Pharmazie


MICOREN

Problem-Präparat 

Vorgestellt wird eine 4,9 x 7,3 x 0,9 cm grosse Medikamentenschiebeschachtel, von der Fa. Union Blechdosenfabrik in Oberdiessbach/CH produziert. Innenfütterung von der Fa. Schrempp&Co in Allschwil/CH.
Das Design wird Karl Gerstner zugeschrieben. Dose 1957 als besonders gelungener Entwurf von der Schweizer Verpackungsindustrie prämiert (zit. Zürcher Hochschule der Künste, Museum für Gestaltung Zürich:
https://sammlungen-archive.zhdk.ch/code/emuseum.asp?emu_action=searchrequest&newsearch=1&moduleid=1&profile=objectsde¤trecord=1&searchdesc=Micoren%20Perlen&style=single&rawsearch=id/,/is/,/61807/,/false/,/true).

Formal ähnelt das Design den Persantin- und Mesulfan-Verpackungen der gleichen Firma, die ebenfalls in schlichten, aber eindringlichen Rot- und Weisstönen gehalten sind – Farben, die die Schweizer Nationalflagge aufgreifen.

Aussen hui, innen pfui! Das trifft auf die hier vorgestellte MICOREN-Schachtel der Schweizer Firma Geigy zu. 1947 als zentrales Respirotonikum resp. Anregungsmittel für das Atemzentrum entwickelt (US-Patent 71522626), und als solches durchaus nützlich bei der Wiederbelebung atemdeprimierter Neugeborenen (wenn Opiate nachwirkten, die man der Mutter während der Geburt verabreicht hatte), oder zum Eingewöhnen in der alpinen Höhenluft, entpuppte sich das Prethcamid, eine Mischung aus gleichen Mengen Cropropamid und Crotetamid, bald als ein potentes Dopingmittel. Kiloweise an Sportler verabreicht in der Hoffnung, die Sauerstoffkapazität ihres Blutes und damit ihre Leistung zu potenzieren, sorgte es bald für äusserst unangenehme Nebenwirkungen: in der italienischen Fussballmannschaft Juventus Turin kam es zu einer suspekten Häufung von Erkrankungen: Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Kehlkopfkrebs, Leukämie, Herzinfarkt u.s.w., worauf das Mittel am 1.1.1989 (Ampullen) aus dem Handel gezogen wurde.

Lit.:

  • A. Bühlmann und H. Behn, Atemphyslologisdae Untersuchungen mlt ,Micoren", in: Schweiz. Med. Wochenschr.1957 Feb 9 ; 87(6):135-7.
  • Allen B. Dobkin and Donald M. Mitchell, Micoren (Pretheamid) in Barbiturate Poisoning, in: Can. Med. Assoc. J. 1959 December 15; 81(12): 1009–1011.
  • G. Wilhelmi, Einfluss des Respirotonikums Micoren auf die Morphin-Analgesie (Effects of the respiratory tonic Micoren on morphine analgesia. Action du tonique respiratoire Micoren sur 1'analgésie morphinique), in: Medicina Experimentalis, 1960, 3: 6, p. 365-370.
  • Allen B. Dobkin, Drugs which stimulate affective behaviour, Comparison of the analeptic effect of d'amphetamine, bemigride with amiphenazole, methylphenidylacetate, iproniazid (micoren) and RP8228, in: Anaesthesia Volume 15, Issue 2, pages 146–153, April 1960.
  • A. Ourednika, S. Daumn, M. Kopecky, Micoren in the therapy of a respiratory insufficiency and acidosis in patients with emphysema and cor pulmonale, in: Ther. Umsch. 1961 Sep;18:353-9.
  • Erwin Albert Koller, Die Wirkung von Micoren auf Atmung und Blutdruck, Verlag Schwabe, 1962 - 16 Seiten. Tartulier M, Deyrieux F., Effect of micorene on pulmonary ventilation and circulation of emphysema patients reaching the stage of chronic cor pulmonale, in: Sem. Ther. 1963 Nov;39(9):579-83.
  • S. K., Jadin, P. S. Avsthi, R. Viswanathan, A trial of intravenous Micoren, a respiratory stimulant in respiratory failure, in: Brit.J.Dis.Chest, 61:33.1967.
  • K. Jährig, Zur Wirkung von Atemanaleptika bei Neugeborenen, in: European Journal of Pediatrics, 1969 Volume 106, Number 1, 42-51.