Flaschen


Alm-Milchhörner, 19. Jh.

Kuhhörner Schweden
 

In der Abgeschiedenheit der Alm konnte nur derjenige überleben, der mit den kargen Mitteln sorgsam umzugehen verstand. Aus Kuhhörnern stellten die alpinen Hirten bis ins 19. Jahrhundert Stillhörner her, indem sie die Spitze des Hornes absägten und durch eine perforierte Membran resp. ein Stück Stoff ersetzten - den Ludel.

 

Von der Kuh das Horn,

von der Ziege die Milch

Stolz hatte die junge Bäuerin erklärt "MEIN Kind wird MEINE Milch trinken. Wofür, zum Teufel, hat mir der liebe Gott diese prächtigen Brüste verpasst - doch nicht nur, um mein Gespons um sein bisschen Verstand zu bringen". Als sie dann bei der Entbindung starb, war für ihr Kind nicht vorgesorgt. Weit und breit gab es in dem engen Tale keine passende Amme – eine Wöchnerin im Ort brauchte ihr bisschen Milch für ihr eigenes Kind, eine andere kam als Amme nicht in Frage, weil sie eine liederliche Person war, der man sein Kind nicht anvertrauen konnte, da ihr übler Charakter unweigerlich auf den Säugling übergehen würde. Eine letzte aber hustete seit Monaten und hätte das Kind binnen Wochen mit ihrer kranken Milch umgebracht. Eine Trinkflasche aus der nächsten Stadt zu besorgen, dazu fehlte das Geld, vor allem aber fehlte die Zeit für den beschwerlichen Gang ins Tal. Da wird der Hausherr einer Kuh ein Horn abgeschnitten haben. Da wird die Grossmutter sich des armen Wurmes erbarmt haben, den Rat der Hebamme befolgt haben, die vom Gebrauch von Kuhmilch warnte und dem Kind mit dem neuen Horn Milch von Nachbars Ziege eingeflösst haben (Fiktive Szene, Innere Schweiz 1850).

 

Als Alm-Milchhörner werden sie im deutschsprachigen Raum bezeichnet. Dass sie auch in den französischen Alpen verbreitet waren belegt der Begriff "cornet d'alpage". In Sammlerkreisen gehören die Stillhörner zu den absoluten Raritäten – ich kenne deren zwei in einer französischen Privatsammlung (Collection Ludovic Clement), beide werden von Herrn Clement und Frau Perret, in deren Genfer Geschäft er sie erworben hat, ins 18. Jahrhundert datiert. "Mme Perret m'avait indiqué que cet objet avait été très utilisé au XIXème siècle dans les alpages valaisans lorsque les familles, enfants compris, faisaient la 'montée à l'alpe'". Warum die wallisische Bäuerin beim Almauftrieb plötzlich nicht mehr ihre eigene Brust geben konnte und auf die Hörner zurückgreifen musste, habe ich bis heute nicht verstanden. Ein weiteres Exemplar ist im Musée de Fécamp ausgestellt. Die beiden hier gezeigten Exemplare stammen aus Schweden: da sie der Händler nicht einzuordnen wusste legte er sie kurzerhand als Gratisbeigabe zu den georderten Lanzetten. Ich selber habe die Hörner jahrelang für schwedische Saugglocken gehalten, bis mir die kleinen Löcher in den Pergamentverschlüssen auffielen, die so gar nicht zu Saugglocken passen wollten ...

 

Siehe: Cornets scandinaves, in: Archives biberophiles 4/2008

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Antiker (griechischer) Askos

Magna Graecia/Apulien, 4. Jh.v.Chr. 

Schon in praehistorischer Zeit gab es besondere Behältnisse, aus denen Säuglinge Milch trinken konnten . Um 2000 v.Chr. wurden im alten Babylon Babymilchkännchen hergestellt.

Im Mittelmeerraum kannten die Griechen ihre Säuglingskännchen.

Die hier vorgestellte Säuglingskanne stammt aus Apulien in Süditalien, aus der Region nördlich von Foggia. Derartige Töpferware wurde in Süditalien von dort ansässigen Griechen geformt, und als Grabbeilage für verstorbene Kinder liebevoll dekoriert. Ausserhalb von Gräbern findet man kaum derartig guterhaltene Objekte. Das Gefäss wurde in dieser Form zwar im Alltag benutzt, nicht aber in diesem Material: echte Gebrauchskeramik hatte innen einen wasserabweisenden Überzug, der bei Symbol-gefässen zumeist fehlt.

Diese irdenen Gefässe waren im Gebrauch bis zu dem Tage, als die Aegypter um 250-300 v.Chr. den Dreh raus bekamen, aus hohlen Glasstäben Glasbehälter zu blasen. Allerdings verschwanden Glasflaschen schon bald vom Markt (vermutlich waren sie zu spröde) une tauchten erst im 18. Jh. wieder in grösseren Mengen auf.  

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Antiker (römischer) GUTTUS

Trier, sog. Alter Viehmarkt 1.-3. Jh. n.Chr. 

Als Babykanne vom "guttustyp" bezeichnet man Behälter mit engem Ansatz, aus dem die Milch nur tropfenweise "gutta post guttam" herausfloss. Von diesem Typ ist das hier vorgestellte Gefäss - es wurde in Trier am "Alten Viehmarkt" ausgegraben. Ähnliche Gefässe in Ton und Glas in mehreren archaeologischen Sammlungen - die Milchkrüge scheinen häufige (allein 230 in Gallien) Fundstücke zu sein, was auf eine gängige Verwendung in römischen Haushalten hinweist.
In letzter Zeit haben diese "Babyflaschen" eine ernsthafte Umdeutung erfahren:
"Nadine Rouquet, céramologue, en arrivant, en 1996, au service archéologique de Bourges, découvre un riche inventaire de ces "biberons" - une cinquantaine - collectés au cours de plusieurs campagnes de fouilles proches de l'ancienne Avaricum (Bourges du temps de César) menées au milieu des années 1970. L'archéologue est un peu seule à s'intéresser à ce petit vase fermé jusqu'à ce qu'elle apprenne que des chercheurs allemands ont décelé, sur les parois internes de ces objets, des dépôts acides appartenant exclusivement au lait humain ou animal. La conception de ces récipients lui ayant fait écarter le discutable usage de biberons, elle lance une enquête qui lui permet d'apprécier la quantité relativement faible de ces objets - deux cent trente "pour l'ensemble du territoire des Gaules". Son hypothèse théorique du tire-lait - "un instrument médical encore utilisé aujourd'hui pour dégorger un sein" - se conforte. Présentée à Libourne en 2000, l'idée d'une aspiration du lait par la mère elle-même est "plutôt bien accueillie". Reste à l'expérimenter. "Une amie venait d'accoucher. Je lui ai demandé de pratiquer cette méthode d'auto-aspiration, qui a fonctionné", explique l'archéologue. Autour de ces tire-lait - dits "atmosphériques" -, qui ont reçu en 2003 la bénédiction de la Société française des études de la céramique antique en Gaule, Nadine Rouquet a mobilisé des scientifiques de disciplines différentes - historiens de la médecine, médecins légistes, paléoanthropologues, botanistes... - afin de réaliser une exposition doublée d'un catalogue sur la maternité et la petite enfance dans l'Antiquité romaine.".
Quelle:
www.locutio.net/modules.php?name=News&file=article&sid=43

Künstlich ernährte Kinder galten als Schwächlinge. Vergil (70-19 v.Chr.), selbst von schwächlicher körperlicher Konstitution (sic), schrieb
"Les enfants nourris au biberon ne sont dignes ni de la table des dieux ni du lit des déesses".


Literatur

  • N. Rouquet, Les biberons, les tire-lait ou les tribulations d'une tubulure, in: D. Gourevitch, A. Moirin, N. Rouquet (dir.), Maternité et petite enfance dans l’Antiquité romaine. Catalogue de l’exposition, Bourges, Muséum d’histoire naturelle, 6 novembre 2003- 28 mars 2004, Bourges, 2003, 171-177.
  • N. Rouquet, Du nouveau sur les tire-lait,in: G. Coulon, V. Dasen, Dossier L'enfant en Gaule romaine, L'Archéologue, 75, 2004, 10-11.

    Un bonjour de ce lieu au "guttus gang" du Bois d'Arcy... 

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Nepalesisches Baby-Schälchen

 

Aus Kathmandu stammt dieses Schälchen aus Kunstharz (Durchmesser 9.5 cm), das, den mehrfach vor Ort bestätigten Aussagen unabhängiger Leute zufolge zur Fütterung von Babys und Kleinkindern benutzt wird - Glasflaschen sind in Kathmandu so gut wie unbekannt...

Bananas
Bananas
Bananas
Bananas

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Gananenförmige Flaschen

England, um 1900

 

Hatte man früher hemmungslos Zinn verwandt, für die ganze Flasche oder für das Mundstück, so wurde man sich zu Beginn des 20. J. der gesundheitlichen Risiken dieses Materials voll bewusst und riet nun gar von bleihaltigem Glas ab.

 

Alle bisherigen Flaschen waren schwer sauberzuhalten. Mit einer zweiten Öffnung hoffte man nun, diesem Übel beizukommen. 1894 erfanden ALLEN und HANDBURY endlich eine Flasche, die durchgängig gespült werden konnte - den Allenbury bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts verkaufte.

 

Sog. "bananashaped bottles" wurden in grosser Stückzahl für den englischen und us-amerikanischen Markt geblasen - um 1923 vertrieb auch die Fa. Nestlé eine "Banane". In unsern Regionen scheinen diese Flaschen nie Fuss gefasst zu haben.

 

Die ins Glas gravierten Namen ihrer Erfinder begünstigten die Milch- und Mikrobenablagerungen. Man ging daher zu Hochreliefs auf der Aussenseite der Flaschen über, so wie wir es an dieser französischen Flasche "Minaret" (3) sehen, bei der die Skala aussen angebracht ist, eine Firmenbezeichnung gar fehlt.

 

Zur Datierung: "sideseams end at bottom of applied lips indicate the age between 1880-1890".

 

Als Neuzugang in unserer Sammlung dürfen wir  "Allenbury" (4) vorstellen, den uns Herr M. Rüdiger aus Hamburg geschenkt hat, ein begeisterter Sammler und Kenner von "Blauen Heinrichen".

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"Biberon sabot" mit VENTIL

um 1900 

"biberon sabot en verre moulé, avec soupape ventrale extérieure fixe".

Eine Besonderheit ist dieser 17 cm lange "Biberon ROBERT" mit der Aufschrift "Perfectionné sans tube". Der Pfeil zeigt auf das winzig kleine Ventil, das mit einem Korken verschlossen ist...

"biberon Robert à soupape, système agrémenté d'un second trou dit « soupape » pour la régulation du débit". Die Betonung der Tatsache, dass diese Flasche OHNE Schlauch funktioniert, lässt darauf schliessen, dass man sich dem Jahr 1910 näherte, als diese Schläuche verboten wurden (article Ier de la loi du 6 avril 1910).


Link
fr.wikipedia.org/wiki/Biberon

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Biberon Schwachtgen (1)

um 1900, rechteckiger Fuss 

Synomyma: aether ad narcosin, aether anaestheticus Aether pro narcosi. Abk. Ae. pro narcosi, Narkose-Äther; engl.: anaesthetic ether. Gemäß Arzneibuch ein gereinigter Diäthyläther (Ae. aethylicus), d.h. frei von Aceton, Aldehyden, Peroxiden, schwefliger Säure u. anderen freien Säuren, mit Stabilisator-Zusatz. Muss trocken, lichtgeschützt, kühl u. dicht verschlossen (mit Metallfolie überzogener Korken) aufbewahrt werden. Wegen Explosionsgefahr trotz großer therapeutischer Breite (Letalität ca. 0,3‰) u. schwach muskelrelaxierender Wirkung in Industriestaaten nur noch historisch interessant.

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Biberon Schwachtgen (2)

um 1900, runder Fuss 

 

Säuglingsflaschen


Breischüssel

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Im Londoner Findelhaus, dem «Foundling Hospital» wurden die Kinder mit Schüsselchen aus Zinn gefüttert. Ein Wort zu dieser charitativen Einrichtung. 1709 übernahm Vivaldi die Leitung des Chors, der ausschließlich aus weiblichen Findelkindern bestand. Diese erhielten eine musikalische Ausbildung und durften aufgrund einer bischöflichen Erlaubnis auch im Gottesdienst – hinter einem Gitter – singen. Dies ist insofern bemerkenswert, als Frauen zur damaligen Zeit von der Gestaltung des Gottesdienstes ausgeschlossen waren. Der Chor erlangte hohes Ansehen und erhielt durch seine Berühmtheit viele Spenden. Eine weitere Ausnahme ist das Londoner Findelhaus von 1741. Auch dieses Haus wurde ein Zentrum der damaligen musikalischen Welt. Der Komponist Georg Friedrich Händel (1685-1759) führte hier jedes Jahr seine Werke auf und stiftete die Einnahmen dem „Foundling Hospital“.

 



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Chinesische Steingutware

Chinaflasche Steinware
 

Von einem Pekinger Antik-Markt stammt diese handliche, feldflaschenartige Babyflasche mit ihren beiden Ringen zum Aufhängen  bzw. Umbinden um den Hals und dem Sauger, der die Flasche eindeutig als Säuglingsflasche ausweist.

 

Ähnlichkeit mit europäischen "gourdes"!

 

Steingutware, florales Dekormuster.

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Enghalsflaschen (1)

 

Als nach dem 1. Weltkrieg die Milchpulver den Markt eroberten, schlug auch für die Milchflaschen die grosse Stunde.

Die Qualität des benutzten Glases gestattete zunächst nur die Herstellung von enghalsigen Flaschen, wenn man nicht Gefahr laufen wollte, dass die Flasche bei der geringsten mechanischen Beanspruchung (im Kinderbett durch Anschlagen an die Gitterstäbe etc) zu Bruch ging.

Alle Flaschen besassen eine Skala, an der die Mutter zum einen die Menge des Milchpulvers ablesen konnte, zum andern die Menge an Wasser, die sie zugeben musste.

Der enge Hals aber stellte ein erhebliches hygienisches Problem dar - nur mit feinen Flaschenbürsten bestand eine Aussicht auf ordnungsgemässe Reinigung.

Vorgestellt werden zwei Enghalsflaschen, erstanden bei einem Trödler in Gap in den französischen Alpen.

  • Die grössere mit auffallend langem Hals und der Markierung Grammes und Cuillerées à soupe, am Boden die Markierung GS, 310 8.
  • Die kleinere der beiden mit der gleichen Markierung Grammes und Cuillerées à soupe, am Boden die Markierung VB 125 2L. 

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Enghalsflaschen (2)

 

Enghalsflasche, erstanden auf dem "Russenmarkt" in Wien im Juni 2004. Keine Firmenangabe, lediglich Graduierung in 50/100/200/250 ml. An dieser Flasche wird der Übergang von der Apotheken- zur Babyflasche deutlich...