Pharmazie


Steinoel: LEUKICHTAN

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Große 250g Blechdose, Praxisgröße, 1933

 


1880 erwarben die Hamburger Geschäftsleute Heinrich Cordes und Gustav Hermanni (gest. 1908) die Schürfrechte und die Erlaubnis zur Wiedereröffnung der Maximilianshütte in Reith/Seefeld und gegründeten 1884 die „Österreichische Ichthyol GmbH Ichthyol-Gesellschaft". 1925 brachte sie das erste Arzneimittel mit dem dunklen Ichthyol unter dem Handelsnamen Ichtholan® auf den Markt. 1933 wurde helles Ichthyol (Leukichtan®) entwickelt, das zur Behandlung von oberflächlichen Hauterkrankungen wie Akne, Neurodermitis, Psoriasis und zur Wundheilung und bei älteren, nicht nässenden Geschwüren der Haut eingesetzt wird.



Herkunft: aufgelöste Praxis des Arztes STEINER in Matrei a.Br.

 

Die Salbe (Leukichtansalbe) wurde als 20g-Packung 1936 registriert (Reg.-Nr. 4531) (Pharmaceutische Post 19. September 1936).


„Leuk-Ichtan-Salbe (Oesterreichische Ichthyol-Gesellschaft m.b.H., Reith b. Seefeld/Tirol): Enthält je 10 % Leukichtan u. Lebertran, 80 % Zinksalbe“ (Chemisches Zentralblatt Nr.13 vom 29. September 1937 S.2396).

 

Zur Geschichte des Ausgangsstoffes

"Die Nachrichten über das Seefelder Schieferöl reichen weit zurück und verlieren sich im Sagenhaften. In der kleinen Ortschaft Leithen findet sich ein Gemälde an einer Hausfront, welches den Zweikampf zwischen dem ortsansässigen, bäuerlichen Riesen Thyrsus und einem fremden Ritter Haymon darstellt. Thyrsus soll angeblich um 860 n.Chr. in diesem Hause gelebt haben. Er wurde in dem Zweikampf erschlagen und sein Blut versickerte im Boden. Der Volksmund deutete das aus den Schiefern gewinnbare dunkle Öl als das Blut des Thyrsus, woraus sich die mundartliche Bezeichnung als "Dirschen-öl" ableitete. Die moderne Chemie hat festgestellt, daß das Öl tatsächlich eine Beziehung zu Blut besitzt. Es lassen sich sogenannte "Porphyrine" nachweisen, die Abkömmlinge des roten Blutfarbstoffes sind. Aber das hat natürlich nichts mit dem Riesen Thyrsus zu tun.


Wie es sich wirklich bei der Entdeckung des Öles verhalten haben mag, das können wir nur mutmaßen. Möglicherweise sind Bitumenmergelbrocken in ein Hirtenfeuer oder in einen Kohlenmeiler geraten und die Leute wurden auf das ausschwitzende Öl und den stinkenden Qualm aufmerksam. Neugierig, wie der Mensch seit eh und je gewesen ist, haben sie daran herumprobiert, ob und was man mit dem öligen Zeug anfangen kann. Der eine hat seine Wagenachsen damit geschmiert, der andere eine eitrige Wunde seines Ochsen damit behandelt, der dritte seine Lampe gefüllt und angezündet. Siehe da! Das Dirschen-öl erwies sich als brauchbar, insbesondere war seine heilsame Wirkung bei allerlei Gebresten des Viehs unverkennbar. So bildete sich bald eine Technik heraus, wie man das Öl herausdestilliert und in Vorlagen auffängt und die armen Bergbauernfamilien gingen den dunklen Schiefern nach, gewannen sie im Eigenlöhnerbetrieb und verschwelten die Schiefer. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts ist die Gewinnung des Dirschenöls bereits im Gebiet von Reith urkundlich belegt. Die "Olearii" gewannen das Öl nicht mehr nur für den eigenen Hausgebrauch, sondern begannen eine Handelschaft. Kraxenträger brachten das geheimnisvolle Öl immer weiter im Land herum. Das Geschäft muß geblüht haben, denn die Landesregierung erklärte die Ölschiefer als »vorbehaltenes Mineral" und machte die Gewinnung genehmigungs- und abgabepflichtig. Daher werden auch heute noch vom Staat Grubenfelder auf Ölschiefer-verliehen und unterliegen allen Vorschriften des Bergrechtes.


Im Laufe der Jahrhunderte breitete sich der gute Ruf des Dirschenöles als Heilmittel für das Vieh immer weiter aus, aber es blieb zunächst bei den bäuerlichen Kleinbetrieben. Wie gesagt, versuchte man 1839 das Öl industriell zu gewinnen um eine eigene österreichische Produktion von Petroleum für Beleuchtung ins Leben zu rufen. Das Unternehmen scheiterte an den zu hohen Gewinnungskosten gegenüber dem flüssigen Erdöl der Amerikaner. Ebenso erging es auch dem Asphaltwerk von Scharnitz, das im Weitkar und Eddgraben im Karwendel Ölschiefer erschürft hatte.


In den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde der Hamburger S c h r ö t e r, der wegen Silbermutungen ins Karwendel geschickt worden war, auf das Seefelder Öl aufmerksam. Er faßte den Gedanken das stinkende Öl so umzuwandeln, daß es auch in der Humanmedizin seine heilende Wirkung geltend machen könne. Es gelang ihm dies in der Tat durch "Sulfonierung", d.h. durch Behandeln mit konzentrierter Schwefelsäure. Aus dem Öl wurden hierdurch wasserlösliche Sulfonate, die in Form von Ammoniumsalzen als Salben verwendet werden konnten. Das neue Produkt erhielt den Namen „Ichthyol", zusammengesetzt aus dem griechischen Wort „Ichthys" = Fisch und „Oleum" (lateinisch) = Öl. Damit war der Start gegeben. Es fanden sich Hamburger Kaufleute, die das Kapital riskierten, die Schürfrechte wurden erworben, die Maximilianshütte in Stand gesetzt und das Ichthyol als Heilmittel lanciert. Der Name war wohl deswegen gewählt worden, weil in den Begleitgesteinen der Ölschiefer nicht selten Fischschuppen, manchmal auch größere Teile von fossilen Fischen versteinert aufgefunden worden waren. So meinte man, daß das Öl aus Fischkadavem entstanden sei. Dies ist aber sicher nicht richtig. Mögen die Fische vielleicht einen winzigen Bruchteil dazu beigetragen haben, die größte Masse ist sicher aus dem Plankton des Meeres entstanden, aus jenen winzigen tierischen und pflanzlichen Lebewesen, die in unerhörter Menge das warme, besonnte Meerwasser erfüllen.
Die Kaufleute hatten mit dem neuen Ichthyol Glück: Der beste Hautspezialist der damaligen Zeit P. G. U n n a prüfte die Wirksamkeit, veröffentlichte seine Untersuchungen und gab damit den Anstoß zu einer Menge weiterer medizinischer Arbeiten, die das Mittel rasch in der ganzen zivilisierten Welt bekannt machten.


So weit, so gut. Aber Sie werden fragen, wie hängt der Faulschlamm mit dem Bitumen zusammen, wie wird aus dem Bitumen das 01 und aus was besteht dieses eigentlich, wie kommt es zu seiner medizinischen Wirksamkeit?
Der Faulschlamm enthält die unverwesten organischen Reste, d.h. Fette, ÖIe, Kutin der Zellwände, Eiweißstoffe, wie sie Fleisch und Blut zusammensetzen, Wamse, Harze. Alle diese Stoffe können allmählich in "Proto-bitumina" übergehen, indem Kohlensäure und Wasser aus den Molekülen abgebaut werden. Es bleiben zurück "Kohlenwasserstoffe", teils mit langen C-Ketten, bei denen die freien Valenzen des Kohlenstoffes mit Wasserstoff abgesättigt sind, teils ringförmig gebaute Kohlenwasserstoffe wie das Benzol oder aum komplizierte, mehrzyklische Verbindungen, in denen neben Kohlenstoff und Wasserstoff auch Stickstoff und Schwefel in beträchtlicher Menge gebunden sein kann. Die Fülle der verschiedenen Verbindungen ist sicher sehr groß. Es ist völlig unmöglich sie aufzuführen, schon deswegen, weil nur ein kleiner Bruchteil von ihnen identifiziert ist. Durch fortschreitende "Kondensation", d.h. Verknüpfung zu längeren Ketten gehen die "Protobitumina" allmählich in die sehr stabilen "Poly-bitumina" über, die in den Schiefern vorhanden sind".

 

Quelle

https://www.zobodat.at/pdf/Jb-Verein-Schutz-Alpenpfl-Tiere_36_1971_0143-0153.pdf

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Steinoel: Globichthol

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Kein Export ins Protektorat Böhmen/Mähren

"Zwischen dem Protektorat und dem Reich bestand zunächst [Ausrufung des Protektorates am 15.3.1939] eine Zollgrenze. Kurze Zeit später wurde das Oberfinanzpräsidium Böhmen und Mähren gegründet, das die Zoll- und Steuerverwaltung im Protektorat übernahm. Die Befehlsstellen an der Protektoratsgrenze übernahm das OFP jedoch erst am 01.10.1940 mit dem Wegfall der Zollgrenze" 

 

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Steinoel, Salbentopf (1)

1937-1991

 

 

 

Arbeiter waren früher schlecht geschützt vor dem glühend heissen Eisen - Lederschürzen, wo heute feuerfeste Ganzkörperanzüge Standard sind ... Kleine Verletzungen, die keine Verlegung des Patienten in ein Hospital erforderten, wurden vor Ort in einer "Infirmerie" des Werkes behandelt, wo ein vom Werk angestellter Krankenpfleger sich des Arbeiters annahm. Zu den Standardpräparaten in der Krankenstation des Werkes ARBED-Belval gehörte ICHTHYOL:

 

 

Ichthyol
Das Ichthyol stammt, weitläufig, von Meerestieren aus der Jurazeit, die in den Posidonienschichten abgelagert wurden.
"Die wasserlösliche Form des Steinöls wird durch Sulfonierung erzielt. Diese ist als Ichthyol in der seit Generationen verwendeten ZUGSALBE bekannt geworden. Der zu deren Herstellung verwendete Ölschiefer wird von der Ichthyol-Gesellschaft (Hamburg und Seefeld/Tirol), einem familiengeführten pharmazeutischen Unternehmen seit 120 Jahren im Alpenraum und im französischen Jura abgebaut und kann auf einen hohen natürlichen Schwefelgehalt verweisen, der den Vorgaben des "Europäischen Arzneibuches für spezielle medizinische Indikationen" entspricht. "(Internet)
Beim ICHTHYOL handelt es sich um ein fossiles Öl, mit erstaunlichen medizinischen Eigenschaften: es ist wundheilungsfördernd, antibiotisch tätig und gegen Ekzeme aktiv. Verantwortlich für diese Aktivität sind an die 1000 Inhaltsstoffe mit kortison- und antibiotikaähnlichen Wirkungen, ohne aber deren Nebenwirkungen zu besitzen. ICHTHYOL eignet sich daher besonders zur Langzeitbehandlung.

 

Anwendung
"Die schmerzhaften und erkrankten Körperteile werden mit lauwarmem Seifenwasser sorgfältig abgewaschen, nach dem Abtrocknen mit dem Ichthyolammonium eingerieben und sodann mit Watte oder Flanell bedeckt, worauf gewöhnlich ein schnelles Nachlassen der Schmerzen erfolgt. Die Häufigkeit der Anwendung schwankt zwischen ein- bis zweimal täglich und ein- bis zweimal wöchentlich. Bei innerm Gebrauch erweist sich das ICHTHYOL namentlich gegen akuten und chronischen Magenkatarrh, gegen chronische Leberleiden und habituelle Verstopfung, gegen Entzündungen der Mandeln und Katarrhe der Atmungsorgane heilsam. Man verordnet es in wässeriger Lösung, Pillen oder Kapseln" (Brockhaus Lexikon 1894-96).

Wichtig für die Wirkung ist der hohe (10% in der Trockensubstanz) Anteil an Schwefel im Oel.

Die niedrige Komplikationsrate bei der Behandlung mit ICHTHYOL prädestiniert es für die Verwendung durch Laienpersonal. Patienten erinnern sich an den leicht beissenden Geruch der Substanz. Andere fanden den Geruch angenehm würzig ...

Wir stellen einen Salbentopf vor (Höhe 15 cm, Durchmesser 9 cm), der offenbar in der Krankenstation des Werkes ARBED-Belval benutzt wurde.

 

Zur Datierung
Nach dem 1. Weltkrieg mussten die deutschen Eigner Luxemburg verlassen und ihr 1909 gegründetes Stahl- und Walzwerk "Adolph-Emil-Hütte" in Esch verkaufen. Neuer Besitzer wurde die "Société métallurgique des Terres-rouges", das Werk bekam den Namen Esch-Belval. 1937 übernahm die ARBED die Terres-rouges-Gesellschaft, das Werk hiess von nun an ARBED-Belval und wurde 1991 geschlossen; Teile der Industrieanlage haben das Glück, als Industriemuseum weiterbestehen zu dürfen ...

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Steinoel, Salbentopf (2)

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1880 erwarben die Hamburger Geschäftsleute Hinrich Arnold Cordes (1824-1895) und Gustav A.W.H. Hermanni (gest. 1908) die Schürfrechte und die Erlaubnis zur Wiedereröffnung der Maximilianshütte in Reith/Seefeld und gründeten 1884 die „Österreichische Ichthyol GmbH Ichthyol-Gesellschaft".
 
 
Porzellan-Gefäß zum Aufbeahren des nach Hinrich Cordes benannten "unguentum CORDES", bestehend aus Paraffin 50, Vaseline 35, Glycerol-monostearat 5. Propylenglycol und Cetylalkohol.

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Steinoel: Anzeige 1877

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1883 wurde das sulfonierte Steinöl unter dem Markennamen „Ichthyol“ in den Handel gebracht, das Wortzeichen „Ichthyol“ allerdings erst am 5. November 1895 als Warenzeichen eingeführt (Pharmaceutische Post, 5.Oktober 1940).


„(..) glaube ich nach meinen wenigen Fällen behaupten zu dürfen, daß es bis jetzt kein äusseres Mittel von gleicher Wirksamkeit gibt. Ich habe im verflossenen Winter zwei mittelschwere Fälle von frischem, acuten Gelenkrheumatismus, welcher in beiden Fällen fast sämmtliche grosse Gelenke der Extremitäten befallen hatte, durch die alleinige, täglich zweimal wiederholte Aufpinselung eines 10%igen Ichthyolvaselin auf die befallenen Gelenke und nachherige einfache Watte-Einwicklung in reichlich so kurzer Zeit zur Heilung gebracht“ (Österreichische Zeitschrift für Pharmacie, 1. Juni 1883 S.247).

 

Exponat 
ICHTHYOL-Anzeige, "Beilage der Fliegenden Blätter", eine Hamburger Zeitung, Jg. 1887.

 

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Steinöl, Salbentopf (3)

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1883 wurde das sulfonierte Steinöl unter dem Markennamen „Ichthyol“ in den Handel gebracht, das Wortzeichen „Ichthyol“ allerdings erst am 5. November 1895 als Warenzeichen eingeführt (Pharmaceutische Post, 5.Oktober 1940).

 


„(..) glaube ich nach meinen wenigen Fällen behaupten zu dürfen, daß es bis jetzt kein äusseres Mittel von gleicher Wirksamkeit gibt. Ich habe im verflossenen Winter zwei mittelschwere Fälle von frischem, acuten Gelenkrheumatismus, welcher in beiden Fällen fast sämmtliche grosse Gelenke der Extremitäten befallen hatte, durch die alleinige, täglich zweimal wiederholte Aufpinselung eines 10%igen Ichthyolvaselin auf die befallenen Gelenke und nachherige einfache Watte-Einwicklung in reichlich so kurzer Zeit zur Heilung gebracht“ (Österreichische Zeitschrift für Pharmacie, 1. Juni 1883 S.247)..

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Steinöl: Fissan

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Fissan-"Ichthyol"-Puder

der Fa. Deutsche Milchwerke A.-G. Zwingenberg, Hessen 

(Rudolf Franck, Moderne Therapie in innerer Medizin 

und Allgemeinpraxis, 1949).

 

2,0% Ichthyol,

1,5% kolloidaler Schwefel,

0,2% Schwefel als Homologe des Thiophens

 

Im Kleingedruckten steht: "Das verwendete "Ichthyol" (eingetragene Schutzmarke) stammt von der Ichthyol-Gesellschaft Cordes, Hermanni & Co, Hamburg".

 

Nach Prof. Dr. A. E. Ruete (Anzeige: Bayrische Ärztezeitung Nr.18, 6. Mai 1933 S.199). 

"Ichthyol, das bekannte Sulfonat des Seefelder Teerschiefers, wird (..) als Puderwirkstoff verwendet. Der Fissan-Ichthyolpuder, der als Pulver und als Kontaktpuder herauskommt, enthält diesen bei Acne und Epidermophyten empfohlenen Wirkstoff zu 2% und außerdem 1,5% kolloiden Schwefel. Er wird von Ruete-Scholz, Rittersbruch und Bruck empfohlen" (Hermann v. Czetsch-Lindenwald, Friedrich. Salben, Puder, Externa: Die äußeren Heilmittel der Medizin, Berlin 1944 S.32).

 

Ruete A.E., Scholz U: Über Epidermophytide und Epidermophytin. Dermatology 1934; 68:241-245.

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Supracillinfläschchen

P1050711
 

"Budapest (ADN). „Supracillin", ein neues Produkt der pharmazeutischen Industrie Ungarns, ist vom Sozialministerium zum Verkauf freigegeben worden. Die Wirkung von „Supracillin" ist nachhaltiger, als die anderer Penicillin-Erzeugnisse. Das neue Heilmittel wird in Ampullen verkauft, die 2.000 und 3.000 Einheiten aktives Penicillin enthalten" (Neues Deutschland, 20. Januar 1950).

 

Das westeuropäische SUPRACILLIN wurde 1952 entwickelt und kam als sog. Klarampulle auf den Markt. Jede Ampulle enthielt eine Kombintion von 400.000 E Procain-Penicillin-G, 100.000 E. Penicillin G-Natrium und 500.000 E. Dihydro-Streptomycin-Sulfat. Grünenthal hatte das Produkt auf den Markt geworfen, trotz der Warnungen, daß Streptomycin ototoxisch sei. "Unsinn", hatte man laut verkündet, "wir haben das Molekül soweit verändert, daß diese Nebenwirkung nicht mehr vorkommt". Später sollte sich dann  herausstellen, daß die Ototoxizität wohl doch weiter bestand!

 

Zusammen mit Contergan, war es in den 1960er Jahren die »tragende Säule« des Unternehmens. 

 

Exponat

Möglicherweise handelt es sich um ein Originalfläschchen, das in einem Puppenladen weiterverwendet wurde, nachdem es so gut geholfen hatte.

D/H: 1,9/3,6 cm

Herkunft: Rammenau / Sachsen

 


Lit.:

K.Langschmidt, Experiences with supracillin and praepacillin in ophthalmology, in: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde und für Augenärztliche Fortbildung 121(5): 595-598,1952.

H. Sous, Die Wirkung der Kombination von Penicillin mit Streptomycin auf Colibakterien in vitro, in: Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten, June 1953, Volume 137, Issue 1, pp 28–34.

Alexander M. und D. Soyka, Erfahrungen mit Supracillin in der Behandlung der Diphtherie und der Sanierung der Diphtheriebazillenträger, in: Ärztl. Wochenschr10, 718 (1955)

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Tabletten der Fa. Bayer

um 1930 

Am häufigsten wird heute als einzeldosierte Arzneiform die Tablette verwendet. Es handelt sich bei Tabletten um gepresste Formlinge, die großindustriell aus Pulvern oder Granulaten hergestellt werden. Mit der Erfindung der Tablettenpresse 1843 begann ihre Ära.

Luxemburg gewöhnte sich nur allmählich an Medikamente in Pillenform. Als sich der Arzt Mathias REISEN (1893-1984) im Jahr 1921 in Hosingen etablierte und sein ländliches Klientel mit dieser neuen Darreichungs-form bekannt machte, heimste er sich den Spottnamen "Pöllemetti" ein.

Das bekannteste und am meisten verkaufte PillenPräparat des 20. Jahrhunderts wurde ASPIRIN®. Am 1.2.1899 wurde der Name beim Berliner Patentamt eingetragen - der Name ergab sich aus A für Acetyl und spirin für Spiraea ulmaria, das Mädesüsskraut.
Acetylsalicylsäure wurde 1853 erstmals erwähnt als es von dem französischen Chemiker Charles Frederic GERHARDT synthetisiert wurde. Die chemisch reine Darstellung aber gelang erst Felix HOFFMANN, einem seit 1894 im Werk Elberfeld angestellten Chemiker der Firma Bayer (10.8.1897), der, eigenen Angaben zufolge die Arbeiten von GERHARDT aufgriff, um ein Mittel gegen das Rheuma zu finden, das seinen Vater plagte. In Wirklichkeit erhielt er den Auftrag zu dieser Forschung von seinem Vorgesetzten, dem Laborleiter Arthur EICHENGRÜN. EICHENGRÜN testete als Erster das neue Produkt am eigenen Leib und nahm zwei Wochen lang täglich 5 Gramm ein; es folgten klinische Tests in Berlin unter Prof. WOHLGEMUT und in Halle unter Prof. WITTHAUER. Das Mittel bestätigte sich als wirkungsames und Nebenwirkungsfreies Schmerz- und Fiebermittel.
Auf Drängen des Dentisten GOLDBERG begann Carl DUISBERG, Leiter der Bayer-Forschung, daraufhin mit umfangreichen pharmakologischen Untersuchungen, die schliesslich zur Vermarktung des Produktes führten.
1918 konfiszierten die Amerikaner Namen und Vermögen der Firma Bayer als "Feindvermögen" - erst 1994 gelang es Bayer, die Rechte am Bayer-Kreuz und am Namen ASPIRIN (gegen die horrende Summe von einer Milliarde US-Dollar) zurückzukaufen.

Das Produkt wurde zunächst in 250-Grammflaschen an die Apotheken ausgegegeben, die das Pulver für den Verkauf grammweise in Tütchen abfüllten. Ab 1904 wurde es ab Werk in Tablettenform gepresst - ASPIRIN® war eine der ersten "Tabletten" auf dem Markt.

Die hier vorgestellten Originalpackungen stammen alle aus Beständen der Deutschen Armee, und waren nach dem Rückzug der Besatzungstruppen 1945 in Luxemburg liegengeblieben:
a) Karton mit 20 Tabletten zu 0.5 g, in Papier eingerollt: "Spezialpackung für Deutschland. Die Ausfuhr dieser Packung ist untersagt, da für Export ungeeignet. Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. Leverkusen b/Köln.
Der Name "Aspirin" ist gesetzlich geschützt in Deutschland und den meisten übrigen Industrieländern".
b) und c) Karton mit 20 lose eingepackten Tabletten zu 0.5 g: "Spezialpackung für Deutschland. Die Ausfuhr dieser Packung ist untersagt. "Bayer" Leverkusen, I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft" (Charge /G1396/ 103/32). (sog. "gray cardboard box").

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Tabletten-Presse

Fa. Loeco-Knilli, um 1950 

Nur noch selten werden heutzutage in den Apotheken Tabletten vor Ort hergestellt. Bis zum 2. Weltkrieg aber besass fast jede Apotheke eine kleine Handpresse, um Tabletten in geringer Stückzahl herstellen zu können.

Aus der 1985 aufgelösten Apotheke André EISCHEN (1915-2003) in Düdelingen stammt diese Tablettenpresse (Fa. LOECO, 2 g) [Loeco Apparatebau GmbH, Handelsregister: Montabaur HRB 4802, Höhr-Grenzhausen, Einzelhandel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln; Herstellung von medizintechnischen Geräten].

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Tee-Glas

Höhe um 1900 

Schon 3000 v.Chr. tranken die Chinesen ihren Tee. 1636 kam die erste Schiffsladung Tee in einem französischen Hafen an, der Handel vervielfachte sich als Colbett 1664 die "Compagnie des Indes" gründete. Thea imperialis, Kaiser-Thee erinnert an die glorreichen Zeiten, als der König von England als Kaiser über Indien herrschte und sein Reich mit Tee versorgen konnte...

Der Kaisertee wird aus einer Unterart des chinesischen Tee's, dem sog. "geperlten Tee" gewonnen:
"Le thé impérial ou fleur de thé est un thé perlé roulé en boules plus volumineuses que le thé poudre à canon" .

Da Planzenteile generell lichtempfindliche Substanzenenthalten, werden sie in getöntem Glas konserviert.


Link zu einer prachtvollen Flaschensammlung
https://www.historische-apotheke.de/html/body_glasgefasse.html&h=567&w=351&sz=103&hl=de&start=115&um=1&usg=__WLBZ6vjhjvCWGmgZDWHL_HVcWfs=&tbnid=nQuqjT7lcwB7YM:&tbnh=134&tbnw=83&prev=/images%3Fq%3Dbibergeil%26start%3D100%26ndsp%3D20%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN" target="_blank">www.historische-apotheke.de/GlasLiqAlumgr.gif&imgrefurl=https://www.historische-apotheke.de/html/body_glasgefasse.html&h=567&w=351&sz=103&hl=de&start=115&um= 1&usg=__WLBZ6vjhjvCWGmgZDWHL_HVcWfs=&tbnid=nQuqjT7lcwB7YM:&tbnh= 134&tbnw=83&prev=/images%3Fq%3Dbibergeil%26start%3D100%26ndsp%3D20%26um% 3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN

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Theriak

El (ectuarium) Theriacum 

Gegenüber vom Haupteingang jeder grösseren Apotheke thronte früher ein überdimensioniert grosser "vase d'apparat" mit einer reich verzierten Vorderfläche (nur sie konnte der Kunde sehen), kunstvoll verzweigten Henkeln: der "vase d'apparat hatte rein dekorative Funktion - meist war er in der Einzahl um ihn noch besser zur Geltung kommen zu lassen. In seinem "Schatten" standen die wirklich benutzten Gefässe wie Albarello, Chevrette und "pot-canon" ...

Das Theriakgefäss
Häufig enthielt dieses Prunkgefäss auch das prunkvollste aller Medikamente, den "Alleskönner" Theriak. Da dieses Medikament aus den Elementen der drei Reiche (mineralisches, pflanzliches und tierisches) zusammengestellt war, findet man auf Vasen des 19. Jahrhunderts Abbildungen der drei Reiche wieder - oft befand sich in der Bildmitte eine auf steinigem Boden (mineral) wachsende Palme (vegetal), um die sich eine Schlange (animal) wand ... In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Motive auf den Vasen schlichter, oft nur noch floral, ohne wirklichen Bezug zu Theriak.

Zur Zusammensetzung des Theriaks
Theriak wurde ursprünglich vom Hausarzt von Kaiser Nero erfunden, um seinen Herrn und Brötchengeber vor der Vergiftung durch seine zahlreichen Feinde zu bewahren. Im Mittelalter, besonders seit der grossen Pestepidemie von 1348, bekam das inzwischen viel komplexere Präparat den Ruf eines Allheil- und Wundermittels (Panacea = allmächtiges Heilmittel) und sollte angeblich sogar gegen die Syphilis und Pest helfen. Damals bestand das Gemisch aus bis zu 300 verschiedenen, oft wechselnden Zutaten, vor allem aber aus Opium, Engelwurz (Angelica sylvestris), echtem Baldrian (Valeriana officinalis) und Möhrensamen (Daucus carota).

1546 erschien der Theriak als offizielles Arzneimittel. Diese als „Himmlischer Theriak“ („Theriaca coelestis“) bezeichnete Arznei galt als das wertvollste aller zusammengesetzten Heilmittel und wurde grammweise verordnet. In den medizinischen und pharmakologischen Lehrbüchern fanden sich die unterschiedlichsten Rezepturen: im 17. Jh. wies Theriak durchweg 184 Bestandteile auf - Schlangen- oder Vipernfleisch war eine der wichtigsten Zutaten. Die "Pharmacopoea germanica" von 1882, die erste gesamtdeutsche Vorschrift für die Arzneibereitung, gibt zum Beispiel als Rezept an: 1 Teil Opium, 3 Teile spanischen Wein, 6 Teile Angelikawurzel, 4 Teile Schlangenwurzel, 2 Teile Baldrianwurzel, 2 Teile Meerzwiebel, 2 Teile Zitwerwurzel, 9 Teile Zimt, 1 Teil Kardamom, 1 Teil Myrrhe, 1 Teil Essigvitriol und 72 Teile Honig. Um Betrug zu vermeiden, war die Zusammensetzung genau vorgeschrieben. Dennoch wurde viel Scharlatanerie betrieben, um diese Wunderarznei anzupreisen, vor allem in Zeiten der Verbreitung von Pest und Cholera. Später ersetzte man die Bestandteile tierischen Ursprungs durch pflanzliche Substanzen. Darunter befanden sich Pflanzen wie Rosmarin, Baldrian, Sauerampfer, Lavendel, Engelwurz und Weinraute.

Neben dem "grossen" Theriak gab es seit römischen Zeiten eine "kleine" Variante, das "theriacum diathessaron", das aus nur 4 Pflanzen hergestellt wurde. Insbesondere enthielt dieses "Theriak des kleinen Mannes" kein Opium.

Das "Electuarium"
Unter Electuarium versteht der Apotheker eine Art Marmelade, genauer gesagt eine Latwerge d.h.. ein stark eingekochtes Mus. Das Elektuarium ist eine dickflüssige Arznei aus Pulvern, verdicktem Obstsaft, Syrup, Honig etc. zubereitet.

Zur Zubereitung und Vertrieb des Theriaks
Die Zubereitung des "Wundermittels" unterlag ganz speziellen Ritualen. So war es ab 1667 Einzelpersonen untersagt ein Theriak zu brauen: es musste vor einem Gremium aus Ärzten und Apothekern in aller Öffentlichkeit zubereitet werden.
- einer der wichtigstens Handelsplätze für Theriak waren die italienischen Handelszentren, insbesondere Venedig. Wegen der wirtschaftlichen Beziehungen zu Asien war besonders das Opium hier in reiner Form erhältlich. Auch Bologna war berühmt für die Qualität seines Theriak.
- in Deutschland war Nürnberg das Zentrum der Theriak-Herstellung (Kugel-Apoyheke 1758).
- in Frankreich war die Region um Montpellier Zentrum des Theriakhandels. Noch heute gibt es hier eine "rue de la Thériaque". Der Jahrmarkt von Beaucaire im Departement du Gard entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Umschlagplätze der "thériaque de Montpellier". Auch in Paris, Lyon, Toulouse, Rouen, Strassburg, Besançon und Le Mans wurde Theriak öffentlich zubereitet.
- in den Niederlanden war Amsterdam Zentrum der Theriakzubereitung,
- In Lüttich wurde Theriak noch 1774 öffentlich zubereitet. Näher bei uns bereiteten die Zisterziensermönche der Abtei Orval ihren hauseigenen Theriak zu...

Abgesang
Im luxemburgischen Memorial von 1860 findet man folgende "Arzneitaxe": Electuarium Theriacum Uncia 42 ct.
Heutzutage muss man "Schwedenbitter" kaufen, um sich in der Illusion zu wähnen, Theriak zu trinken - in seiner einstigen, Form gibt es kein Theriak mehr im Pharmahandel. Eine Apotheke in Rom und die Fa. Caelo, bieten beide ein "sogenanntes" Theriakpulver aus eigener Fabrikation an.
Der Name übt eine gewisse Faszination aus und es nimmt nicht Wunder, dass man ihn in modernen Firmennamen wiederfindet. In Frankreich nennt sich eine für die Ärzte bestimmte Datenbank über Wirkungen und Nebenwirkungen aller im Hexagon zugelassenen Medikamente "Thériaque". In Luxemburg hat sich 2006 eine Firma konstituiert, die "LA THERIAQUE LUXEMBOURGEOISE S.A." mit Sitz in Sanem, die mit Nahrungs- und diätetischen Mitteln handelt (Memorial 2006/C Seite 4267).

Gegen die bis zu 90 cm hohen "vases d'apparat" resp. "vases de montre", einer Spezialität der Porzellanmanufakturen von Rouen und Nevers, sieht die hier vorgestellte 27 cm hohe Vase echt mickrig aus. Natürlich befand sich in unserem Gefäss der 1946 gegründeten Fa. HERR-Keramik in Bogen/ Bayern (das von 1946 bis 54 benutzte handgemalte Firmenlogo stellt den Bogenberg mit Kirche dar, darunter den Donaustrom. Die Buchstaben AH stehen für: Anton Herr) nie auch nur ein Gramm Theriak.