Zahnheilkunde


Apollonia

 

Zahnschmerzen werden geheilt, wenn man im Beinhaus einen Zahn, den man einem Totenkopf ausbrechen muss, holt und in den Mund nimmt, aber um Mitternacht soll es geschehen! Auch wurde bei Zahnweh empfohlen, in ein Steinkreuz zu beißen. Ungefährlicher für die Zähne waren fromme Gebete: angerufen wurden u.a. St. Medardus († 560), St. Blasius († 316), häufiger St. Apollonia († 249).

"Derjenige, der zum Gedächtnis der heiligen Märtyrerin und Jungfrau Apollonia betet, wird an jenem Tag nicht von Zahnschmerz befallen" - das versprach die heilige römische Kirche. Und so trat im 13. und 14. Jahrhundert die Heilige Apollonia ihren Siegeszug als Schutzheilige der Zahnleiden an. Falls alles Beten nicht half, riet der Volksglaube "Bei Zahnschmerzen den Zahn einer Leiche zu berühren."

Vom Volksmund „hèllegt Plunni“ genannt, wurde St. Apollonia in vielen Pfarreien des Luxemburger Landes verehrt.

Bauernregeln
"Ist's an Apollonia feucht, der Winter [meist] [erst] [oft] sehr spät entfleucht [entweicht]".
"Kommt die [Jung]frau Apollonia, sind [auch bald] die Lerchen wieder da".
« À Sainte-Apolline, l'hiver s'achemine ou touche à sa fin. Présage certain : garde l'assurance, s'il avance [s'il est sur sa fin], que l'été sera mouillé. Mais s'il se renfrogne, après sa grogne, nous aurons mois ensoleillée ».
»Jour de Sainte-Apolline renfrogné, c'est trois beaux mois d'été qu'elle nous a gardés ».
« A la sainte apoline ne fait rien qui te ruine ».
« A la Sainte-Apolline,
Présage certain,
L'hiver s'achemine
Ou touche à sa fin ».

Erste Kirchenpatronin ist sie in
- Kalborn (lux. Kaalber) in der Gemeinde Heinerscheid und
- Rollingen bei Mersch. Die erste Kapelle von Rollingen stammt aus dem Jahre 1735 und hatte 2 Patrozinien: die hl. Apollonia und die hl Kosmas und Damianus.

Zweite Kirchenpatronin ist sie in
- Alzingen. Dazu der Bericht in der Tagespresse: „Alzingen, 10. Febr. Gestern wurde hier das Fest unserer Patronin der Hl. Apollonia unter sehr starker Betheilung gefeiert. Der hochwürdige Professor Stein von Luxemburg hielt die Festpredigt“ (Luxemburger Wort vom 10.2.1890).
- Bech-Macher. „Bech-Kleinmacher. 9. Febr. Heute wurde das Fest der hl. Apollonia hier in grösster Feierlichkeit begangen. Diese Heilige wurd bekanntlich für Linderung und Heilung von Zahnschmerzen verehrt. Eine grosse Anzahl von frommen Wallern waren von Fern und Nah zusammengekommen und erbauten sich an dem schönen Gottesdienste in der herrlich geschmückten Kirche, die seit verflossenem Jahre um eine schöne Emporbühne reicher und grösser geworden ist“ (Obermoselzeitung vom 12.2.1892)
- Bettemburg
- Greisch. „Rodt, 11,. Febr. Am letzten Sonntag wurde in dem benachbarten Greisch das Wallfahrtsfest der heiligen Apollonia gefeiert, und wegen des schönen Wetters waren von allen Seiten zahlreiche Pilger zusammengeströmt“ (Luxemburger Wort vom 12.2.1890).
- Niederkorn
- Pintsch (lux. Pënsch). Statue auf dem echten Nebenaltar. Dazu die Notiz: "Letzten Sonntag wurde in Pintsch das Fest der hl. Apollonia gefeiert. Die zu spät eintreffenden Pilger konnten in der grossen Pfarrkirche kein Plätzchen mehr erobern, derart war die Kirche mit frommen Betern besetzt, die den Schutz der hl. Apollonia für Zahnschmerzen erstrebten" (Obermoselzeitung vom 16.2.1892).
- Reisdorf
- Roullingen (lux. Rulljen) bei Wiltz
- Sandweiler (Kirchenfenster links in der Kirche)
- Welscheid
- Wormeldingen

Statuen in Luxemburg
- seit 1571 pilgerten die Luxemburger am Pfingstmontag nach der Kastel-Kapelle in Altwies, wo der „Saint-Sauveur“, aber auch die hl. Apollonia verehrt wurde ... gegen Zahnschmerzen
- Hünsdorf
- Körich: auf der linken Durchgangstür zur Sakristei Darstellung der Heiligen mit Zange und Zahn.
- Schieren
- Vianden (Kapelle)
- Hostert / Rambrouch. Zu dieser Ortschaft die Zeitungsnotiz: "Am besagten Tage eilen von allen Seiten, namentlich aus den ördlichen Teilen des Kantons Redingen und aus den benachbarten Ortschaften Pilger herbei, um entweder Abhilfe von furchtbaren Zahnschmerzen zu erflehen, oder aber um für empfangene Hilfe in diesem schrecklichen Leiden Gott dem Herrn und seiner treuen Dienerin Dank abzustatten. Seit undenklichen Zeiten ist für diesen Tag (9.2.) ein Votivamt zu Ehren der hl. Appolonia vor ausgestelltenm hochwürdigsten Gute gestiftet. Gegen 10 Uhr Morgens wird dasselbe denn auch alljährlich durch den zu Hostert residierenden Kaplan, oder den Pfarrer von Folscheid abgesungen" (Martin Blum, Wallfahrten in der Pfarrei Folscheid, in: Das Luxemburger Land, vom 13.4.1884).
An die 250-300 Pilger kamen um 1884 am 2. Februar zu dem Hochamt, es wären mehr gewesen, hätte nicht zur gleichen Zeit in Buschrodt eine Messe zur gleichen Heiligen stattgefunden...

Konnte St. Plunni nicht helfen, so konnte meist nur noch der Zähnereißer helfen. Diese Berufsgruppe nahm ihre chirurgischen Eingriffe auf Jahrmärkten vor, meist begleitet von Musik, Witzen und Zaubertricks.

Moderner Kult in Luxemburg
"Wie bereits an dieser Stelle angekündigt worden war, hatte die “Association des Patrons-Mecaniciens-Dentistes du Grand-Duché de Luxembourg" am verflossenen Sonntag, den 12. Februar 1950, ihre Mitglieder nebst Familienangehörigen vereinigt, um zum ersten Male das Fest ihrer Schutzpatronin feierlich zu begehen und dadurch diesen schönen, alten Handwerksbrauch auch in dem erst relativ jungen Zahntechnikerhandwerksverband einleben zu lassen. Trotz unfreundlicher und naßkalter Witterung war es eine recht stattliche Zahl von Teilnehmern, die morgens um 9 Uhr die Hauptstadt in Richtung Koerich verließ. In der Dekanatskirche dieses stillen und anheimelnden Landörtchens ist nämlich eines der wenigen, hier im Lande befindlichen Abbilder der Schutzpatronin erhalten. Aus dieser Ursache fand dort das eigens bestellte Hochamt, das von gesanglichen Einlagen und einer sinnvollen Predigt des Herrn Dechanten Faltz bereichert wurde, statt" (E.T. vom 2.3.1950).

Vorgestellt wird eine 60 cm hohe Gipsstatue, erworben im August 2007 in einem Antikladen in Gap.