Pharmazie


Apotheke Düdelingen 2-1

 

DEMUTH eröffnete 1906 eine zweite "Neue Apotheke" in Düdelingen. Am 27.1.1913 schrieb er an seinen Freund Alex ROUSSEAU, Apotheker in Grosbous:
"Lieber Lexi
Als Antwort auf deine Karte vom 25. theile ich dir mit dass ich für sämmtliche Betriebs- und Bezirkskassen - auch Unfallgenossenschaft mit der einzigen Ausnahme der Armenkrankenkasse, die Pharm. oeconomica anwende. Fr(eun)dl(iche) Grüsse an deine Familie Demuth".

In Berlin praktizierende und gesundheitspolitisch agierende Ärzte wie Salomon Neumann (1819–1908), Rudolf Virchow (1821–1902) und Rudolf Leubuscher (1821–1861) hatten sich in der Medicinal-Reformbewegung unmißverständlich für eine staatliche Verantwortung und das Recht von Handwerkern und Arbeitern ausgesprochen, unabhängig von der entwürdigenden Armenfürsorge medizinisch versorgt zu werden. Der Arzt Julius Meyer (1820–1896) war, ebenso wie die Vorgenannten, Mitglied des (1849 gegründeten) »Gesundheitspflegeverein der Berliner Arbeiterverbrüderung« (GVBA). Die Erfüllung der im Statut festgelegten Ziele erforderte das Mitwirken von Ärzten, denen die Einheit von Therapie und Prophylaxe ebenso wichtig war wie die sozialen Anliegen der Arbeiterverbrüderung. Die affiliierten Ärzte betrachteten ihre Mitarbeit als Beginn der praktischen Verwirklichung ihrer Ideale vom Arztsein und eines entkommerzialisierten Verhältnisses zu ihren Patienten, den Arbeiterbrüdern. Zwar waren die Ärzte im Verein angestellt, aber ihre Tätigkeit war mit einem formalen Dienstverhältnis nicht vergleichbar. Dies zum politischen Hintergrund der in der Ansichtskarte erwähnten Tarife: Julius MEYER verfasste eine »Pharmacopoea oeconomica« - aus heutiger Sicht eine "Positivliste", in welcher Basistarife festgehalten waren, die der Anstand gebot, nicht zu überschreiten.

Ähnliche Tarife wurden 1877 in Erlangen angeregt:
Ziemssen, Hugo Wilhelm von, Pharmacopoea clinico-Oeconomica: eine Anleitung zur Ordination der wichtigsten Arzneimittel : mit besonderer Rücksicht auf die Armen- und Hospital-Praxis. Erlangen 1877.

Im Mai/Juni 1917 schlug der Arzt PRAUM auch für Luxemburg eine derartige "Pharmacopée économique" vor (Memorial n°73 vom 17.11.1918), 1919 diskutierte das "Collège médical" über deren Einführung (Memorial n°93 vom 11.12.1920). Diese "oeconomischen" Tarife wurden natürlich von den luxemburger Krankenversicherungsanstalten begrüsst(Archives de l'Etat luxembourgeois):
Assurance-maladie Agri-A-086 1904-1919
Caisses régionales: Projets de budgets
Circulaires aux caisses concernant Pharmacopoea oeconomica"
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