Diverses


Tragstuhl n. Czerny

Tragesessel, frz. porte-chaise, engl. stretcher-chair ; sedan-chair 

 

Zur Geschichte des Tragesessels
Für den Privatgebrauch gab es die Sänfte schon im alten Ägypten
– im Museum von Kairo wird die Sänfte von Königin Heteph gezeigt.
- Das Hohelied berichtet (Kap. 3) vom Tragsessel, den sich König Salomon aus Holz aus dem Libanon herstellen liess.
Auch in Rom wurde der Tragstuhl benutzt: das Fahren in Wagen war den Römerinnen untersagt. Wollten sie einkaufen gehen, oder Verwandte besuchen, ohne das Schuhwerk zu bemühen, so standen Tragsessel oder Sänfte als Transportmittel zur Auswahl – ein Tragsessel empfahl sich für kurze Entfernungen, bei längeren Distanzen bevorzugte man die Sänfte, die, wollte man „up to date“ sein, von acht bithynischen Sklaven getragen wurde. Die Benutzung der Sänfte unterlag gewissen Reglementen: unter Caesar durften Damen die Sänfte erst ab einem bestimmten Alter in Anspruch nehmen – und auch dann nur zu bestimmten Stunden.

Im Mittelalter lesen wir erstmals von der Verwendung des Tragstuhles durch Kranke: Hermann von Reichenau (1013-1054) war von Kindheit an spastisch gelähmt („contractus“ heisst es in den Texten) und war zeitlebens an den Tragstuhl gefesselt.

Der Tragstuhl war ein bequemes wenn auch aufwendiges Beförderungsmittel, wenn Strassen und Wege für Kutschen unpassierbar waren. 1581 überquerte Michel de Montaigne den Mont Cenis im Tragsessel (Journal du voyage) – dazu musste der Reisende schwindelfrei sein, da er zweifelsohne gewaltig geschaukelt wurde.

Louis XIII beschäftigte einen „porte-chaise d’affaires“ – der keinen gewöhnlichen Stuhl und schon gar keinen Tragstuhl zu bedienen hatte, sondern den erlauchten Kackstuhl…

Kaiserin Maria-Theresia benutzte den Tragsessel bei besondern Anlässen:„Die Schwangerschaft der Kaiserin wurde zirka am Ende des dritten Monats offiziell bekanntgegeben. Als Zeichen ihres Zustandes erschien sie fortan bei allen offiziellen Anlässen in einem Tragsessel – in den Kirchen wurden regelmässig Andachten und Messen, ja sogar Prozessionen abgehalten. Circa sechs Wochen nach der Niederkunft, je nach ihrem gesundheitlichen Zustand, zeigte sich die Kaiserin erstmals in der Öffentlichkeit. Dieser sog. „Hervorgang“ führte selbstverständlich in die Kirche, wo die kaiserliche Mutter gesegnet wurde und sie ihr Kind „hervorsegnen“ liess. Dann wurde das Kind von der Amme in sein Zimmer gebracht und in der Kirche wurde ein Hochamt gefeiert. 1751 führte die Kaiserin eine wichtige Änderung dieses Zeremoniells durch: ab diesem Zeitpunkt brachte sie ihr Kind selbst in einem Tragsessel zur Kirche, vorher war dies die Aufgabe der "Aja" gewesen“.

Als öffentliches Beförderungsmittel – dem Vorläufer unseres Taxi - kam der Tragstuhl (in seiner kabinenartigen Variante) um 1700 in Mitteleuropa auf (Berlin 1688, Leipzig 1703, Nürnberg 1717). In Dresden gab es 1710 zehn Sänfte mit 20 Trägern – die Taxi-Sänften von Dresden wurden 1878 abgeschafft, als die Konkurrenz durch Droschken allzu stark wurde. In dem Roman von August Friedrich Ernst Langbein (1757-1835) aus Dresden „Der Beinbruch“ liest man noch:„Rühre dich ja nicht! Es ist schon ein Tragsessel bestellt, dich nach Hause zu bringen“.

Im Gebirge hielt sich der Tragstuhl bis zum Ausbau des Strassennetzes im frühen 20. Jahrhundert. Johanna Spyri (1827-1901) lässt ihre kleine Heldin Heidi um 1880 noch voller Freude die Ankunft ihrer Freundin erleben:„Zuerst kamen zwei Männer mit einem offenen Tragsessel, darauf sass ein Mädchen, in viele Tücher eingehüllt“.

Auch im häuslichen Bereich überlebte der Tragstuhl lange Zeit, da er bei der Beförderung von gebrechlichen und Kranken wertvolle Dienste leistete. Die moderne Industrie liefert zusammenklappbare Stühle aus Leichtmetall, die im Rettungswesen benutzt werden, um Leichtverletzte und Kranke in Treppenhäusern zu befördern.

 

Geschichte des Schlosses von Noaille

Teile des Schlosse stammen aus dem 12. Jahrhundert – zwei seitliche Türme (Lugnérac, Noailles). Als die Grafen von Noailles im 17. Jh. zu höheren Ämtern nach Paris berufen wurden, wurde der östliche (Noailles-)Turm Residenz der Kirchenvertreter. 1789 brannte das Schloss ab, wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in Stand gesetzt. Das Ensemble Renaissanceschloss/ Park/ Schlosskirche wurde am 19.3.1945 auf die „Liste de protection des sites » gestellt – der Inhalt der Säle und Speicher kam 2003 unter den Hammer : «La grande foule aux enchères (2/2003). Vente organisée par « Brivenchères » sous la conduite de Me Charles Gillardeau (14 av. du 8 mai 1945 ; F-19100 Brive la Gaillarde / Corrèze). L’intérêt pour les amateurs comme pour les professionnels était dans la belle qualité, homogène, des pièces présentées à la vente (armoire Louis XV, paire de fauteuils de style Louis XIV ». Seit diesem Ausverkauf werden Teile des Anwesens (4 Zimmer) an Feriengäste vermietet.


Museumsstücke

- ein gut erhaltenes offenes Exemplar ist ausgestellt im Literatur- und Heimatmuseum Altensee/Österreich.

- eine geschlossene Sänfte befinden sich unter den Exponaten des Wagenparks von Schloss Schönbrunn/Wien.

 

Exponat
Vorgestellt wird ein Tragstuhl nach CZERNY, der im 19. Jahrhundert dem "Comte de Noailles" diente. Der Stuhl unterscheidet sich von den üblichen Tragstühlen durch die doppelten Griffe in der Rückenpartie. Durch Anbringen eines "oberen Griffpaares" hat der Schreiner versucht, das Tragen des Stuhles in den Treppenhäusern zu erleichtern: der Stuhl wurde so gedreht, dass der Patient die Treppe hinunterblickte; der erste Träger fasste die "oberen Griffe", der Hintermann die Griffe zu Füssen des Patienten. Auf diese Weise konnte der Patient auch in der Treppen gerade sitzen, ohne vornüber zu kippen.