Zahnheilkunde


Zahnsteinschaber (2)

Zahnsteinset 2
 

 

 Schon im 17. Jh. gab es Schabersätze mit mehreren Instrumenten, die verschiedenartige Köpfe trugen, mit denen Laien die verborgensten Stellen in ihrem Mund erreichen konnten.

 

Exponat

Lederetui mit 6 Utensilien zur Zahnpflege, 3 scharfen, und 3 stumpfen. Elfenbein-Imitat "faux-ivoire" resp. "Französisches Elfenbein" auf Kaseinbasis. Um 1850.

Erstanden 4/2017 in Ottery St Mary, United Kingdom. 

Zahnheilkunde


Zahnwurzelspülspritze

Zahnwurzelspülspritze
 

 

 Bei den Begriffen Spritze und Zahnarzt, denk jeder an die Betäubungsspritze. Doch gibt es eine 2. Form der zahnärztlichen Spritze: die Wurzel-Spül-Spritze.

 

  Bei Pierre FAUCHARD (1678-1761) finden sich erste Hinweise zum Herausholen der Wurzelpulpa aus dem Wurzelkanal. Die dazu notwendige Extirpationsnadel entwickelte Edward MAYNARD (1813-1891) 1833, indem er eine Uhrfeder zu einer einseitig gezackten Reibahle von der Stärke eines Pferdehaars umarbeitete. Die 1847 von Adolf WITZEL (1847-1906) beschriebene Methode, auf die eröffnete Pulpa ein Arsenpräparat zu legen, um zu einer dauerhaften Konservierung der Weichgewebe im Wurzelkanal zu kommen, konnte nur der damaligen Unmöglichkeit der bildlichen Darstellung geschuldet sein. Witzels Hoffnung erfüllte sich nicht. Zwar wurde zunächst der pulpitische Schmerz durch Herbeiführung einer Pulpennekrose beseitigt, es begann aber unmittelbar darauf die Entzündung im Kieferknochen an der Wurzelspitze des Zahnes als Reaktion auf das nekrotische und bakteriell infizierte Gewebe. Meistens führte diese nach wenigen Wochen erneut zu Zahnschmerzen, welche dann nur durch Zahnextraktion beseitigt werden konnten.

 

Mit der Begründung der modernen Bakteriologie durch Robert KOCH (1843-1910) hielten die Prinzipien der Antisepsis auch in der Zahnheilkunde Einzug. 1873 beschrieb Witzel die Sterilisation der Wurzelkanäle mit Carbolsäure und Phenol; andere Autoren empfahlen Formaldehyd, Schwefelsäure und Salzsäure.

 

CHKM

1905 führte Otto WALKHOFF (1860-1934) die noch heute verwendete Mischung aus Chlorphenol, Kampfer und Menthol (CHKM) in die zahnärztliche Praxis ein, sie macht den typischen Geruch einer Zahnarztpraxis aus.

"Phenolkampfer-Mischungen wurden als sog. „bakterienschädigende Mittel“ in der Medizin bereits um 1880 angewendet. In die Zahnheilkunde wurden sie 1905 von Otto Walkhoff eingeführt. Dieser hatte bereits 1882 die Anwendung von Chlorphenol zur Therapie von Pulpaerkrankungen empfohlen. Die seinerzeit am häufigsten verwendeten Mischungen enthielten 30-40% Phenol und 60-70% Kampfer. Chlorphenole, besonders Parachlorphenol, wurde in sehr ausgedehntem Maße zur Desinfektion von Wurzelkanälen sowie als lokal anästhesierendes Mittel teils in konzentriertem Zustand und teilweise in alkoholischer Lösung angewendet. Chlorphenolkampfer-Lösungen kamen aber auch bei der sog. „Durchspülungstherapie“ von Fistelgängen zum Einsatz. Hierbei wurde eine Spülkanüle möglichst tief in den Wurzelkanal eingeführt, die Kavität provisorisch verschlossen und mit moderatem Druck die Spüllösung via Fistelgang nach außen gepresst. War keine Fistelöffnung vorhanden, wurde nicht selten eine solche mittels Trokar künstlich geschaffen. Selbst noch in den 1970er Jahren wurden Chlorphenol-Kampfer-Menthol-Gemische (CHKM) neben der Verwendung als medikamentöse Einlage (mit CHKM getränkter Wattefaden) auch zum „Aus- und Durchspritzen“ von Wurzelkanälen eingesetzt. Heutzutage werden diese Präparate, wenn überhaupt, vorrangig zur medikamentösen temporären Versorgung von Wurzelkanälen verwendet" (Jens Versümer, Michael Hülsmann, Die Anwendung von Chlorphenol-Präparaten als medikamentöse Einlage“ in: Endodontie 2003; 12: 165-178).

 

Mischt man 27 % Parachlorphenol, 72% Kampfer und 1% Menthol ist das Resultat Chlorphenol-Kampfer-Menthol, ein sehr wirkungsvolles Desinfektions- und Betäubungsmittel, welches bevorzugt bei Wurzelkanälen zum Einsatz gelangt, in dessen noch so abgelegene und verästelte Regionen es problemlos vordringen kann und dabei selbst Keime beseitigt, die sich anderen Desinfektionen entziehen, Im Handel vor allem erhältlich als von der Firma Haupt in Würzburg hergestelltes "Original ChKM-Lösung nach Prof. Walkhoff".

 

NaClO

Die Kombination des seit 1818 verwendeten Wasserstoffperoxids und des seit 1915 zur Wunddesinfektion gebrauchten Natriumhypochlorits (Chlorbleichlauge) wurde 1943 von Louis Irwin GROSSMANN (1901-1988) zur Wurzelkanalspülung beschrieben. Diese Kombinations-anwendung ist bis heute ebenso wie das CHKM in den Zahnarztpraxen zu finden.

 

Exponat

Von der englischen Fa. ASH & Sons hergestellte, 20 m lange Spritze mit einer Sprungfeder, die den Kolben automatisch nach oben zieht. Herkunft: 2017 aufgelöste Praxis des Kollegen Gerhard Münster aus Innsbruck.

Zahnheilkunde


Zahnzement (1)

Zement von ASCHER 1
 

 

Frühe Zemente

Der Franzose Stanislas SOREL (1803-1871) hatte um 1850/60 aus Magnesiumoxyd und Magnesiumchlorid ein Zement entwickelt, das sich besonders für Schleifsteine, Fliesen und Kunststeine (!) eignete. Erst sein Landsmann Sylvestre Augustin ROSTAING (1794-1866) gab 1877 ein zahntaugliches Zement an, diesmal aus Zinkoxydchlorid.

"Als Zement wurde 1858 ROSTAING's Präparat empfohlen, das aber damals noch nicht aus phosphorsaurem Zink war, sondern Zinkoxydchlorid, ebenso wie SOREL's Zement, das 1859 erwähnt wurde. Auch JUNG in Braunschweig bot ein Zement an" (Julius Parreidt, Geschichte des Central-Vereins Deutscher Zahnärzte 1859–1909, Springerverlag 1909 S.13). 

 

Ascher's Erfindung

Mit deutlicher Verspätung wurde auch in deutschen Landen an der Entwicklung von Spezialzementen gearbeitet.

"Der Gedanke, Porzellanfüllungen dadurch zu imitieren, daß man den Zementfüllungen ein porzellanähnliches Aussehen verleiht, wurde von dem Dentisten Hugo Ascher verwirklicht, als er 1903 die transparenten oder Silikatzemente erfand (Curt Fritzsche Porzellanfüllungen und deren Imitationen: Eine Studie, Berlin 1908)

 

Zur Person Ascher's

Der aus Naugard in Hinterpommern stammende Hugo ASCHER (Naugard 27. Juli 1859 – 18. August 1922 Berlin) studierte von 1887 bis 1888 in den USA an der University of Pennsylvania School of Dental Medicine, die internationalen Ruhm erlangt hatte unter James Truman (1826-1914), der technische Methoden prothetischer Zahnarztkunde in die Lehre eingeführt hatte. Truman hatte zwischen 1876 und 1880 erst in Frankfurt (bis 1877) und dann in Hannover gelebt und Prinz Albrecht, den Neffen von Kaiser Wilhelm II. und in Folge viele deutsche Adelige behandelt. Ascher graduierte am 1. Mai 1888 zum "Doctor of Dental Surgery", zusammen mit drei anderen Deutschen: Hans Ludwig KUND aus Essen, August LOHMANN aus Kassel und Paul SCHWARZE aus Leipzig. Ab 1889 lebte er wieder in Deutschland. Hugo Ascher zog nach Berlin, und am 27. September 1891 heiratete er Minna Luise Schneider (Berlin, 17. Januar 1867 – 17. Oktober 1938), eine Enkelin von Louise Bleichröder, einer älteren Schwester des prominenten Bankiers Gerson von Bleichröder (sie waren acht Geschwister). Sie wird beschrieben als feine und elegante Frau, die in späteren Jahren ihr Haar immer im „Dutt“ zusammennahm.

 

Ascher's Kinder

Fritz Ascher wurde am 17. Oktober 1893 geboren, gefolgt von seinen Schwestern Charlotte (Charlotte Hedwig, Berlin, 8. Oktober 1894 – 6. Dezember 1978, München), die der Künstler zeitlebens „Mondbraut“ nannte, und Grete (Margarete Lilly, Berlin, 11. Juni 1897 – 15. Januar 1973, München). Die Familie lebte 1889 in der Friedrichstraße 192/193 in der 2. Etage, später in der Keithstraße 10 und ab 1895 in der Jägerstraße 61 in der 2. Etage. Hugo ASCHER (1859-1922) entwickelte zusammen mit dem Chemiker Paul Steenbock einen künstlichen Zahnschmelz aus Aluminium-silikatglas und Phosphorsäure. Er produzierte und verkaufte diesen Schmelz ab dem 24. Dezember 1904 durch die "Ascher GmbH". Das Unternehmen war sehr erfolgreich, und schon bald konnte die Familie eine repräsentative Villa auf einem 3000 qm großem Grundstück im damals noch nicht zu Berlin gehörenden Zehlendorf in der Niklasstraße 21–23 (1935–1947 genannt Chamberlainstraße 21–23) beziehen. Das Anwesen mit Herrschafts-, Wirtschafts-, Gärtnerhaus und Garage, das der Prominentenarchitekt Professor Paul Schultze-Naumburg 1908 baute, gehörte zu den frühesten seiner etwa 300 repräsentativen Landhäuser.

 

Aber

Warum werden nicht alle Löcher mit Zement ausgefüllt? Leider halten Füllungen auf Zementbasis dem Kaudruck nur schlecht Stand und brechen leicht.

 

Exponat

Eine der Schachteln, die ASCHER's Wohlstand begründeten - erstanden 6/2017 auf dem Flohmarkt "Am Hafen" in Innsbruck.

 

Lit.:

Ascher, Künstlicher Zahnschmelz. Arch f. Zahnheilk. 1903, S.1

Ascher, Erwiderung an Herrn Dr. Richard Breuer. Österr. Zeitschr. f. Stomatologie 1904, Heft 12 S. 436-441

Zahnheilkunde


Zahnzement (2)

Zement 2
 

 

   Man verreibt das Pulver sorgfältig mit etwa 52% Orthophosphorsäure, in welches Aluminiumphosphat bis fast zur Sättigung aufgelöst ist. Dann erhält man eine plastische Masse, die in kurzer Zeit erstarrt. Gegenüber den anderen zahnärztlichen Füllungsmassen haben Silikat-Zemente bedeutende Vorzüge. So die Transparenz, auch sind sie bedeutend widerstandsfähiger gegen chemische Einflüsse und mechanische Abnutzung.

 

Aber - die Verarbeitung von Zement hat seine Tücken! Für die Mischung des Pulvers mit der Flüssigkeit darf man keinen Metallspatel benutzen sondern entweder einen Elfenbein- oder einen Achatspatel.

 

Exponat

Achatspatel, um 1950.

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Zungenlöffel

abaisse-langue 

Von der Fa. C. Ash & Sons stellen wir Ihnen diesen löffelförmigen Zungenspatel vor, mit dem die Zahnarzt-Assistentin die Zunge des Patienten niederdrücken konnte, damit der Arzt ungehindert arbeiten konnte. Es gab diese Löffel (frz. abaisse-langue; engl. tongue depressor) in der starren Variante, aber auch gefenstert und faltbar. Stand keine Assistentin zu Diensten, musste der Patient selber helfen: "held by the patient" - heisst es im Katalog von Ash & sons von 1875 ...

Zur Herstellerfirma
Claudius ASH *2.3.1792 in Bethnal Green bei London. Aus seiner 1813 eingegangenen Ehe stammten 8 Kinder, von denen 4 Zahnarzt/chirurg wurden. Vater Claudius starb in London am 3.11.1854. Sein Unternehmen gedieh - auch ohne ihn; es beherrschte Ende des 19. Jahrhunderts den europäischen Markt der falschen Zähne. 1924 fusionierte es mit der Fa. Trey & Co zur Firma "Amalgamated Dental Company" (AMDECO), jetzt eine Abteilung von Planted Limited.