Pharmazie


Piperazin, das verrückte Mittel

 

Piperazin war 1890 das erste Medikament, das von der Schering AG auf den Markt gebracht wurde. Die Substanz war entwickelt worden als ein Mittel, das die geistige und sexuelle Leistungskraft steigern sollte - eine Art frühes Viagra. Doch es enttäuschte in seiner Wirkung.

Ab 1867 war der Apotheker Léon MIDY (1847 - 1928) in Paris niedergelassen, im Faubourg St. Honoré. In seinem Labor entdeckte er die harnsteinauflösende Wirkung des Schering'schen Piperazins - und machte die Substanz zu einer Spezialität, zu "seinem" Produkt.
Ursprünglich als Verjüngungsmittel gedacht, wurde es von Midy zur Behandlung der Gicht propagiert, die historische Verwendung von Piperazin zur Behandlung der Gicht beruhte auf der Beobachtung, dass es in vitro die Harnsäure aufzulösen vermag. Wesentlich niedriger war jedoch die Wirksamkeit in vivo, also im menschlichen Körper. Ab 1895 produzierte Midy sein Produkt in industriellem Maβstab.

Als Firmensitz gibt das Etikett "67 av. de Wagram" an. In der Tat verlegten die Söhne André und Marcel nach dem Tode des Vaters im Jahre 1928 das Unternehmen aus der r. du Colonel Moll nach der av. de Wagram. André starb 1933, Marcel (1879-1968) führte das Unternehmen daraufhin, zusammen mit seinen Söhnen Robert und Pierre, weiter.
Ab 1941 wurde Piperazin als Anthelminthikum eingesetzt - das Molekül lähmt die Muskulatur der Würmer die somit (lebend) aus dem Darm ausgeschieden werden. Unsere Dose kennt diese Indikation gegen Darmwürmer nicht (mehr), da sie durch das Aufkommen moderner Mittel obsolet wurde. Die Dose dürfte demnach entweder vor 1941 in den Handel gekommen sein oder (am ehesten) nach 1960 ...

Zurückbehalten wurden auf unserer Dose nur die Indikationen, bei denen eine Alkalinisierung des Harnes gewünscht war:

  • Nierensteine und Nierenkoliken
  • Gicht
  • als Zusatz zu Urin-Antiseptika

    Seit 1991 ist Piperazin aus der menschlichen Materia medica verschwunden. Dennoch taucht der Name sporadisch auf den "Skandalseiten" der Presse auf:
    "23.03.2007 Arzneimittelsicherheit und Sozialpharmazie
    Drogen: Missbrauch von historischem Entwurmungsmittel Piperazin in Großbritannien.
    London - Die britischen Gesundheitsbehörden warnen vor einem alten Anthelminthikum, das in der Humanmedizin längst durch besser verträgliche Mittel ersetzt wurde, sich aber wegen seiner stimulierenden Wirkung bei Drogenabhängigen offenbar großer Beliebtheit erfreut. Es ist jedoch weder legal, noch natürlich und schon gar nicht sicher, wie die Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) berichtet"
    (Deutsches Ärzteblatt vom 20.03.2007).

Pharmazie


Procain

PROCAIN
 

 

 

    Nach der Entdeckung der lokalanästhetischen Wirkung des Kokains durch Carl Koller am 14. 9. 1884 beschrieb der US- Amerikaner William Stewart Halstead seine Methode der Leitungsanästhesie mit Kokain - man weiß, daß er es an sich und an einem Kollegenkreis ausprobierte – und kokainsüchtig wurde.

 

Das Procain

Trotz der Suchtgefahr blieb Kokain jahrelang das meistverwendete Lokalanästhetikum. Das änderte sich, als 1904 Procain von den deutschen Chemikern Alfred Einhorn (1857-1917) und Uhlfelder synthetisiert und 1905 von der Fa. Hoechst in den Handel gebracht wurde - am 16. 4. 1905 erhielt Alfred Einhorn, Professor für Chemie an der Technischen Hochschule in München, ein Patent für die von ihm entwickelte Ersatzsubstanz für das inzwischen anrüchige Kokain. Procain besitzt keine euphorisierende Wirkung wie Cocain und fällt daher nicht unter den Geltungsbereich der Betäubungsmittelgesetze. Einsatz Der Leipziger Chirurg Heinrich Braun (1886-1934) führte das Novocain® 1905 in den Operationssaal ein und zwar für örtliche Betäubungen. Bis in die 50er Jahre blieb es welltweit das führende Lokalanaesthetikum für alle Regional-anaesthesien und Nervenblockaden. Erst mit der Einführung der für die Chirurgie besser geeigneten Lokalanaestetika vom Amid-Typ (Lidicain, Mepivacain, Bupivacain) wurde es aus dem operativen Bereich so gut wie ganz verdrängt.

 

In Arzneimitteln liegt Procain auch als Procainhydrochlorid vor. Procainhydrochlorid ist ein weisses, geruchloses, kristallines Pulver, das zu gleichen Teilen mit Wasser löslich ist: 1 g löst sich in 1 ml Wasser und in 30 ml Alkohol. Gezeigt wird Pulver der amerikanischen Fa. Mizzy/New York, die auf die Herstellung und Testung von Betäubungsmitteln - insbesondere für den zahnärztlichen Bedarf, spezialisiert war (Präsident Albert D. Mizzy. In seiner Jugend wanderte er aus Russland ein, kaufte 1912 einen Betrieb, der zahnärztlichen Bedarf vertrieb).

 

Exponat:

Geschenk von Herrn Mag. Dr. Andreas Winkler / Innsbruck.

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PRONTOSIL-Röhrchen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit den Arbeiten von Paul EHRLICH mit Trypanrot wurden alle Farbstoffe auf eine eventuelle antibakterielle Wirkung getestet. Dazu stellten die Bayer-Werke 1927 eigens einen Mitarbeiter der Universität Münster ein, Dr. Gerhard DOMAGK (1895-1964). Im Dezember 1932 wurde in den Laboratorien der Bayer AG von den Chemikern Fritz Mietsch (1896-1958) und Josef Klarer (1898-1953) das Produkt "Sulfonamido-chrysoidine" synthetisiert mit dem Ziel, Woll-Textilien, Seide und Leder orangerot zu färben – unter dem Namen "Prontosil rubrum" kam das zuvor unter der Versuchsnummer D 4145 getestete Färbemittel in den Handel. Seit den Arbeiten von Philipp Heinrich HÖRLEIN (1882-1954) im Jahre 1909 war gewusst, dass Sulfonamid-Gruppen zu einer besseren Haftung von Azo-Farbstoffen an Wolle führte. Wenn Sulfonamide an Wolle hafteten, warum nicht auch an Bakterien – immerhin bestanden beide aus Eiweiss! In Bakterienkulturen erwies sich die Substanz als quasi unwirksam. Aus bislang ungeklärten Gründen testete DOMAGK die Substanz dennoch weiter. Und siehe da: bei Mäusen entwickelte die neue Substanz eine starke antibiotische Wirksamkeit gegen Streptokokken!


- als seine einzige Tochter, die 6jährige Hildegard im Februar 1933 nach einer Stichverletzung mit einer Nähnadel mit einer Lymphangitis sprich "Blutvergiftung" schwer erkrankte, setzte DOMAGK das bislang kaum am Menschen getestete D4145 ein: die Tochter genas (nach mehrmaligen Injektionen von jeweils 10 Gramm), ohne dass der Arm amputiert werden musste. Die Nachricht von dem Wundermittel sickerte durch.


- der Düsseldorfer Arzt Robert FOERSTER setzte D4145 im Mai 1933 per os bei einem 10 Monate alten Säugling ein, der an Staphylokokkensepsis litt und berichtete am 17. Mai vor der Düsseldorfer Dermatologischen Gesellschaft. Auch andere Ärzte des Ruhrgebietes scheinen mit kleinen Dosen beliefert worden zu sein. (https://de.winelib.com/wiki/Sulfonamide).


- nach mehrjährigen klinischen Experimenten der Substanz (unter der Bezeichnung "Streptozon") im Klinikum Wuppertal/Elberfeld (1932) und an den Universitätskliniken Düsseldorf (1933), publizierte er seine bahnbrechende Arbeit: Ein Beitrag zur Chemotherapie der bakteriellen Infektionen, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 1935. Bd. 61, S. 250. Im Sommer 1934 erzielte Domagk mit einer Molekülveränderung an D4145 eine bessere Löslichkeit um auch schwerste Streptokokkeninfektionen mit den nötigen hohen Dosen behandeln zu können. Diese neue Substanz nannte er "Prontosil" (Andreas Dutly, Gerhard Johannes Paul Domagk, 2002).

 

Somit stand den Ärzten ab 1935 - unter dem Namen "Prontosil" resp. Rubiazol - ein gegen Streptokokkeninfektionen wirksames Arzneimittel zur Verfügung. Am 11.9.1943 schrieb das "Luxemburger Wort" in einem Artikel "Die Deutsche Medizin", dass "von den Deutschen Domagk, Klarer und Mietzsch" im Prontosil ein wirksames chemotherapeutisches Heilmittel gegen Kindbettfieber gefunden" worden sei. 2 Monate später kam der Autor zur Welt – seine Mutter konnte voll auf deutsches Prontosil vertrauen …

 

Bayer's Fritz malt alle Keime bunt,
Sein Prontosil färbt sie schön rot.
So kommen viele auf den Hund
und manche enden mausetot.
Die Moral aus der Geschicht:
Bist du ein bös' Erregerlein
Trau keinem Apotheker nicht
und malt er noch so hübsch dich fein.

HK

 

Pharmazie


Pulvermischdose n. WOLSIFFER

P1020526

1906

 

 

Der Apotheker Jacob WOLSIFFER aus Neustadt a.d. Haardt ließ 1904 einen Kolierapparat patentieren (Apothekerzeitung N°73 von 1904 S.712). 2 Jahre später stellte er eine - der großen Kugelmühle nachgebildete - Pulverisier-Dose vor, in der drei blanke Metallkugeln die Mischung bewerkstelligten :

"Eine Pulvermischdose empfiehlt J. Wolsiffer". Die sehr handliche Dose hat einen Durchmesser von ca. 12 cm und eine Höhe von 5,7 cm" (Apoth.-Ztg. 1906, Heft 21).

Dietrich bezeichnete sie später als "sehr praktisch und sauber" (Eugen Dieterich, Karl Dieterich, Neues Pharmazeutisches Manual, Springer Verlag 1913 S.316).

 

"Eine kleine Hand-Kugelmühle, die allerdings nicht zum Zerkleinern benutzt wurde, ist die Pulvermischdose nach Apotheker Jakob Wolsiffer: eine Metalldose mit dichtschließendem Deckel und meist drei Kugeln. Sie wurde in der Rezeptur zum schnellen und staubarmen Mischen, vor allem von Pulvern ohne starkwirkende Arzneistoffe, verwendet. Dazu wurde die mit den Rezepturbestandteilen und den Kugeln befüllte und verschlossene Dose mit der Hand so bewegt, dass die Kugeln rollten" (Hansjörg Hahn, Von Mörsern, Mühlen und dem fernöstlichen Drogenschiff, in: Deutsche Apothekerzeitung Nr. 4, 1998, S. 67).

 

Exponat

Pulvermischdose, erworben 8/2017 am Hafen in Innsbruck.

Hersteller: Fa. Hermann Steinbuch vormals F. A. Wolff & Söhne, Wien-Budapest: Fabrik für Apothekenstandgefässe sowie für alle pharmazeutischen, chemischen, physikalischen Apparate und Utensilien.

Herkunft: Landpraxis von Dr. Armin ZUMTOBEL in Mayrhofen/Zillertal, möglicherweise aus den Besitz seines Vaters, der im gleichen Ort Arzt war.

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Pulverschiffchen

 

Zu Zeiten, als Apotheker noch mehr waren als weissbekittelte Verkäufer der Pharma-Industrie, gehörte er zur Grund-Ausstattung einer jeden Apotheke: der Pulver-Portionierer. Der Apotheker füllte in den oberen Trichter das Medizinal-Pulver ein, das er nach dem Rezept des Arztes zusammen gemischt hatte Dann stellte er die Pulver-Menge pro Einzelportion (z.B. Tagesration) am Gerät ein und hielt eine kleine, weisse Papier-Tüte unter Ausfüll-Stutzen. Jetzt nur noch am Abzug ziehen, und schon ist die gewünschte Menge in der Tüte. Die Tüten zwei, drei, usw. folgen - einfach, billig, umweltfreundlich.

Einfacher ging das Aufteilen der Pulver mit den „Schiffchen“. Um einzelne Dosen der Pulver abzuteilen, wurde die Pulvermischung auf sogenannten Pulverschiffchen nach Augenmaß verteilt (ausgeworfen). Mit Hilfe der Pulverschiffchen wurden sie dann in kleine gefaltete Papiertütchen, die sogenannten Pulverkapseln eingefüllt.

Die „Schöffelcher“ wurden benutzt, um Pulver umzufüllen. Insbesondere dienten sie dazu, Aspirinzitrat-Pulver (gegen Migräne verschrieben unter der Bezeichnung „Migränspäckelcher“ resp. „Migränin“) abzufüllen. Das Pulver wurde gleichmässig (grob visuell geschätzt) auf die zehn bereitliegenden Schiffchen verteilt, von diesen dann in die bereitstehenden zehn Tütchen umgefüllt…

Vorgestellt werden drei Schiffchen aus der Apotheke von Beles (Belvaux) im Minettebassin/Luxemburg, 10.5 cm Länge, aus Horn. Horn war sozusagen der Vorläufer des Plastik, es wurde kaum angegriffen von Chemikalien, war preiswert und leicht, fast unzerbrechlich - ein idealer Massenartikel.

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Pulvertöpfe (1)

 

"Misce, fiat pulvis" - mische, es soll ein Pulver daraus gemacht werden ...
"Divide in partes aequales Num. sex" - verteile auf sechs gleich grosse Teile...
"Misce fiat pulvis, dispense tales doses Nr.XXX " - mische das Pulver und gebe davon 30 Dosen.

... Jägerlatein im Schriftverkehr zwischen Arzt und Apotheker. Aus der 1967 eingerichteten und 1985 aufgelösten Apotheke von André EISCHEN (1915-2003) in Düdelingen stammen die hier vorgestellten Pulvertöpfe für:

- STRYCHNIN-Samen. Strychnin ist ein sehr giftiges Alkaloid, welches als Toxin in den Samen der Gewöhnlichen Brechnuss (Strychnos nux-vomica) vorkommt. Der Alkaloid-Gehalt in den Samen liegt bei etwa 3 %, etwa die Hälfte davon ist Strychnin. Schon in geringen Dosen bewirkt es eine Starre der Muskeln. Es wurde früher auch in Rattengift verwendet. Eine Menge von 30–120 mg kann für einen erwachsenen Menschen tödlich sein. Da Strychnin relativ stabil ist, konnte es in exhumierten Leichen noch vier Jahre nach dem Tode nachgewiesen werden...
Das Extractum Strychni (Brechnußextrakt) wurde in Pillen, Pulvern zu 0,01 bis 0,05 g als Tonikum und Stimulans bei atonischer Verdauungsschwäche, nervösen Diarrhöen, neurasthenischen Zuständen, Incontinentia urinae, Prolapsus ani angewendet. Auch bei motorischen Lähmungen, Paresen wurden oft gute Erfolge gesehen. Ebenso war es bei Alkoholvergiftung, Kachexien, Schwangerschaftserbrechen und rheumatischen Zuständen beliebt. (zit. https://212.185.118.226/publlehrbuch/XML/19851996.xml)

- HYOSCYAMIN ist ein biologisch aktives Tropan-alkaloid. Das biologisch aktive (S)-Hyoscyamin ist unter anderem in Nachtschattengewächsen häufig vorhanden, beispielsweise im Stechapfel, in der Alraune, in der Engelstrompete, in der Tollkirsche und im Bilsenkraut. Atropin (abgeleitet von Atropos, griechische Schicksalsgöttin) ist ein giftiges Tropan-Alkaloid. Es handelt sich um ein Racemat (1:1 Mischung) aus den Isomeren R- und S-Hyoscyamin, das sich bei der Isolierung aus S-Hyoscyamin bildet. S-Hyoscyamin kommt in Nachtschattengewächsen wie Alraune (Mandragora), Engelstrompete (Brugmansia) und Stechapfel (Datura stramonium) vor. Seinen Namen verdankt das Alkaloid der Tollkirsche (Atropa belladonna). Diese giftige Substanz antagonisiert als Anticholinergikum die Wirkung des körpereigenen Neurotransmitters Acetylcholin, indem es Acetylcholinrezeptoren blockiert. Es findet in der Medizin als racemisches Gemisch Atropin (R,S-Hyoscyamin) Anwendung als Parasympatholytikum, Spasmolytikum und Mydriatikum, aber auch als Antidot bei Vergiftungen mit Insektiziden und Pestiziden..
Der Extrakt aus den Blättern der Tollkirsche wird medizinisch als krampflösendes, gefäß- und pupillenerweiterndes Mittel verwendet.

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Pulvertöpfe (2)

 

Batterie von vier 9 cm hohen Töpfchen, aus dem Fundus des Apothekers Alfons ENGELDINGER aus Esch/Alzette (siehe Infundierapparat).

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Pyramidon

PYRAMIDON
 

Phenazon wurde in den 1880er-Jahren in Erlangen von dem Münchener Ludwig KNORR (1859-1921) synthetisiert und 1884 als Antipyrin® lanciert.

Der Heilbronner Friedrich STOLTZ (1860-1936) und Ludwig KNORR gelten als Erfinder des Amino-Phenazon, welches 1897 von Hoechst als Pyramidon® auf den Markt kam. Allein in Deutschland war das weiße Pulver 1977 in fast 200 verschiedenen Arzneimitteln enthalten.

Aminophenazon ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Stickstoffheterocyclen bzw. bzw. Pyrazolon-Derivate. Es besteht also aus (dem in der Fieber- und Schmerz-therapie bekannten) Pyrazolon-Grundgerüst mit einer Aminogruppe in 4-Position des Pyrazolon-Heterocyclus.

 

 

Zum Hersteller

Die Chemie-Firma "Meister, Lucius & Brüning", später "Farbwerke Hoechst AG", startete mit Antipyrin und Pyramidon ihre Karriere als Arzneimittelhersteller: Es waren die ersten beiden Medikamente, die in den Fabrikhallen am Mainufer produziert wurden; bis dahin hatte sich das 1863 gegründete Unternehmen ausschließlich mit der Erzeugung synthetischer Farbstoffe beschäftigt.

 

 

Der Name

Der Name Pyramid(on) hat absolut nichts mit den ägyptischen Pyramiden zu tun. Die Wortschöpfung ist nachweislich durch Kürzung und Umschichtung der systematischen chemischen Bezeichnung entstanden, und zwar aus Dimethylamino-phenyl-dimethyl-pyrazolon (Univ.-Prof. Mag. pharm. Dr. Heinrich P. Koch: Woher kommen die Namen unserer Arzneimittel? Ein Streifzug durch Nomenklatur, Legislatur, Linguistik und Kulturgeschichte der modernen Arzneimittelnamen, in: Österreichische Apotheker-Zeitschrift, 11. Aug. 1990 S.604-612; 15. Sept. 1990 S.709-712; 3. Nov. 1990 S.851-859; 10. Nov. 1990 S.872-875; 8. Dez. 1990 S.956-961; 26. Jan. 1991 S.81).

 

 

Nebenwirkungen

Berühmt-berüchtigt war die Pyramidon-Agranulozytose: man nimmt an, daß auf 100 Patienten, die mit Pyramidon behandelt wurden, ein Fall von Agranulozytose fällt (Leopold Meyler, Richard Polák, Schädliche Nebenwirkungen von Arzneimitteln, Springer Verlag 1956 S.22).

Weniger bekannt ist die mögliche Umwandlung des Pyramidons in den krebserregenden Stoff Dimethyl-Nitrosamin (Der Spiegel n°34/1977). "Bis 1978 blieb Pyramidon ein mengenmäßig bedeutendes Produkt der Hoechst AG. Dann wurde es vom Markt genommen, weil Aminophenazon in den Verdacht geraten war, die Bildung von kanzerogenen Nitrosaminen im Organismus zu fördern. In Kombinationspräparaten wurde Aminophenazon meist durch Propyphenazon ersetzt" (Barbara Voll, Von der Weidenrinde zum Lysinat, in: Pharmazeutische Zeitschrift Ausgabe 10/1999). Dieser Verdacht hatte den Hersteller Jahre zuvor veranlaßt, seinem Pyramidon vorsorglich eine stöchiometrische Menge Ascorbinsäure zuzusetzen, da dieses im Tierversuch die Bildung von Dimethylnitrosamin verhindert (H. Kewitz, Medizinisch und wirtschaftlich rationale Arzneitherapie, Springer 1978 S.149).

Pyramidon ist seit 1978 nicht mehr im Handel. Reine Hysterie! Schon mit einer Portion Salami oder rohem Schinken ißt man nach Heidelberger Messungen (Prof. Rudolf Preußmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg) mindestens so viel Nitrosamin wie mit zehn ,Pyramidon'-Tabletten.

"Pyramidon durfte Anfang des 20. Jahrhunderts in keiner Hausapotheke fehlen. Es muss sich um ein wahres Allheilmittel gehandelt haben. Das Medikament war einsetzbar gegen Fieber, Entzündungen, aber auch Kopfschmerzen. Bereits 1893 hatte der in Heilbronn geborene Friedrich Stolz Pyramidon entwickelt. Der Apothekersohn Stolz kam in der Region herum. Er machte seine Apothekerlehre in Kupferzell, und arbeitete danach als Gehilfe in Weinsberg und in der Sicherer‘schen Apotheke in Heilbronn. Statt Apotheker wurde Stolz dann allerdings Chemiker. 1906 gelang es ihm als erstem Adrenalin künstlich herzustellen. Warum man das Wundermittel Pyramidon heute nicht mehr kennt, hat einen einfachen Grund: 1978 wurde die Produktion eingestellt, weil es Hinweise gab, dass das Medikament krebserregend ist" (Stimme.de, 30.4.2018).

 

 

Exponat

In Österreich wurde der Verkauf amino-phenazon-haltiger Medikamente erst ab dem 1. Jänner 1992 verboten. Karton- une Blechschachtel, 1980er Jahre (?).

Herkunft: Flohmarkt Völs/Innsbruck 8/2018.

Pharmazie


Quecksilber-Pflaster

Merkurialpflaster 1
 

 

    Heutzutage sind transdermale Pflaster ein Zukunftsmarkt. Doch gab es schon einmal eine Zeit, als diese Darreichungsform Top-in war. So wurde die lokale Anwendung des Quecksilbers schon in den frühesten Zeiten geübt.

 

   1506 lobte der italienische Arzt Angelus BOLOGNINUS das mit Quecksilber hergestellte Pflaster. Das am meisten verwendete derartige Präparat war das 1535 von Pietro Andrea MATTHIOLUS (1501-1577) empfohlene "Emplastrum mercuriale", das einen Ersatz des alten, nicht hergestellten "Emplastrum de Vigo", nach dem Leibarzt des Papstes Julius II Giovanni da VIGO (1450–1525) benannt, bildete. Das in Frankreich noch im 20. Jahrhundert gebräuchliche Sparadrap de Vigo war ein "Emplastrum adhaesivum" mit einem Gehalt von 20% Quecksilber (Joh. Almkwist, Syphilis-Therapie, Springerverlag 1928). Den gleichen Gehalt hatte das in Deutschland und Österreich hergestellte "Graue Pflaster", während es in andern Länders bis zu 35% Hg enthielt. Sehr brauchbar war auch das von dem Hamburger Dermatologen Paul Gerson UNNA (1850-1929) angegebene und von dem Altonaer Apotheker Paul Carl Beiersdorff (1836-1896) hergestellte graue Pflaster "Quecksilberguttaplast".

 

"Das Quecksilberpflaster, bey den Wundärzten, ein mit Terpenthin abgeriebenes Quecksilber, so fern es als ein Pflaster gebraucht wird; Emplastrum mercuriale" (Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, 1774–1786).

 

Prominenter Patient wurde der amerikanische Präsident Georges Washington (1732-1799): "Er fing sich eine Erkältung oder Grippe ein, während er draußen im Regen ritt, und die Ärzte kamen und zuallererst ließen sie ihn zur Ader, setzten ihm Blutegel an. Das half nicht. Er fühlte sich schlechter, also ließen sie ihn dann ohne die Blutegel zur Ader. Sie schnitten ihn einfach und ließen ihn in einen Eimer bluten. Und dann half das nicht, also wurden ihm Quecksilberpflaster gegeben. Und er fühlte sich sogar noch schlechter und dann schließlich gaben sie ihm also Quecksilber zum Einnehmen. Und das tötete ihn. Er wurde im Prinzip totgedoktert. Und er war nicht der letzte".

 

"Quecksilberpflaster wird bereitet aus 2 Teilen metallischem Quecksilber, 1 Teil Terpentin, 6 Teilen Bleipflaster und 1 Teil gelbem Wachs. Es enthält das Quecksilber in feinster Verteilung" (Meyers Konversations-Lexikon, 1888).

 

"Quecksilberpflaster ist grau und darf mit unbewaffnetem Auge keine Quecksilber-kügelchen erkennen lassen" (Eugen Dieterich und ‎Karl Dieterich, Neues Pharmazeutisches Manual, Springerverlag 1913).

"Als Ersatz der Schmierkur sind Einreibungen mit Quecksilberseifen (Beiersdorf, Görner, Unna) sowie das Tragen oder Auflegen von Quecksilbersäckchen (Welander) oder Quecksilberpflastermull (Unna, Merkolinthsdiurz von Blaschko) empfohlen worden. In die Praxis vermochten sich diese Maßnahmen indes nicht einzubürgern" (Paul Mulzer, die syphilitischen Erkrankungen in der Allgemeinpraxis, Lehmanns Verlag 1922).

"Das Quecksilber wird mit dem Wollfett innig verrieben und die Verreibung in der durch Schmelzen erhaltenen, halberkalteten Mischung aus dem Wachs und dem Bleipflaster gleichmäßig verteilt" (Prof. Dr. O. Anselmino, Prof. Dr. Ernst Gilg, Kommentar zum Deutschen Arzneibuch 6. Ausgabe 1926 S. 527-528).

Während Syphilis über Jahrhunderte mit subcutanen oder intramuskulären Quecksilberinjektionen, sowie mit Pflastern behandelt wurde, trat die Quecksilbertherapie der Syphilis nach der Entdeckung des SALVARSAN durch Paul Ehrlich im Jahr 1910 in den Hintergrund. Daher die sehr engherzige Empfehlung für das Pflaster aus dem Jahr 1930 "resorbierend und antiparasitär" (A. Perutz, C. Siebert, R. Winternitz, Pharmakologie der Haut, in: Handbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten Arƶneimittel, Springerverlag Berlin 1930). 

 

Zum Citocoll-Praeparat

  Die ersten Kautschukpflaster kamen um 1870 in den USA in den Handel. Die Pflastermasse war bereits auf Stoff gestrichen und das gebrauchsfertige Pflaster haftete schon auf der Haut. Nachteilig aber war die sehr begrenzte Lagerzeit, da die Füllstoffe wie verschiedene Stärkearten und Veilchenwurzelpulver verhältnismäßig rasch verdarben. Auch zeigten sich oft unangenehme Hautreizungen nach ihrer Anwendung. "Citocoll hydrargyres" ist ein derartiges Kautschuk-Pflaster" (GEHES Codex 1922 S.17).

Woher kam der Name "Cito"? Hier eine mögliche Erklärung: 1896 brachte Troplowitz das „Cito Sport-Heftpflaster“ zum Abdichten defekter Fahrradreifen auf den Markt – das weltweit erste technische Klebeband. Auf Lateinisch bedeutet Cito nichts anderes als "zügig", "schnell".

  

Exponat

19.5 cm lange Rolle mit quecksilberdurchtränktem Pflaster in einer 21x4.5x4.5 cm grossen Kartonverpackung. Herstellerfirma ? (verschlungene Buchstaben HGZ - Geschenk von Herrn Mag.Dr.Andreas Winkler.

Nota: ein ähnliches Produkt wurde in den USA von Johnson&Johnson hergestellt (https://www.ub.edu/pharmakoteka/node/27070).

 

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Radiumpastille

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Forscher der Universität Heildelberg befaßten sich seit dem frühen 20. Jahrhundert mit Radium. 1906 gründeten sie das "Institut für experimentelle Krebs-forschung", dessen Leitung Prof. Vincenz CZERNY (1842-1916) übertragen wurde. Es wurde das erste Zentrum für Strahlentherapie in Deutschland – Oberarzt Richard WERNER (1875-1945), unternahm hier erste Tierexperimente mit Radiumsalzen.

 

Radium vor Ort finden

Im Nahetal standen radioaktive Schichten an – der Kreuznacher Apotheker Karl ASCHOFF (1867-1945) stellte 1904 die radioaktive Strahlung des hier - zusammen mit dem Salzwasser - austretenden Radons fest. War das Gas therapetisch zu nutzen? Ja, ASCHOFF entwickelte die Radontherapie. Zunächst badete man im radonhaltigen Wasser der Quellen beider Heilbäder, erst 1912 kam ein Stollen hinzu ... Gab es in der Nähe ähnliche radioaktive Orte? Brunnen etwas flussaufwärts des heutigen Heidelberger Thermalbades wiesen eine höhere Wassertemperatur auf als andere im Stadtgebiet, auch waren warme Strömungen im Neckar beobachtet worden. Der Geologe und Mineraloge Prof. Wilhelm SALOMON (*15.2.1868 in Berlin; gest. 15.7.1941 in Ankara), Leiter des neu gegründeten Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Heidelberg, machte sich daran, die geologischen Verhältnisse wissenschaftlich zu erforschen. Zur Finanzierung einer Bohrung warb er mit der möglichen Entdeckung von Petroleum, sonstigen Bodenschätzen und einer Mineralquelle.

 

Öffentliche Unterstützung

1912 stimmte der Stadtrat für das Vorhaben und stellte 400.000 Reichsmark zur Verfügung. Im darauffolgenden Jahr wurde auf dem Gelände östlich des heutigen Thermalbades gebohrt, Ende Juli wurde eine Tiefe von 570 Metern erreicht. Als das Deutsche Reich am 1. August 1914 in den Krieg eintrat, gingen die Arbeiten trotz einiger Widrigkeiten weiter. Allerdings standen Rohre in der nötigen Wandstärke nicht zur Verfügung, sodass schwächeres Material verwendet wurde, was möglicherweise für das spätere Versiegen der Quelle mitverantwortlich war.

 

Ein Solwasser

Am 14. August 1918 konnte Salomon in einer Tiefe von 998 Metern die erhoffte warme und ausreichend kräftige Quelle vermelden. Das Wasser der "Liselotte-Quelle" war salzig, roch nach Methan und wurde als Sole anerkannt. Laut Gutachten des Chemischen Labors Fresenius eignete es sich zu Badekuren, in verdünntem Zustand zu Trinkkuren, zu Duschen und Inhalationen. Ein weiteres Gutachten bestätigte, dass die Sole nicht nur gasförmiges, also schnell entweichendes Radium enthielt, sondern - als einzige Quelle in Deutschland - gelöstes Radiumsalz. Der Traum vom "Bad" schien Wirklichkeit zu werden, SALOMON wurde 1926 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. "Mit der Radium-Solquelle war ein Heilmittel gefunden, für das die Krankheiten, die es behandeln kann, erst noch gesucht werden mussten", schreibt Hans-Martin Mumm in seinem grundlegenden Aufsatz zum Thema. Radium, das den Namen seiner radioaktiven Eigenschaft verdankte, war 1898 von Marie und Pierre Curie entdeckt worden. Wahre Wunderdinge wurden dem strahlenden Element zugeschrieben, obwohl oder besser, weil seine Wirkung kaum erforscht war. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schien es ein avantgardistischer Stoff. Auch außerhalb des medizinischen Bereichs mangelte es nicht an Ideen für seine Vermarktung: in Schönheitscremes und Zahnpasta etwa oder als Zusatz, der Farben in der Dunkelheit zum Leuchten bringt.

 

Ein gefährlicher Stoff

Zifferblätter von Uhren und Weckern konnten mittels Radiumzusatzes nachts abgelesen werden. Allerdings erkrankten in Amerika die Arbeiterinnen, die diese Zifferblätter bemalten und die Pinsel mit den Lippen anspitzen, an der Strahlenkrankheit. Das Schicksal dieser "Radium Girls" machte die Gefährlichkeit des Stoffes deutlich.

 

Vermarktung

Nach einigem Hin und Her wurde 1922 eine "Bad-Heidelberg-Aktien-Gesellschaft" gegründet. Eine mondäne Kurhotelanlage entstand auf dem Papier: Wandelhallen, Casino, Kino und Freizeithafen am Neckar.

Die Heidelberger "geizen nach dem Ruhm eines Weltbadeortes", schrieb das Berliner Tageblatt 1924, im Jahr der Grundsteinlegung für das Badehaus an der Vangerowstraße. Am 16.11.1924 war die Grundsteinlegung des "Radium-Solbades", wobei die Arbeiten wegen Verzug in der Ausführung wenig später eingestellt wurden. Nach Konkurs der „Bad Heidelberg AG“ im Jahr 1925 wurde diese in eine GmbH mit städtischer Beteiligung umgewandelt. Der Architekt Franz Kuhn wurde beauftragt, neue Pläne mit einem reduzierten Bauprogramm zur Weiterführung des Baus auszuarbeiten. Es kam über den Keller im Rohbau nicht hinaus. Als 1926 die Aktiengesellschaft zahlungsunfähig war, übernahm eine gemeinnützige Gesellschaft unter maßgeblicher städtischer Beteiligung. Der vielseitige Heidelberger Architekt Franz Sales-Kuhn wurde beauftragt, auf den vorhandenen Grundmauern einen reduzierten Baukörper zu entwerfen: das heute noch stehende "Radium-Solbad" in neoklassizistischem Stil wurde im Juli 1928 der Öffentlichkeit übergeben: 40 Badezellen, dazu Trink- und Inhalationskuren versprachen Linderung der Leiden. Die Quelle besaß verschiedene Heilstoffe und war die einzige Thermalquelle in Deutschland, die reines Radiumsalz enthielt. Trinkkuren und Bäder sollten gegen viele Erkrankungen helfen – von Katarrhen der Atmungsorgane über Skrophulose und Rachitis bis hin zu Rheuma, Gicht, Ischias und Arterienverkalkung. Die Sole wurde sorglos empfohlen bei Arterienverkalkung, Rheumatismus, Gicht und Ischias, Zucker- Darm- und Magenleiden, besonders auch bei Frauenleiden. Noch dazu war das Wässerchen "von herrlichem Wohlgeschmack". In Heidelberg wurde es auch am Quellhaus, im Stadtgarten, im Schlossgarten, am Philosophenweg und im Kurhotel "Viktoria" (heute Juristisches Seminar) verkauft. Für das "Radioaktive Tafelwasser" aus der Radiumquelle sowie für das Radiumquellsalz wurde deutschlandweit vertrieben. Das Jahr 1933 vermeldet einen "befriedigenden Geschäftsverlauf", zurückgestellt wurde allerdings die Idee, "dass die Bad Heidelberg A. G. in wirksame Konkurrenz treten kann mit den seit Jahrhunderten bestehenden Weltbädern".

 

Ende des Betriebes

Mit Eintritt Deutschlands in den 2. Weltkrieg endete der Kurbetrieb. Zu allem Unglück versiegte die Quelle 1957, möglicherweise, weil Sand sie verstopfte und wegen der zu dünnen Rohre. Reparaturversuche blieben erfolglos. Das neoklassizistische Gebäude in der Vangerowstraße aber blieb erhalten, es wurde vom Einwohnermeldeamt genutzt. Um 2000 diente es eine Zeit lang als Veranstaltungsort für junge Kunst, ab 2002 entstanden hier Geschäftsräume, eine Kindertagesstätte und Wohnungen.

 

Exponat

Am 22. April 1922 las man in der in Stuttgart erscheinenden "Süddeutschen Apotheker-Zeitung" (Nummer 29/30, 62. Jg) S.173): "Heidelberger Radiumpastillen. Wie aus anderen radioaktiven Quellen werden nun auch aus der Heidelberger Thermalquelle unter städtischer Aufsicht Pastillen hergestellt, die bei Heiserkeit, Gelenkrheumatismus und Gicht sich bewähren sollen. Den Alleinvertrieb hat die Firma Klinghoff & Korte in Heidelberg übernommen".

Leere Blechdose (Lutschpastillen), um 1922. Größe: 8 x 4.5 x 1.75 cm.

Pharmazie


Reibschale (1)

Porzellan, um 1900

 

 

Eine Reibschale dient zum Zerkleinern (Zerreiben) pulverförmiger fester Substanzen, die eine ausreichende Sprödigkeit aufweisen (Wikipedia 2006).

 

Composition Mortar and Pestle - Mortars and Pestles were used for reducing lumpy or crystalline solids and dried herbs to a fine powder.

 

Reibschalen konnten auch in Privathaushalten in der Küche benutzt werden, zum Zerkleinern von Körnern, Nüssen. Im pharmazeutischen Betrieb wurden sie zur Zerkleinerung von Austernschalen etc. benutzt, um daraus den "medizinischen Kalk" zuzubereiten ...

 

 

Exponat

Durchmesser der Schale 250 mm.
Porzellan, Schale innen nicht glasiert.
Pistill im Porzellanteil markiert "12" in Tiefrelief.

 

 

Nota: Plazebotherapie gibt es seit mehr als hundert Jahren. In der Literatur finden wir den Effekt erstmals mit Namen erwähnt in dem englischen Wörterbuch "New Medical Dictionary" von Robert HOOPER (Ausg. 1811). Hippolyte BERNHEIM (1837-1919) strich den Plazeboeffekt Ende des 19. Jh. als Sonderform der Suggestiven Therapie hervor [H. Bernheim, De la suggestion et de ses applications thérapeutiques, 1886].


Ein klassischer Fall von "inhaltsloser Therapie" fand bereits am französischen Hofe statt: CORVISART hatte Napoléon 1805 nach Italien begleitet, 1809 nach Österreich. Auch die Kaiserin sollte er behandeln. Die aber forderte immer mehr Pillen... CORVISART entschloss sich, ihr ein Plazebo zu verabreichen: Weissbrot, zu Kügelchen zusammengepresst und in Silberfolie eingeschlagen!

Pharmazie


Reibschale (2)

 

 

Reibschale, Innenfläche nicht glasiert, ebenso die Reibfläche des Pistills.

 

Aussendurchmesser 6.5 cm. An der Innenfläche des Randes befindet sich eine Kerbe, in welcher der Pistill beim Transport der Schale ruhen kann, ohne beständig hin und her zu rollen und ein lästiges Geräusch zu verursachen!