Karikaturen |
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Aderlass in Algerien |
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Auf der Ansichtskarte, die in den 30er Jahren von der algerischen Regierung herausgegeben wurde, sieht man einen "hajam", d.h. Aderlasser, resp. "tahar", d.h. Beschneider und Barbier, der auf dem Dorfplatz den aus pharaonischen Zeiten datierenden "hijama", d.h. Aderlass praktiziert – eine Praxis, die der Prophet Mohammed lobend erwähnte: ein Mal im Jahr sollte der Eingriff am Punkt "el Kaliss" durchgeführt werden – vorbeugend im Frühjahr, therapeutisch konnte er über das ganze Jahr vorgenommen werden. Besonders günstig sind der 19., 17. und 21. Tag des Mondkalenders (Sunna). Die Haut wird mittels Rasiermesser oberflächlich eingeschnitten, Dann wird mittels zweier "mghaïetehs" d.h. Saugtassen Blut aus der Nackenregion und zwischen den Schulterblättern abgesaugt: Der "Chirurg" saugte also das kranke Blut durch das Röhrchen an und spuckte es im hohen Bogen aus – welch wunderbare Kinoszene! Anlass für eine kurze Betrachtung zur frühen Heilkunde in Algerien. |
Karikaturen |
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Aderlass in Marokko |
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Gleiche Szene in den Gassen einer marokkanischen Stadt - diesmal "in echt": der Chirurg saugt an den Schröpfköpfen, die er in den Nacken seines Patienten appliziert hat ... Ansichtskarte, gelaufen 1933. In der praekolonialen Aera war die Heilkunde des Marokko vor allem eine Volksmedizin mit einer Mischung aus Magie und den kläglichen Überresten der grossen Medizinischen Tradition der arabischen Welt im Mittelalter. Astrologie, Exorzismus, daneben einige wenige pflanzliche Rezepturen... Die grossen "Maristane", arabische Hospitäler, befanden sich am Ende des 19. Jahrhunderts in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfalls und der Dekadenz und waren grösstenteils zu Armenhäusern verkommen. Die 1906 einsetzende westliche Okkupierung des Landes unter dem Begriff der "pacification" schuf Abhilfe indem die Franzosen an der Küste mehrere "dispensaires" einrichteten, in denen französische Ärzte eine moderne Medizin praktizierten. Diese Tendenz verstärkte sich nach 1912 mit der Umformung des Landes zu einem französischen und spanischen Protektorat (1912-1956). Französische und spanische Ärzte halfen, die grossen Epidemien wie Grippe, Pest, Typhus und Pocken usw. zu bekämpfen und Massnahmen gegen die endemische Malaria in die Wege zu leiten. Nach der politischen Unabhängigkeit des Landes wurden in Casablanca, Fès, Marrakech, Oujda und Rabat medizinische und pharmakologische Fakultäten gegründet, in Casablanca und in Rabat ausserdem zahnärztliche Fakultäten.
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Karikaturen |
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Amme (1) |
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Dem Säugling die Augen zu verbinden war keineswegs Sitte bei unsern Vorfahren. Offenbar soll die Augenbinde auf unserer Ansichtskarte verhindern, dass das Kind beim Anblick der hässlichen Amme erschrickt ... Ansichtskarte, gestempelt am 21.10.1901 |
Karikaturen |
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Amme (2) |
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Diese Ansichtskarte versucht eine Antwort zu geben für die Augenbinde: - WAS soll er nicht sehen?? Man beachte die stilistische Nähe dieser Karikatur zur Vorhergehenden: der gleiche verstohlene Blick der Amme, die gleiche überlange Nase, selbst der Haarschmuck ähnelt dem Vorgängermodell: offenbar handelt es sich bei dieser Haube um ein typisches Kleidungstück der "Spreewald-Ammen", die in Berlin traditionell die Säuglingsernährung innehatten - siehe Gemälde von Heinrich Zille (1858-1929) aus dem Jahr 1911. Noch um 1880 waren im Stadtbild Berlins die mit ihren Pfleglingen ausgehenden Ammen aus der Niederlausitz in ihrer sorbischen Tracht auffällig. |
Karikaturen |
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Amme (3) |
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Die klassische Pariser Amme stammte aus der Region Morvan und aus dem Nivernais... BUREAU DE PLACEMENT Phototypie A. Bergeret et C°, Nancy [linker Rand der Karte]. Zur Person des Photographen BERGERET L'ensemble de la production Bergeret tourne autour de 5 600 cartes répertoriées, de fin 1901 à 1908. Elles sont sorties régulièrement, mais l'année la plus riche a été 1905. BERGERET meurt le 20 juin 1932. |
Karikaturen |
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Arzt als Verführer |
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Der Eid des HIPPOKRATES spiegelt die hohe ethisch-moralische Haltung der Griechischen Ärzteschaft im 5. Jh. vor unserer Zeitzrechnung wieder. Er besagte, je nach Übersetzung:
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Karikaturen |
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Arztkarikatur, um 1910 |
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Die "singeries" waren im Flandern des 18. Jahrhunderts ebensowie in Frankreich bei beliebtes Thma der Maler. Denken Sie an den "Singe peintre" von Jean Siméon Chardin (1699-1779), der im Louvre hängt. Dummheit, die zum Nach"äffen" führte und Lügnereien, die zum rfolg im Beruf führen ...
Was für Maler recht war, schien für Ärzte nicht falsch zu sein.
"Monsieur le Docteur" - der Arzt als dressierter Affe: mit dem Zylinderhut und den braunen Lederhandschuhen, der Goldrandbrille und dem Gehstock sieht der Medicus gar gescheit aus. Das graue Haar zeugt von Weisheit - wenn da nicht das Affengesicht wäre, und das vermutlich entsprechende Affenhirn...
Die Anfänge der Porträtmalerei liegen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die Entwicklung ging tastend und zögernd voran. Kunden waren zunächst das Bürgertum der Reichsstädte: Bürgermeister, Richter, Angehöriger des Lehrkörpers der Universitäten. Eines der ersten Porträts von Ärzten zeigt den Schweinfurter Arzt und Humanisten Johann SPIESSHEIMER genannt CUSPINIAN - ein Bild das anlässlich seiner Eheschliessung entstand. Cranach d.Ä hat es 1503 gemalt: jugendlich, forsch stellt sich der Arzt vor und beruft sich auf ein gewaltiges Buch - vermutlich HIPPOKRATES oder GALEN... Seither haben hunderte von Kollegen Malern unterschiedlichster Dignität Modell gestanden und so mehr oder weniger erfolgreich für ihre Unsterblichkeit gesorgt. Dabei wurden sie zumeist im höheren Alter abgebildet, als das Einkommen reichte, um den Maler zu bezahlen und der Ruhm - und sei es auch nur der angestrebte - die ganze Prozedur in etwa rechtfertigte. Anders die Karikatur. Die gab der Arzt nicht in Auftrag, die fällt ihm sozusagen ins Haus! Nicht sein Können soll hier verewigt werden, sondern eine seiner Marotten, eine seiner Unarten...
So auch bei unserm "Affenarzt": gescheit ausschauen will er, aber affig bleibt er dennoch - eine Mahnung an die Herren Doktores...
Nicolas Larmessin (1638-1694) hat den Arztstand Frankreichs - und nicht nur ihn - mit seinen Bildern verhöhnt: der Arzt trägt ein Kleid aus Büchern ("Habit de Médecin"), der Chirurg ist über und über mit Instrumenten behangen: passende Karikaturen, die im Zeitalter von Molière mit den manierierten, perrückentragenden Ärzten durchaus angebracht waren. Der englische Karikaturist William Hogarth (1694-1764) spottete 1750/51 der aufgeblasenen Universitätsdoktoren, die "ex cathedra" einer Sektion beiwohnten, gefühllos, überheblich. James WEST karikierte 1803 die raffgierigen Ärzte, wie sie sich bei Frau "Cholera" dafür bedanken, dass sie ihr Land besucht und ihnen die zahlreichen Patienten beschert hatte. Beliebte Motive späterer Karikaturisten waren eher die Aussenseiter der medizinischen Szene. So karikierte Honoré Daumier (1808-1879) im Jahre 1837 zwei streitende Homöopathen; beliebtes Spottmotiv war im 19. Jahrhundert auch Dr. Franz-Joseph GALL (1758-1828), der Erfinder der Kraniologie. Otto Dix (1891-1969) hat den Düsseldorfer Urologen Dr. Hans KOCH so porträtiert, dass man die Kombination von Mensch und Arbeitsgeschirr durchaus als "karikierend" bezeichnen kann - die Übergänge zwischen realistischer Darstellung und Karikatur sind manchmal fliessend - am Gemütszustand des Zuschauers liegt es, wie er das Bild aufnimmt. So überlasse ich auch Dir, werter Besucher, die endgültige Bewertung des Bildes mit dem Affen, der Arzt sein wollte - oder dem Arzt, der sich zum Affen machte...
Lit.: |
Karikaturen |
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Frau, den Puls tastend |
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Da auf Karikaturen immer wieder der Zylinder als standesgemässe Kopfbedeckung auftaucht, wollen wir in ein paar Zeilen die Geschichte dieses Hutes skizzieren. "Der heute als Zylinder bezeichnete Hut entwickelte sich entweder aus einem um 1780 getragenen hohen Hut aus Wollfilz oder aus dem so genannten Biberhut des englischen Landedelmannes. Dieser galt bis 1850 als unelegant und wurde von den höheren Ständen allenfalls als Reithut getragen. Der hohe Hut war die Kopfbedeckung der französischen Revolutionäre. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts trugen die luxemburger Ärzte Frack und Zylinder. In seinen Memoiren (T'ass en alen Dokter, den elei schwätzt, in: Bull.Soc.sc.méd.Lux. 1948, S. 87-102) beschreibt der Arzt François DELVAUX (1872-1964), wie er 1902, mit Zylinder und Handschuhen ausgestattet, seinen Kollegen einen Antrittsbesuch abstattete. Es gehörte damals zum guten Ton, daß der Arzt auch bei Hausbesuchen einen Zylinder und eine weisse Kravatte trug. |
Karikaturen |
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Frauenarzt |
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JOSEF, Carl (1877-1937) . "Frauenarzt" - "Komm' den Frauen zart entgegen." Künstlerpostkarte, Serien Nr. 898-4. Wien. Von dem gleichen österreichischen Maler gibt es eine Unsummen banaler "fast" witziger Ansichtskarrten:
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Karikaturen |
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Hebamme |
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Man beachte die Züge einer Hexe, die der Maler dieser Stadthebamme (auf dem Dorf gab es keine Klingeln an den Türen) angedreht hat: ein Warze auf der Nase! Warum verunglimpft dieser Mann eine Hebamme, die ihn vermutlich selber vor Jahren auf die Welt befördert hat? Eine Reminiszenz aus den Tagen der Hexenverfolgung. Die Verfolgten waren hauptsächlich Frauen, Frauen, die Hebammen, weise oder heilkundig waren. Hebammen wurden als Hexen verfolgt, weil sie angeblich die Schuld an einer Totgeburt oder an Mißbildungen von Neugeborenen trugen. Besonders verdächtig waren nämlich Hebammen - der Hexenhammer widmet dem Problem der Hexen-Hebammen ein ganzes Kapitel: In Thann im Elsass wurde nachweislich eine Hebamme als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt (Malleus, fol. 69va.) Drei Säuglinge stecken im Tragekorb, auf dem Buckel - diese Art des Transportes wurde schon in der Antike gepflegt. Noch im 19. Jahrhundert wurden Kinder in solchen Körben über Land transportiert. Dabei wurde der Riemen des Korbes manchmal um die Stirm des Erwachsenen gelegt. In dem auf den Boden gestellten Korb fallen zwei Gegenstände auf, die von dem Maler als typisch für den Hebammenberuf angesehen wurden: Warum der Herr, wo die Hebamme klingelt, wohl "Binder" heisst? Möglicherweise, weil die Hebamme die ENT-Binder-in ist! |
Karikaturen |
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Hebamme, früher und jetzt |
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Bei einer Taufe waren die Eltern verpflichtet, die Verwandten und die Hebamme zum Trinken einzuladen, dem Kindelbier. Alkohol war mit dem Begiff Hebamme eng gekoppelt - leider nicht nur bei den Taufen. Vielen Dorfhebammen wurde regelrechte Trunksucht nachgesagt ... Die Versuchung war gross, führte eine ordentliche Hebamme doch stets hochprozentigen Alkohol mit sich - nicht primär zum Trinken gedacht, sondern zum Einreiben unruhiger Neugeborener! Bekannt ist das leinene Lutschbeutelchen mit Mohn, das die Babys in eine Dauerschläfrigkeit versetzte. Sobald dieser allgebräuchliche "Zulp" oder "Nutschbeutel", "Sauglappen" nicht mehr genügte, die Kleinen zur Ruhe zu bringen, wurde das unruhige Kind entweder mit Branntwein eingerieben oder mit einer Abkochung von Mohnköpfen getränkt. Diese Praxis geht auf die Auffassung der Ärzte zurück, die die Ansicht vertraten, daß Säuglinge nicht zu lange schreien sollten und verschiedene Vorschläge dazu gestalteten, sie zu beruhigen. Auf der Ansichtskarte glaubt man im Mund des Kindes links im Bild einen solchen Zulp su sehen - und dahinter die Karaffe und das Schnapsglas. Der etwas wirre Blick der Hebamme soll vermutlich an den chronischen Alkoholmissbrauch anspielen. Ganz anders die moderne Hebamme rechts im Bild: sauber, mit schmalen, eleganten Händen, wissenschaftlich geschultem, seriösen Blick. Zudem gestattet sie dem Kind, sich frei zu bewegen, während die altmodische Dorfhebamme ihr Neugeborenes gepuckt hat. |
Karikaturen |
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Hundedoktor |
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Die Situation ist perfekt nachgestellt: Decken Sie zu ihn bis ans Ohr
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