Pharmazie |
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Nachtlichte (4) |
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"Ein Nachtlicht gehöret zu der unentbehrlichen Einrichtung eines Krankenzimmers, dasselbe muß aber in der Mitte des Zimmes angebracht, und oben mit einem breiten Rauchfänger sammt Röhren, dessen Ende durch die Decke des Zimmers hinausgeführet wird, versehen seyn, damit der von dem Licht entstehende Dampf die Luft nicht so sehr verunreiniget, und erschweret, folglich, wie ich oft beobachtet habe, eine Engbrüstigkeit bey schwachen Kranken verursachet" (Johann Peter Franz Xaver Fauken, Entwurf zu einem allgemeinen Krankenhause , Wien 1784 S.75).
Der große HUFELAND warnte das Publikum vor den Sauerstoffvernichtern: "Man vermeide die Nachtlichter, denn weil durch das Verbrennen das Sauerstoffgas der atmosphärischen Luft aufgezehrt wird, und diese dadurch an ihrer Ausdehnung verliert, so ist leicht einzusehen, daß auch in dieser Rücksicht die Gewohnheit Nachtlichter zu brennen, schädlich und zweckwidrig ist" (Christoph Wilhelm von Hufeland, Der Schlaf und das Schlafzimmer in Beziehung auf die Gesundheit, Anhang zur "Die Kunst, das Leben zu verlängern", Weimar und Wien 1803).
Eine besondere Entlüftung wurde nun zur Pflicht: "Eine ähnliche Röhre, welche in die des Abtrittes geleitet wird, soll von dem Fache in der Mauer des Krankenzimmers, wo das Nachtlicht brennt, ausgehen" (G.F. Eichheimer, Umfassende Darstellung des Miilitair-Medizinal-Wesens in allen seinen Beziehungen, Augsburg 1824 S.76).
Unter diesen Vorsichtskautelen wurde an der Tradition der Nachtlichter festgehalten. Man beachte die hohe Qualität des verbrannten Öles: "In jedem Krankenzimmer soll ein Nachtlicht, und zwar mit Baum-Öl unterhalten werden". In den Fluren und an der Pforte brannten Lampen mit Rapsöl (Organisation der im vormaligen Dominikaner-Gebäude befindlichen Beschäftigungs-Verpflegungs-Suppen-Armenkinder-Anstalt in Augsburg 1819 S.44). *** Ein erster Betrieb befand sich im Stadtviertel Roßau in Wien/Österreich: der Nachtlichter-Fabrikant Leopold Sauer hatte seinen Betrieb ursprünglich in der Nr. 78. der Naglergasse (zit. Gemeinnütziger und erheiternder Haus-Calender für das österreichische Kaiserthum, Wien 1835).
Exponat Eine Spanschachtel mit Sauer-Nachtlichtern ist im Museum Nixdorf in Mikulasovice ausgestellt: "mit verläßlichen Kerzchen u. Schwimmern K.K.Privil. N°48/1185" (Aufschrift). Um 1900 wurden die "Sauer-Nachtlichter" (jn Lizenz?) von Gottlieb Voith in Wien hergestellt. Spanschachtel, erworben 3/2017 auf der "Euro-Antik-Messe" in Innsbruck. |
Pflegeartikel |
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Nachtlichte (5) |
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In einem Roman bringt die Nachtlichte die nötige Stimmung:
Noch im 20. Jh. finden sich positive Berichte über Nachten in Kliniken:
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Diverses |
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Nachtlichte (6) |
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„Glafey-Nachtlichte geruchlos, nicht feuergefährlich, nicht gesundheitsschädlich; sie qualmen nicht, sind sparsam im Ölverbrauch. Beste Beleuchtung für Schlaf-. Kinder- und Krankenzimmer.“ (Südsteirische Post, 10. Oktober 1896).
Am rechten Rand des Aufklebers fällt das französische Wort "Veuilleuses" auf - gebräuchlicher und wohl auch etymologisch korrekter ist die Bezeichnung "Veilleuses"."On fait la veillée", "on veille", man wacht!
Schöne Spanschachtel, eine sog. "Boîte tyroléenne", um 1890. Herkunft: Antikladen Dachau |
Pflegegerätschaften |
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Nachtlichte (7) |
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In Frankreich hatte Hippolyte JEUNET (1801-1871) zunächst mit Zuckerrüben aus Polen gehandelt, bevor er 1838 ein Patent nahm auf die Herstellung seiner „veilleuses françaises“, die er in Vitry-sur-Seine in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof der Nachbargemeinde Ivry fabrizieren ließ.
1853 verlegte er sein Werk – er beschäftigte knappe 3 bis 4 Arbeiter - nach Paris in die rue de Vaugirard, behielt aber den alten Namen „à la Gare“ bei. Grund für die Verlegung war eine Lehmgrube in der Nähe der neuen Fabrik – die Schwimmer seiner Leuchten waren aus Lehm: „œillet en argile grise traversé par une mèche en coton ciré et posé sur une rondelle de liège percée“ - einerseits schützte der Lehm den Schwimmer (aus leicht brennbarem Kork) vor dem Versengen, andererseits reflektierte er das Licht nach oben. Der Docht aus Baumwolle war mit Wachs imprägniert, konnte also gezündet werden, noch bevor die Kerze auf das Öl gesetzt wurde.
Noch heute produziert sein Werk millionenfach solche „veilleuses“ unter der Bezeichnung „mèches flottantes“ – alle in viereckigen (!) Schachteln abgepackt. |
Diverses |
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Masticateur, Nahrungszerkleinerer |
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Um zahnlosen Menschen das Essen mundgerecht zu zerkleiner, ohne es jedesmal durch ein Sieb oder einen Mixer zu geben, erfand man den "masticateur", eine kräftige Zange zum zerkleinern von Fleischbrocken. a) Vorgestellt wird ein "Masticateur CARRIER, Brevet Belge, ne doit pas être vendu en France" - man war weit entfernt von dem uns heute so selbstverständlichen freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union! Originaletui aus weichem Leder...
Die Firma Robert Klaas ist die älteste Hersteller-Firma in Solingen für Taschenmesser. Gegründet wurde die heutige Firma 1834. Die Fabrikmarke „Störche“ wird in viele Länder der Welt erfolgreich exportiert, vor allen in die USA, wo die Marke „Kissing Cranes“ bis heute sehr geschätzt ist. Obere Zange gerade, untere Zange geschwungen... Die Zangen werden weiter produziert: |
Diverses |
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Nissenkamm (1) |
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Läuse sind zumeist harmlos und zählen eher zu den Plagegeistern wie Wanzen und Schnecken. Doch können sie bei besonders ungünstigen hygienischen Verhältnissen auch schon mal Fleckfieber, Wolhynisches- und Rückfallfieber, oder gar Typhus übertragen – Grund genug ihre Bekämpfung als medizinhygienisches Problem aufzufassen. Schon in der Steinzeit wurden aus Knochen und Geweih die unter- schiedlichsten Werk- zeuge, Gebrauchsgegen- stände und Schmuck- stücke hergestellt. In der Regel wurden die Mittelhand- und Mittel- fußknochen des Rindes, seltener des Pferdes als Rohmaterial benutzt. Zur Kammherstellung konnte auch Geweih verwendet werden. Zunächst mußte der Knochen von allen Fleisch- und Sehnen- resten befreit werden. Danach trennte man die unbrauchbaren Gelenk- enden ab und entfettete das verblei- bende Rohmaterial durch Kochen, damit es nicht ranzig wurde. Anschließend wurden die Knochenteile für die jeweilige Kammform oder andere Produkte hergerichtet. An Werkzeugen verwendete man Sägen, Beile, Feilen, Ziehmesser, Bohrer, Hämmer sowie Schnitzmesser. Wer kennt nicht den „Iler“ (Schabeisen der Kammmacher) aus dem Kreuzworträtsel! Wer aber weiss wie dieses Werkzeug aussah, wie man es benutzte? Besuchen Sie das Schweizerische Kamm-Museum Mümliswil ! Der hier vorgestellte Kamm wurde nicht aus Knochen, sondern aus Horn hergestellt. Mit diesem Material liessen sich grössere Platten herstellen. Von den Knochen und Geweihen unterscheidet sich die Hornsubstanz dadurch, dass sie in siedendem Wasser nicht zu Leim zu verkochen ist, sondern nur erweicht und später ihre volle Härte wieder annimmt. Horn erweicht sich in der Hitze so weit, dass man es bequem biegen und pressen kann. Das abgesägte Kuhhorn wurde durch Kochen vom Knochenkern befreit, der so hergestellte Hornzylinder (Hormscheide) wurde erwärmt, der Länge nach aufgeschnitten, in der Hitze langsam geplättet und dann bearbeitet: auf einer Kammschneidemaschine wurde Zahn für Zahn in exakt gleichbleibendem Abstand gesägt. Lit.: Vorgestellt wird ein einteiliger Doppelkamm mit gleichen Zinken zu beiden Seiten. Maschinelle Arbeit Anfang 20. Jahrhundert. Herkunft Kopstal. Dass es sich um ein echtes Naturprodukt - und nicht um Kunststoff - handelt, erkennt man an den MottenfrassSpuren... |
Diverses |
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Nissenkamm (2) |
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Von Alters her kannte die Bevölkerung Pflanzen, die gegen Läuse halfen: Rein mechanisch wirken Spezialkämme. „Kinder kauft Kämme, denn es kommen lausige Zeiten“ – hatte man unsern Großeltern im Krämerladen geraten. In der Tat kamen lausige Zeiten, öfters als es unsern Vorfahren lieb war. Besonders häufig wurden die Läuse in Kriegszeiten, wenn mit der Seife sparsamer umgegangen wurde! Und auch heute noch ist die Bevölkerung durchaus nicht geschützt vor Kopfläusen: Kindergärten, Schulen, Pensionate werden regelmässig von diesen Plagegeistern heimgesucht. Danach mußte sie die abgestorbenen Biester mitsamt (nun ebenfalls grösstenteils abgetöteten) Eiern mühevoll auskämmen. Die Zähne des Läusekammes (lux. Nöschtkamp) stehen dichter als beim normalen Haarkamm, damit man sowohl die Läuse (lux. Laïs) als auch die Eier (dtsch. Nissen; lux. eng Nöscht, eine Läusebrut) auskämmen kann. Es gilt, unter den "Läusekämmen" zwei Sorten zu unterscheiden: die Läusekämme und die Nissenkämme. Läuse zu haben zeugte vielfach von mangelnder Körperhygiene und galt daher nirgendwo als besonders ehrenhaft. Den entsprechenden Kamm nannte man daher mancherorts euphemisierend „Staubkamm“ – im Luxemburgischen „Stëpskamp“. Der vorgestellte, 86x48 mm grosse „Laïs-Kamp“ Modell „Garantie, Made in Germany“ wurde aus Kunststoff "geschnitten". Er wurde zu Beginn der 30er Jahre in einer mehrköpfigen Familie in Mertert an der luxemburger Mosel benutzt. Das dicke, naturlockige Haar der Jungen und die langen Haare der Mädchen waren die bevorzugten Wohngebiete der Läuse: manche Träne floß, wenn Mutter die Haare allzu energisch auskämmte oder sich die Zähne des Kammes in zusammengeklumpten Eiern der Läuse (Nissen) oder in andern Haarknäueln verfingen – gar mancher Zahn des Kammes brach bei diesem Geschäfte ab. … Auch ohne Läuse zu haben, konnte man als Kind, wenn man allzu unartig war, "eng an’t Laiskaul kréien", d.h. eine Watsche in die Nackengrube einkassieren…
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Diverses |
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Nissenkamm (3) |
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In den 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts revolutionierte der ersten Kunststoff die Fabrikation der Kämme - das Zelluloid. Es bestand aus einer festen Lösung von Nitrozellulose und Kampfer. Als weitere Kunststoffe wurden Cellon (Zellulose-Acetat) verarbeitet und Galalith, dessen Hauptsubstanz Kasein war. Dann fanden „Edelkunstharze" Anwendung, später das von der Firma Röhm & Haas entwickelte „Plexiglas". Der vorgestellte Kamm aus den Nachkriegsjahren wurde aus einem dieser Kunstpodukte hergestellt - "allein mir fehlt die Materialkenntnis", um die Kunststoffe zu unterscheiden. Vielleicht hilft mir ein gewogener Besucher dieser Webseite weiter... |
Diverses |
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Rotes Kreuz, Schwesternschaften |
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Seit Jahrzehnten gab es in den deutschen Staaten "Frauenvereinigungen" zur Pflege von verwundeten Soldaten - mit der Gründung des Roten Kreuzes sollten sie zu einer strafferen Zusammenarbeit zusammenwachsen. 1864 hatten sich in der Tat zwölf europäische Staaten in der sog. "ersten Genfer Konvention" darauf geeinigt, die vom Krieg verursachten Leiden zu mildern. In den Ländern des Deutschen Reichs erfolgte die Gründung von Rotkreuzgemeinschaften zunächst relativ unabhängig voneinander, meist auch unter anderem Namen. Am 12. November 1863 wurde der Württembergische Sanitätsverein als erste Nationale Rotkreuzgesellschaft auf dem Gebiet des späteren Reiches gegründet, als zweite folgte im Januar 1864 der Verein zur Pflege verwundeter Krieger im Großherzogtum Oldenburg. Ein Großteil der Arbeit des Roten Kreuzes wurde am Anfang von Frauen getragen (Vaterländischer Frauenverein). Es entstand folglich eine Nachfrage nach ausgebildeten Krankenpflegerinnen . Gründung von Schwesternschaften An Arbeit sollte es nicht fehlen. Im deutsch-französischen Krieg (1870-1871) übernahmen die Vereine Aufgaben der Verwundetenpflege, der Betreuung und Fürsorge für die ausziehenden und heimkommenden Soldaten, die Einrichtung von Feldlazaretten und Spitälern und die Ausstattung der Sanitätszüge. Gründung eines Verbandes Zu der vorgestellten Brosche |
Diverses |
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Sustenteur "LUCOTTE" (1) |
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Die Ernährung von Kranken mit Fleischsäften erlebte nach den Untersuchungen des Chemikers Julius v. LIEBIG (1803-1873) einen gewaltigen Vorschub. Vorgestellt wird ein von der Firma "Fabrique générale de poterie d'étain LUCOTTE" hergestellter Topf - die Fa. Lucotte war in Paris angesiedelt und produzierte diese Safttöpfe ab 1875. Sie wurden von französischen Ärzten empfohlen. Mode d'emploi Instruction Nota: Mêlé au bouillon, il donne aussi un excellent consommé. Möglichweise wurde der Fleischsaft auch rectal appliziert. Darauf lässt folgendes Zitat schliessen, auch wenn der "sustenteur" dabei irrtümlich mit der Einlaufspritze gleichgesetzt wird: Nota: ähnliche Behälter benutzte man zum Transport von Blutegeln - bei diesen Töpfen fehlte lediglich die innere Abdeckung, der abschraubbare Deckel war mehrfach perforiert, um die Tierchen zu belüften... |
Diverses |
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Sustenteur "LUCOTTE" (2) |
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Historique de la firme Lucotte Bei aller Zuwendung vergass man offenbar die Giftigkeit von Blei. Vorsichtigere Firmen gingen daher dazu über, zumindest das Behältnis und den inneren Deckel aus Porzellan herzustellen.
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Diverses |
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Sustenteur, Tabaktopf |
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Wohin die Entwicklung der "Sustenteur" hinführte, als man die Fleischsäfte nicht mehr selber zubereiten mußte, belegt dieser Tabaktopf aus dem frühen 20. Jahrhundert mit dem ursprünglichen Deckel aus Zinn und einem kunstvoll bemalten Körper aus Porzellan. |