreren Pariser Spitälern, war bekannt für seinen Wagemut. Er ersann 1845 den "Folgekatheterismus", bei dem einer BERNARD'schen Haarsonde ein aufgeschraubter Katheter nachgeschaltet wird.

1855 stellte er sein OP-Besteck für die "Urethrotomia interna" zusammen. Bei seiner „inneren Schlitzung“ wird eine dünne Sonde in die Blase vorgeschoben. Ist die Striktur überwunden, wird das eigentliche Urethrotom auf diese Führungssonde aufgeschraubt.  Zuletzt wird ein bei 12 Uhr in der Führungsschiene befindliches kleines Messerchen bis zur Verengung hochgeschoben, und mit einem Ruck in die Blase vorgestossen. Dabei wird die Striktur durchschnitten. Dabei wird das unelastische Bindegewebe der Engstelle eingeschnitten; die Schließmuskulatur weicht dabei aus und wird somit geschont. Beim Zurückziehen des Messers wird die STriktur ein zweites Mal "durchtrennt".

 

Fallweise wird vorübergehend ein Harnröhrenkatheter eingelegt. Die Hauptsache bei dem Eingriff aber ist nicht die einmalige Erweiterung, sondern das Festhalten dieser, d.h. die Verhinderung der wieder folgenden narbigen Einziehung, gleichbedeutend mit Verengerung. Am besten Verweilkatheter oder — gewöhnlich schmerzhaftes — tägliches Katheterisieren...

Das Instrumentarium hielt sich lange Jahre. Im Katalog der "Ancienne Maison MATHIEU" von 1912

(https://web2.bium.univ-paris5.fr/livanc/?cote=188518&p=114&do=page)

und im Katalog der Pariser Firma Joseph Bruneau & Cie aus dem Jahr 1920 finden wir das Urethrotom nach MAISONNEUVE

(https://web2.bium.univ-paris5.fr/livanc/?cote=extaphpin003&p=24&do=page).

Ungefährlich waren die Eingriffe nicht: akute Todesfälle durch Schock kamen in der Voranaesthesiezeit vor. Es gab Fälle von akuter Nephritis, Sepsis, Hodenentzündung, Abszessen. Selbst von rectalen Perforationen wurde berichtet ...

 

Als die Elektrizität Einlass in die Therapeutik fand, übernahm man diese elegante Methode, um aus dem dreieckigen Messer zugleich einen Thermokauter zu machen: das gesamte Metallgestänge wurde mit einer isolierenden Schutzschicht umwickelt, das Messer unter Strom gesetzt. So finden wir bei dem hier vorgestellten Gerät aus den Werkstätten "MATHIEU" (Bild unten rechts) in Paris eine Anschlussmöglichkeit für ein Elektrokabel (Bild unten links) ... In Berlin hatte LOHNSTEIN im Jahr 1900 ein derartiges Gerät für die Prostataspaltung vorgestellt mit Platin- und Iridium-Messern.

 

MAISONNEUVE hatte die Harnröhre blindlings geschlitzt. Seine Nachfolger erfanden das Zystoskop und Urtehroskop und konnten unter Sicht vorgehen, wodurch sich die Komplikationsrate senken liess.

Nota: in dem hier vorgestellten Kasten fehlt der sog. "conducteur", ein gerader Stab, der auf die Führungssonde aufgeschraubt werden konnte. Es ist keine Aussparung dafür vorgesehen, es sei denn, der Stab lag ursprünglich in dem Fach, in dem auch die weichen Führungssonden lagen. Über den "conducteur" wurde bei der klassischen Operation nach MAISONNEUVE am Ende des Eingriffes die Dauersonde eingeführt. Meinte der Erfinder des Bestecks, durch Einsatz der Elektrizität auf eine Dauersonde verzichten zu können?




Urologie


Urinsonde (1)

Metall-Sonde mit Mandrin 

 

 

Sonden hatten vielfach einen Mandrin (Modell nach COLLIN).


Die Sonden dienten zum einen zum Ablassen von Urin, zum andern zum Spülen der Blase z.B. mit Hydrargyrum oxycyan (1:4000), RIVANOL (1:3000), Kali permang. (1:2000) mittels Spritze, Katheter oder Irrigator. Es gab die Katheter mit einfacher, oder doppelter Krümmung bzw. Krümmung nach DIEULAFOY.

 

Flügel am Schaft halfen bei der Orientierung über die Lage des Schnabels.

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Urinsonde (2) n. BENIQUE

 

Der Pariser Chirurg Pierre-Jules BENIQUE (1806-1851) erfand eines der simpelsten Geräte der Urologie, die Metallharnröhrensonde, deren Umfang genormt wurde und stets um 1 B (= 1/2 CHARRIERE) wächst.

"The Plasteau-Benique measurement corresponds to half the charriere measurement. Unit which expresses the external diameter in 1/6 mm. P.B N°:6 = ext. diameter in mm. Example: 40 P.B = 20CH = (40:6)=6.66mm"

Auch die Krümmung des Katheters wurde n. diesem BENIQUE benannt.

Starre Katheter wurden hergestellt aus Silber und Neusilber (beide oberen Exponate), Frauenkatheter gelegentlich auch aus Glas (unteres Exponat).

Den Urologen kommt der Begriff des "BENIQUE" so geläufig über die Lippen, dass sie bei der Korrektur ihrer Arztbriefe und OP-berichte gelegentlich übersehen, wenn sie für eine gutartige Prostatahyperplasie "Hyperplasie benique" schreiben anstelle von "benigne" ...




Urologie


Kautschuk-Katheter

Drei Arten von Verweilkatheter 

 

 

     Schon im Altertum waren Möglichkeiten bekannt, Störungen der Blasenentleerung durch Katheter zu beheben. Zur Aufdehnung der Harnröhre verwendete Oribasios aus Pergamon (325-403 n. Chr.) Pergament, das er um einen Gänsekiel wickelte. Dieses Stäbchen führte er in die Harnröhre ein und ließ es drei Tage liegen. Durch die Feuchtigkeit der Harnröhre quoll das Pergament auf und erweiterte dadurch die Harnröhre. Später wurden Bronzekatheter gelegt - die ältesten bekannten Blasenkatheter stammen aus Funden in Pompeji und waren aus Bronze gefertigt.

 

Johann Christian Anton THEDEN (1714-1797), deutscher Chirurg, machte sich im 18. Jahrhundert um die Etablierung eines brauchbaren elastischen Katheters aus Kautschuk verdient und schuf damit die Voraussetzung für die weiteren Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert.

 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschäftigte man sich in der Urologie primär mit Harnsteinleiden und versuchte, die Therapiemöglichkeiten zu verbessern. Ein sehr wichtiger Schritt dabei war die Entwicklung spezieller, flexibler Blasenkatheter.

- Jean Zuléma AMUSSAT (1796-1856) und Auguste NELATON (1807-1873), französische Chirurgen, und Louis Auguste MERCIER (1811-1882), französischer Urologe, gaben verschiedene flexible Katheter aus Kautschuk an. Damit schufen sie ein relativ schonendes Mittel zur Harnableitung.
- Jean-François REYBARD (1795-1863), ebenfalls Franzose, erfindet den ersten Blasenkatheter mit Auffangbeutel.
- Leopold CASPER (1859-1959), deutscher Urologe, konstruierte einen Katheter, der sich selbst ohne weitere Hilfsmittel in der Blase hielt.
- Frederic Eugene Basil FOLEY (1891-1966), amerikanischer Urologe, erfand 1927 den heute allgemein bekannten Ballonkatheter.

 

"Einen verbesserten Kautschukkatheter, welcher den Zweck hat, permanent in der Blaseliegen zu bleieben, liess Henry TOMPSON (The Lancet, 11. Febr. 1871) bei Weiss inLondon konstruieren. Seitdem NELATON die ganz weichen Gummikatheter, besonders bei Prostata-Hypertrophie empfahl, hat man sich vielfach bemüht, dieselben auch permanent tragen zu lassen. Allein, wenn sie auch ganz vorne an der Glans penis festgebunden werden, so stösst sie die Blasé doch wieder heraus. HOLT empfahl in der Lancet des vorigen Jahres eine Modofikation, welche darin bestand, dass der Katheter an der Spitze zwei seitliche, weiche Flügel hatte, welche doch genügenden Halt boten, um das Herausschlüpfen zu verhindern. TOMPSON wirft diesen Kathetern vor, dass sie selbst unter Leitung eines festen Mandrins schwierig einzuführen sind, und dass die Flügelfortsätze die Blase reizen. Er benutz deshalb wieder bloss einfache, elastische Katheter, deren vordere Hälfte jedoch durch ein eingelegtes neuartiges Silberrohr steif gemacht ist, wodurch die Fixation erleichtert wird" (WMW 1871 S. 248).

 


Nota: "Prior to 1855 George Tiemann marked his medical instruments as Tiemann, after 1855 used the mark G. Tiemann & Co. and later used the mark Tiemann & Co.".




Urologie


Urinsonde n. GELY, um 1900

 

 

Man sondierte die Blase bei Harnröhren- verengung, bei Prostatahyperplasie, Inkontinenz oder Harnverhaltung. Stets musste auf peinliche Sterilität geachtet werden. Daher die Auswahl des Materials:
- Kautschuk, das man auskochen konnte,
- Metall (Silber), das man sterilisieren konnte.

 

Das Einführen der männlichen Sonde war eine kniffliche Angelegenheit: der Penis musste steil nach oben gehalten werden, die Sonde dann vorsichtig eingeführt und um die Krümmung der Symphyse geführt werden, bevor sie in die Blase mündete. Um das Hindernis, welches immer von unten oder von den Seiten in die Harnröhre hineinragt, auszuweichen, entwickelte Jules Aristide GELY aus Nantes den stark gebogenen Katheter, der, infolge seiner Konstruktion, der oberen sprich vorderen Wand der Harnröhre folgen muss.

 

Lit.:
Chazy Du Bouetiez, Noëlle, Le Chirurgien nantais Jules Aristide Gely et la vie hospitalière nantaise de 1806/1861, Nantes, 1981 (thèse de doctorat).


Vorgestellt wird ein "männlicher" Katheter n. GELY aus Silberblech mit der charakteristischen Krümmung (Halbkreis mit 10-13 cm Durchmesser).




Urologie


Zystoskop

Fa. G. WOLFF/München, um 1930 

 

 

   Der Pariser Antoine Jean DESORMAUX (1815-1882) bildete die schon vorher angeregte Methode der Kystoskopie 1853/65 aus, der Berliner Max NITZE (1848-1906) vervollkommnete sie und führte sein Instrument am 9.5.1879 in Wien vor. 1886 liess Leopold DITTEL (1815-1898) in Wien durch seinen Techiker Leiter die elektrische Beleuchtung hinzufügen - die Zystoskopie oder Blasenspiegelung setzte miniaturisierte Leuchtbirnen voraus und ein ausgeklügeltes System zum Vermeiden von Kurzschlüssen.

 

Der Winkel, den die Spitze des Gerätes mit dem Schaft bildet, wird benannt nach dem französischen Urologen Louis-Auguste MERCIER (1811-1886) "l'angulation de MERCIER".

 

Eines der frühen Fachbücher "Die Cystoskopie des Gynäkologen" stammte aus der Feder des Altmeisters der Frauenheilkunde Walter STOECKEL (1871-1961). Als Nachtrag zu diesem Buch gab er 1908 in Berlin einen "Atlas der Cystoskopie" heraus, den er seinem Lehrer und bisherigen Chef "Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. E. BUMM" in herzlicher Dankbarkeit widmete. Ernst BUMM (1858-1925) lehrte an der Charité in Berlin von 1910-24.

 

1909 standen bereits mehrere Modelle zur Verfügung:
"Zur Untersuchung vom Inneren der Blase haben wir das NITZE'sche Kystoskop, ein sozusagen unfehlbares Instrument, indem wir durch dieses die von einer elektrischen Lampe erleuchtete Blasenschleimhaut betrachten können und auf das genaueste Steine, ihre Form, Grösse und Anzahl, Geschwülste usw. diagnostizieren können. Die volle Sicherheit [bei Nierenleiden] bekommt man erst, wenn man durch Hilfe der Ureterenkatheterisation den Harn direkt aus jeder Niere aufgefangen hat. Diese Untersuchung, die mit dazu besonders von CASPER und ALBARRAN* konstruirten Kystoskopen unternommen werden, erfordert grosse Übung..." .

 

*Joaquin ALBARRAN (1860-1912) stammte aus Cuba, hatte in Havanna studiert und in Barcelona, promovierte in Paris, wo er 1903 Professor für Urologie wurde und sich insbesondere um die Entwicklung des Zystoskopes verdient machte.

 

Exponat

Auch das hier vorgestellte Modell des Fabrikannten Georg WOLF aus Berlin, 18 Karlstrasse aus dem Jahr 1942 (Datumsstempel auf der Unterseite des Holzkastens) mit seinen "Lupuslampen" war ausgestattet für Ureterenkatheteren - siehe die beiden Gummistöpsel der Ausschnittsvergrösserung (b).

Ersatzlampen von Richard WOLF aus Knittlingen/Württemberg. Erstanden in einem Antikladen in Redu/B.