Pharmazie


Steinoel, Salbentopf (1)

1937-1991

 

 

 

Arbeiter waren früher schlecht geschützt vor dem glühend heissen Eisen - Lederschürzen, wo heute feuerfeste Ganzkörperanzüge Standard sind ... Kleine Verletzungen, die keine Verlegung des Patienten in ein Hospital erforderten, wurden vor Ort in einer "Infirmerie" des Werkes behandelt, wo ein vom Werk angestellter Krankenpfleger sich des Arbeiters annahm. Zu den Standardpräparaten in der Krankenstation des Werkes ARBED-Belval gehörte ICHTHYOL:

 

 

Ichthyol
Das Ichthyol stammt, weitläufig, von Meerestieren aus der Jurazeit, die in den Posidonienschichten abgelagert wurden.
"Die wasserlösliche Form des Steinöls wird durch Sulfonierung erzielt. Diese ist als Ichthyol in der seit Generationen verwendeten ZUGSALBE bekannt geworden. Der zu deren Herstellung verwendete Ölschiefer wird von der Ichthyol-Gesellschaft (Hamburg und Seefeld/Tirol), einem familiengeführten pharmazeutischen Unternehmen seit 120 Jahren im Alpenraum und im französischen Jura abgebaut und kann auf einen hohen natürlichen Schwefelgehalt verweisen, der den Vorgaben des "Europäischen Arzneibuches für spezielle medizinische Indikationen" entspricht. "(Internet)
Beim ICHTHYOL handelt es sich um ein fossiles Öl, mit erstaunlichen medizinischen Eigenschaften: es ist wundheilungsfördernd, antibiotisch tätig und gegen Ekzeme aktiv. Verantwortlich für diese Aktivität sind an die 1000 Inhaltsstoffe mit kortison- und antibiotikaähnlichen Wirkungen, ohne aber deren Nebenwirkungen zu besitzen. ICHTHYOL eignet sich daher besonders zur Langzeitbehandlung.

 

Anwendung
"Die schmerzhaften und erkrankten Körperteile werden mit lauwarmem Seifenwasser sorgfältig abgewaschen, nach dem Abtrocknen mit dem Ichthyolammonium eingerieben und sodann mit Watte oder Flanell bedeckt, worauf gewöhnlich ein schnelles Nachlassen der Schmerzen erfolgt. Die Häufigkeit der Anwendung schwankt zwischen ein- bis zweimal täglich und ein- bis zweimal wöchentlich. Bei innerm Gebrauch erweist sich das ICHTHYOL namentlich gegen akuten und chronischen Magenkatarrh, gegen chronische Leberleiden und habituelle Verstopfung, gegen Entzündungen der Mandeln und Katarrhe der Atmungsorgane heilsam. Man verordnet es in wässeriger Lösung, Pillen oder Kapseln" (Brockhaus Lexikon 1894-96).

Wichtig für die Wirkung ist der hohe (10% in der Trockensubstanz) Anteil an Schwefel im Oel.

Die niedrige Komplikationsrate bei der Behandlung mit ICHTHYOL prädestiniert es für die Verwendung durch Laienpersonal. Patienten erinnern sich an den leicht beissenden Geruch der Substanz. Andere fanden den Geruch angenehm würzig ...

Wir stellen einen Salbentopf vor (Höhe 15 cm, Durchmesser 9 cm), der offenbar in der Krankenstation des Werkes ARBED-Belval benutzt wurde.

 

Zur Datierung
Nach dem 1. Weltkrieg mussten die deutschen Eigner Luxemburg verlassen und ihr 1909 gegründetes Stahl- und Walzwerk "Adolph-Emil-Hütte" in Esch verkaufen. Neuer Besitzer wurde die "Société métallurgique des Terres-rouges", das Werk bekam den Namen Esch-Belval. 1937 übernahm die ARBED die Terres-rouges-Gesellschaft, das Werk hiess von nun an ARBED-Belval und wurde 1991 geschlossen; Teile der Industrieanlage haben das Glück, als Industriemuseum weiterbestehen zu dürfen ...