Pharmazie


Spiritus, Löffelkrautspiritus

 

Das Löffelkraut ist ein einheimisches Gewächs der Küsten Nord- und Mitteleuropas auf salzhaltigen Böden, selten auch auf salzhaltigen Böden im Binnenland. Es ist eine alte Heilpflanze, die noch vor 300 Jahren häufiger in unseren Gärten zu finden war. Die wildlebenden Pflanzen stehen unter Naturschutz und dürfen nicht gesammelt werden, sie sind durch eine Zerstörung ihres Lebensraumes selten geworden. Das Löffelkraut ist reich an Vitamin C, daher wurde es früher in große Fässer eingesalzen und auf größeren Schiffsreisen zur Vorbeugung von Skorbut an die Besatzung ausgegeben. Löffelkraut regt den Stoffwechsel, speziell Galle und Leber, und den Appetit an, reguliert die Verdauung und war daher bei lang andauernder Verstopfung ein gerne eingesetztes Mittel. Das Löffelkraut, wegen seines hohen Gehaltes an Vit. C bei Skorbut eingesetzt, heisst daher auch "Scharbockskraut".

Eine tägliche Dosis von 75 Milligramm Vitamin C braucht der Mensch, um der Mangelerkrankung, dem Skorbut, vorzubeugen. Die Symptome des Skorbut treten erst mehrere Monate nach Beginn des Mangels an Vitamin C auf. Symptome bei Skorbut sind:
• Zahnfleischbluten und Zahnausfall
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Frühstadium mit inneren Blutungen durch Arterienriss)
• Anfälligkeit gegen Infektionskrankheiten
• Erschöpfung und Müdigkeit
• schlechte Heilung von Wunden
• Gelenkentzündungen
• Muskelschwund
Im weiteren Verlauf führt Skorbut zum Tod durch Herzschwäche.

Zubereitung des Löffelkrautspiritus
"Man nimmt frisch gestoßenes Löffelkraut so viel man will, gießt den Saft von eben dieser Pflanze dazu, in welchem vorher etwas Sauerteig oder Bierhefen aufgelöset worden, und thut alsdann etwas Salz hinzu. Dieses alles wird gut vermischt, und in einem wohlverschlossenen Gefäße so lange in einen Keller gesetzt, bis es einen scharfen Geruch von sich gibt. Hierauf wird es aus einem Kolben im Wasserbade destillirt, wo man den Löffelkraut=Spiritus erhält. Hernach nimmt man frische Löffelkrautblätter, stößt sie und drückt vermittelst einer starken Presse den Saft aus denselben, reiniget ihn in einem wohlverschlossenen Gefäße oder Glase, und seihet ihn durch ein Löschpapier. Mit drey Theilen von diesem auf solche Welse gereinigten Safte vermischt man alsdann einen Theil von dem obbenannten Löffelkraut=Spiritus, und lässet es gehörig digeriren. Wenn man hierauf etwas Zucker zusetzt, so ist die Löffelkraut=Essenz fertig. Die Dosis ist eine bis zwey Unzen.
Es wird auch ein, wider den Scorbut sehr heilsamer Spiritus bereitet, wenn man einige Hände voll gestoßene Löffelkrautblätter und eben so viel Unzen geriebenen Meerrettig nimmt, solche mit einander vermischt, mit Löffelkrautsaft befeuchtet, vier und zwanzig Stunden weichen läßt, und endlich bey einem gelinden Feuer destilliret. Von diesem Spiritus kann man einen oder zwey Löffel mit Brühen oder Tränken, die wider den Scorbut dienen, vermischen"
(Oekonomische Encyklopädie, J.G. Krünitz (1773-1858).