Naturmedizin


Salagram-Ammonit

 

 

   Das Himalaya-Gebirge wird seit Jahrmillionen - genauer gesagt seit dem Ende der Kreidezeit, aufgefaltet, wobei tiefe Meeres-Sedimentschichten allmählig auf mehrere Tausend Meter Höhe hochgestemmt werden - ein Prozess der zur Zeit anhält. So gelangen 50-100 Millionen alte, inzwischen versteinerte Pflanzen und Tiere des "Urmeeres" (Tethys) auf das Dach der Welt.


Besonders häufig finden sich die fossilführenden Schichten im Umkreis des Sees Damodar im nepalesischen Hochland. Mit dem Kali Gandaki - einem Bergbach, der sich zwischen den majestätischen Daulaghiri und Annapurna einen Weg gefressen hat - werden die Fossilien seither aus dem Gebirgsmassiv ausgespült, im Bergfluss werden sie zu Kieselsteinen "Sila's" rundgerieben, und liegen, insbesondere in der Nähe der Ortschaften Salagrama und Muktinath, als finger- bis faustdicke Knollen im Flussbett herum.

 

Bei den Naturvölkern erregten die schneckenähnlichen Muster seit jeher die grösste Aufmerksamkeit - es entstand die Legende vom Kleinen Wurm resp. Insekt, "vajra-keeta" genannt, das sich mit Diamantzähnen vor Urzeiten in die Steinchen hineinfrass und seither im Stein lebt ...


Seit Jahrtausenden gelten die Steine als "Zaubersteine" - saligrams, shaligrams oder salagramas genannt. Je nach Lage des Ammoniten im Stein unterscheiden die Leute hunderte von Typen (Lakshmi-Narayana, Padmanabda, Visvambhara etc.)... Je nach Beschaffenheit des Steines unterscheidet man rote, blaue, grüne, braune, schwarze, gelbe Salagrame, wobei die gelben und blauen (da seltener) als besonders "heilig" gelten. Kleine Steine dienen dem Hausgebrauch, grosse Exemplare werden in Tempeln verehrt.

Täglich trinken die Gläubigen Wasser, in das ein Saligram getaucht worden war, Sterbende trinken es, um auf kürzestem Wege in den "Himmel" zu gelangen, in die Nähe von Gott VISHNU: Salagram-Steine gelten als formlose, immaterielle Anbetungsform des Gottes VISHNU. Gebetet wird um Glück und Reichtum, die richtige Ehefrau, männliche Nachkommen - und schliesslich um Gesundheit.

 

 

Exponat

Aufgebrochener Sila aus der Nähe der Ortschaft Muktinath mit Ammonit-Fossil. Geschenk meines Sohnes Thomas.

 


Lit.:

Hagn, H., Saligrame - Gerölle von Malm-Kalken Ammoniten als Kultgegenstände Indiens. Mitteilungen der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie München 1977, 17 : 71-102.
Krystyn, L., Obertriassische Ammonoideen aus dem zentralnepalesischen Himalaya. Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt 36; 63 pp., 17 fig., 18 plts. h.t. 1982.
Oakley, K. P., Folklore of fossils. Part I. New York Palaeontological Society Notes 1974, 5 (1-2) 9-17.
Thenius Erich, Vávra Norbert, Fossilien im Volksglauben und im Alltag Bedeutung und Verwendung vorzeitlicher Tier- und Pflanzenreste von der Steinzeit bis heute, 1996. 179 Seiten, 197 Abbildungen, 30x21cm (Senckenberg Bücher, 71) ISBN 3-510-61051-2

Naturmedizin


Steinsalz "aus dem Himalaya"

 

Als Himalaya-Salz wird seit 2002 ein Steinsalz nach dem Westen verkauft, dem magische Kräfte zugeschrieben werden. Die heilende Kraft des Salzes basiert angeblich auf seinem spezifischen Schwingungsmuster, mit dem die Energiedefizite des Körpers ausgeglichen werden können. Durch die Kraft des Salzes sollen z. B. krank machende elektromagnetische Schwingungen der Umwelt, wie sie von Handys, Mikrowellen oder Fernseher ausgehen, ausgeglichen werden. Durch das tägliche Trinken der Sole, ein mit dem Salz hergestellter Aufguss, soll z. B. der Säure-Basen-Haushalt ausgeglichen werden.

In Kathmandu konnte mein Sohn Mag. Thomas KUGENER im Herbst 2006 diese drei knapp handtellergrossen Gesteinsproben erwerben, die unterschiedliche Salze darstellen, die dort vor Ort gehandelt werden.

Das so genannte Kristallsalz ist hell bis durchsichtig und weist eine kristalline Struktur auf (rechts im Bild). Das Steinsalz selbst ist rot bis dunkelrot und teilweise mit Sand durchzogen (links im Bild). Leichte Unterschiede in Spurenelementen färben das Salz: die rötlichen Salze enthalten etwas Eisen, die eher weissen Steinsalze etwas mehr an Kalium oder Silicium, die klaren Salze sind eher weniger "verunreinigt".

Da es im Himalayagebiet nachweislich überhaupt keine Salzbergwerke gibt, muss man davon ausgehen, dass besagte Salze aus dem Himalaya-Vorgebirge stammen, aus der Region der "Salt Range", einer durchschnittlich 680 m hohen Hügelkette, die fernab des Himalaya in Zentralpakistan im Norden der Provinz Punjab liegt. Die rund 600 Millionen Jahre alten Salzvorkommem wurden bereits vor über 400 Jahren entdeckt. In der 200 km langen und 10-20 km breiten Gebirgskette befinden sich die größten Salzbergwerke der Welt. Es gibt hier vier große staatliche Salzminen in denen in riesigen Mengen hauptsächlich Industriesalz gewonnen wird, und etwa ein Dutzend kleinere Privatminen. In Khewra, das etwa 160 km von Islamabad, der Hauptstadt Pakistans, und 260 km von Lahore entfernt liegt, befindet sich die zweitgrößte Salzmine der Welt und älteste des Salt Range. Die Khewra-Salzmine lässt sich auf die Zeit Alexander des Großen (327 v. Chr.) zurückdatieren. Pakistan deckt damit nicht nur seinen eigenen Salzbedarf, sondern exportiert jährlich zwischen 10000 und 18000 Tonnen Salz nach Indien. Im Ausland sind außerdem noch verschiedene Salzsouvenirs und dekorative Objekte, wie z.B. Salzkristall-Lampen, Teelichter und handbearbeitete Vasen, begehrt. Es gibt 7 starke Salzadern mit einer durchschnittlichen Stärke von 150 m. Abgebaut wird in 18 Arbeitsebenen mit einer Gesamtlänge von etwa 40 km.

Das sog. Himalaya-Salz stammt demnach aus der Gegend südlich von Islamabad, und wird ... nach Nepal exportiert, wo es dann weiterverkauft wird, u.a. an gutgläubige Touristen...

Naturmedizin


Turkana-Messer

 

An den Ufern des Turkana-Sees im Norden Kenia's steht die Wiege der Menschheit – hier lebten unsere entferntesten Vorfahren. Wenn wir heute Gegenstände aus dieser Region vorstellen, so geschieht dies demzufolge mit einer besonderen Ehrfurcht …

Heute leben an den Ufern dieses Sees die Turkana, nomadisierende Stämme, die vor Jahrhunderten aus dem Norden eingewandert sind – sog. Nilotenvölker.

Vorgestellt werden 2 Messer, die von den Eingeborenen "Irenga" genannt werden. Diese sehr spezielle Form von Messer wurde im 15. Jahrhundert entwickelt und wird noch heute im Sudan und in Kenia angetroffen.

  • Das grosse Modell (9 cm) wird in der Handfläche getragen - wobei der Ring um den Mittelfinger gesteckt ist.
  • Das kleine Modell (7 cm) wird nicht in der Handfläche, sondern anders rum über dem Fingerrücken getragen und steht wie eine Kralle vor, wenn der Mann die Hand zur Faust ballt. Beides sind Messer, aber auch Schlagwaffen, mit denen ein Gegner, ein Beutetier oder ein Opfertier "geschlagen" werden. Häufiger dienen sie friedlichen Zwecken: insbesondere dient das grosse Modell zum Bearbeiten von Häuten, Zerteilen von Fleisch. Man schneidet damit die Halsvenen bei Rindern ein, um an das begehrte Blut der Tiere zu gelangen, welches, zusammen mit der Milch der Kühe, Grundnahrungsmittel ist.

     

    Da es im Land der Turkana keine Eisenerze gibt, muss man sich seit jeher Eisen in Form von Blechen und Nägeln auf öffentlichen Märkten besorgen - früher besorgte man sich Eisen zumeist in Uganda. Mit Steinen werden diese Grundstoffe dann durch Hämmern kalt geschmiedet.

    In der Hand des Schamanen werden die hier vorgestellten Klingen zu chirurgischen Messern

  • mit denen Abszesse inzidiert werden,
  • mit denen die Haut eingeschnitten wird zum Tätowieren,
  • mit denen Ohrläppchen und Unterlippe eingeschnitten werden, um Holzscheiben einzufügen.
    Die Turkana beschneiden weder ihre Männern noch ihre Frauen - eine Unsitte, die ausserhalb des Turkanagebietes in Afrika weit verbreitet ist. Statt der Beschneidung als Einweihungsritual pflegen die Turkana den Brauch des "Athapan" (Bullentötung durch die grossen Jungen).


    Eine kleine Chirurgie also, die von einer performanten Pharmakopoe ergänzt wird: ausgezeichnete Kenntnis von Heilpflanzen. Auch Tierfett gilt als Heilmittel: daher wird das fettschwänzige Schaf "Dumba" (lat. ovis platyura) gelegentlich als "Spital der Turkana" bezeichnet …

Naturmedizin


Zauber-Statue der Yombe am unteren Kongolauf

N(i)nkisi, "power-figure" 

Das berühmte New-Yorker Museum stellt mehrere Geist-Statuen aus Afrika aus:
I. "Songye Power Figure / Zaire, Songye people 19.-20. Century
Songye nganga, or religious specialist has endowed this carved figure with spiritual powers by inserting symbolic substances - animal, vegetable and mineral - into its head, abdomen and shoulders and by attaching bundles of similar ingredients to its chest, neck and feet. Offerings to ancestral spirits who bestow fertility and provide protection against disease and misfortuneare visible in the sculpture's mouth. A power figure of this size is owned communally by the members of a songye village, who consult it regularly at public cerremonies".

II. "Minkisi, 19. century, Zaire
Power Figure (Nkisi). Efficaciousness depends upon the artist working in collaborating with a medical specialist. During their lifetimes such objects may endlessly continue to be activated to address thenewly develooping needs of their owners. Each nkisi addresses a unique series of situatons and individual crisi".

III. "Power Figure / Zaire, Kongo (Yombe)
Kono power figures are receptacles for spirit forces that are all-encompassing in their range of influence. The forces can heal and harm, empower and punish, settle disputes, and safeguard peace. Because power figures are incapable of action without the application of spiritually charged ingedients, their production requires the combined efforts of a sculptor, who carves the underlying form, and a ritual specialist, who collects and applies the organic and inorganic materials that animate it. Medicinal ingedients are contained in the box attached to the figure's stomach and in the upturned clay pot on its head. The metal blades were inserted into the body by a specialist each time the figure's powers were directed. This power figure's form is expressive of its highly charged nature: it stands straight-leeged, its chin jutting slightly forward. Its open mouth, with the tongue lying on the lower lip as if panting from exertion, evokes the Kikonko word venda, meaning "to lick in order to activate medicines", and suggests that the figure's power is constantly available."

THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART
NEW-YORK 1998

Diese dritte Figur ähnelt am stärksten der Statue, die wir 1997 in Luxemburg aus Privatbesitz erstanden - der Vorbesitzer brachte sie vor vielen Jahren aus Afrika mit, wo er in der Kolonialverwaltung tätig gewesen war, und bezeichnete die Herkunft der Figuren als "Yombe" ... et. Auch die Statuen der VILI im Loango-Becken tragen z.T. solche "Tabernakel" vor sich. Die grösste Ähnlichkeit mit unserer Statue finden wir mit den Nikisi Nkondi aus dem Yombe-Gebiet
(vgl. https://images.google.de/imgres?imgurl=http://4.bp.blogspot.com/_yDectYGNztg/SJ8CL3jfa4I/AAAAAAAAAAU/
pBezcTu0aKE/S660/BANTOU%2B%2BNKISI%2Bdu%2BCongo117.jpg&imgrefurl=https://marcoartcollection.
blogspot.com/2008/08/passionn-dart-africain-depuis-toujours.html&usg=__Lj5IVFSrcD3qH59-
dljpL8Aew3Y=&h=660&w=326&sz=35&hl=de&start=68&um=1&tbnid=w96F1 q9xtJVc7M:&tbnh
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de%257Clang_en%257Clang_fr%26safe%3Doff%26sa%3DN%26start%3D54%26um%3D1).

Zu den Nkisi-Statuen
Die grossen Nkonde wurden in öffentlichen Feiern eingesetzt, die kleinen Nkisi im familiären Rahmen.
"Les Minkisi (c’est le pluriel de Nkisi) constituent véritablement l’incarnation d’une entité spirituelle qui se soumet à une contrôle humain au travers de rites. Ils sont utilisés pour résoudre toute sorte de problèmes (maladie, stérilité, conflits…). Ce sont généralement des statues antropomorhes de 15 à 30 cm de haut, possèdant une cavité ventrale dans laquelle est placée la charge magique : le bilongo. Celui-ci est composé de diverses substances végétales et animales et est placé dans la cavité refermée par un bouchon résineux orné de coquillages ou de miroir. L’acte de refermer ce réceptacle n’est pas anodin car il indique que les puissances invoquées peuvent être maîtrisées. C’est le devin, le Nganga, qui au cours d’une cérémonie place la charge et de ce fait active les pouvoirs de la statue. Par la suite, puisqu’il est l'intercesseur entre la personne qui vient le consulter et le Nkisi, le Nganga lèche un clou ou un élément de métal et l'enfonce dans le corps de la statue. Il « réveille » ainsi l’esprit du Nkisi qu’il peut solliciter par des invocations. Les oeuvres qui sont le plus souvent exposées dans nos musées appartiennent à la famille des Minkisi et sont des Minkondi ou Zinkondi (ce sont les pluriels de Nkonde (resp.Nkondi)). Ce sont des œuvres relativement rares, de grandes tailles (généralement 1 mètre) avec un aspect effrayant : corps massif, épaules puissantes, brandissant parfois une lance, bouche ouverte qui dévoile des dents agressives… La fonction principale des Minkondi est de rétablir l’ordre social dans la communauté. Ils sont donc utilisés au cours de pratiques rituelles publiques. Malgré leur aspect effrayant, on comprend qu’ils jouent un rôle positif, protégeant la communauté contre le mal" .

Zur Symbolik des "blinden Spiegels"
Das Rezeptakel (im französischen Sprachgebrauch als "logette" oder "reliquaire" bezeichnet) auf der Brust der Statue ist in der klassischen Ausführung nach vorne durch einen Spiegel abgeschlossen. So auch bei der Statue im Museum Tervuren. Ähnlich wie bei den Nagelfetischen sind meist nur Kopf, Hände und Füße ausgearbeitet, der Körper ist grob behauen. In diesem Körper befindet sich ein kleiner, meist viereckiger Kasten, gefüllt mit Medizin, der mit einem Spiegel verschlossen ist. Assoziationen, welche diese Spiegelfetische mit christlichen Reliquien, die ja nachweislich um dieselbe Zeit in das damalige Kongo-Gebiet kamen, in Verbindung brachten, sind schon von Baumann artikuliert worden. Palme hat sich in einer ausführlichen Untersuchung diesem Problemkreis gewidmet. Danach sind zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert, als das Christentum die herrschende Religion in diesem Gebiet war, keine Nachrichten über Spiegelfetische aufzufinden; erst im 19. Jahrhundert wird Diesbezügliches vermeldet. Auch hier könnte also, nach der Abkehr vom Christentum, die Reliquiarfigur durch den Spiegelfetisch ersetzt worden sein; möglicherweise aber bestand zwischen beiden Kultobjekten überhaupt keine Substitutionsnotwendigkeit und beide blieben ihrer jeweiligen religiösen Zuordnung verhaftet. Ein großer Teil der Zauberfiguren wurde im Anschluss an Gebote von Kongokönigen des 16. und 17. Jahrhunderts, die diese auf Anraten der Missionare erließen, zerstört. Dadurch sind nur wenige der oft grandiosen Kunstwerke aus dieser Zeit erhalten geblieben. Im 18. und 19. Jahrhundert konnten sich die konservativen Kräfte wieder durchsetzen, die weißen Priester wurden vertrieben, und die alte Religion erhielt wieder neue Impulse; die meisten alten Zauberfiguren stammen deshalb aus dieser Zeit. Bei den menschlichen Zauberfiguren wird die Medizin in einer im Leib ausgehöhlten Öffnung untergebracht, dann mit Erde und Pech verschlossen und gelegentlich mit einer Kaurischnecke, einem anderen tierischen Gehäuse oder mit einem Spiegel abgedeckt. Seltener findet sich die Medizin am Rücken, wie dies bei den zoomorphen Figuren meist der Fall ist. Nachdem der Künstler die Statue in groben Kontoure geschaffen hat, wird sie vom "nganga", dem Magier mit Energie aufgeladen: der Körper wird mit Tierschädel, mit Schoten vom Brotbaum etc. behängt. In feierlicher Zeremonie klebt der Medizinmann ein Gefäss auf der Brust (und, soweit vorhanden, auf dem Scheitel) und bestückt das "bilongo" mit magischen Ingredientien, der "Medizin": weissen Lehm aus der Wohngegend, rote Erde wie sie im Ahnenkult benutzt wurde, "tukula", d.h. Sägemehl aus einheimischen Hölzern.

vgl. https://images.google.de/imgresimgurl=http://www.anthroposys.be/images/kongo018.jpg&imgrefurl=https://www.anthroposys.
be/ethnoartafrique.htm&usg=__VSdY0ZLx4M9BgsHUatP7tFbhMi4=&h=1024&w=418&sz=100&hl= de&start=148&um=1&tbnid=ptPeo3DhzYrEGM:&tbnh=150&tbnw=61&prev=/images%3Fq%3D
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Ab dem 16. Jahrhundert war das Yombe-Gebiet in Kontakt mit europäischen Völkern, insbes. den Portugiesen, die hier Metall und Glas (Spiegel) einführten, die wir im Material der Statue wiederfinden. Die tierischen Elemente stammen aus den Wäldern: sie verliehen dem Magier die Kräfte und Eigenschaften des jeweiligen Tieres ... Der meist blinde Spiegel ist ein wesentliches Element des "bilongo" : "The bundle at the abdomen incorporated a 'mirror of mystic vision', indicating the ritual expert's power to see beyond the glassy surface of the river, or the sea [beneath which the underworld lies] to penetrate the secrets of the dead' (Thompson in Vogel 1981: 210).
Hier eine andere Erklärung für die Spiegel: "This figure's open mouth suggests the uttering of judgments, and the abdomen and eyes contain mirrors to deflect danger" (Museum of Fine Arts, Boston).

Vorgestellt wird eine (mit Kopfschmuck) 65 cm hohe "power-figure".

Naturmedizin


Zigeunerkräuter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Beitrag zur Ausstellung "Achtung, Zigeuner! Geschichte eines Missverständnisses» im Museum der Stadt Luxemburg (24. März bis 21. Oktober 2007) wollen wir hier kurz einige Aspekte der Heilkunde angehen, die von den Sinti und Roma praktiziert wird.

Sinti und Roma sind zwei nicht sesshafte Volksstämme, die um 900 n.Chr. den nordindischen resp. pakistanischen Raum (Punjab) verlassen haben und nach Persien auswanderten. Die Gründe für den Exodus liegen im Dunkel - vielfach dürften sie als Sklaven exportiert worden sein.
Auch in Persien hielt es sie nicht allzu lange. Sie wanderten (wurden exportiert?) nach Norden ab, überquerten den Balkan und erreichten Deutschland im 15. Jahrhundert. Sie schlugen sich schlecht und recht durch, die Männer als Musiker, Pferdehändler und Kesselschmiede, die Frauen als Tänzerinnen, Wahrsagerinnen und Heilkundige.
In Europa stiessen sie auf Skepsis und Widerstand. Vom böhmischen König Sigismund erhielten sie 1423 einen Freibrief, der ihnen den freien Verkehr in den Ländern der böhmischen Krone gestattete: 1420 tauchen sie in Belgien, 1430 in der Nachbarstadt Metz auf. Das christliche Abendland ging schon bald auf Abstand – liessen sich die "braunen Gesellen" doch weder taufen noch trauen! Man untersagte ihnen ab 1450 das freie Umherstreifen, und versuchte sie – ohne viel Erfolg, in feste Strukturen zu zwängen: die Männer sollten sich in den Armeen der Zeit verdingen, die Frauen einem geregelten Frauenberuf nachgehen. Ein Beleg für den schlechten Ruf der "Zigeuner" ist der Brauch in der westpreußischen Kaschubei, an Johanni Ahornzweige an die Türen und Fenster zu stecken "gegen Hexen und Zigeuner".

Die meisten Länder versuchen, bis heute, die Sinti und Roma einer geregelten Beschäftigung zuzuführen – ein schwieriges Unterfangen. Wenn die Sozialisierung misslingt, stellen sich viele Staaten auf stur und schieben die „Völker der Strasse“ über die Grenzen ab - so Luxemburg. In Österreich wurden die Roma am 16. Dezember 1993 als „Volksgruppe“ anerkannt.

Zur Heilkunde
Zu den medizinischen Spezialitäten der Sinti und Roma – der Begriff des Zigeuners wird von diesen Leuten abgelehnt, wir wollen ihn daher nicht benutzen – zu ihren Spezialitäten gehört das Deuten des Schicksales an Hand der Handlinien.

Hier ein luxemburger Zeitungsbericht von 1908, aus dem die typische (?) Aktivität der Zigeuner erhellt:
"Schwindelmanöver. Über einen Betrugsversuch "fin de siècle" wird aus Pfaffenthal gemeldet, dass eine 40jähr., sich ohne bestimmten Wohnsitz befindliche deutschredende Zigeunerin allda eine kranke Person gesundbeten wollte dadurch, dass sie ihr riet, einen Zeigefinger mit soviel Geld zu umbinden als möglich. Dieses Geld solle die kranke Person ihr alsdann geben, und dann werde sie (die Gesundbeterin) dieses Geld in der Kathedrale opfern. Die Stadtpolizei kam dem plumpen Schwindel auf die Spur und machte dem Weibsbilde einen dicken Strich durch ihre Andacht" (Ardenner Bauer vom 20.5.1908).

Die Heilkunde ist durchdrungen von Magie - Igel sind "rein" [sie wurden, in Lehm eingehüllt, zwischen heißen Steinen gebacken], Hasen dagegen galten als "unrein". Auf Internet wird ein magisches Verfahren gegen Warzen propagiert, das ich mit Vorbehalt hier wiedergebe:
„Bei Vollmond, um Mitternacht, mit frischem gepresstem Saft von Bärlauch (Zigeunerkraut) betupfen. Falls kein frisches Zigeunerkraut zur Hand, den Saft von gepressten Knoblauchzehen verwenden. Die mehrfach benetzten Warzen 3 Minuten lang dem direkten Mondlicht im Freien aussetzen. Während dieser Zeit sich stark darauf konzentrieren, dass die Warze keine Nahrung mehr im Körper findet und absterben muss. Dabei hilft auch der Zauberspruch, den man Kindern vorsagen und sie nachsprechen lassen kann:
Garstige Warze,
verharze!
Troll von mir fort
zu anderm Ort ...
Garstige Warze,
verharze!"

(zit. www.beepworld.de/members54/xxjonnyxx/zigeuner.htm) [aus: Wanja von Hausen, Die geheimen Rezepte der Zigeunermedizin, Verlag Orac, Wien 1987, 191 S in 8°]. Andere Pflanzenrezepte scheinen empirisch, rationell: rumänische Zigeuner verwenden Brennesseltee gegen niedrigen Blutdruck.

Sie werden mit einer Reihe Kräuter in Verbindung gebracht - zumeist hochtoxischen Pflanzen. Ob zu Recht, kann ich nicht entscheiden.
- vor Holundersträuchern ziehen sie traditionnel den Hut und meinen "fälle nie einen Holunderbaum, unter der Wurzel sitzt ein böser Geist, der befreit wird, wenn der Baum geschlagen wird".
- der Beifuss war unerlässlich für ein magieliebendes Volk: die Pflanze schützt Mensch und Vieh gegen Zaubereien aller Art und wird (gegen der wohlriechenden etherischen Öle?) für Liebeszauber verwendet.
- den Zigeuner wurde nachgesagt, beim Diebstahl im Hühnerstall leichtes Spiel gehabt zu haben, weil sie mit dem Rauch von angezündetem Bilsenkraut die Hühner betäubten, so dass sie von der Stange fielen.
- man sagt, daß der Weisse Stechapfel durch die Zigeuner verbreitet worden sei - in Luxemburg heisst die Pflanze "Zigeinerkräut". Sie verwendeten ihn als Zauber- und Orakelkraut, aber auch als Arznei. Die Zauberfrauen der Zigeuner schreiben den Stechapfelsamen heilende Wirkung zu und reiben damit den Körper von Kranken ein. Die Blätter werden als Heilmittel gegen Asthma geraucht…
- auch die Judenkirsche, wurde vermutlich durch Zigeuner oder Juden aus Asien nach Europa eingeschleppt, beides hochgiftige Pflanzen…
- Zigeunerlauch – die wilde Form des Lauches, der Bärlauch – ein Küchengewürz!

Vorgestellt wird eine einheimische Ansichtskarte aus dem Sommer 1901, auf der man eine Gruppe "Bohémiens" sieht, die von luxemburgischen (Links im Bild) und belgischen Grenzwächtern (Mitte des Bildes) unter die Lupe genommen werden [Foto mit mehreren Kollagen: der rechte luxemburgischer Grenzwächter, der grosse Zigeuner, die beiden kleinen Zigeuner rechts vorne im Bild]. Da sie versucht hatten, aus Belgien nach Luxemburg einzuwandern, wurden sie vermutlich nach Belgien abgeschoben....

Lit.:
romani.uni-graz.at/rombase/cgi-bin/art.cgi?src=data/ hist/origin/arrival.de.xml
www.zigeuner.de/sinti_und_roma_seit_600_jahren.htm