Pharmazie


Droguerie CARBON, Diekirch

 

In Luxemburg ist die Zahl der öffentlichen Apotheken begrenzt (Prinzip der Konzessionierung). Gelingt es einem Apotheker nicht, die Konzession für eine Apotheke zu erwerben, so begnügt er sich entweder mit dem Posten des Provisors in einer fremden Apotheke, oder aber er ... eröffnet eine Droguerie. Hier kann er zwar nicht sein gesamtes Wissen an den Mann bringen, dennoch gestattet ihm die Droguerie in beschränktem Umfang den Handel mit Arzneistoffen - nämlich den NICHT APOTHEKENPFLICHTIGEN Medikamenten sowie Hilfsmitteln des alltäglichen Lebens.

Über alledem darf man nicht vergessen, dass der Beruf des Drogisten/ der Drogistin ein nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannter Ausbildungsberuf ist.

In Deutschland dominieren einige wenige grosse Droguerie-Ketten den Handel: Schlecker, Dm und Rossmann.

Auf dem Bild, das bei Anlass der Pflanzung des Freiheitsbaumes am 5.3.1939 in der Grossgasse von Diekirch aufgenommen wurde, erkennt man die Droguerie von Georges CARBON (1901-1958). Klassisches Nischengeschäft der Droguerien: der Verkauf von Foto-Zubehör und das Entwickeln von Filmen. Siehe dazu die Lettern FOTO-HALL im Schaufenster und die Leuchtreklame über dem Eingang "Gevaert Films, Papiers, Plaques".

CARBON war Nachfolger von Jacques GROSS (1894-1924), der im Alter von 29 Jahren verschieden war.

Pharmazie


Brand-Binde aus der Droguerie HOFFELD, Luxemburg

 

Albert HOFFELD (1895-1976) aus Berburg wurde 1918 als Apotheker zugelassen. Da keine Apotheke frei war, übernahm er die Droguerie von Grégoire KETTENMEYER und verkaufte weiter dessen patentierten veterinärmedizinischen Präpa- rate.

Aus der Droguerie Hoffeld, 2 r. de l'Athénée in Luxemburg stammt die hier vorgestellte Wismuth- Binde (4m x 12 cm), mit der frische Verbrennungen abge- deckt wurden.

 

Bestäubte mein Grossvater Brandwunden noch bis 1950 mit frischem Mehl, so benutzten wirkliche Mediziner schon vor 1900 Wismut (Bismut). Die chemische Verbindung Bismuttellurid wird in medizinischen Präparaten zur Blutstillung und zur Desinfektion benutzt. Das basisch gallussaure Metall Wismuth findet sich wieder in der
- Wisbola-Brandbinde,
- Hartmann-Brandbinde, allesamt Nachfolgepräparate der
- BARDELEBEN'schen Brandbinde = "Bardella": Bismuthoxyd (bismutum subnitricum) und Stärke.

 

Heinrich Adolf von BARDELEBEN (1861-1914), der sich bei LISTER über aseptische Wundbehandlung kundig gemacht hatte, wurde königlich preußischer Geheimer Obermedizinalrat (1882), Generalarzt 1. Klasse à la suite des Sanitätskorps, Professor an der Universität Berlin und an der medizinisch-chirurgischen Akademie für das Militär in Berlin. Bekannt wurde er durch die Erfindung 1892 der „Bardelebenschen Brandbinde“, die der Behandlung von Verbrennungen und Erfrierungen diente.
Lit.:
de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Adolf_von_Bardeleben

Die moderne Therapie benutzt diese Brandbinden höchstens im Spätstadium der Verbrennung, niemals im akuten Zustand.
Lit.:
www.medizin.de/gesundheit/deutsch/2223.htm

Pharmazie


Droste Kakaodose

um 1925-30 

Krankenschwester als Werbeträger

1881 bereiste Henry L. Pierce, der damalige Präsident der amerikanischen Walter Baker Company Europa, um sich über die europäische Technik der Kakao-Produktion zu informieren. Bei seinem Besuch in Dresden fiel ihm in der Königlichen Galerie das Bild des Schokolade- mädchens auf.
Kaiserin Maria Theresia von Österreich hatte den berühmten Porträtisten ihrer Zeit, Jean Etienne Liotard (1702-1789) gebeten, nach Wien zu kommen, um sie selbst und ihre Kinder zu malen. Fürst von Dietrichstein verliebte sich zu dieser Zeit in die Serveuse eines Wiener Kaffeehauses, eine gew. Anna Baltauf genannt Nandl, und heiratete sie alsbald. Als Hochzeitsgeschenk liess er sie von Liotard portraitieren - in der Tracht, in der er sie "entdeckt" hatte: in ihrer Berufstracht aus kostbarer Seide, weißer Schürze und Häubchen aus feinstem Leinen. Auf einem chinesischen Lacktablett bringt sie dem Gast aufgeschäumte Trinkschokolade in einer Tasse aus Meißner Porzellan.
Das Bild und die romantische Geschichte der Anna Baltauf gefielen Pierce so sehr, dass er beschloss, dieses Bild zum Markenzeichen für Baker's Kakao zu machen.
Jahre später, um 1900, wandelte ein niederländischer Künstler namens Jan (Johannes) Musset das Logo der Firma Baker um, drehte die Figur nach rechts, kleidete sie in eine Schwesterntracht - und machte daraus die Werbeträgerin der Kakaofirma Droste...

In den frühen Exemplaren dieses Designs hatte die Krankenschwester sogar ein 'Rotes Kreuz' auf der weissen Armbinde. Auf der hier vorgestellten Dose ist die Armbinde nur noch schlicht weiss - auf diese Tour brauchte Droste keine Lizenzgebühren mehr an das Genfer Rote Kreuz abtreten ...

Erwähnenswert ist das im Logo angewandte "Procédé en abîme" - das Bild im Bild, ein Verfahren, das erneut 1921 im Reklamebild der "Vache qui rit" eingesetzt wird, indem die lachende Kuh ... auf den Ohrklipsen der lachenden Kuh abgebildet ist !

Kakao als Gesundheitsprodukt !

Die Bestandteile des Kakaos wirken auf mehrere Systeme des Körpers:
- Koffein stimuliert des zentrale Nervensystems und des Blutgefäßesystems (> Nervosität, Angst, Schlaflosigkeit). Koffein verscheucht die Müdigkeit, steigert die geistige Leistungsfähigkeit, regt die Produktion der Magensäfte an und wirkt harntreibend.
- Theobromin stimuliert das zentrale Nervensystem, es erweitert die Blutgefäße und wirkt ebenfalls harntreibend.
- Kakaobutter senkt das Gesamt-Cholesterin
- Kakaobutter senkt das (schlechte) LDL-Cholesterin
- Kakaobutter erhöht das (gute) HDL-Cholesterin
- Kakaobutter verringert die Thrombozytenaggregation und senkt damit das Thromboserisiko.
- N-Phenylpropenoyl-L-aminosäureamide (CocoHeal) wirkt wachstumsfördernd auf Hautzellen, die so genannten Keratinozyten.
- Anadamid und Phenylethylamin, Stoffe die sich auch in Haschisch und Morphium befinden, wirken auf die Teile des Gehirns, die für Glücks- und Lustempfinden verantwortlich sind.

www.alte-dosen.de/dosen/droste/droste.htm
www.kaffedaaser.dk/html/droste_cacao.html

Pharmazie


Eau des Carmes

 

Ordensapotheken widmeten sich seit der Frühen Neuzeit gezielt der Herstellung von Arzneien und entwickelten sich zu Zentren der überregionalen Heilmittelversorgung. Man weiss um die Streitereien zwischen den privaten Apotheken und den Klosterapotheken im 18. Jahrhundert (Jesuiten in Nancy, Benediktiner in Echternach). Aus diesen Klosterapotheken sind eine Reihe "wundersamer" Mittel überliefert:

  • die Antoniter hatten ihren "Antoniuswein", in den sie 14 Kräuter eingelegt hatten (siehe Isenheimer Altar) um Kranke mit brandigen Gliedern zu behandeln - das exakte Rezept ist im 17. Jahrhundert verloren gegangen.
  • die 'Eau d'arquebuse" zu deutsch Arkebusade der Patres von Orval, ein Elixir, das ursprünglich für die "arquebusiers", die Scharfschützen von François I entwickelt wurde, um ihre Wunden zu behandeln. Ein wunderbares Mittel, das von der Abbaye de St.Chef und vielen andern imitiert wurde,
  • die "Eau prophylactique" des Doktor SYLVIUS , das vor Fieber schützte und von den Franziskanern vertrieben wurde.
  • der "Baume du Commandeur", mit dem die gleichenFranziskaner Geschäfte machten. Was die wenigsten wissen: diese Tinktur konnten Frauen trinken, um die Regel "kommen zu lassen" (Diderot d'Alembert) - folglich als Abortivum !
  • die Jesuiten handelten mit Chinarinde aus den Kolonien, das unter dem Namen "Jesuitenpulver" vertrieben wurde,
  • die "Eau d'Emeraude" der Benediktiner aus Bouzy mit ihren Salbei- und Rosmarinölen,
  • die "Eau de la reine de Hongrie", eine Rosmarinessenz der Kapuziner aus dem Louvre in Paris,

    Von diesen "frommen" Präparaten sind vor allem die Melissepräparate im Sortiment moderner Drogerien und Apotheken übriggeblieben:

  • der "Klosterfraumelissengeist" im deutschen Sprachraum, um 1800 von einer in Brüssel geborenen Ordensfrau entwickelt.
  • Im 10. Jahrhundert hatten französische Benediktinermönche die Melisse aus Spanien nach Frankreich eingeführt und erfreuten sich an seiner erfrischenden und herzstärkenden Wirkung. Ein namentlich nicht bekannter Arzt entwickelte zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein stärkendes Getränk, dessen Hauptbestandteil Melisse war und verschenkte die Rezeptur 1611 an einen Pater des Karmeliterordens, Pater DAMIAN. Die "eau de mélisse", welches die barfüssigen Karmeliter ab 1611 verkauften, half gegen die Miasmen - den üblen Geruch der Pest. Seine Wirkung führten gläubige Leute direkt auf die Frömmigkeit der Patres zurück und nicht auf die Inhaltsstoffe! Unter Ludwig XIII fand das Produkt seinen prominentesten Anhänger: Kardinal Richelieu, der damit gegen seine Migräneattacken und Verdauungsprobleme ankämpfte. Das rote Siegel, das man an jeder Flasche entdecken kann, erinnert an eine üble Geschichte: Feinde von Richelieu wussten um seine Vorliebe für den Melissengeist und gossen Gift in eine angebrochene Flasche! Richelieu roch, dass mit dem Flascheninhalt etwas nicht stimmte und entging dem Komplott. Seither wird jede Flasche versiegelt (siehe rotes Siegel am Flaschenhals).

    1709 liessen die Patres das Getränk patentieren, 1831 verkaufte der letzte der Patres, Pater PARADIS, die Rezeptur an den Apotheker (?) Amédée BOYER. Um sich gegen Nachahmungen zur Wehr zu setzten brachte dieser auf den Fläschchen seine Unterschrift und seinen Fingerabdruck an.

    Heute wie vor 400 Jahren wird das Produkt aus 23 Pflanzen komponiert (das Betriebsgeheimnis liegt im Mengenverhältnis dieser Komponenten):
    14 Medizinalpflanzen:
    Angelika - Beifuss - Bohnenkraut - Kamille -Kresse -Lavendel - Maiglöckchen -Majolika - Melisse - Rosmarin - Salbei - Schlüsselblume - Thymian - Zitronensaft .
    9 Gewürze :
    Angelikawurzel - grüner Anis - Enzianwurzel - Fenchel -Koriander - Muscat - Nelke - Sandelholz - Zimt .

Pharmazie


Elixir, Pomeranzenelixir

 

Unter einem Elixir (vom arabischen "eliksir", »Quintessenz«, auch »Stein der Weisen«), versteht man ein pharmazeutisches Präparat, das sich von einer Tinktur dadurch unterscheidet, daß den reinen Auszügen der vegetabilischen Substanzen in Wein oder Weingeist meist noch ätherische Öle, Extrakte, Säuren, Salze etc. zugesetzt werden.

E. aurantii compositum, auch "Elixir Viscerale (Stomachicum) Hoffmanni" (Hoffmannsches Magenelixir, Pomeranzenelixir, "elixir de longue vie") wird aus 6 Teilen Pomeranzenschalen, 2 Teilen Zimtkassie, 1 Teil kohlensaurem Kali, je 1 Teil Enzian-, Absinth-, Bitterklee- und Kaskarillextrakt und 50 Teilen Jereswein zubereitet. AUch mit Malaga- od. Madeirawein konnte der Auszug von Pomeranzenschalen u. Früchten zubereitet werden, stets wurden Zimmtkassie und kohlensaures Kali begegeben, welchem etwas Wermuth-, Cascarill-, Enzian- und Bitterkleeextract, nach einigen Pharmakopöen auch Citronenöl u. Schwefeläthergeist zugesetzt wurden; schwarzbraun, undurchsichtig, gewürzhaft ätherisch riechend, bitter gewürzhaft schmeckend, 1/2–1 Eßlöffel als magenstärkendes, appetitanregendes Mittel angewendet.

Die Pomeranze, auch Bitter-, Sauerorange oder Bergamotte genannt, ist eine Verwandte der Pampelmuse. Neben Duftstoffen enthält die Schale Hesperidin, welches aus der getrockneten Frucht mittels Auskochen mit Wasser und anschließender Extraktion mit Natronlauge gewonnen wird. Dieser Naturstoff dient als Ausgangsprodukt der Synthese für Diosmin, einem Wirkstoff für Arzneimittel des kardiovaskulären Systems. Diese Bioflavonoide haben beim Menschen gefäßschützende Eigenschaften, sie können den Venentonus (Venenspannung) verbessern, den Abfluss der Lymphe fördern, die Mikrozirkulation regulieren, die Durchlässigkeit der kleinsten Venen (Kapillaren) vermindern und Entzündungsreaktionen blockieren.

Nota: wieviel Bioflavonoide im Endeffekt im Hoffmann'schen Magenelixir übrigbleiben, ist mir nicht bekannt. Die Hauptwirkung des Elixirs auf den Magen lässt eher an wenig herzaktive Stoffe denken...

Pharmazie


Emser Salz

 

Die Emser Quellen 1172 und 1362 werden die "Thermae Emptzianae" oder das "warm bayt bey Eumetze" erstmals urkundlich erwähnt. Immerhin wissen wir, dass schon im frühen Mittelalter reger Badebetrieb herrschte; wohlgemerkt: Badebetrieb. Die erste Trinkempfehlung ist uns aus dem 16. Jahrhundert am "Kränchen" bekannt. Später im 17. Jahrhundert kam der Kesselbrunnen dazu, und noch später diverse Brunnen als Felsenquellen unter wechselnden Namen. Sie wurden flach gefasst. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Römerquelle entdeckt. Anfang des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Neufassung aller Quellen. Als letzte der großen Quellen wurde nach dem 2. Weltkrieg durch Bohrung der sogenannte Kampe-Sprudel erschlossen, der sich als überaus ergiebig erwies. Ems verdankt seinen Ruf vor allem seinen 17 Heil-Quellen, die nach dem Mediziner Hufeland zu den alkalisch-muriatischen Säuerlingen zählen und als Thermen die einzigen dieser Art in Deutschland sind.

Der Bäderbetrieb
Im 17. und 18. Jahrhundert gab es zwischen den hessischen und nassauischen Badhäusern (nach der jeweiligen Herrschaft benannt) erhebliche Konkurrenz, die dem Badebetrieb zusätzlich Auftrieb gab. Die jeweiligen Aktivitäten wurden gefördert durch namhafte Badeärzte dieser Zeit, die zweifellos zum Wohle ihrer Patienten agierten und den zunehmenden Ruf des Bades verbreiteten. Einer der ersten, dessen wissenschaftliche Abhandlungen, wenn auch heute längst überholt, erhalten und von medizinhistorischen Interesse sind, war Anfang des 16. Jahrhunderts der Marburger Professor Dr. med. Johannes Eichmann, genannt DRYANDER (1500-1560), dessen Name in einer der Emser Reha-Kliniken erhalten blieb. Im Lauf der Zeit verbreitete sich der Ruf der Emser Thermen weit über die engen Grenzen der Duodez-Fürstenhäuser hinaus, so dass im 18. Jahrhundert und zunehmend im 19. Jahrhundert Kaiser, Könige, Herzöge, aber auch Prominenz aus Kultur, Politik und Wirtschaft hier Heilung suchte und fanden.

Die Salzderivate
Aus 350 ml Thermalwasser wird durch Verdampfen ein Gramm Emser Salz gewonnen. Das Salz enthält mehr als 20 verschiedene Mineralien und Spurenelemente. Hauptbestandteile sind Natrium-, Chlorid- und Hydrogencarbonat-Ionen.
1) Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts konnte das Emser Wasser nur getrunken werden oder aber der Kurgast musste darin vor Ort baden. Wollte man es fernab geniessen, musste man teure und schwere Steinkrüge kaufen - was ab dem 18. Jahrhundert geschah.
2) 1858 entwickelten der Bad Emser Kurarzt Dr. Ludwig SPENGLER (1818–1866), der Apotheker August Weber und der Hausverwalter Georg Hasslacher ein Verfahren, die Sole des Inhalatoriums zu verdampfen und das salzhaltige Resultat in Pastillenform zu pressen. Dazu komprimierten sie das Salz (NaHCO3, Natriumhydrogencarbonat) und Zucker und wahrscheinlich etwas Bindemittel (Stärke, Maisstärke) zu einer pastillierfähigen Masse. Ihre Nachfolger verbesserten das Verfahren und konnten in die Pastillen wesentliche Salze des Mineralwassers einfügen, die zuvor in der Sole gefehlt hatten. Emser Pastillen werden seither bei leichten, erkältungsbedingten Halsschmerzen eingesetzt, Redner und Sänger schätzen sie, da durch das Lutschen der Pastillen die Rachenschleimhaut befeuchtet und beruhigt wird. Die Emser Pastillen kamen 1858 erstmals in den Handel. Zumeist wurden die Pastillen in kleinen Pappschachteln oder Döschen gehandelt. Ab 1911 erhielten die Käufer die Emser Pastillen auch in silbrig glänzenden Aluminiumröhrchen, in denen sie vor Feuchtigkeit geschützt waren.
3) Durch Abdampfen des Emser Mineralwassers wird das Emser Quellsalz gewonnen, welches in Wasser gelöst Verwendung findet: zu Douchen und zum Gurgeln bei chronischen Katarrhen der Nasen-Mund- und Rachenhöhle, zu Inhalationen und zu Irrigationen. Auch bei Magensäure, Magenkatarrh, Gicht usw. wird das Quellsalz dem Emser Wasser zur Verstärkung zugesetzt, und zwar ein Teelöffel voll auf 1 Liter Wasser.

Besitzverhältnisse
Produziert wurden die Emser Salze und Pastillen zunächst von der Herzoglich Nassauischen Hausverwaltung - seit 1806 war Ems ein Teil des Herzogtums Nassau. Das Herzogtum Nassau aber wurde 1866 von Preußen annektiert - aus der nassauischen Hausverwaltung wurde daraufhin die "Königlich-Preussischen Bade- und Brunnendirektion Ems". Nach Ende des Preussischen Staates im Jahr 1918 wurde das Bad ein staatlicher Betrieb. 1959 wurden sowohl die Solequellen als auch die Einrichtungen für die Salz- und Pastilleproduktion verpachtet (Fa. Siemens & Co).

Emser Produkte in Luxemburg
1868 warb eine stadtluxemburger Apotheke mit Emser Pastillen:
"Emser-Pastillen gewonnen aus den Salzen der Felsenquellen, von den Herren Ärzten empfohlen, gegen Verschleimungen des Halses, Brust und Magens, sind ächt zu erhallen bei Weckbecker-Heldenstein (Luxemburg). Die Administration der König=Wilhelm's =Felsenquellen" (Luxemburger Wort vom 28.10.1868 und 8.12.1868).
Offenbar waren die Pastillen ein wirtschaftlicher Renner, der sich in der rauhen Jahreszeit gut absetzen liess. Denn im Herbst des darauffolgenden Jahres bot sie auch der Konkurrent an: "Apotheke Fr. Heldenstein, Nachfolger von Fr. Dargent, GrossStrasse Nr. 28 gegenüber Hastert-Hartmann Niederlage der echten Emser Pastillen. Die Schachtel à Fr. 1.05 Im Dutzend billiger. Königl. Pr. Emser Brunnen=Verwaltung" (Luxemburger Wort vom 30.9.1869)
"Will man den Schleimhauten der Luftwege Medikamente direkt zuführen, so inhalliere man mit einem Apparat oder über einem Topf mit heissem Wasser, Salzdämpfe, besonders Emser Salz" (Escher Tageblatt vom 2.2.1937).

Zum vorgestellten Glas
1858 erfand der Zinngiesser John Landis MASON (1832-1902) aus Brooklyn/New York den metallenen Schraubverschluss von Konserven-Gläsern.
Das hier vorgestellte, aus Sofia/Bulgarien reimportierte, 8.3 cm hohe und 3.9 cm dicke Salz-Fläschchen zeichnet sich zum einen durch seine smaragdgrüne Farbe aus (die durch Hinzufügen von Eisenoxyd zum Quartz entsteht), zum andern durch seinen eigentümlichen Verschluss: ein hölzerner Pfropfen (Messhütchen?) mit einem Dichtungsring aus Kork wird durch einen Schraubdeckel (Aluminum, Blech, Zinn?) gehalten, auf dem "königl. Bade- Brunnendirektion K[öniglich]. Pr[eussische]. D[omänenverwaltung] Schutz-Marke, Königlich Ems" in Hochrelief zu lesen ist, der Text von einer Krone überspannt - Datierung des Fläschchens also in die Zeitspanne von 1866-1918 ...

Lit.:
Hermann Sommer, Zur Kur nach Ems, ein Beitrag zur Geschichte der Badereise von 1830 bis 1914, Stuttgart 1999.

Pharmazie


Englisch-Pflaster

um 1930 

Wir stellen ein Päckchen Klebtaft vor, der seinen Namen "Englischpflaster" möglicherweise von der Angelicapflanze (dtsch. Engelwurz) hat und mit den Engländern nichts zu tun hat. Im Kräuterbuch des Jacobus Theodorus Tabernaemontanus (1588, Ausgabe 1625) lesen wir:
"Von der Angelick oder Engelwurtz. Nimb der zamen Engelwurtzbletter zwo Handtvoll/ der Bletter der wilden Angelick/ Widerthonkraut/ Beyfuss/ Geyssfüssel/ oder Hinfuss/ die öbersten Gipffel von dem Sanct Johannskraut/ Teuffelsabbiss/ Jngrün/ jedes ein Handtvoll/ die Bletter von Birckenmispel/ auch eine Handtvoll/ Weinrauthen/ Güldenruth/ Hasenöhrlein/ Dostenkraut. Alle diese Kreuter müssen frisch unnd grün seyn/ die muss man hacken/ und darnach klein stossen/ im stossen soll man darmit vermischen frischen ungesaltzenen Buttern xvi.untz/ frisch unnd gut zeitig Baumölen xxiiii.untz/ unnd guten fürnen Wein ein Pfundt. Solches alles sol man in einen Steininen Hafen thun/ und ein Tag oder vierzehen in der Sonnen beytzen lassen/ darnach soll mans in ein Kessel oder Pfann thun unnd uber einem Kohlfewer sieden lassen/ biss sich der Wein unnd der Safft in den Kreutern gar verzehret/ und mit dem Buttern und Baumölen vereiniget hat/ alsdann soll man es durch ein Tuch seihen/ und dieweil diese ding noch warm seyndt/ hart mit einer Pressen ausspressen/ und darzu thun Silbergleth/ Goldtgleth zu einem subtilen Pulver gestossen unnd durch ein reynes Sieblein geschlagen. Diese Stück soll man miteinander auff einem linden Kolfewerlein sieden biss sie sich vereinbaren unnd die dicke eines weichen Pflasters bekommen/ als dann soll man damit vermische Gummi Opopanac drey loth/ Gummi Armoniac/ Gummi Serapin unnd Galbensafft/ jedes zwey loth in Essig zerlassen/ dann durchgesiegen unnd wider zu bequemer dick gesotten: Wann das wol vermischt ist/ so lasse es ferner sittiglich darinn zergehen/ geel Wachs rein geschaben/ Terpentin/ jedes zwölff loth/ Pinhartz und Therr oder weych Bech/ jedes vii.loth. Wann diese stück vergangen seyndt/ so thu ferner darzu iiii.loth gedistilliert Wechholterölen/ oder von den Beeren aussgetruckt/ wie man das Leinölen ausspresst: Darnach so strewe nachfolgende stück rein gepülvert dareyn/ als da seyndt Engelwurtz vier Loth/ schwartzen Agstein drey Loth/ geriebenen weissen Agstein zwey Loth/ Mastix/ weissen Weyrauch/ Aloepatick/ jedes anderhalb Loth/ gülden Widerthod/ rote unnd weisse geriebene Corallen/ jedes ein Loth. Diese Stück alle vermisch wol durcheinander/ böre es wol mit Johannesölen/ unnd mache Zapffen darauss. Dieses Pflaster dienet nicht allein zu den obgemelten Schäden/ sondern es heylet auch ein jeden Schuss unnd Stich/ und wirdt Emplastrum ex Angelica/ oder das Englisch Pflaster genannt".

Engelwurz (lat. Angelica archangelica) war spätestens seit dem 10. Jahrhundert in den skandinavischen Ländern als Heilmittel bekannt und gelangte mit den Wikingern in die Heilgärten der Benediktiner und Karthäuser in Mitteleuropa. Der Gehalt an Harz und Gerbstoffen liess die Pflanze schnell zu einem angesehenen Wundheilmittel avancieren, zumal es pilzabtötende und bakterizide Eigenschaften besitzt. Als es noch keine echten Antibiotika gab, schätzten die Menschen die bakterienabwehrende Eigenschaft des Engelwurzes und empfahlen Extrakte aus Wurzeln gegen Pest und andere Seuchen.

Heutzutage ist das Pflaster aus den Regalen der Apotheken und Drogerien verschwunden und kommt nur noch in alten Romanen vor. So in einem Brief "An Bettine" aus dem "Frühlingskranz" von Clemens Brentano (um 1805):
"Gespenster fühlen ein Behagen an solchem Tugendgekitzel, sie schmeicheln sich selbst, sie tragen sich auf Händen, sie haben einen faktizen Verkehr mit Gott, der aber nur Götzendienerei ist, sie belämmern alle Menschen mit ihren Anstalten der Menschenliebe; es fällt ihnen gar nicht ein, daß sie selber die bösen Schicksals-dämonen sind, deren Grausamkeit sie gerührt beweinen, und der sie steuern wollen mit einem Stück Englisch-Pflaster von dem sie mit der feinen englischen Schere der Mildtätigkeit Schnippelchen abschneiden, um damit den aufgesperrten Rachen der entsetzlichen Wunden zu verkleben, aus denen das warme Blut an die Erde quillt".

Auch in der wundersamen Geschichte des "Peter Schlemihl" von Adelbert von Chamisso (1813) kommt das Pflaster vor. Bei einer Gartengesellschaft des reichen Kaufmanns Herrn John, in der er von den anderen Anwesenden kaum beachtet wird, begegnet Schlemihl einem älteren, in grau gekleideten Mann, der auf Wunsch Englisch Pflaster, ein Fernrohr, einen türkischen Teppich, ein Lustzelt sowie drei gesattelte Reitpferde aus seiner Tasche zieht. Im 1. Kapitel lesen wir:
"Die schöne Fanny, wie es schien, die Herrin des Tages, wollte aus Eigensinn einen blühenden Zweig selbst brechen, sie verletzte sich an einem Dorn, und wie von den dunkeln Rosen, floß Purpur auf ihre zarte Hand. Dieses Ereignis brachte die ganze Gesellschaft in Bewegung. Es wurde Englisch Pflaster gesucht. Ein stiller, dünner, hagrer, länglichter, ältlicher Mann, der neben mitging, und den ich noch nicht bemerkt hatte, steckte sogleich die Hand in die knapp anliegende Schoßtasche seines altfränkischen, grautaffentnen Rockes, brachte eine kleine Brieftasche daraus hervor, öffnete sie, und reichte der Dame mit devoter Verbeugung das Verlangte".

Auch im Roman "Die Bergwerke zu Falun" von E.T.A. Hoffmann (1819) kommt das Pflaster vor:
" … und kritzelte nun mit verhältnismäßiger Schnelligkeit einen Brief fertig, faltete das Blatt zweimal und verklebte die noch offene Stelle mit Briefmarkenstreifen, von denen sie die gummireichsten immer mit dem Bemerken: »Is besser als Englischpflaster« aufzuheben pflegte".

Auch wenn man den Eindruck gewinnt, der Apotheker Pierre Bertogne (1898-1990) habe dieses romantische Pflaster mit einem Riesenerfolg in seiner Drogerie in der Grossgasse in Luxemburg verkauft, die Wirklichkeit sah etwas deftiger aus: wenn sich mein Vater beim Rasieren schnitt, klebte er Zigarettenpapier auf die Wunde. Beim aufmerksamen Beobachten meines Englischlehrers konnte ich an seinem Hals gelegentlich die gleichen Papierschnipsel entdecken – ohne zu wissen, was die mit "Englisch" zu tun hatten: nämlich gar nichts, vielmehr etwas mit "engel'isch" …

Pharmazie


Ephetonin

P1060097
 

 

   Ephedrin kommt natürlich in einer fernöstlichen Pflanze gleich in drei Isomeren vor, und ist gezielt in der chinesischen Droge "Ma-Huang" enthalten - die TCM benutzt die Substanz seit der Han-Dynastie (206 v.Chr.-220 n.Chr) als Medikament gegen Asthma und als Stimulans. Auch im Tierreich kommt die Substanz vor.

 

1885 wurde die Substanz von Jamanashi aus "Ephedra sinica" isoliert und 1887 von Nagai Nagayoshi synthetisiert. Die synthetische Nachbildung des Moleküls bot sich an. Bei der Synthese von SPÄTH und GÖHRING 1921 entstand nur ein von drei in der Natur vorkommenden Stereoisomeren, während NAGAI und KANAO 1928 die Razemformen sowohl des Ephedrins als auch des Pseudoephedrins erhielten. Mitte der 1920er Jahre wurde Ephedrin durch Untersuchungen des amerikanischen Pharmakologen Carl Frederic Schmidt (1893-1988) wiederentdeckt und charakterisiert, und in synthetischer Form als Racemat von E. Merck unter dem Markennamen Ephetonin erstmals als Antiasthmatikum auf den Markt gebracht.

 

Merck brachte die Substanz kurz vor 1928 auf den Markt. Henning, W. (Beiträge zur Klinik der Tuberkulose (1928) 69: 572) berichtete schon 1928 über Erfolge in der Behandlung von Asthma bronchiale, Emphysembronchitis und chronischer Bronchitisbei Tuberkulosepatienten mit zäher Begleitbronchitis. "An Stelle des natürlichen Ephedrins kommt neuerdings das synthetisch hergestellte racemische Produkt in den Handel (Ephetonin Merck, Racedrin Höchst) (Ed. Müller, A. Bittorf und Bergmnn, in: Grundriß der gesamten praktischen Medizin, Springerverlag 1931 S.209). Auch bei Morphium- und Scopolaminvergiftungen konnte das stark atemanregende EPHETONIN verabreicht werden, chemisch ein salzsaures Salz des Phenylmethylaminopropanolol. Auch zur Kreislaufanregung wurde es von einigen Klinikern systematisch am ersten postoperativen Tag gespritzt (s.c.) (Münch. med. Wschr. 16,1931).

 


Exponat:
Geschenk von Herrn Mag. Dr. Andreas Winkler / Innsbruck.

Pharmazie


ERGOTINE Bonjean

ERGOTINE Bonjean 1
 

 

   Seit der Mensch Roggen anpflanzt kennt er den schwarzen Pilz, der sich zwischen den Granen entwickelte. Seit dem Mittelalter kannte er die Zusammenhänge zwischen Mutterkorn, Mehl und vergiftetem Brot. Dennoch gab es immer wieder Massenvergiftungen:

"Seit einiger Zeit melden die französischen Zeitungen, besonders aus dem Süden, häufige Unfälle und Vergiftungen, welche oft ganze Familien trafen und von Brod oder Mehlspeisen herrührten, die aus Mutterkorn (französ. ergot) enthaltendem Roggen bereitet worden waren. Auch bei uns soll sich in vielen Roggenfeldern dieses längliche, schwarze Mutterkorn in den Aehren zeigen, und es muß demnach gerathen erscheinen, daß von Amtswegen den Getreidehändlern, Müllern und Bäckern ein sorgfältiges Reinigen der Getreide eingeschärft werde, indem dieses Mutterkorn als ein wahres und zwar in mancherlei, hier nicht zu erwähnenden Umständen , als ein sehr gefährlich wirkendes Gift bezeichnet wird. Wir lenken die Aufmerksamkeit der Regierung und des Publikums auf diesen Gegenstand. (Rev.)" (Luxemburger Wort vom 6.8.1856).

"Das nämliche Blatt („Annalen des Acker- und Gartenbau-Vereins des Großh.) enthält eine kurze Abhandlung über die Schädlichkeit des Mutterkorns (brandiger Roggen, Koobekaar), das in Folge der feuchten Witterung sich dieses Jahr besonders häufig im Roggen vorfindet: Der Genuß des Brodes, in welchem sich diese Substanz in gewisser Menge befindet, führt tödliche Krankheiten herbei. Wiederholtes und gewissenhaftes Reinigen ist daher erfordert, bevor die Früchte zu Markte gebracht werden. Des Verkäufers Interesse erheischt eine solche Reinigung, nicht nur weil seine Producte ihm dann besser bezahlt werden, sondern er dürfte sich im andern Falle auch gerichtlichen Verfolgungen aussetzen, falls es constatirt werden könnte, daß sein Getreide Vergiftungen herbeigeführt hätte. Käufer und Verkäufer mögen daher mit aller Vorsicht verfahren. Brod, das Mutterkorn enthält, soll an violetten Flecken erkennbar sein, die sich in demselben zerstreut vorfinden" (Der Wächter an der Sauer vom 10.9.1856).

 

Mutterkorn war ein gefürchtetes Gift, aber auch Ausgangspunkt für ein äusserst wirksames Medikament: im 17. Jahrhundert wurde es von Heilern oder Badern in die Praxis eingeführt - als "Pulvis parturiens" diente es zur Blutstillung, als Wehenmittel und für Abtreibungen. 1842 entwickelte der Apotheker Joseph BONJEAN (1810-1896) aus Chambéry in Savoyen sein Präparat als Hämostyptikum.

"Joseph BONJEAN, fils de Jean-Louis, herborisa comme son père. Son principal titre de gloire réside cependant dans la mise en vedette des propriétés de l'ergot de seigle, découvertes à la suite d'expériences d'ailleurs scientifiquement conduites. Ayant lancé dans le commerce son sirop d'ergotine et un élixir anti-cholérique d'une façon quelque peu indiscrète, BONJEAN devint célèbre. Le Musée Savoyard de Chambéry a recueilli la collection des médailles et décorations qu'il reçut du monde entier: elle est impressionnante" (Roger Benoist, Les botanistes de Savoye, in: Bulletin de la Société Botanique de France 1961 108:sup2, 113-123).

 

Sein von wässrigen Extrakten ausgehendes Präparat war unrein, enthielt Clavine und Ergotine: es führte zu einer Verlangsamung des Herzschlages, Kontraktion der Arterien, Verringerung der Körpertemperatur, Verlangsamung der Reflexe, in hohen Dosen sogar zu Halluzinationen. Doch blieb das Präparat über Jahrzehnte ohne wirkliche Konkurrenz, sowohl in Dragée- als auch in Ampullenform:

"Les Dragées d'Ergotine Bonjean sont employées pour faciliter le travail de l' accouchement et arrêter les hémorrhagles de toute nature" (Journal du Loiret, 16.7.1880).

"On the subcutaneous injection of Bonjean's Ergotine in uterine hemorrhage, by S. Grose, F.R.C.S. Amongst the means enumerated in Barnes’s Obstetric Operations for the arrest of post-partum haemorrhage is ergot, and it is disposed of (second edition, p.460) as untrustworthy. Without doubt such is generally the result in the worst cases of flooding when given in the usual way; and for the simple reason that the stomach is, like all the rest of the body, in a state of intense depression, and quite unable to absorb the remedy. Because the case is desperate, therefore the drug is inert; probably the less dangerous the case the more effective the styptic. Believing ergot to be a most powerful haemostatic, perhaps our most trustworthy, owing to its power of causing contraction of unstriped muscular fibre and of the capillaries generally, I have found by experience that Bonjean’s ergotine is the most certainly reliable preparation of that drug when administered hypodermically. And when in such a standard work as that referred to above this mode of using it is not mentioned, it may be worth while to again bring before the profession the best mode of its administration ; and one point in its favour is, that if it proves inactive, the perchloride of iron injection can still be resorted to. As this latter is admittedly dangerous, it is as well to first try other means which, if inefficacious, are harmless" (The Lancet 1877).

 

Neben der klassischen Indikation, de Uterusatonie, gab es noch ein Anwendungsgebiet: Schmerzen! 1872 publizierte Louis Hoffmann bei Asselin in Paris seine "Notice sur l'Emploi de l'Ergotine Bonjean dans la névralgie sciatique" in denen er über die Erfolge bei sich selber, und später bei seinen Patienten berichtete:

"Confiant dans mes déductions physiologiques, je pris donc des dragées d'ergotine Bonjean, deux le soir en me couchant, trois heures après le repas, deux à minuit et deux le lendemain à six heures; cette dose, qui représente environ 60 à 70 centigrammes d'ergotine, me permit de sortir sans douleur appréciable".

 

In einer Werbung von 1876 kamen weitere Indikationen hinzu:

"Dragées d'Ergotine. Médaille d'Or de la Société de Pharmacie de Paris. Par suite de conventions spéciales avec M. Bonjean, auteur de cette découverte, M. Labelonye, pharmacien à Paris, rue Bourbon-Villeneuve, 19, reste seul chargé de la vente en gros de l'Ergotine Bonjean et de ses préparations. Les Dragées d'Ergotine sont un agent thérapeutique des plus sûrs pour combattre les hémorrhagies de toute nature, telles que les pertes utérines, crachements de sang, saignements de nez, dyssenteries, engorgements de l'utérus, incontinence d'urines, diarrhées chroniques, enfin pour régulariser les flux mensuels trop prolongés. Elles sont employées, en outre, avec succès, contre les maladies de poitrine, surtout quand elles sont accompagnées de crachats sanguinolents. Prix du flacon de Dragées d'Ergotine 3 fr. Détail dans toutes les bonnes pharmacies de France et de l'étranger" (Courrier des Alpes, 12.2.1876).

 

Bonjean beschrieb, wie Blutungen aus äusseren Wunden durch sein Ergotine schnell gestoppt werden konnten (Neues Repertorium 1845 , Chirurgie Nr.19/233). In Wirklichkeit war die Wirksamkeit ausserhalb der Gebärmutter eher gering:

"Alle Nasentampons dürfen nicht länger als 24 Stunden liegen bleiben, da sich sonst bisweilen an die Sekretstauung eine akute Mittelohrentzündung anschließt. Innerliche Mittel zur Blutstillung (Ergotin u.a.) sind in ihrer Wirkung ganz unsicher" (Strümpell-Seyfarth, Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der Inneren Krankheiten, 1934 Bd.1 S.254). 

 

Lit.:

Borson F. 1897. Notice nécrologique sur le Commandeur Joseph Bonjean. Académie de Savoie (l') Vol. 6 : LXXIV-LXXXI.

Anonyme 1935. Bonjean botaniste et Bonjean chimiste. In: Revue d'histoire de la pharmacie, 23e année, 89 : 51-53.

 

Exponat

Grüne Original-Flasche "demifacon" mit 15 Ergotin-Dragées, Etikett: "Dépot général à Paris Pharmacie Labelonye, 99 rue d'Aboulkir" im 2. Pariser Arrondissement. Inhaber war Jean-Pierre-Claude-Clément Labélonye (1805-1874): "D'abord rattaché à d'autres officines de ses confrères, il fonda en 1867 la pharmacie « Labélonye et Cie » 99 rue d'Aboulkir, celle-là même dont ses descendants assuraient encore la prospérité en 1925 !".

 

Pharmazie


Gift-Abgabebuch

engl. „drugs record book“; frz. "registre des poisons". 

Eine Giftmischerin versorgte den französischen Hof jahrelang mit Liebestränken und tötlichen Giften. 1677 befahl Ludwig XIV dem Polizeikommissar von Paris strenge Untersuchungen. Die Nachforschungen richteten sich unter anderem gegen den angesehenen Apotheker und Chemiker Christophe GLASER, aus dessen Apotheke die Hauptverdächtigen der Machenschaften bei Hofe, die Marquise de Brinvilliers und der Chevalier Sainte-Croix, die nötigen Zutaten bezogen hatten. Dieser wurde zwar entlastet, aber in der Folge wurde Apothekern und Drogisten in Frankreich gesetzlich auferlegt, ein so genanntes Giftbuch zu führen, in dem die Namen der Käufer von Giften aufgeführt werden mussten. Die Giftaffäre endete mit einer letzten Hinrichtung im Juli 1683. Wenige Tage später erließ der König ein Gesetz, das den Handel mit Giftstoffen regelte.

Das Gesetz vom 21. germinal an 12 erneuerte das Gesetz, nach dem jedem Apotheker das Führen eines Giftbuches geboten war, in dem der Käufer den Erhalt der Substanz gegenzeichnen musste.

Erste wirklich wirksame Einschränkungen zum Erwerb von Arsenik wurden in Frankreich im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts als Folge des Falles Lafarge eingeführt: der Apotheker musste den Käufer kennen und dieser musste sich in ein Giftbuch eintragen. Auch Grossbritannien zog 1851 nach: mit dem Arsenic Act wurde der Verkauf von Rattengift und anderen Arsenprodukten an Personen über 21 Jahre beschränkt. Auch hier musste der Verkäufer den Käufer kennen und ihn namentlich erfassen.

In der Praxis sah das Führen des Giftbuches eher spartanisch aus:
„In einer Ecke des Labors steht ein alter Schrank mit Flügeltüren, in dem außer Arsen, Quecksilber und dem Giftbuch alle möglichen, nicht ganz ungefährlichen Substanzen stehen. Der Totenschädel auf dem Giftschrank hat schon damals die Gefährlichkeit der Substanzen verdeutlicht. Allerdings, lacht Binkert, sei der Schrank lediglich mit einem normalen Schloß gesichert gewesen, eine Leichtigkeit für jeden Einbrecher, dieses zu knacken und sich zu bedienen “ (Almut Binkert, Apothekenmuseum Weissenburg).

In Luxemburg wurde ein Giftbuch erst 1925 eingeführt:
"Es wird den Interessenten andurch zur Kenntnis gebracht, dass das durch ministeriellen Beschluss vom 20. Mai 1925 eingeführte Lagerbuch für die durch Art. 6 des Grossh. Beschlusses vom 28. April 1922 vorgesehene Buchführung durch die Regierung, Abteilung für Sanitätswesen, zum Preise von 5 Fr. bezogen werden kann. (Mitteilung der Regierung)" (Escher Tageblatt vom 13.6.1925).

Niemand kann die grosse Zahl von Eintragungen in den Giftbüchern kontrollieren, deshalb sind diese seit Jahrzehnten höchst umstritten. Sie waren deshalb z.B. in Bayern nach Landesrecht auch schon mal abgeschafft worden, bis die GefStoffV sie 1986 wieder bundesweit einführte. Im Moment müssen sie dann geführt werden, wenn an Privatpersonen abgegeben wird. Nur bei Abgabe an Firmen und Behörden reicht eine Aufbewahrung der Lieferscheine.


Auf einem Flohmarkt konnten wir dieses kleine Abgabebuch erstehen, in dem der Apotheker Ch(arles) CORBION die Gifte eintrug, die über die Theke der Apotheke J. LECLERCQ, r. du Bouxthay in Vottem (Thier à Liège) den Besitzer wechselten. 48 Seiten, die vom Bürgermeister paraffiert waren. Erster Eintrag 27.12.1903, letzter Eintrag (Seite 48) vom 7.7.1920. Vottem liegt 1.9 km nördlich vom Stadtzentrum von Lüttich. Noch heute wird in Haus n°10 eine Apotheke von Frau Michèle LENAERTS geführt.

Pharmazie


Giftflasche, dreieckig

 

Starke Schlaf- und Schmerzmittel mussten früher in dreieckigen Flaschen abgefüllt werden – so hatte es Friedrich der Große vorgeschrieben. Wenn nämlich der Apotheker, der damals auch Wein verkaufte, nachts von einem Patienten aus dem Schlaf gerissen wurde, dann sollte er auch im bedröhnten Zustand nicht zur falschen Flasche greifen.

Bis ins 19. Jahrhundert spielte die Form der Apothekerfläschchen eine entscheidende Rolle:

  • runde Flaschen enthielten Tropfen, die geschluckt wurden,
  • sechseckige Flaschen enthielten Flüssigkeiten, die zur äußeren Anwendung gedacht waren,
  • viereckige Flaschen enthielten vornehmlich Gifte,
  • dreieckige Flaschen wurden akribisch unter Verschluss gehalten: in ihnen wurde Morphium abgefüllt – allein die ungewöhnliche Form der Flasche signalisierte gleich wenn man sie in die Hand nahm, womit man es zu tun hatte – Verwechslungen wurden auf diese Weise ausgeschlossen. Dreieckige Flaschen lassen sich in der Tat schlecht in der Hand halten - ideal, um eine Giftflasche von andern Flaschen zu unterscheiden: Apotheker bewahrten ihr Morphium (Morph. hydrochl.) vornehmlich in klarsichtigen Flaschen auf mit dreieckiger Basis...

    Zum Morphium
    Der Schlafmohn, aus dem Opium hergestellt wird, ist seit ca. 4000 Jahren in Europa bekannt. Man weiß auch, daß der Mohn schon vor 6000 Jahren bei den Sumerern als Rauschmittel verwendet wurde. Die alten Griechen gaben dann der Mohnmilch ihren bei uns üblichen Namen "Opium" (von "Opos", Saft). Das Elixier (Saft) ging alsbald in die griechische Sagenwelt ein. Mit der Eroberung Griechenlands durch Rom verbreitete sich der Stoff weiter nach Europa. Vor allem in der Medizin wurde Opium eingesetzt. So erfand der bekannte Arzt PARACELSUS (1493-1541) das "Laudanum", eine Wunderarznei, deren Opiumgehalt nicht wenig zu seinem Ruhm beigetragen haben dürfte.
    1803/04 isolierte der deutsche Apotheker Friedrich Wilhelm SERTÜRNER (1783-1841) [damals noch Apothekergehilfe!] einen kristallinen Extrakt aus dem Saft der Mohnkapsel, den er "Principium somniferum" nannte. Die Arbeit "Darstellung der reinen Mohnsäure (Opiumsäure) nebst einer wissenschaftlichen Untersuchung des Opiums mit vorzüglicher Hinsicht auf einen darin neu entdeckten Stoff" wurde erst 1806 publiziert. 1817 benannte SERTÜRNER dieses "Prinzip" nach dem griechischen Gott des Schlafes Morpheus "MORPHIUM"...

    Ab 1826 war die Substanz als analgetisches Medikament frei in allen Apotheken erhältlich. Der Extrakt wirkte wesentlich stärker als Opium.

    - Anfangs wurde Morphium vor allem oral verabreicht. Als Pulver eingenommen war Morphium schlecht verträglich: Übelkeit, Erbrechen waren häufige Nebenwirkungen.
    - Auf der Haut hat Morphium keine Wirkung. Wenn man es allerdings auf eine Wunde tropft, kommt es schnell in die Blutbahn. Für diese Anwendungsform hielten sich viele Menschen eine Wunde offen, auf die sie in regelmäßigen Abständen eine wässrige Morphiumlösung tropften. - Als 1853 die Injektionsspritze erfunden wurde, nutzten die Ärzte sofort die Möglichkeit, den Stoff unter die Haut zu injizieren, da dieser nun schon nach 15 Minuten seine volle Wirkung entfalten konnte. Im grossen Stil wurde injektables Morphium (Morphiumsulfat) erstmals im Krimkrieg (1854-1856) und im amerikanischen Sezessionskrieg (1861-1865) zur Behandlung der Verletzen und bei Amputationen eingesetzt: als viele Verwundete nach der Genesung immer noch nach der Droge verlangten, war allen Beteiligten klar, dass Morphium süchtig machte. Mittels der Injektionsspritzen nach PRAVAZ (s.d.) spritzten die Ärzte auch im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 Morphium in rauhen Mengen subcutan und erhofften sich durch diese Massnahme immer noch eine Vermeidung (!) der Sucht, die bei der oralen Einnahme von Morphium geläufig war: weit gefehlt - unzählige Soldaten verließen als Morphinabhängige die Feldlazarette: später nannte man diese "Krankheit der Soldaten" Morphinismus und Morphinomanie...
    1874 wurden in Preußen zwischen 2,3 t und 5,4 t Morphium pro Jahr produziert.
    Um die Jahrhundertwende war Morphium in seiner injektablen Form bis in die Kreissäle vorgedrungen, wo es mit Skopolamin vermischt wurde. 1912 wurde es erstmals bei einer Herzattacke verschrieben.
    1914 wurde Morphium in den USA rezeptpflichtig (Harrison Act) - Grossbritannien und Frankreich folgen dem Beispiel 1916...

    Lit.:
    Von Steinbüchel, R., Vorläufige Mittheilung über die Anwendung von Skopolamin-Morphium-Injektionen in der Geburtshilfe, in: Centralblatt Gynekologie 1902; 30: 1304–1306.

    Das hier vorgestellte Glas enthielt (in seinen glorreichen Tagen!) Morphium Chlorhydrat-Pulver:
    "On l'obtient en dissolvant la morphine [cristalline, pure] délayée dans l'eau chaude avec Q.S. d'acide chlorhydrique officinal pour laisser à la liqueur une réaction légèrement alcaline au tournesol. On concentre au Bain-Marie jusqu'à pellicule et abandonne à cristallisation dans un lieu frais. Les cristaux égouttés et essorés sont séchés à l'air" (Dorvault, L'Officine de Pharmacie pratique, Paris 1910 S. 945).
    Auf diese Arzt wurde ein "sel officinal" hergestellt, ein weisses Pulver, das im Giftschrank aufbewahrt wurde und bei Bedarf in Sirop, Zäpfchen oder Pommade gemischt oder in eine Injektionsflüssigkeit aufgelöst wurde...
    [lat. morphini hydrochlorici; frz. morphine hydrochloridrique].

    Herkunft der hier vorgestellten Flasche: der Raum Bremen...

Pharmazie


Giftflasche, grün

 

Gifte wurden zu unterschiedlichsten Zwecken verkauft - zum Töten von Ratten und anderm Ungeziefer, zum Desinfizieren von Ställen, von Aborten etc. Immer wieder kam es zu tödlichen Vergiftungen, wenn Kranke Nachts in der Dunkelheit oder im Fieberwahn die falsche Flasche aus der Hausapotheke entnahmen und sie ansetzten. Die Pharmaindustrie reagierte und brachte ab etwa 1870 Flaschen heraus, deren Farbe (Kobaltblau, Honigbraun, Smaragdgrün), Form (sechseckig, dreieckig) oder andere Auffälligkeiten (Rippen, Noppen, Totenkopf) den zerstreuten Benutzer warnen sollten.

"Hoscheid, 2. Sept. Ein höchst bedauerlicher Unfall durch Unvorsichtigkeit ereignete sich allhier gestern Abend. Der 45jährige Fuhrknecht Meisch von der Kehrmühle trat in die Behausung des Ackerers M., allwo ihm wie gewöhnlich von der Tochter des Hauses ein Schnäpschen angeboten werden sollte; doch dem Unglücklichen wurde anstatt Branntwein unvorsichtigerweise Karbol ausgeschenkt, den derselbe auch in einem Zuge zu sich nahm. Der arme Mann ist heute Morgen unter schrecklichen Qualen gestorben" (Luxemburger Wort vom 5.9.1900).

„Bis ins 19. Jahrhundert spielte die Form der Apothekerfläschchen eine entscheidende Rolle. Runde Flaschen enthielten in erster Linie Tropfen, die geschluckt wurden. Sechseckige Flaschen hingegen enthielten Flüssigkeiten, die zur äußeren Anwendung gedacht waren. In viereckigen Flaschen wurde vornehmlich Gifte aufbewahrt und dreieckige Flaschen wurden meist besonders akribisch unter Verschluss gehalten: in die dreieckigen Flaschen wurde Morphium (tinct. opii hydrochlor.) abgefüllt – allein die ungewöhnliche Form der Flasche signalisierte gleich wenn man sie in die Hand nahm, womit man es zu tun hatte – Verwechslungen wurden auf diese Weise ausgeschlossen“ (Planet Wissen ZDF 2006).

Grün galt früher vielfach als typische Farbe für alles was giftig war: grünes, nicht reifes Obst, von dem man Bauschmerzen bekam. Als giftgrün bezeichnet man ein sehr intensives helles Grün. Der Name "giftgrün" entstammt dem Umstand, dass man zur Erzielung eines intensiven Grüns früher den giftigen und heute verbotenen Farbstoff "Schweinfurter Grün" (Gemisch aus Kupferacetat und Kupferarsenit) verwendete.

Was haben ein Apotheker und ein Pirat gemein: beide künden ihr Unwesen mit einer Totenkopffahne an! Als Erster benutzte der englische Pirat Edward ENGLAND diesen Typ Fahne, um die Mannschaft des aufgebrachten Schiffes in Panik zu versetzen.

Amerikanische und englische Giftflaschen werden in grosser Zahl auf internationalen Märkten angeboten. In den USA ist das Sammeln von Giftflaschen zum beliebten Hobby avanciert, eine Organisation, die "APBCA" (American Poison Bottle Collectors Association) berät die Sammler. Vorgestellt wird eine dunkelgrüne Apotheken-Giftflasche mit Totenkopfmotiv, Rippenmuster und dem Hochrelief "Gift Flasche". Import aus dem Raume München. Gummistöpsel, altersbedingt verhärtet. Um 1900.