Pharmazie


Spanschachtel

Spandose RICHTER

Spanschachtel, 1875

 

  

Zum Hersteller

Friedrich Adolf Richter (1846–1910) wurde in Herford als ältester Sohn des Bäckermeisters Friedrich Wilhelm Richter und dessen Frau Christine Margarethe Hasenpott geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums lernte er bei dem Drogisten Calvör. Als junger Kaufmann ging er nach Duisburg. Am 1. März 1869 gründete Richter in Duisburg eine Colonialwarenhandlung in der Heerstrasse. Später folgten weitere Filialen in der Schwanen- und Poststrasse.

 

Im Frühjahr 1873 siedelte Richter mit seiner Familie nach Luxemburg über, wo er mit Skepsis aufgenommen wurde – die Gründung einer Apotheke hätte der Zustimmung des Parlamentes bedurft. In dem folgenden Artikel fällt deshalb das Wort "officine" zwischen Gänsefüßchen auf:

"II s’est établi ici à Luxembourg une „officine“ qui paraît vouloir braver et notre académie de médecine en titre et répandre la santé à pleins bords sur les populations. Je ne sais si c’est un établissement de salubrité publique nouvellement fondé peut-être par l’autorité ou si c’est un philantrope qui est venu chez nous dans l’intention de nous guérir instantanément de toutes les maladies imaginables, mais ce qui est patent c’est que l’édifice existe, que le personnel manœuvre, que pour 6 gros on vous délivre dans la maison Wolff sur les glacis des recettes infaillibles contre toutes les douleurs et que les agents du Dr. Airy fournissent le plus gracieusement du monde: Pilules, Sarsapareillia, Pain-Expeller, Hair-Végor, Pastilles et Celebrated-Farinae. Le tout au prix les plus réduits: 1 ½ thalers, 17 ½ gr., 10 gr., 1 thaler, etc. Je précise pour inviter mes concitoyens à ne pas manquer l’occasion, car l’annonce de l’„Indépendance“ donne fausse adresse; elle porte erronément que le célèbre médecin et marchand de drogues infaillibles demeure à Trêves et qu’il suffit d’envoyer 6 groschen à la „Rheinische Verlags-Anstalt in Trier“ pour recevoir le livre des recettes. Or, il est avéré qu’heureusement le célèbre docteur et ses agents, MM. F. Ad. Richter et Cie, ne demeurent pas à Trêves, mais bien au milieu de nous, et que les lettres qu’on remet à la poste sous cette adresse ne sont pas dirigées sur Trêves, mais vers la maison Wolff, à deux pas de nous. Donnons-nous en donc, des pastilles, des recettes et des pillules, et demandons que nos autorités sachent affranchir de toutes les entraves l’établissement d’une industrie et d’un commerce aussi utiles" (L'Indépendance luxembourgeoise, 13.7.1873).

 

Zum Arzt Airy 

Hubert AIRY (1838-1903), M.D. Daß in diesem Artikel auf ihn verwiesen wird, hängt weniger mit dem gleichnamigen Produkt aus Richter's Apotheke zusammen, als mit einem Buch, für das (zufällig?) zu dieser Zeit in Luxemburg geworben wurde:

"Rettungslos siechen Tausende Kranke frühzeitig dah!n, die, wenn ihnen schnell die richtige Hilfe zu Theil geworden, ihre Gesundheit wiedererhalten hätten. Das berühmte, 160 Seiten starke Buch: „Dr. Airy’s Naturheilmethode“ gibt allen Kranken einfache bewährte Mittel an die Hand, um sich seIbst vom frühzeitigen Tode retten zu können. Es sollte deshalb kein Kranker versäumen, sich dies vorzügliche Buch gegen Einsendung von 6 Freimarken à 1 Sgr. von der Rheinischen Verlags-Anstalt in Trier kommen zu lassen" (L'Indépendance luxembourgeoise, 13.4.1873). Sein Parfum "Eau du Var" wurde in der Großgasse n°41 bei Frl. Hoffmann verkauft (L.W., 13.9.1873). Ein Jahr später zog das Unternehmen nach Nürnberg: "Alle, welche noch Forderungen an mich oder an die Fa. Ad. Richter u. Comp. haben, werden ersucht, die Rechnunge baldigst einreichen zu wollen. Dr. A. Richter auf dem Glacis bei Luxemburg" (L.W., 3.8.1874).

 

In Nürnberg gliederte Richter seinem chemisch-pharmazeutischen Unternehmen eine Lebkuchen-Fabrik an. Der Antrag auf eine Vergrößerung der Firma scheiterte. Er beschloss daraufhin, nach Rudolstadt in Thüringen überzusiedeln - 1876 erhielt er vom örtlichen Prinzen die Erlaubnis, im thüringischen Rudolstadt eine chemisch-pharmazeutische Fabrik zu bauen. In der Firma wurden pharmazeutische Präparate wie reine Kräuterextrakte, Koniferen-nadelextrakte, Hustensäfte und –tropfen, medizinische Bäder, Badezusätze und Linemente hergestellt. Zu den erfolgreichsten „Geheimmitteln“ gehörte der „Anker Pain Expeller“. Richter gründete in Europa und Übersee zahlreiche Filialen: 1877 Nijmegen Holland, 1878 Wien, 1880 Prag, 1887 London, Kopenhagen, Olten, 1894 New York und 1900 St. Petersburg und Salbino. In Luxemburg wurden 1889 die "bekannten Niederlagen in Esch a./Alz. bei Apotheker Welschbillig, in Fels bei Apotheker N. Tilmany" erwähnt (L.W., 12.9.1889).

 

Nach dem 1910 in Jena erfolgten Tod von F. Ad. Richter übernahmen vier Söhne und sein Bruder Friedrich Wilhelm Richter die Firma. Wegen Erbstreitigkeiten wurde das Unternehmen in die Aktiengesell-schaften 'F. Ad. Richter & Cie, Chemische Werke' und 'F. Ad. Richter & Cie AG, Baukastenfabrik' umgewandelt. Neben den Aktiengesellschaften bestand längere Zeit die 'Chemische Werke Rudolstadt GmbH'.

 

 

Exponat

Spanschachtel der Fa. F. Ad. Richter / Nürnberg von 1875, Migränemittel des Londoner Arztes AIRY.

"Calming Pastilles are thick, hard tablets, composed of sugar, with oil of anise, and coloured with liquorice juice" (Hager).