Naturmedizin


Amboss und Medizin: heilende Schmiede

Ansichtskarte: Schüler der Handwerkerschule Luxemburg am Amboss (lux. Unzelt), um 1925 

Chirurgen waren zweifelsohne die ersten Hersteller von Prothesen aus Metall. So liess der berühmte französische Chirurg Ambroise PARE (1510-1590) seine Prothesen bei dem "kleinen Lothringer" herstellen, einem in Paris ansässigen Schmied.
Denken Sie an die "Eiserne Hand" des Götz von Berlichingen (1480-1562), die 1509 von einem Schmied aus Ollhausen hergestellt wurde (heute ausgestellt im Museum der Götzenburg in Jagsthausen).

Der Volksglaube schreibt dem Wasser, in dem der Schmied das glühende Eisen abkühlte, heilende Kräfte zu: das Wasser, in dem das feuerrote Eisen abgekühlt wurde, nahm die magischen Kräfte dieses Feuers auf und erlangte Heilwirkung: vielerorts hielt man das Wasser aus der Schmiede für heilkräftig - ein typischer Fall von Kräfteübertragung, bei dem die Kraft des Feuers durch Vermittlung des Eisens auf das Wasser übergeht (J. Hess, Altluxemburger Denkwürdigkeiten, S. 130).

Dorfbewohner gingen aus ganz praktischen Gründen zum Zähneziehen zu ihrem Dorfschmied: er besass meist Bärenkräfte und verfügte über das grösste Arsenal an Zangen ...

  • In Folscheid kurierte der aus Lothringen zugezogene Schmied Franz Petitier mittels Rosskuren, bis er 1783 starb (Nicolas Pletschette, Mathias Thill, Die Rosskuren des Schmiedes Frantz Petitier aus Folscheid, in: Section Linguistique, Annuaire 1947, S. 62).
  • In Simmern/Eisch übten ein gewisser FELTES sowie der Nagelschmied Philippe BARNICH unbefugterweise die Heilkunst aus. Letzterer behandelte den seit seiner Geburt kranken Pierre Hosch, und zwar mit einer Salbe, die er aus Seife herstellte (J. Hess, Simmern im Eischtal, in: Hémecht 1(1957), S. 55).

    Aus Luxemburg sind uns nur wenige Fälle überliefert, in denen Schmiede sich heilend betätigt hätten. Nur zu Beginn des 18. Jh. sind uns zwei Fälle von Schmieden bekannt, die vorübergehend als Chirurg tätig waren:

  • 1708 heiratete Peter BOLTZ, der für gewöhnlich als Schmied bezeichnet wurde, in einer Taufakte von 1703 aber (deutlich lesbar) als "chirurgien" genannt wird.
  • als Johannes NICOLAS am 9.2.1717 heiratete (AVL LU I 32/11 fol 2 r), da war er noch einfacher Schmied. Noch im gleichen Jahr sollte sich die berufliche Situation verändern: am 20.11.1717 wird er als Chirurg bezeichnet (AVL LU I 32/5 fol 15 r). Am 31.12.1728 war er wiederum normaler Schmied.
  • am 21.8.1866 schrieb der Schöffenrat der Stadt, dass Sr. RUPPERT-Hatto "maréchal ferrant du Grund prépare une liqueur, laquelle, au dire de personnes dignes de foi, aurait produit les meilleurs effets chez des malades atteints de l'épidémie cholérique". Das Collège médical wurde gebeten, den Saft zu untersuchen bezüglich Nutzen und Gefahren ... (Archives Collège médical).