Pharmazie |
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Mineralwasser (2)Cristal Mondorf |
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Nicht mit dem Mondorfer Heilwasser zu verwechseln ist das mit Kohlensäure angereicherte Quellwasser, das in Mondorf-Dorf vermarktet wurde.
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Pharmazie |
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Mondorf, Concentrés de |
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Nach dem 2. Weltkrieg baute der Kurdirektor von Bad Mondorf, der diplomierte Chemiker und Ingenieur Alex Boever, eine Industrie in Mondorf auf, mit deren Hilfe das Thermalwassers besser vermarktet werden sollte. Patienten sollten die Kur (zumindest teilweise) zu Hause vollziehen können! Um eine unnötige Schlepperei von Tonnen Salzwasser zu vermeiden konzentrierte man das Wasser 150 Mal und vermarktete dieses Konzentrat unter der Bezeichnung "Concentrés de Mondorf-Etat". Das Produkt kam 1950 in den Handel um den Patienten eine Verlängerung der Trink-Kur im häuslichen Milieu zu ermöglichen:
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Pharmazie |
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Mineralwasser-Werbung |
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1913 liess der Besitzer der Schwanenapotheke in der Fleischergasse in Luxemburg, der Apotheker Aloys KUBORN (1866-1958), ein Abfühmittel patentieren: Der Nachfolger von KUBORN, der Apotheker Lucien PITZ (1907-1994) übernahm dessen "Grains de Mondorf" und sorgte ab 1935 für eine tapagöse Werbung. Vorgestellt wird ein Taschenspiegel, der von der Apotheke PITZ in der r. de la Boucherie im Stadtzentrum von Luxemburg an die Kunden verteilt wurde als Werbung für die abführenden "Grains de Mondorf "... Von dem Schreibfehler "enct." anstelle von "anct." wollen wir mal absehen. Kurios wird die Sache erst, wenn man liest, dass diese Tabletten mit Bad Mondorf ... gar nichts zu tun hatten: "Grains de Mondorf |
Pharmazie |
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Mogadon |
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Eine Verpackung der besonderen Art hat sich die Fa.Hoffmann-La Roche ausgedacht. Hat das Sechseck etwas mit der molekularen Struktur des Medikamentes zu tun? Dran besteht kein Zweifel: alle Benzodiazepine enthalten namensgebend ein System aus zwei miteinander verbundenen ringförmigen Strukturen: Benzol- und Diazepinring sind hier zu einem bicyclischen Ringsystem kondensiert. Im Falle der Benzodiazepine ist an den Diazepinring ein zweiter (!) Benzolring anelliert, ausreichend Gründe für eine secheckige Verpackung ...
Auch die Tabletten selber sind durchaus ulkig gemacht: zwei schlafende Augen - ein echtes Smilie!
Zum Erfinder Leo Henryk Sternbach (1908-2005) wurde am 7. Mai 1908 im damals österreichisch-ungarischen Adria-kurort Abbazia (heute Opatija in Kroatien) geboren als Sohn eines jüdisch-galizischen Apothekers und einer jüdischen Ungarin. 1926 zog es die Familie nach Krakau. Dort Studium der Pharmakologie und Chemie, 1931 Promotion in Chemie, bis 1936 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni. Anlässlich eines Aufenthalts in Wien lernte Sternbach im Frühjahr 1937 den Chemieprofessor und späteren Nobelpreisträger Leopold Ruzicka kennen. Dieser lud ihn bald darauf ein, als Mitarbeiter in seine internationale Forschungsgruppe nach Zürich an die ETH zu kommen. 1937 Übersiedlung nach Zürich zu Ruzicka. Als der Basler Pharmakonzern Roche im Frühjahr 1940 einen Forschungschemiker suchte, meldete sich Sternbach. Daraufhin 1940 Wechsel nach Basel. 1941 siedelte er im Auftrag der Firma in die USA nach Nutley (New Jersey) um, wo er als Direktor der medizinischen Forschung von Roche pensioniert wurde und am 28. September 2005 in Chapel Hill starb.
- 1946 gelang Sternbach die erste synthetische Herstellung von Biotin, einem wasserlöslichen Vitamin B. Nach den traumatischen Kriegsereignissen aber eröffnete insbesonders der Psychopharmaka-Markt enormes Potential für die Pharmaindustrie. Mehrere Firmen drängten in den Nachkriegsjahren auf den Markt: - Rhône-Poulenc 1950 mit seinem Chlorpromazin. Ab 1952 konnten psychotische Symptome mit diesem ersten Neuroleptikum effektiv beeinflusst werden. Der Pariser Psychiater Jean DELAY (1907-1987) erfuhr eher zufällig von dem ursprünglich zur Narkosevorbereitung bestimmten Mittel und entdeckte dann seine »antipsychotische « Wirkung. - Meprobamat wurde 1954 von Frank Berger (1913–2008) entdeckt, 1955 von den Carter Wallace Laboratories unter der Bezeichnung Miltown in den Handel gebracht., dem Namen Equanil von der Firma Wyeth – seit 2012 ist die Substanz in der EU verboten. - 1958 kam das Antidepressivum Imipramin auf den Markt.
Warum nicht auch Hoffmann-La Roche? Sternbach erinnerte sich an heterozyklische Substanzen, mit denen er sich in seiner Assistenzzeit in Krakau auf der Suche nach neuen Azofarbstoffen auseinandergesetzt hatte: Benzoheptoxdiazine (4,5-benzo-[hept-1,2,6-oxdiazine]) - leider waren sie als Farbstoffe nicht zu gebrauchen gewesen. Aus der Struktur des 1950 bei Rhône-Poulenc synthetisierten Chlorpromazins leitete er jetzt neue Moleküle ab, fügte Chlor an den Benzolring, fügte eine tertiäre Aminogruppe ein. Leider zeigten die so erhaltenen Substanzen keine pharmakologische Wirkung. Also: Projekt abschliessen, neue Aufgabe. Darum im April 1957: Ausmisten im Labor! In einem Gefäss mit einem Syntheseprodukt aus dem Jahr 1955 wurden bei dieser Aufräumaktion schöne Kristalle gefunden, die noch nicht auf eine pharmakologische Wirkung geprüft worden waren. Bei ihrer Überprüfung stellte sich heraus, dass sie - im Tierversuch (Maus) niedrige Toxizität besaßen, dafür eine hohe pharmakologische, v.a. ZNS-depressive Wirkung: sedativ, muskelrelaxierend und antikonvulsiv waren, - eine zähmende Wirkung an Affen und Löwen hatten. - beim Menschen appetitanregend wirkten; sie bewirkten ausserdem ein erhöhtes Interesse an sozialer Aktivität, gesteigerte verbale Produktion, ein Gefühl von Wohlbefinden, Psychostimulans.
Was Sternberg fast nicht begreifen konnte: Benzodiazepine kommen in einem Konzentrationsbereich von 1-100 nmol/kg natürlich (!) vor: - Diazepam und Desmethyldiazepam in verschiedenen Getreiden (Weizen, Mais, Reis), - Lorazepam und Lormetazepam in Kartoffeln und Weizen - aus Weizen und Kartoffeln wurden insgesamt 8 verschiedene Benzodiazepine isoliert, denen im menschlichen Gehirn vermutlicheine Funktion in der Verarbeitung von Gedächtnisinhalten zukommt "affaire à suivre" ...
Hoffmann- La Roche ließ sich in der Folgezeit mehrere Produkte patentieren: - 1960 wurde der Tranquilizer Chlordiazepoxide (Librium®) patentiert; bitter und instabil in wässriger Lösung. - 1963 wurde Diazepam patentiert (Valium®). Dank besserer Eigenschaften war es zwischen 1968 und 1987 das weltweit meistverkaufte Medikament. Allein 1978 produzierte Hoffmann La-Roche 2.3 Milliarden Tabletten davon. - 1964 wurde das Patent für Chlordiazepoxid (Mogadon®) publiziert und - 1972 wurde Flunitrazepam (Rohypnol®) patentiert.
Die neuen psychoaktiven Substanzen ersetzten schnell u. weltweit die nach dem 1. Weltkrieg propagierte Malaria-Behandlung. Die Malariafiebertherapie war von den 1920er-Jahren bis in die 1960er-Jahre weltweit vor allem gegen die psychiatrisch-neurologischen Spätstadien der Syphilis zum Einsatz gekommen und wurde auch bei anderen Erkrankungen in der Psychiatrie eingesetzt. Dabei wurden die PatientInnen absichtlich mit einem gut behandelbaren Malaria-Erreger infiziert, um durch die starken Fieberschübe ein Abklingen der Erkrankungen zu erzielen. Die Malariatherapie galt vor der möglichen Verwendung von Antibiotika als die am besten wirksame Therapie bei Progressiver Paralyse, einem Spätstadium der Syphilis.
Das Anti-Depressionsmittel Prozac (in Deutschland: Fluctin®) des US-Pharmariesen Eli Lilly wurde in den 80er Jahren als ultimative „happy pill“ resp. als die ungefährliche „Sonnenbrille fürs Gemüt“ hochgejubelt. 1997 gelangte sie zu trauriger Berühmtheit als bei Henri Paul, dem Fahrer von Dodi und Lady Di, bei der Obduktion Spuren des Mittels im Blut gefunden wurden.
Exponat: Die blaue 3.5 x 4.0 x 0.6 cm grosse Plastikschachtel, enthaltend drei Originaltabletten, ist ein Geschenk meines Freundes Herrn Apotheker Mag. Dr. Andreas Winkler, dem ich von hier aus herzlich danke!
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Pharmazie |
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Mörser (1), Stein |
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Der Mörser ist die Weiterentwicklung des steinzeitlichen Reibsteines (Tell Afar/nördl. Irak). Die Verwendung des Mörsers zur Befreiung der Getreidekörner von Spelzen ist aus Gebieten Nordeuropas bekannt.
Die Härte des Gesteines war Voraussetzung für einen sauberen Zerkleinerungsprozess. Beliebt waren daher Mörser und Stößel aus Basalt. Möglicherweise spielte bei der Auswahl des Materials auch mal der Wunsch mit, von dem Mörser gehe eine Kraft auf das Gestossene über. Die Homöopathen glauben noch heute an eine "wesentliche" Beziehung zwischen der Droge und der Art ihrer Zubereitung.
Um eine chemische Veränderung des zu bearbeitenden Materials zu verhindern, verfertigte man Mörser bevorzugt aus inertem Material: Messing, Serpentin oder Porzellan. Zur chemischen Analyse wurden zu Beginn des 20. Jh. auch Achatmörser verwandt.
Exponat Mörser aus der Renaissancezeit. Alte Steinmörser zeigen oft Griffansätze am oberen Rand. Unser Exermplar hat 2 Griffe und einen Ausguss. Ein ähnlicher Mörser wurde 1861 in Venedig verewigt: "Tout près de la tour de l'horloge, en vous engageant dans les merceries au niveau du sotoportego del cappello, si vous levez la tête, vous apercevez cette vieille femme prête à jeter un mortier sur la tête des passants. Heureusement, elle est figée là dans cette représentation qui date de 1861 et pour de nombreuses années. Mais elle n'a pas toujours été inoffensive. Le haut-relief commémore un événement daté du 15 juin 1310. Un complot ourdi par plusieurs familles vénitiennes (les Tiepolo, les Querini, entre autres) et dirigé par Bajamonte Tiepolo devait renverser le Doge Pietro Gradenigo. Mais ce complot échoua et les insurgés, après s'être battus place Saint-Marc avec les milices du Doge, durent s'enfuir vers le Rialto en passant par les merceries. La vieille femme dont vous voyez le portrait sculpté avait observé la scène et elle décida d'intervenir en laissant tomber du haut de son balcon un mortier qui frappa Bajamonte Tiepolo et le tua net. Le Doge récompensa la vieille femme en lui accordant deux privilèges: elle pouvait accrocher à son balcon, tous les 15 juin et lors de fêtes diverses, la bannière de Saint-Marc; son loyer fut fixé à titre définitif pour elle-même et tous ses descendants".
Nota Die erste Apotheke Österreichs, nach den Richtlinien der Constitutiones, wurde 1303 in Innsbruck gegründet. |
Pharmazie |
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Mörser (2), Bronze |
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Der hier vorgestellte, 12.5 cm hohe Mörser mit dem dazugehörigen, 23 cm langen Pistill, stammen aus einem eingesessenen Haus aus Remich an der luxemburger Mosel. Der henkellose und schmucklose (undatierte) Mörser wurde in einer Holzmodel (zwei Hälften) gegossen (längsverlaufende "Naht").
Das besondere an diesem Ensemble ist weniger der Mörser, als der Pistill, dessen eine Ende in üblicher Weise kolbig aufgetrieben ist, dessen Griff aber durch Spaltung des noch glühenden Metalles und seitliches Verbiegen, die Form einer Krücke bekam.
Derartige Pistille sind typisch für die Spätgotik, (15./16.Jhd). "Für die hohen deutschen Mörser des späten Mittelalters wurde das Krücken-pistill, auch als Antonius-Kreuz-Pistill bekannt, entwickelt, das in mehreren Abwandlungen auftrat: es konnte oben ösenartig und durchlocht (lyraförmig), halbkreis- oder mondförmig, eiförmig oder schwalben- schwanzartig (gegabelt) sein. Seine Herstellung und Anwendung blieben nicht uf das 15. Jh. beschränkt; in abgewandelter Form trat es noch im 18. Jh. auf". |
Pharmazie |
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Mörser (3), Bronze |
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Metallmörser kamen erst im ausgehenden Mittelalter auf. Während die Griffansätze bei den Steinmörsern oben lagen, finden wir sie bei den Metallmörsern zumeist in der Mitte des Gefässes. Gelegentlich sind sie kunstvoll gearbeitet und haben die Form von Dornen, Nasen, Knöpfen oder Buckeln, manchmal sind sie zu allegorischen Figuren gearbeitet, Köpfen.
Der Mörserstössel, auch Keule oder Pistill genannt, war meist aus dem gleichen Material gearbeitet, wie der Mörserkörper - so auch in dem hier vorgestellten, zierlosen Mörser mit seinem Doppelpistill (Beide Enden sind gleichförmig ausgebildet).
Oft begnügten sich die Apotheker nicht damit, Medikamente herzustellen; im 17. Jh. praktizierten viele von ihnen die sog. "kleine Chirurgie" - bereiteten die Mixturen nicht nur her, sondern administrierten sie ihren Kunden selber in Form von Einläufen und Klistieren ...
Exponat Vorgestellt wird ein Standmörser unbekannten Alters (um 1900?).Bei dem hier vorgestellten Exemplar vermisst man leider jegliches schmückende Beiwerk, das zur Datierung beitragen könnte. Höhe 225 mm, Durchmesser 222 mm. |
Pharmazie |
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Mörser (4) |
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In der betont konservativ ausgerichteten chinesischen Medizin mit ihren tausenden von pflanzlichen und tierischen Zubereitungen spielen Mörser bis heute eine besondere Rolle. "Metallene Prunkmörser, wie sie die europäische Pharmazie seit vielen Jahrhunderten verwendete, sind in China unbekannt. Nordchinesische Messingmörser hingegen sind vielgestaltig und können auch einen Dekor, etwa in Form von Rillen aufweisen" schreibt der Sinologe und Direktor des Institutes f. Geschichte der Medizin an der Universität München, Paul U. Unschuld (Huichun, Chinesische Heilkunde in historischen Objekten und Bildern, 1995 S. 50).
Die Seerose ist die Nationalblume Indiens. Die chinesische Medizin verwendet fast alle Teile der Indischen Lotosblume: die Samen gelten als verdauungsfördernd, die Wurzelstöcke wirken blutstillend - die Lotusblume wirkt adstringierend, beruhigend, blutdrucksenkend, blutgefäßerweiternd, blutstillend, fiebersenkend, herzstärkend, kühlend, magenstärkend und tonisierend. Nymphaea nouchali wird in Indien aufgrund ihres medizinischen Nutzens kultiviert. Man sagt dieser Pflanze eine heilende Wirkung bei Wunden, Krankheiten, Fieber, Kopfschmerzen, Hautkrankheiten und Haarausfall nach.
Die Lotuswurzel hat ein breites Spektrum an gesundheitlichen Anwendungsgebieten, da sie reich an Nähr- und Inhaltsstoffen ist. So kann die Wurzel die Verdauung bessern, den Cholesterinspiegel senken, bei niedrigem Blutdruck helfen, unser Immunsystem stärken, wohl auch verschiedenen Formen von Krebs vorbeugen, außerdem gleicht die Lotuswurzel die Stimmung aus und vertreibt schlechte Launen oder depressive Verstimmungen. Die Lotuswurzel steigert außerdem die Durchblutung im ganzen Körper.
Ihr Bild auf einem Mörser kann gedeutet werden im Sinne der Sauberkeit der Produkte, gilt die Blume doch als Symbol der Reinheit.
Vorgestellt wird ein 18 kg schwerer gusseiserner Mörser (Durchmesser 13,5 cm), in Peking erstanden von Xavier MONIER, mit besonders schönem Dekor: einer Seerosenblüte und einer aufgeschnittenen Fruchtkapsel ... (Shanxi, China, cast in iron with a floral relief. It was originally used in a traditional apothecary to create herbal medicine) |
Pharmazie |
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Mörser (5) |
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Zierliche Mörser wie der hier vorgestellte (AK Kaiser, W.-Germany) hatten nur noch dekorativen Charakter
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Pharmazie |
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Mörser (6) |
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GALEN hatte seine Heilmittel in hölzernen Büchsen aufgehoben. Später bevorzugten die Mediziner Behältnisse aus Glas, da es schwerer angreifbar ist. Holz trifft man auch bei Mörsern relativ selten - zum einen konnten in dem weichen Holz nur weiche Materialen zerstossen werden, zum andern lief der Apotheker Gefahr, Gerüche von einem Mörserinhalt auf den andern zu übertragen. Alte Mörser aus Holz sind seltener, da es deren nie viel gegeben hatte. Zudem wurden sie mit der Zeit wurmstichig oder infolge schlechter Lagerung faulig und abfallreif.
Das hier vorgestellte Exemplar ist zwar wurmstichig, aber sauber erhalten. Wie sagte bereits Berthold Brecht: |
Pharmazie |
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Mörser (7) |
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Um die Arbeit zu erleichtern, wurden die besonders schweren Eisenstössel federnd an der Decke aufgehängt:
"Zur Präparation des Zinnobers, Calomels etc. leistet eine Schwungstange gute Dienste" (Johann Jacob Hartenkeil, Medicinisch-chirurgische Zeitung, 31. Ergänzungsband 1828, Innsbruck S.358).
"Bey den ganz grossen eisernen Mörsern hängt man gewöhnlich den obern Theil der Keule an das freye Ende einer am Balken der Decke befestigten Schwungstange, von welcher die Keule schon selbst in die Höhe gezogen und so die Arbeit erleichtert wird" (Johann Erdwin Christoph Ebermaier, Taschenbuch der Pharmacie für Ärzte und Apotheker, Band 2, Leipzig 1822 S.11).
"Da aber bei den schwereren die Handhabung derselben mit der Länge der Zeit dem Arbeiter sehr schwierig werden würde, befestigt man sie an ihrem obern Ende durch einen ledernen Riemen an eine an der Decke des Lokals angebrachten Schwungstange, wozu sich am besten das Holz von Fraxinus excelsior eignet, welche dann nach dem Niederstoßen der Pistille mit einer gewissen Kraft diesen mit heben hilft; man kann sich auch einer zweiarmigen Schwungstange, die in ihrer Mitte befestigt ist, bedienen, und mit jedem Ende derselben durch einen ledernen Riemen die Pistille verbinden" (Johann Wolfgang Döbereiner, Deutsches Apothekerbuch; zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte für Apotheker, Droguisten, Ärzte und Medizin-Studirende, Stuttgart 1842 S.88).
"La tisanerie possède aussi l'instrument symbolique de la profession pharmaceutique depuis le 13ème siècle: le mortier. Servant à broyer et mélanger, ce sont des mortiers de très grande taille en fer, en bronze ou en marbre. Les gigantesques pilons cylindriques qui leur sont associés sont trop grands et trop lourds pour être manipulés à la main. Pour les actionner, il faut les faire coulisser dans des anneaux fixés au mur" (J. Marchand, L'apothicairerie de l'Hôtel Dieu de Rouen et ses apothicaires, CHU Rouen 2007).
"Da das Heben der Keule viel mühsamer ist, als das Herunterziehen derselben, so hat man immer einen elastischen Körper angewendet, der beim Herunterziehen derselben gebeugt wird und durch sein Geradestrecken die Keule wieder in die Höhe zieht. Meistens bedient man sich dazu eines dünnen Fichtenstämmchens, welches an der Decke befestigt ist. Die Befestigung muss der Art sein, dass diese Schwungstange bei keiner noch so heftigen Bewegung an die Decke schlage. Sie wird in der folgenden Art an die Decke befestigt. Das dickere Ende wird durchbohrt, und durch das Loch geht eine starke, mit einem Holzgewinde versehene Schraube aus Eisen mit breitem oder ringförmigem Kopfe. Zwischen die Stange und die Decke legt man ein 2 bis 3 Zoll dickes, ebenfalls durchbohrtes Klötzchen von Holz. Etwa 18 Zoll bis 2 Fuss von diesem Befestigungspunkte schraube man einen mit Holzschraubengewinde versehenen starken eisernen Ring, der so weit ist, dass die Schwungstange eben durch denselben hindurchgeht, in einen Balken der Decke. Für beide Befestigungen suche man solche Stellen der Decke aus, wo Balken liegen, indem eine Befestigung in Mörtel oder Mauerwerk den beständigen und heftigen Erschütterungen dieser Stange keine genügende Festigkeit darbietet. Man schraube nun diesen Ring fest in den Balken ein, so dass noch ein 2 bis 3 Zoll langes Stück seines Stieles aus der Decke hervorrage, schiebe das erwähnte Klötzchen zwischen die Decke und das Ende der Stange und schraube nun die durch beide gehende Schraube fest in die Decke ein , wodurch die Schwungstange befestigt ist. Mit der Zeit erhält sie immer eine Beugung nach unten und an dem Ringe einen Mörser mit Keule" (Friedrich Mohr, Lehrbuch der pharmaceutischen Technik, nach eigenen Erfahrungen, für Apotheker, Chemiker, chemische Fabrikanten, Ärzte und Medizinal-Beamten, Braunschweig 1866 S.303).
Staubentwickung Trotz Deckel auf dem Mörser, trotz eines ledernen Sackes, der um Keule und Mörser gewickelt wurde, blieb das Stoßen eine staubige Angelegenheit. Dem Verstauben waren besonders die Chinarinden ausgesetzt. Einen höchst belästigenden Staub gaben auch Ipecacuanha, Jalappa, Euphorbium und Canthariden. "Bei sehr reizenden Stoffe, wie Canthriden und Euphorbium, verband sich der Stoßer das Gesicht, wenigstens Nase und Mund, mit einem Tuche, durch welches er athmet" (Friedrich Mohr, Lehrbuch der pharmaceutischen Technik, S.248).
Exponat 79 cm langer, aus Eisen geschmiedeter Stößel, in dessen Schaft die Jahreszahl 1881 eingeschlagen wurde. Am oberen Ende befindet sich ein getriebenes Loch, durch das ein Lederriemen nach oben zum Schwibbogen resp. zur Schwungstange führte, die den Stößel "automatisch" hochzogen.
Abbildung 1: "Das schwere Steinpistill wird durch Aufhängung an einem improvisierten Schwibbogen in der Führung unterstützt", Edmund Launert, Der Mörser, Callwey 1990 S.76). Man erkennt auf diesem Bild, wie der metallene Stößel in einen steinernen Kopfteil eingearbeitet war … Abbildung 2: (hier zum besseren Verständnis neben meinem Pistill abgebildet): "Der Pistill hängt mit einem Lederriemen und einer Kette an einem an der Wand befestigten Schwibbogen (Deutsches Apothekenmuseum, Heidelberg), in: Edmund Launert, Der Mörser, Verlag Callwey 1990 S.156/157). Abbildung 3: Alkohol, Destillation, Labor aus dem 16. Jahrhundert, Kupferstich von Ph. Galle (1537-1612) nach Stradanus.
Herkunft: Ebersdorf bei Hartberg i.d. Steiermark, Österreich. Johann Dietrich Rahman aus Köln ließ das Hartberger Apothekerhaus 1668 erbauen, wie eine Tafel an der Hausmauer bestätigt: „Disse Behausung hat ehrbauen lassen Johan Dietrich Rahman Bey Cöllen am Rein gebiertig und Apotheker im Viertell Varau, Gott und dem lieben Vatterland zu Ehrn in dem 1668. Jahr“. Ob der Stößl aus dieser Apotheke stammt? |
Pharmazie |
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Mörser (8), gotischer |
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Exponat Gotischer Rippen-Mörser, Süddeutsch, 16. Jhdt. Echt?? Bronzeguss mit Alterspatina, leicht konischer Korpus mit ausgestellter Lippe und fünf umlaufenden Rippen, eckiger Henkel, Höhe 7,5 cm, Durchmesser 7,5 cm. Spannungsriss. Herkunft: Flohmarkt Völs 10/2018
Rippenmörser gehören in die Zeit der Gotik, also um 15/1600. "Bei den Mörsern kommt es besonders auf hohe Abriebsfestigkeit an. Diese ist bei Zinn-Blei-Bronzen am besten, und schon von Beginn der Herstellung solcher Geräte an verlangen Zunftvorschriften von den Gießern die Einhaltung eines besonderen Legierungstyps. Deshalb sind Mörser in der Regel aus einem recht einheitlichen Metall hergestellt. Aus Deutschland liegen Analysen von gotischen Mörsern und Mörsern aus der Renaissancezeit vor (Riederer 1988, 1993). Die Mörser des 15. Jahrhunderts, die fast ausschließlich aus Mecklenburg stammen, bestehen aus Blei-Zinn-Bronzen mit teilweise recht hohen Zinngehalten von 8-2% bei gleichzeitig recht hohen Bleigehalten von 10-20%. Zink ist nur in Ausnahmen enthalten. Auffallend sind die hohen Spurenelementgehalte, die auf die Verwendung eines einheitlichen Kupfererzes hindeuten. Im 16. Jahrhundert bleibt dieser Legierungstyp erhalten. Später erscheinen dann zinkhaltige Legierungen und reine Messingmörser" (Josef Riederer, Echt und falsch: Schätze der Vergangenheit im Museumslabor, Springerverlag 1994 S.41). |