Diverses |
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Spucknapf (11) |
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Seit hunderten von Jahren wurde in Europa gespuckt, die Lage verschärfte sich, als Kautabak bei der Landbevölkerung in Mode kam (ursprünglich wurde eher bei der Marine "gekaut", da das Rauchen auf den Holzschiffen zu gefährlich war). Zum Auffangen des überschüssigen Speichels dienten Spucknäpfe, die in öffentlichen Gebäuden, in Wartehallen der Eisenbahn, in Gastwirtschaften aufgestellt waren.
Neben diesem harmlosen "Tabakspucken" gab es eine weit gefährliche Variante: das Spucken der Tuberkulose-kranken, die mit dem Auswurf tausende von Krankheitserregern in ihre Umwelt verteilten. Und Schwindsüchtige gab es jede Menge - bis weit ins 20. Jahrhundert hinein:
"Sanitäre Lage. Im Laufe des Monats September wurden folgende, ansteckende Krankheiten im Lande festgestellt [..]: Sterbefall infolge von Tuberkulose 5 Fälle im Kanton Esch, 1 Fall in den Kantonen Mersch, Diekirch, Vianden, 2 im Kanton Wiltz"
Schon die Kleinen wurden zu disziplinierten Spuckern erzogen:
Abschliessend eine schaurige Geschichte, bei der ein luxemburgischer Schmied in den USA als Mörder auftritt:
Exponat: 26x20x4 cm grosser Spucknapf aus emailliertem Gusseisen, der aus einem Bistrot in Saint Quentin / Picardie stammt. |
Diverses |
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Spucknapf (12) |
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Spucknäpfe wurden im Sanatorium täglich geleert und desinfiziert – Patienten und Pflegepersonal unterwarfen sich einer strikten Disziplin, sodass es beim Personal NICHT zum befürchteten Anstieg von Tb-Infektionen kam. Im Umkreis grosser Sanatorien nahm in der Bevölkerung die Zahl der Tb-Kranken sogar ab – eine Folge der durch den neuen Arbeitgeber "Sanatorium" verbesserten wirtschaftlichen Lage ...
Ab 1783 war die Glasfabrik von John Wright in Rotherham / South Yorkshire im Besitz der Familie von William Beatson – Flaschen und Krüge war die Spezialität des Werkes Beatson Clark & Co, insbesondere Bierflaschen, aber auch Sauggläser, Gläser zum Füttern von Kranken usw.. Bis zuletzt wurde braunes Glas für die Kosmetikbranche, die pharmazeutische und chemische Industrie hergestellt, insbesondere den Konzern Hoffmann La Roche. 1961 wurde sie von der Fa. Newship Group geschluckt. In England war die blaue Farbe des Glases von besonderer Wichtigkeit: in dem abergläubischen Land wäre es fatal gewesen, wenn Nachbarn das Blut im Auswurf gesehen hätten – der Kranke wäre in den Verdacht geraten, den Blutverlust bei Nacht als Vampir ausgleichen zu wollen. Herkunft des Objektes: Redhouse-store in Bedale/North Yorkshire (Inh. Kevin&Janet Stevens). |
Diverses |
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Spucknapf (13), Sparmodell |
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Noch besitzt dieses Sparmodell eines Spucknapfes – mit dem stolzen Schriftzug "Dr. Dettweiler" - zwei Öffnungen und ermöglichte auf diese Art ein energisches Durchspülen (eine Anlehnung an die britischen "Bananen-Baby-feeders"'). Auch die elegante blaue Farbe ist noch da. Was aber fehlt, ist der wohl zu teure Springdeckel. Man muss die Flasche mit beiden Händen bedienen und den Deckel über der Spucköffnung mühevoll abschrauben. Noch verhindert ein Trichter das Auslaufen des Schleimes, in noch jüngeren Modellen ist auch dieses Detail aufgegeben (Holmgaard Catalog 1909) – ja, die Belle Epoque neigte sich ihrem Ende zu, die wirtschaftliche Krise breitete sich aus und machte dem einst so ingeniösen "Dettweiler" den Garaus ... Die allerletzten Modelle verzichteten sogar auf den zweiten Schraubverschluss, behielten dafür paradoxerweise den handlichen Klappdeckel bei ... Vorgestellt wird ein "Blauer Heinrich" mit Schraubverschluss (kein Bajonettverschluss!), Höhe 11 cm, lichter Durchmesser der Spucköffnung 2,5 cm. Er wurde im englischen Stratford St Mary / Suffolk, nordwestlich von London erworben und datiert vermutlich in die Zeit um 1909.
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Diverses |
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Spucknapf (14) |
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Unter "Shelley England" versteht der Sammler feinstes Porzellan, mit floralem Muster und Portrait-Medaillons – etwas "very english, indeed, isn't it". Umso erstaunlicher dieser Fund eines höchst "schlüpfrigen" Gegenstandes, eines Spucknapfes, gestempelt Shelley ("in script and underlined, c.1925-1945"). 1860 gegründet, gehört das Unternehmen seit 1966 der Vergangenheit an. Wir stellen einen zweiteiligen Spucknapf (Tasse, Trichter) der Fa. Shelley vor. Herkunft: Rochford in der Grafschaft Essex / UK |
Pflegegerätschaften |
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Spucknapf (15) |
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Vernickelter Einhand-Spucknapf der Firma AESCULAP (Höhe 10.0 cm, Dicke 4.0 cm), erworben im Juli 2015 in Caluire /Rhône-Alpes. Verschluss intakt, Einsatztrichter kann leicht herausgehoben werden zum Entleeren und Auswaschen der Flasche. Da wir diesen Spucknapf nicht in dem Werkskatalog von 1910 finden konnten, glaube ich, dass es sich um ein älteres Produkt der Firma handelt, möglicherweise des Stammhauses Jetter & Scheerer.
Eine Besonderheit: mit ihrem abgerundeten Boden konnte die Flasche nicht hochgestellt werden, sie war wirklich eine Taschenspuckflasche !
Auf dem Deckel ein schönes Logo der Firma - die Aeskulapnatter, sich am hippokratischen Wanderstab hochrankend. "1867 bis 1914 Firmengebäude am Bahnhof Tuttlingen - 1867 richtete Gottfried Jetter seine Werkstatt ein, begann mit der Herstellung chirurgischer Instrumente und legte damit den Grundstein für das heutige Unternehmen. 1873 stellte Jetter mit anderen Tuttlinger Messerschmieden seine Produkte auf der Wiener Weltausstellung aus. Bis 1878 stieg die Belegschaft auf 120 Mitarbeiter. 1887 machte Jetter seine beiden Schwager Wilhelm und Karl Christian Scheerer zu gleichberechtigten Teilhabern. Die Firma hieß nun Jetter & Scheerer. 1889 wurde in Berlin die erste Filiale eröffnet, gleichzeitig wurde der Schlangenstab mit Krone als Warenzeichen eingetragen. 1893 wurde die Zweigniederlassung in New York City gegründet. Die Umwandlung der Firma in Aktiengesellschaft für Feinmechanik vormals Jetter & Scheerer wurde 1895 vollzogen. Im selben Jahr wurde die Eröffnung einer Vertretung in London gegründet. Von 1898 bis 1899 wurde die bis heute existierende neue Fabrik am westlichen Stadtrand Tuttlingens gebaut. 1899 wurde der Markenname AESCULAP angemeldet. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Produktion teilweise auf Kriegsmaterial umgestellt" (Internet). |
Pflegegerätschaften |
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Spucknapf (16) |
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"Raupach überschwemmt das Nationaltheater mit seiner poetischen Fluth. Es ist besser e i n Stück wie Schiller geschrieben, als Hundert, wie Kotzebue seine Dramen – auf die Welt gebracht zu haben. Diese goldene Regel sollte sich der nordische Dichter zu Herzen nehmen. Seine "Schleichhändler" ließen kalt, sein "Müller und sein Kind" dagegen ergriffen zwar, aber gegen alles poetische Decorum. Ein Vater, der an der Auszehrung und Lungensucht stirbt, ist eckelhaft; es fehlt nichts, als das Spuckpfännchen, um den Kunstgenuss auf die Spitze zu stellen. Inzwischen hat diese Pièce doch vielen Effekt und, wer erschüttert werden muß, um gerührt zu werden, der reite immerhin diesen dramatischen Klepper, er wird gewiß einige Tage von allen Kunstcongestionen befreit bleiben" (Wiener Kritiker in: Damen-Zeitung, ein Morgenblatt für die elegante Welt. Herausgegeben von C. Spindler, 1830,1/6). Soweit die bitterböse Kritik am Werk des polnischen Schriftstellers Ernst Benjamin Salomo Raupach (1784-1852), dessen Werk heute so gut wie vergessen ist. Walter Friedemann's 1911 gedrehte Verfilmung des erwähnten Schauerdramas "Der Müller und sein Kind" ist der früheste, vollständig erhaltene österreichische Spielfilm: "Ein armer Müllerssohn möchte eine reiche Müllerstochter heiraten, doch deren verwitweter Vater ist bösartig und geizig und schikaniert das Liebespaar auf niederträchtige Weise. Totenvogel und Friedhofsspuk künden vom nahenden Ende des Müllers und seiner unschuldigen Tochter" (Wikipedia).
Uns zeigt die Kritik des Romanes, daß Tuberkulose-Patienten schon 1830 Spuckpfännchen benutzten …
Exponat Spuckpfännchen, kein Herstellerstempel. Durchmesser des Deckels 14.0 cm. Das Besondere am Deckel ist eine Arretierung nach Drehung um 90°. Erworben am Flohmarkt Völs 9/2017. |
Spucknapf |
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Spucknapf (17) |
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Spucknapf nach "Dr. Dettweiler" mit seinem Sprung-Deckel und seiner originalen Verpackung (11.3 x 7.4 x 8.5 cm)
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Spucknäpfe |
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Spucknapf (18) |
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Fläschchen aus braunem Laborglas, hergestellt von der im April 1919 gegründeten Glaswarenfabrik Karl Hecht: Schraubverschluß einfachster Bauart. Firma „Assistent“, Bestell-No. 3110, H: 9,5 cm, B: 7 cm, T: 3,5 cm. |