Pharmazie


Reibschale (3)

Pistill

 

Die Reibschale war das charakteristische Gefäß der römischen Küche. In ihr wurden Körner und Gewürze zerrieben, Saucen angerührt oder auch Teig geknetet. Reibschalen gab es in sehr unterschiedlichen Größen. Das größte in Rheinzabern gefundene Exemplar besaß einen Durchmesser von 90 Zentimetern.

 

"Unter einem Pistill versteht man ein Werkzeug, mit dem Reibegut in einer Reibschale zerkleinert wird oder das zur Herstellung von Salben und Cremes in einer Fantaschale genutzt wird. Bei dem Pistill zur Nutzung in einer Reibschale ist die Arbeitsfläche (das kugelförmige Ende) angerauht um die Reibung zu vergrößern. Der Pistill zur Herstellung halbfester Zubereitungen in der Apotheke dagegen ist glatt" (Wikipedia). Der Pistill ist nicht mit dem Stößel zu verwechseln, der bei einem Mörser Verwendung findet.

 

 

Exponat

Der hier vorgestellte, 38 cm lange, Pistill stammt aus der  Apotheke Engeldinger in Esch-Alzette; um 1950.

Pharmazie


Reibschale (4)

Drei Glaspistille 

Die passende Keule, die zum Zerstampfen und Zerreiben der Ware in der Reibschale benutzt wurde, besteht zumeist aus einem Porzellankopf mit Holzgriff - die Reibschalen sind meist aus Porzellan und besitzen an der Innenfläche eine rauhe Oberfläche. Der hier verwendete Pistill ist ebenfalls an der Arbeitsfläche angerauht. Reibschale und Pistill müssen für einen effektiven Gebrauch so abgestimmt sein, dass der Wölbungsradius der Innenfläche der Reibschale immer größer ist als der Wölbungsradius der Arbeitsfläche des Pistills. Nur so lässt sich das Entstehen von "Toträumen" während der Arbeit vermeiden.

Vorgestellt werden Pistille aus Glas (engl. „glass pestle“, frz. pistil, lux. „Stéisser“)

  • Zwei Pistille mit flachem Kopf (6.0 resp. 11.5 cm lang)
  • 15 cm langer Pistill mit rundem Kopf

    In früheren Zeiten gehörte das Stampfen der Ware zum mühevollen Teil des Apothekerberufes - im Mittelalter nannte man den Apotheker bzw. seinen Gehilfen abfällig den "Pharmacotriba" den Drogenzerreiber. Gerne überliessen die grossen Apotheker das schweisstreibende Stampfen einem Gehilfen...

Pharmazie


Reibschale (5)

 

 

Ein Kapitel "Pistillologie"
Je nach der Substanz, die es zu zerkleinern galt, wurden Pistille und Stössel aus unterschiedlichem Material benutzt: aus Porzellan, Bronze, Glas oder Eisen.

 

 

Exponate

Vorgestellt werden v.o.n.u.:

- 2 Pistille zum REIBEN, aus Porzellan,

- 1 Stößel zum STOSSEN, aus Eisen

- 1 Stößel aus Bronze,

 

Länge zw. 18 und 28 cm, alle stammen  aus der ehemaligen Apotheke A. ENGELDINGER aus Esch/Alzette.

Pharmazie


Reiseapotheke (01)

Ansichtskarte 1904 „Reiseapotheke einer alt-aegyptischen Königin“ 

Das Besondere an dieser, am 26.2.1904 von Neuenahr nach München verschickten AK ist der Text: Felix v. OEFELE schreibt an seinen Freund BASSERMANN über seine Erfahrungen mit einer von ihm konzipierten Fotokopieranlage.
Des weiteren schreibt er, dass er an einem Buch über Koprologie arbeite „Ich wälze jetzt wie in Schulzeiten griechische Lexika, da ich die Schriften „Peri Diapurgatur sive de excrementis“ studiere – Ich schreibe gegenwärtig eine Koprologie“. In der Tat erschien dieses Buch noch im gleichen Jahr 1904:
Oefele, Felix v., Statistische Vergleichstabellen zur praktischen Koprologie bei fieberlosen Patienten. Für Mediziner und Nahrungsmittelchemiker, Jena Fischer 1904, 180 S.

Die Ansichtskarte belegt das Interesse OEFELE’s an orientalischer Medizin. In der „Belle Epoque“ war eine wahre Aegyptomanie ausgebrochen. OEFELE erwähnt besagte Reiseapotheke in seiner Arbeit "Vorhippokratische Medizin Westasiens, Aegyptens u. der mediterranen Vorarier" in: Handbuch der Geschichte der Medizin von Th. Puschmann, Jena 1902 S. 76:
"Von einer Königin MENTUHOTEP (13. Dynastie) steht im Berliner Museum ein Toilettenkasten, früher als Reiseapotheke gedeutet. Bsonders für die in Aegypten allgemein gebrauchten Augenschminken als Präservative gegen Bindehautaffektionen ist Kosmetik und Pharmakotherapie untrennbar".

OEFELE liess den Papyrus EBERS durch seinen Biblithekar vermessen:
„Der Papyrus Ebers - wie er seit dem ersten Beitrag Georg Ebers zu seiner Erwerbung in der Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde genannt wird, ist der schönste und besterhaltene hieratische Papyrus und ist mit einer Länge von 18,63 Metern nicht gerade klein zu nennen. Sie werden aber in den meisten Publikationen andere Angaben finden, um 20 Meter oder genau 20,23 m. Es gibt sogar Ausreißer, die die Länge mit 40 Metern angeben. Er war aber definitiv 18,63 Meter. Diese Angabe geht auf den Bibliotheksassistenten Dr. Schröter zurück - und Bibliothekare sind pingelig - der ihn im Auftrag des Freiherrn Felix Oefele von Neuenahr ausgemessen hat. Die falsche Angabe, die sich auch in Fachkreisen hartnäckig hält, geht auf eine mißverständliche Formulierung von Ebers in seiner Prachtausgabe zurück. Denn dort hatte er formuliert: "Seine Höhe beträgt 30 Centimeter, die Länge des beschriebenen Teils 20,23 Meter". Doch hat er in dieser Publikation an keiner Stelle darauf hingewiesen, daß sich die Kolumnen 103-110 auf der Rückseite des Papyrus und zwar auf der Rückseite der Kolumnen 102-94 befinden. Doch tut diese Kürzung um 1,70 m dem Wert und der Bedeutung des Papyrus Ebers keinen Abbruch. Die Universitätsbibliothek hat recht daran getan, ihn als Weltkulturerbe anzumelden, auch wenn er jetzt nicht mehr über 20 Meter lang ist. Denn die Länge allein hat noch nie die Besonderheit dieser Papyrusrolle ausgemacht. Die 18,63 m lange Rolle besteht aus 48 zusammengeklebten Einzelblättern. Jedes Blatt ist im Schnitt etwas über 40 cm breit und 30 cm. hoch“.

Weitere Arbeiten von OEFELE:

  • Keilschriftmedizin in Parallelen. Leipzig, JC Hinrichs'sche Buchhandlung, 1902. 8vo. 32 pp
  • Einleitendes Zur Medicin Der Kouyunjik - Collection. Abhandlungen zur Geschichte der Medicin Heft III (1902): 55.
  • Das Horoskop der Empfängnis Christi mit den Evangelien verglichen (=MVÄG 8, Nr. 6), Berlin, 1903.
  • Astrologiches in der altägyptischen Medizin, ZÄS 41 (1904): 117-125.
  • Der Aberglaube in der Krankenstube nach seinem Ursprunge betrachtet. (Medizinische Volksbücherei, Heft 5), Halle a. S., Carl Marhold, 1904.
  • Altägyptische chirurgische Instrumente, in: Janus 11, 1906, S. 481-482.
  • Zur Quellenscheidung des Papyrus Ebers, in: ArchGeschMed 1, 1907, S. 12
  • Nachtrag zur Quellenscheidung des Papyrus Ebers, in: ArchGeschMed 1, 1907, S. 322
  • Zur pharmakognostischen Botanik der Kopten, in: ArchGeschMed 1, 1907, S. 322
  • Zur Heilkunde im Hettiterlande (Kleinasien) um 1400 v.Chr., in: ArchGeschMed 1, 1907, S. 383
  • Over het gebruik van kruiden en dranken ter voorkoming van zwangerschap. Een ethnografisch-historische studie. Amsterdam,Graauw,1931,4e druk. 160p.

    Auch der Adressat der Karte war ein hochangesehener Orientkenner:
    „Die Antikensammlung Bassermann-Jordan ist als eine der hochkarätigsten Privatsammlungen der Pfalz über die Abgeltung von Erbschaftssteuern in den Besitz des Landes Rheinland-Pfalz übergegangen und dem Historischen Museum der Pfalz in Speyer als Depositum anvertraut worden. Ein Teil der über 100 Exponate wurde im letzten Jahrhundert in den Weinbergen der Familie Bassermann-Jordan entdeckt und zählt zum ältesten Bestand vor- und frühgeschichtlicher Funde aus der Pfalz. Zu den landesgeschichtlich bedeutsamen Objekten gehören selten gut erhaltene Glasgefäße aus römischer Zeit wie auchkeltische Beilklingen aus Jade und Bronze. In einer Glasflasche römischer Herkunft findet sich einer der weltweit ältesten erhaltenen Weine“.

Pharmazie


Reiseapotheke (02)

um 1890 

Im 18. Jahrhundert gehörten häufige und ausgedehnte Ortswechsel zu den Gepflogenheiten adeliger Kreise. Um nicht auf den gewohnten Komfort verzichten zu müssen, führte man kostbares Reiseservice, Kosmetika oder Arzneimittel in edlen kastenartigen Behältnissen mit. Abhängig von der Zahl der Reisenden gab es kleine und große Reiseapotheken. Der Hofstaat führte auf seinen Reisen eine recht große Truhe als Reiseapotheke (frz. coffret de pharmacie) mit sich. Oft wurden die Medikamente seiner Durchlaucht in wertvollen Behältern aus Mahagoni aufbewahrt. Manche Apotheken enthielten sogar chirurgische Instrumente, Thermometer, Bestecke für den Aderlass, kleine Waagen, einen Mörser mit Stößel und unterschiedliche Messbecher.

Ähnlich opulent waren auch die Reiseapotheken von Landärzten ausgestattet, denen ausnahmsweise hie und da gestattet wurde, Medikamente an ihre Patienten abzugeben. In Luxemburg beantragte ein Arzt aus dem Ösling eine solche Dispens - diese wurde abgelehnt!

Was aber gehörte in eine gewöhnliche Taschenapotheke? Zur Zeit der Postkutsche gehörten Mittel gegen Ohnmacht, Durchfall sowie blutstillende Flüssigkeiten hinein. Außer dem obligatorischen Riechfläschchen ließ sich in einer Kutsche bequem ein größerer Kasten mitführen mit Wässerchen (etwa Salmiakgeist und Weinessig) und Pülverchen (wie Rhabarberwurzel und Salpeter) gegen Übelkeit, Verstopfung oder schwache Nerven und vieles andere mehr. Hier ein Sortiment aus dem Besitz des Hypochonders Mozart: "Aus zwanzig Briefen von Mozart und Aufzeichnungen seines pharmakotherapeutisch bewanderten Vaters Leopold sowie aus anderen Quellen geht hervor, dass Mozart schon von Kindheit an bei jeder nur denkbaren Gelegenheit aus der familieneigenen Haus- und Reiseapotheke im Laufe der Zeit mindestens 22 verschiedene Arzneien einzeln oder in Form von Mischpulvern (so genannte Markgrafen-, Schwarz-, Digestiv- oder Kardinalpulver) eingenommen hat und damit kurz vor seinem Tode noch „unaufhörlich medizinierte“. Von seinen Ärzten, die der I. Wiener Medizinischen Schule verpflichtet waren, wurden ihm neben einigen Drogen Salze von Quecksilber (Sublimat oder Kalomel), Antimon (Brechweinstein) oder Arsen (zum Beispiel in Fowlerscher Lösung ) verordnet" (Dtsch. Ärztebl. 2006; 103(4): A-172 / B-148 / C-147).
Der kleine Mann bestückte seine Reiseapotheke (frz. trousse à médicaments, trousse de pharmacie), dem dünneren Portemonnaie entsprechend, mit preiswerten Inhaltsstoffen: einem Mittel zur Blutstillung, Emsersalz gegen Entzündungen im Rachenbereich und Pulver gegen Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme ...

Nicht nur mit der Zeit, auch mit dem Reiseziel änderte der Inhalt der mobilen Apotheken. Wer in die Tropen reiste nahm andere Mittel mit auf den Weg, ale einer, der eine Bergtour plante. So empfahl der Österreichische Alpenverein seinen Mitgliedern1863:
« En cas d'accident, on peut emporter avec soi une petite bouteille de bon rhum. La poudre de Dover trouvera facilement une place dans les bagages et peut être fort bienvenue en haute montagne. Pour les excursions sur les glaciers, nous recommandons l'huile de glycérine comme moyen très efficace pour protéger la peau des coups de soleil. Son utilisation est préférable à celle de la poudre à canon, ne serait-ce que pour des raisons de propreté». Das von Dr. Thomas Dover (1660-1742) angegebene Pulver enthielt Ipecacuanha, Kaliumsulfat und 10% Opium und wurde vor allem von den Engländern geschätzt - bei rheumatischen und anderen Schmerzen, bei Husten und widerspenstigen Durchfällen.

Es ist klar, dass der Inhalt der Notfallkästchen laufend abgewandelt wurde, in Abhängigkeit mit den Fortschritten der Medizin. 1929 empfahl eine luxemburgische Tageszeitung folgenden Inhalt:
"Die Reiseapotheke. – Die Reiseapotheke sei klein und handlich, und soll doch viele Dinge enthalten, nämlich: Aspirin gegen Kopfschmerzen, Katarrhe u. beginnende Infektionskrankheiten. Jodtinktur zum Bepinseln frischer Wunden. Abführmittel wegen mancher durch die unregelmäßige Lebensweise auf Reisen bedingten Obstipation, Taninpulver gegen Diarrhöen, Iodkali gegen Angina zum Gurgeln. Essigsaure Tonerde in fester Form gegen Entzündungen, Mückenstiche, usw. Watte, einen sterilen sogenannten Schnellverband, Gaze und Dermatolpulver für Rißquetschwunden. Mit diesen Dingen kann man solange auskommen, bis ärztliche Hilfe geholt wird, wenn diese nötig ist" (Escher Tageblatt vom 21.8.1929).

Ein kleines Besteck aus dem 19. Jahrhundert im Thunderbird Park (RBCM : HH988.3.39) mit 6 Fläschchen enthielt "sulfate de quinia, purgatif à base de plantes, de phosphore, acide arsenical und sulfate de morphia) (https://www.royalbcmuseum.bc.ca/exhibits/tbird-park/html/fr/pre/medartfs.htm). Die in der "Pharmacie normale" von Pradel & Paquignon 1889 empfohlene "Pharmacie de poche" zu 14 francs enthielt "Acide phénique, Eau de mélisse, Extrait de Saturne, Teinture d'arnica und Ether". Das grössere Modell zu 26 francs, dem unsrigen Modell sehr ähnlich, enthielt "Acide phénique, Teinture d'arnica, Ether, Baume du Commandeur, Collodion, Eau de mélisse, Extrait de Saturne, Vinaigre anglais, Laudanum Sydenham, Alun pulvérisé, Rhubarbe pulvérisée".

Zur vorgestellten Medikamententasche
Trotz der raffinierten Gummiklappen, die ein Herausfallen der Kork- und Glasstöpsel verhindern sollten, lief Flüssigkeit aus den Fläschchen aus. Der schlechte Erhaltungszustand der "Médicaments de poche"-Tasche erklärt sich durch ausgelaufene Säure, die die 4fachen Lagen von Papier und feinem Leder regelrecht zerfressen hat. Tierfrass tat sein Übriges: bei der Reinigung fanden sich 2 Exoskelette von Asseln ...
6 Fläschchen haben ihr Etikett eingebüsst, bei weiteren 6 kann man die mehr oder weniger gut erhaltenen Etiketts lesen:
1. Extrait de Saturne
2. Vinaigre anglais
3. Acide phénique
4. Ether sulfurique
2 rote Pulverdöschen aus Karton tragen noch ihre handgeschriebenen Etiketts
5. Bismuth
6. Quinine

ad 1. Extrait de Saturne, Bleiessig. Man nehme einen Esslöffel Extrakt, mische in ein Liter Wasser. Man erhält "Bleiwasser" (eau blanche), Bleiwasser, Kühlwasser, Aqua plumbi s. saturnina, ist offizinell und eine Mischung aus 1 Teil Bleiessig und 49 Teilen destilliertem Wasser. Bleiwasser wurde früher als ein Adstringens benutzt. 1891 berichtete Dr. Giulini aus Nürnberg über einen Fall von Soor der Vulva bei einer Schwangeren im zweiten oder dritten Schwangerschaftsmonat - nach fünftägiger Behandlung mit Bleiwasser und vaginalen Injektionen mit Karbol-Kalkwasser konnte seine Patientin als geheilt betrachtet werden. Das Goulardsche Bleiwasser, Aqua Plumbi Goulardi, welches noch in die erste Ausgabe der Pharmacopoea Germanica (von 1872) aufgenommen war, sich aber schon in der zweiten Ausgabe (von 1882) nicht mehr findet, bestand aus 1 Teil Bleiessig, 4 Teilen Weingeist (Spiritus) und 45 Teilen Brunnenwasser. Beide fanden Anwendung zu äußerlichen Zwecken als Verbandwasser, als kühlender Umschlag bei Quetschungen, frischen Frostbeulen, entzündlichen Anschwellungen der Haut, bei Verbrennungen u. dgl. Sie halfen bei frischen Entzündungen der weiblichen Brust nicht stillender Frauen, bei Schwellungen der Leistendrüsen und Testikel - hier in Form von warmen Umschläge von Leinsamenmehl mit Bleiwasser).

ad 2. Vinaigre anglais war hochprozentiger, parfümierter Essig: "In einen Liter 60%igen Alkohol mischte man 100 g kristalline Essigsäure, 10 g Kampfer, 10 Tropfen Lavendelessenz, 20 Tropfen Nelkenessenz, 20 Tropfen Kanneel und übergoss alles mit 2 Liter Essig".
"Vinaigre aromatique anglais; acetum britannicum. Cette préparation sert à garnir les flacons de poche, préalablement remplis de sulfate de potasse granulé"
schreibt Dorvault (L'officine, Paris 1910. S.286). "Formé de substances essentiellement stimulantes, ce vinaigre a été considéré comme éminemment propre à chasser les miasmes, à préserver des affections malignes, putrides, etc. On le fait aussi respirer pendant les syncopes; bien qu'il n'ait aucune action directe, neutralisante sur les miasmes ou les exhalaisons répandues dans l'air. Ainsi on s'en frictionne la paume des mains, on en fait des fumigations pendant les épidémies. Enfin on l'emploie en frictions sur les membres paralysés, ou menacés de gangrène" (Codex, Pharmacopée française rédigée par ordre du Gouvernement, Paris 1837) - in der Notapotheke spielte er "englische Essig" also offenbar die Rolle eines Riechwassers gegen Ohnmachtsanfälle. In Seuchenzeiten rieb man sich mit dieser Flüssigkeit ein. Im Sommer hielt die scharf riechende Einreibung Stechfliegen fern ...

ad 3. Acide phénique, auch Phenol. Wegen seiner bakteriziden Wirkung wurde es früher als Desinfektionsmittel eingesetzt. Sir Joseph Lister setzte es zuerst als Antiseptikum bei der Wunddesinfektion ein; wegen seiner hautirritierenden Wirkung wurde es aber in der Chirurgie bald durch andere Antiseptika ersetzt. Phenol verursacht auf der Haut chemische Verbrennungen und ist ein Nerven-/Zellgift.

ad 4. Bei der Fabrikation von Diäthylaether, gemein als "Äther" bezeichnet, wurde Schwefelsäure eingesetzt, daher die Bezeichnung "éther sulfurique", um ihn von andern Aethern abzugrenzen. Äther war lange Jahre ein äusserliches Desinfektionsmittel. Äusserlich auf rheumatische Leiden, Nervenentzündungen und Wunden getrâufelt oder eingerieben brachte er schmerzlindernde Kühlung. Innerlich genommen (4-30 Tropfen am Tag und mehr) war er ein Aufputschmittel: man tropfte etwas Äther auf ein Stück Zucker, fertig war das Dopingmittel unserer Grossväter. In der Medizin wurde das Mittel vielfâltig eingesetzt: zur Wiederbelebung, gegen Herzschmerzen, bei asthmatischen Anfällen, heftigen Hustenattacken und Schluckauf, bei Darmkrämpfen, zur Beruhigung von zahnenden Kindern u.s.w.. In überhöhter Dosis führte das Aethertrinken zu Darmlähmung und Schläfrigkeit ...

ad 5. Wismut war am Ende des 19. Jahrhunderts Bestandteil von Wundpulvern (z. B. Dermatol). Seit den 1920er Jahren fand es Verwendung als Mittel gegen die Syphilis. Seit Jahrhunderten aber wurde Wismut bei Magengeschwüren eingesetzt, Wismut tötet Keime - auch den damals noch nicht identifizieten Helikobakter. In der Reisetasche hatte das Mittel folglich seinen Platz gegen Leib- und Magenschmerzen ...

ad 6: Chinin wurde 1823 vom Apotheker Friedrich Koch in Oppenheim erstmals im industriellen Maßstab aus der Rinde von Cinchona-Arten gewonnen. Es wirkt schmerzstillend, in unmittelbarer Umgebung betäubend und fiebersenkend.

Pharmazie


Reiseapotheke (03)

Homöopathische Taschenapotheke, um 1900 

 

 

Homöopathische Medikamente werden klassisch in Form von Streukügelchen (Globuli) gehandelt; diese kleinen Kügelchen bestehen aus Saccharose und Laktose, und sind mit der betreffenden Dilution des Heilmittels "befeuchtet"; gewöhnlich wird eine Dosierung von 5 Globuli verschrieben, die der Patient unter der Zunge zergehen lässt.


Die Globuli werden in den Apotheken i.Allg. in Achzigerpackungen in unscheinbaren Fläschchen abgegeben.

 

Immer wieder erquickend ist auf Reisen ein Globulum aus der handlichen Taschenapotheke des „Dr. W.SCHWABE, Leipzig“.

 

Der Apotheker und Weltreisende, Geheimrat Dr. Willmar SCHWABE (1839-1917), hatte 1866 in Leipzig das erste homöopathische Gross-unternehmen gegründet, ein Betrieb, der, vom Ururenkel André Schwabe geleitet, immer noch eifrig produziert…
(Vgl. B. Olonetzky, Die Sammlung, Thieme 1980 S. 30).

 

Das Museum der Pariser Universität Paris-Ve stellt die "trousse homéopathique DERODE" des Arztes Paul GACHET (1828-1909) aus, der einst den Maler Vincent Van Gogh (1853-1890) behandelte ...

Link
www.drogistenverband.at/drogistenmuseum.htm

 

Pharmazie


Reiseapotheke (04)

Fa. Dermofix, um 1920 

Die im geschlossenen Zustand 172x72x23 mm grosse Taschenapotheke "Hilf Schnell" der Firma DERMOFIX, [Alleinvertrieb Firma J. Scheidig aus Fürth i. Bayern] enthielt
Baldriantropfen: Bei Diarrhoe 15 Tropfen auf Zucker. Bei Magenkrampf je 15 Tropfen Baldrian u. Hoffmannstr. zusammen auf Zucker.
Blutstillende Watte: Bei Blutungen zur sofortigen Stillung auflegen.
Dermofix-Heftpflaster: Siehe Gebrauchsanweisung.
Dermofix-Kautschuckpflaster: Zum Befestigen von Wundverbänden, zur Reparatur von Fahrradschläuchen und dergleichen.
Erfrischungstabletten: Bei Ermüdung je nach Bedarf. Eine Tablette wirkt anregend und stärkt.
Essigsaure Tonerde: Der Inhalt des Fläschchens gelöst in einem halben Glase Wasser als heilender Umschlag auf Wunden, ferner als Gurgelwasser bei Halsschmerz und Heiserkeit.
Hoffmannstropfen: Bei Kollikanfällen 15 Tropfen auf Zucker, bei Kopfschmerz zum Einreiben der Schläfe.
Kopfschmerztabletten: Gegen Kopfschmerzen, Schnupfen, Fieber, rheumatische Beschwerden u. Influenza hervorragend bewährt (1-2 Tabl.).
Mullbinden: Zur Umhüllung der mit Watter bedeckten Wunden.
Natrontabletten: Als Verdauungsmittel gegen Sodbrennen.
Salicyltalg: Bei Wundlauf an Füssen, bei Wolf, Frostballen die betreffende Stelle damit bestreichen.
Salmiakgeist: Zum Riechen bei Migräne, Kopfschmerz, Schnupfen, Ohnmachten, Betäubungen und bei Insektenstichen die Stelle betrupfen.
Stopfmittel: Bei starkem Durchfall 2 Tabletten in etwas Zuckerwasser zu nehmen.
Watte: Zum Reinigen von Wunden.
Zucker: Zum Einnehmen u. Tropfen.
Nähzeug.

Mit dem Kautschukpflaster wandte sich der Hersteller an den Radler, mit dem Nähzeug näherte sich der Inhalt arg den banalen Reise-Etuis der Hausfrauen, mit denen sie auf die Schnelle einen abgerissenen Knopf festnähen konnten...

Heute undenkbar: das Kopfschmerzmittel mit dem nicht deklarierten Inhalt - vermutlich ASPIRIN...

Pharmazie


Reiseapotheke (05)

Frühes 20. Jahrhundert 

Fläschchen, stosssicher in einem Messingbehälter verpackt. Letzterer auf dem Schraubdeckel markiert "DOWN Brs. London". Diese Firma belieferte den medizinischen Markt ab 1874, nannte sich ab 1903 "Down Brs. limited". St Thomas' Street, Borough / London.

Bei Alexis PECK findet man ein fast identisches Ensemble mit der Notiz: "A c. 1900 antique chloroform glass bottle within its original protective screw-open metal canister. The lid to the case is hand-engraved: Chloroform]" wobei in der Tat Chloroform auf dem Deckel eingraviert ist ... anstelle von Down Brs..

Das "Medical Museum" der "British Columbia Medical Association" besitzt ein ähnliches 9,9 cm hohes, 4 cm im Durchmesser grosses Metallgefäss und schreibt dazu: "Screw top metal container used to carry medicine bottle.; Bottle Holder, 1911-1950". Ein zweites Gefäss trägt die Notiz: "Stoppered narrow mouth glass bottle in a metal screw-cap container".

Pharmazie


Reiseapotheke (05b)

P1060740
 

 

Set von 2 Messingbehältern mit passenden Glasflaschen. Stöpsel eingeschliffen.

 

Im Innern der Messing-schraubdeckel befindet sich eine Federung, die verhindert, daß sich die Glasdeckel lockern. Keine Punzierung

 

Herkunft: Flohmarkt Völs 8/2018

Pharmazie


Reiseapotheke (06) "armarium pigmentariorum"

um 1920 

 

    Die grosse Tradition der prunkvollen "pharmacies de voyage" des 17.-18. Jahrhunderts fand Anfang des 20. Jhs. ein eher klägliches Ende, als der Apotheker SECQUES aus Paris, 11 quai de Montebello, bei dem Fabrikanten A. Gravier, der an der gleichen Adresse wohnte, einen Holzkasten bauen liess, der als "Pharmacie Portative", verkauft wurde.

Die SECQUES'sche Apotheke wies eine Arretierung auf, die ein Kippen des Deckels über 90° hinaus verhinderte.
Vor den beiden Scharnieren befanden sich 5 bis zum Boden reichende Fächer: 17 cm Tiefe, 7.4 cm Kante. Links 3 kleinere Fächer: 8 cm Tiefe, 4 cm Kante. (Die Klebestellen für die Brettchen sind noch jetzt mit Bleistift markiert!).


Einsatz, 34.5x14.4x8 cm mit fest verschraubten Griffen. In diesem Einsatz 2 niedrige Fächer, 5 resp. 4 cm Kante. In die Innenfläche des Deckels ist ein Filz eingeklebt mit Laschen für 6 Röhrchen sowie ein Zettel (gedruckt) mit Ratschlägen für den Notfall.

Pharmazie


Reiseapotheke (07)

 

Kleine Reiseapotheke 16.5x10.0x5.00 cm mit Originalfläschchen:

  • Teinture d'iode
  • Teinture d'arnica (en compresses pour coups et contusions)
  • Eau de mélisse des Carmes
  • Ether (respirer en cas de sycope. Quelques gouttes dans eau sucrée)
  • Elixir parégorique (contre les coliques une cuillère dans l'eau ou pur)
  • ein zweites fläschchen Arnika-Tinktur in einer Originalflasche, allerdings mit Bakelite-Schraubverschluss und abgerundeter Form (Nicht auf der Abbildung).

    Im Klappdeckel ein Kreuz mit verschlungenem RR und der Zahl 29.

    Sollte es sich um eine "pharmacie portative ROZÉ" handeln, so darf ich den werthen Besucher meiner Seite um eine Bestätigung bitten (P. Delbas, La pharmacie portative de Mr. Rozé, dans: En Aulnoye jadis, Numéro 41,2012).

Pharmazie


Reiseapotheke (08)

1870-1901 

Seit der Erfindung der Noppenfolie Ende der 50er Jahr kennen wir das leidige Problem der Verpackung von zerbrechlichem Material eigentlich nur noch marginal. Umso interessanter erscheint daher der Blick in das "alte Repertoire": einen Transportbehälter aus Metall haben wir unlängst vorgestellt, heute zeigen wir einen Behälter aus gedrechseltem Buchsbaumholz, signiert "MAW Son & Thompson London"

Höhe 12,5 cm, Durchmesser 6,3 cm.

 

Zur Herstellerfirma
Firmengründung 1807 durch George MAW, einen Landwirten aus Lincolnshire, der die Firma "Hornby & Maw" zusammen mit seinem Vetter Hornby aufbaute. 1826 nahm man Maw's ältesten Sohn John in die Firmenleitung auf, worauf diese den Namen "George MAW & Son" annahm. 1828 trat George in den Ruhestand und berief nun auch seinen zweitältesten Sohn Solomon in die Leitung: 1832 lautete der Firmenname folglich "J&S MAW" (John und Solomon). Als sich John 1835 aus Gesundheitsgründen zurückzog, blieb nur Salomon (eng. Solomon) übrig. 1860 nahm Salomon seinen Sohn Charles in die Leitung der Firma und benannte diese um in "S. MAW & Son". Salomon starb 1861, worauf Charles die Firma eine Weile allein innehatte. 1870 nahm er den bis dahin als Handelsvertreter für MAW arbeitenden John Thompson als Partner in die Firmenleitung auf, dieser zog sich aber 1901 aus der Leitung zurück, worauf die Fa. den Namen "S. MAW Son & Sons Ltd" annahm ...

Das Firmenlogo auf unserem Behälter hätte "Ch. MAW & Thompson" lauten können, offenbar aber hing Charles so sehr an seinem Vater, dass er vorzog, als "S.MAW Son" zu fungieren !

Schon das Firmenlogo in Holz zu gravieren erscheint wie ein kleines Wunder: wie zum Teufel hat man um 1900 eine so feine Gravur - ohne computergesteuerten Laserstrahl - hingekriegt ?

 

Herkunft des Objektes
Peter's Antiques & Collectables, Peter Barrie, 37 Beatrice Rd, Salisbury/GB (2013),