Flaschen              


Säuglingsflasche (Flunder 4)

Glas, Belgien, Ende 19. Jh.

Anfang des 19. Jh. kamen flache, schiffchenförmige Flaschen auf, die durch ein Mittelloch an der Oberseite gefüllt wurden: Die ersten Modelle waren aus Porzellan (siehe Flunder 1), später zog man Glas vor "glass feeders of similar design were introduced in the first quarter of the 19th century and replaced porcelain".

Die Füllöffnung konnte mit dem Daumen oder mit der Zeigefingerbeere zur Regulierung der Luftzufuhr abgedeckt werden. Dies gestattete ein ungestörtes Trinken ohne abzusetzen.

Die für diesen Typus Säuglingsflasche gängige Bezeichnung "flacon limande" bezieht sich auf einen Fisch, die "Rotzunge" die im Ärmelkanal häufig ist - aus Gründen der "Griffigkeit" nennen wir diesen Typus lieber "Flunder".

Die Fortschritte der Glasbläserei führten zu immer perfektionierteren Produkten. Die hier vorgestellte Milchflasche besitzt einen Schnuller, der "en bloc" mitgeblasen wurde. Diese Machart ist relativ typisch für den Lütticher Raum:
"biberon limande en verre soufflé, à bec soudé au corps principal par l'intermédiaire d'une collerette rapportée à chaud lors de la fabrication".

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Japanische Flasche

Glas in Tintenfassmanier Japan 

Die 15 cm lange Press-Glas-Flasche ähnelt dem "Flacon Robert" mit Ventil, hat aber kein solches! Die Aufschrift "T.NONOMURA MADE IN JAPAN" umkreist eine "3".

 

Nonomura ist ein geläufiger japanischer Familienname. Ich konnte bislang nichts über die Firma herausfinden ...

 

Unsere englischen Freunde nennen diese Flaschenform "turtle" - d.h. Schildkröte resp. nach dem afro-amerikanischen Zupfinstrument, der Banjo, "banjoshaped" .

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Kännchen

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„The pewter bubby-pot was Invented in 1770 by Hugh Smith, a physician at the Middlesex Hospital in London; the bubby-pot was similar to a small coffeepot with the exception of the neck arising from the bottom of the pot (Wickes, 1953c, 1953d). The end of the spout formed a knob in the shape of a small heart, with three to four small holes punched into it.

 

22 Jahre nach Erfindung des „Bubby-pot“ wurde das Vorbild für das hier vorgestellte Zinnkännchen hergestellt (gepunzt 95% - eine Marke, die erst ab Ende des 19ten Jahrhunderts eingeschlagen wurde!). 10.5x12.0x24.4 cm. Auf der Oberseite eine Gravur „1792“. Inwendig ausgedehnte Kaltverkrustungen - es wurde wohl jahrelang als Gießkanne benutzt, mit seinem abgerundeten Ausguß (engl. knob) aber ist es als Fütterungsgefäß zu identifizieren. Hätte man eine Gießkanne gepunzt, mit einem Datum versehen?? Was auf den ersten Blick wie eine kleine Gießkanne aussieht, war also eher (!) ein Fütterungsgefäß für Kinder und Kranke - in Deutschland begann die Haltung von Pflanzen in bewohnten Räumen erst in der Biedermeierzeit, folglich gab es davor keine oder kaum Gießkannen.

 

Herkunft: Frankfurt a.Main (Ebay 10/2019).

Eule mit Stanzwerkzeug und den Buchstaben B H = Bernh. Hiltmann, Aue, Erzgebirge.

 

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KENDI (ka) aus Ostjava

Kendi

Ost-Javanischer Kendi, frühes 20. Jahrhundert (?)

 

Zum Objekt:

Die Kendika ist KEINE Säuglingsflasche - sie war ein Gemeinschaftskrug, der bei südostasiatischen Vökern (Indonesien usw.) bei der Feldarbeit oder bei langen Wanderungen die Runde machte. Der Trinker hob das (den) Kendi am Hals des Gefässes hoch - einen Henkel haben Kendi's nicht - und liess das Wasser aus 20 cm Entfernung in seinen Mund fallen. Entscheidend war, dass der Ausguss des Kendi den Mund des Trinkers NICHT berührte - eine sehr sinnvolle Hygienemassnahme. Obwohl also der Ausguss die Form einer Frauenbrust hatte, wurde er NICHT mit dem Mund berührt. So blieb die Brust ein reines Symbol der Versorgung, frei von Erotik  - eine echte "mamma lactans".

 

Link:

https://www.darumamagazine.com/jp/magazine/kendi/

 

Zum Land

Java, die kleinste der sog. „Grossen Sundainseln“, liegt zw. Bali im Osten und Sumatra im Westen. Politisch bestand das Land bald aus einem, bald aus mehreren Hindureichen und wurde von seinen Fürsten despotisch regiert. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war das mächtigste Reich das von MAJAPAHIT; in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts beherrschte nach langen Kriegen ein eingeborener Monarch längere Zeit als Kaiser die ganze Insel. Um 1400 wurde der Islam eingeführt – die Mohammedaner gründeten die Reiche Bantam und Mataram und eroberten Madjapahit um 1480. Die Beschneidung der kleinen Jungen findet im Alter von 10 Jahren statt, und war schon vor Einführung des Islam Sitte; mit dem Eintritt der Mannbarkeit werden den Kindern die Zähne spitz abgefeilt, von da an dürfen sie Betel kauen (Meyers Konversationalexikon 1909).

„After Bali was conquered, the generals of Madjapabit establisbed a new dynasty of Javanese colonial rulers in Gelgel near Klungkung. A century later Madjapabit collapsed under the pressure of Islam, and Javanese rule finally gave way to a number of independent Balinese feudal lords, the descendants of the Javanese nobility, who were scattered all over the island. But in the period of years between the classic Sailendras and parvenu Madjapahit the art of Java suffered a great transformation, which was similarly felt in Bali. Under King Rayasanagara (Rajasanagara) , better known by his native name Havarn Wuruk, Madjapabit became the most powerful empire of Indonesia, but being strong nationalists, the Javanese of Madjapahit had repudiated the esoteric classic spirit and had 'reverted to native ideas, with the result that their art became strongly Javanized. Having lost its austerity and primitivism in the process, their art became earthly and realistic, taking the character of a sensuous folk-art, intricate and essentially decorative, with a predominance of flaming motifs, volutes and spirals, leaves and flowers, animals and scenes from daily life; losing altogether its religious character. Barbedo de Magelhaes”

 

Zum Exponat

Die Kunstgegenstände in Altjava sind „often full of humor“ – so auch dieser Busenkrug. Aus dem einstigen Gebiete der Majapahit stammt diese als Grabbeigabe – in mehrere Teile zerschlagene – Vase mit dem typischen Milchausguss in Form einer Frauenbrust (Erstanden im September 2004 auf der Foire des Antiquaires in Luxemburg).

 

Lit.:

J. Beth, Java, geographisch, ethnologisch, historisch, 2. Aufl. Haarlem 1896-1903, 3 Teile

Otto Karow, Indonesien, Terrakottakunst des Reiches Majapahit in Ostjava, Frankfurt a.M. 1987, Ausstellungskatalog des  Museums für Völkerkunde Frankfurt a.M. ISBN 3-88270-356-3

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Le Parfait nourricier

um 1900 

Um 1900 wurden europaweit die Haushalte - zumindest in den Grossstädten - an die zentrale Wasserversor- gung angeschlossen. Es reichte nun, den Wasserhahn nach links zu drehen, um daraus Wasser im Überfluss zu erhalten. Sogar mit einem gewissen Überdruck. Und den machte sich die Babyflaschenindustrie zunutze und warb mit der Möglichkeit, den Wasserstrahl quer durch die Flasche zu jagen, um diese von Milchrresten zu befreien. Ohne diesen Wasserstrahl hätte die neue Flasche "Le Parfait Nourricier" keinen Sinn gemacht. Auch ohne die zweite Öffnung am Boden der Flasche konnte man die Flaschen nämlich anstandslos säubern, indem man sie mit etwas Wasser füllte und dann schüttelte. Dies konnte man mit der neuen Flasche nicht besser bewältigen. Besass man aber einen Wasserhahn, so konnte man nun bequem und schnell seine Flasche durchspülen, und wurde damit den Anforderungen der Hygiene voll gerecht:
"Nettoyage absolu et facile" stand auf der Verpackung zu lesen.


Länge 17 cm, maximale Breite 8,4 cm, Dicke 4,7 cm. Die Lufteinschlüsse im Glas bezeugen das Alter der Flasche. Import aus Südfrankreich aus der Region am Pont-du-Gars.

Thompson
Thompson

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Säuglingsflasche von MAW & Thompson

MawThompson1
 

In der Zeitspanne von 1870 bis 1901 firmierte der berühmte Londoner Hersteller von medizinischen Gerätschaften und Säuglingsflaschen unter der Bezeichnung Maw Son & Thompson. Als sich John Thompson 1901 zur Ruhe setzte, nahm die Fa. (bis 1918) den Namen Maw Son & Sons an (Details siehe "Reiseapotheke (08)".

 

Standhöhe 13.5 cm.

Beschriftung: S MAW SON & THOMPSON TRADE MARK

2 zentrale Kreise, die ein doppelkontouriges Kleeblatt mit dem Firmenlogo CSTMM umgeben.

 

Originalstöpsel mit Glasrohr - ein Zeichen dafür, dass diese Flasche einst mit langem Schlauch und nicht mit Sauger benutzt wurde.

 

 

 

 

 

 

Die Flasche wurde mir von Herrn M. Rüdiger aus Hamburg geschenkt - als Dank sollten Sie seiner sehr informativen und besonders aesthetisch aufgebauten home-page "Blauer Heinrich" mit Spucknäpfen einen Besuch abstatten (Link in der Leiste nebenan).

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MAW-Flasche

MAW
 

Nur am dreiblättrigen Kleeblatt erkennt man den Hersteller dieser Flasche: MAW Son & Sons.

 

... ein "M" in der ovalen Standfläche.

 

Fehlen einer Ringverstärkung am Hals

Monchovaut
Monchovaut

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Flaschen von MONCHOVAUT

Monchovaut 1

Flasche von MONCHOVAUT, um 1900 

 

 

Vorgestellt werden zwei Flaschen mit der Aufschrift MONCHOVAUT:

 

a) für den deutschsprachigen Markt (Elsass-Lothringen von 1871-1918?) war diese Flasche bestimmt "Saugflasche System MONCHOVAUT"-Aufschrift auf der Vorderseite, keine Beschriftung der Seitenflächen.  

Bei dieser Flasche vermisst man am Flaschenhals einen Kragen, der den Sauger festgehalten hätte - offenbar hatte sie einen Stöpsel mit eingelassenem Steigrohr ...

 

b) "biberon Pompe avec Graduation" (Text auf der Vorderfläche), auf den Seitenflächen steht beidseits "Monchauvaut".

"Die bestimmte Flasche wurde gefunden in einem ehemaligen Deutschen Armeelager. Während des 1. Weltkrieg waren an diesem bestimmten Ort also Deutsche Soldaten stationiert. Die Flasche ist völlig identisch mit der von Ihnen unter (a) vorgestellten Flasche; auf der Vorderseite die Einschrift "Saugflasche System Monchauvaut", hinten befindet sich ein Mass-Verteilung von 1 bis 12"

schreibt ein Sammler, der eine Monchovaut-Flasche auf einem Flohmarkt in Frankreich fand. Warum sollte ein Soldat nicht Schmieröl in eine Babyflasche abgefüllt haben?

 

Was aber war das besagte "System Monchovaut"? Der "Monchovaut" war ein "biberon méplat à pans": ein abgeflachter Zylinder, breiter als dick, anfangs mit Steigrohr und Schlauch, später mit Sauger.

 

Säuglingsflaschen


Pod Bronnek

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Viele Modelle gab es europaweit, einige waren allerdings lokal begrenzt, wie der „pod bronnek (wortwörtlich „pot-mamelon“ in der Bretagne.

 

Am Häufigsten findet man diesen Typus im Umfeld der Stadt Quimper, wo mehrere Hersteller namentlich bekannt sind (H / H / HB Henriot Bretagne)„pod bronnek“, vermutlich ausgehendes 19, Jh.

 

Besonders ausgeprägte Taille „sur piédouche“.

 

Säuglingsflaschen


Puppenflasche

Miniflasche
 

Handelsvertreter mochten die schweren Originalflaschen nicht mit sich schleppen. Für ihre Zwecke reichten Miniatur-ausgaben der Flaschen. Diese Fläschchen aber fanden bald eine ganz neuartige Käuferschicht: die kleinen Mädchen, die damit ihre Puppen fütterten ...

 

Um kleine Mädchen zur Empathiefähigkeit zu erziehen, lässt man sie Rollenspiele mit Puppen vollführen. Dazu gehört das Füttern der Lieblingspuppe.

 

Manche dieser Puppen aber haben nicht die Grösse eines Säuglings, folglich muss auch die Milchflasche, mit der die Puppe gefüttert wird, kleiner sein als eine Säuglings-Flasche!

 

Wir stellen eine aus Wiltshire / England importierte Flasche vor, von 60 mm Länge, auf der in Hochrelief zu lesen steht "Made in Japan". 

 

 

 

Ein "must" für jeden Sammler:

- Dieter Klebe und Hans Schadewald, Gefässe zur Kinderernährung im Wandel der Zeit, 1955.

- Ludovic und Ingrid Clement, "Le Biberon", 2012.

Robert recto
Robert verso

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Biberon Robert

ROBERT recto Rüdiger
Recto-Seite 

Ab 1869 begann  der aus Dijon stammende Edouard ROBERT (1839-1897) seine am 22.9.1869 zum Patent angemeldete Babyflasche zu vermarkten, erst in Dijon, ab 1880 in Paris.

 

Aufwändig auf beiden Seiten mit Werbung versehener "Biberon Robert".

 - recto eine Reklame  PARIS 1873, "HONNEUR A ROBERT" umrandet von "EXPOSITION UNIVERSELLE"

- verso eine Reklame MARSEILLE 1874, "ROBERT (in einem Kreuz), umrandet von "SOCIETE PROTECTRICE L'ENFANCE"

 

Alles Werben half nichts. Ärzte und Kinder-krankenschwestern forderten immer lauter ein Verbot des "biberon long tube selon Robert" da er mit dem Konzept einer keimfreien Milch, wie es seit PASTEUR allgemeines Wissensgut war, nicht vereinbar war. Ab 1891 bekam der "Robert" heftigen Gegenwind von der Académie de médecine - 1910 wurde sein Vertrieb in Frankreich per Gesetz untersagt.

 

Nicht aber der Gebrauch! Und dass noch 1922 Flaschen mit langem Schlauch verkauft (!) wurden, lesen wir bei Dr. REHM in seiner "Nouvelle Encyclopédie":

"Nous ne nous attardons pas à décrire tous les systèmes connus qui sont maintenant abandonnés. Il n'existe aujourd'hui qu'un seul système; celui que nous allons décrire. Tous les autres sont absolument à rejeter, car ils sont néfastes et défendus, non seulement par les hygiénistes, par les règlements administratifs, mais encore par une loi. Il est extraordinaire de voir que malgré les conseils, les raisonnements et le interdictions, on puisse encore trouver chez certains pharmaciens, chez des drogistes et même dans des bazars, des biberons à long tube, véritables instruments de mort où l'on voit les malheureux enfants tirer de toutes leurs forces, à tout instant de leur réveil. Leur persistance ne s'explique que par la stupidité et surtout la paresse des nourrices qui trouvent bien commode de poser le biberon dans le lit ou dans la voiture, sans avoir la peine de le tenir à la main. Ces appareils sont absolument impossibles à nettoyer comme il faut, ils favorisent l'irrégularité des heures de têtées, on les oublie à côté de l'enfant qui s'épuise à aspirer l'air d'un flacon vide".

Kein gutes Haar liess der Doktor an den Syphonflaschen, nur einfache Flaschen mit Graduierung liess er zu, die man im Soxhlet-Topf sterilisieren konnte...

 

 

 

Mein Dank geht nach Hamburg an Herrn Rüdiger, dessen Grosszügigkeit ich dieses interessante Exponat verdanke. Niemand sollte versäumen, seine sowohl vom Inhalt als auch von der Aesthetik her äusserst ansprechende homepage "Blauer Heinrich" zu besuchen. Link 

https://blauerheinrich.jimdo.com

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Säuglingsflasche 17. Jh.

Säuglingsflasche aus Zinn, Deutschland, 17. Jh. 

Im Mittelalter benutzte man zumeist Kuhhörner. Im 16. Jh. tauchten die ersten flaschenförmigen Milchfütterer auf, und erhielten nun die Bezeichnung "biberons" [lat. bibere trinken]. Während in einzelnen Regionen Europas Flaschen aus Leder oder Holz in Umlauf kamen, waren die meisten aus Zinn - robust und unverwüstlich.

Die hier vorgestellte zierliche Standflasche aus Zinn mit abschraubbarem Mundstück trägt eingraviert die Jahreszahl 1695 und das Monogramm M.H.. Deutsches Fabrikat, Re-Import aus den USA.

Eselsmilch war nach Ansicht der meisten Ärzte allen andern artfremden Milchen vorzuziehen - leider war sie teuer und daher gehobenen Volksschichten vorbehalten. Musste bei Armeleuts auf eine künstliche Ernährung zurückgegriffen werden, so bediente man sich zumeist der Hausziege. Während auf dem Lande Kinder vielfach an die Zitzen von Hausziegen gelegt wurden, entfiel diese Möglichkeit in den heranwacchsenden Städten: hier musste die Ziegenmilch in Krügen vom Lande angekarrt werden, um mittels Babyflasche verabreicht zu werden.

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LUDEL nannte man früher die weibliche Brust, sofern sie laktierte - LUDEL nannte man folgerichtig auch das Trinkgeschirr saugender Kinder, sofern es einen warzenähnlichen Saugstutzen hatte. Als Tätigkeitswort kannte man "ludeln" für saugen. Das Wort könnte verwandt sein mit dem ahd. "ludara" für die Windel bzw. unserm heutigen "lutschen"..